Stürme im Gehirn -  Jon Palfreman

Stürme im Gehirn (eBook)

Dem Rätsel Parkinson auf der Spur
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2016 | 1. Auflage
320 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-22238-1 (ISBN)
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Zweihundert Jahre, nachdem James Parkinson die nach ihm benannte Krankheit beschrieben hat, nimmt die Zahl der Parkinson-Erkrankungen in den alternden westlichen Gesellschaften rapide zu. Fieberhaft suchen Wissenschaftler nach Methoden, wie die Krankheit zu heilen ist. Der mehrfach ausgezeichnete Medizinjournalist Jon Palfreman setzt in diesem Buch all die Spuren,Theorien und Erkenntnisse, aber auch Niederlagen und Rückschläge der Wissenschaft zu einer großen Geschichte über Parkinson zusammen. Palfreman, der selbst an Parkinson leidet, beschreibt, wie die Krankheit durch im Gehirn abgelagerte Proteine entsteht, und verfolgt, ob sie genetisch bedingt ist oder durch Umwelteinflüsse verursacht wird. Er stellt ungewöhnliche Therapieformen vor, um Körper und Geist beweglich zu halten, und erzählt, wie er und andere Parkinson-Patienten mit der Krankheit leben. Am Ende berichtet er Hoffnungsvolles: die Entwicklung eines Antikörpers, der möglicherweise nicht nur bei Parkinson, sondern auch bei Alzheimer erfolgreich zum Einsatz kommen könnte.

Jon Palfreman ist emeritierter Professor für Journalismus an der University of Oregon. Er hat sich auf Wissenschaftsjournalismus, vor allem auf medizinische Themen, spezialisiert und viele Auszeichnungen für seine Texte und Filmdokumentationen erhalten (u. a. Victor Cohn Prize for Excellence in Medical Science Reporting). 2011 erkrankte er an Parkinson. Er lebt in Lexington, Massachusetts.

Inhalt 6
Prolog 7
1. Die »Entdeckung« von Parkinson 17
2. Dopamin und die Parkinson-Symptome 33
3. Die »eingefrorenen Junkies« von San José 50
4. Sieg des Geistes über die Materie 65
5. Die Kraft des Patienten 78
6. Ein glücklicher Zufall im OP-Saal 92
7. Fitness auf Rezept 118
8. Neuronentausch: neu für alt 138
9. Schutz der Neuronen 151
10. Neudefinition von Parkinson 167
11. Vererbung von Parkinson 180
12. Wenn gute Proteine aus der Art schlagen 202
13. Autopsien am Fließband 218
14. Von Alzheimer lernen 234
15. Ein Lebenselixier für Parkinson-Kranke 244
16. Stürme im Gehirn 256
Danksagung 283
Anmerkungen 285
Register 308
Leere Seite 1
978-3-407-86402-4_S4.pdf 1
Inhalt 5
Prolog 7
1. Die »Entdeckung« von Parkinson 17
2. Dopamin und die Parkinson-Symptome 33
3. Die »eingefrorenen Junkies« von San José 50
4. Sieg des Geistes über die Materie 65
5. Die Kraft des Patienten 78
6. Ein glücklicher Zufall im OP-Saal 92
7. Fitness auf Rezept 118
8. Neuronentausch: neu für alt 138
9. Schutz der Neuronen 151
10. Neudefinition von Parkinson 167
11. Vererbung von Parkinson 180
12. Wenn gute Proteine aus der Art schlagen 202
13. Autopsien am Fließband 218
14. Von Alzheimer lernen 234
15. Ein Lebenselixier für Parkinson-Kranke 244
16. Stürme im Gehirn 256
Danksagung 283
Anmerkungen 285
Register 308

Prolog


Im Juni 2012 besuchte ich den angesehenen Neurowissenschaftler Bill Langston in seinem Haus in Los Altos Hills in Kalifornien. Wir hatten uns schon ein Vierteljahrhundert zuvor getroffen, als ich für die Serie Nova von PBS einen Dokumentarfilm mit dem Titel The Case of the Frozen Addicts drehte. Der Film erzählt die Geschichte von sechs jungen Junkies in San José, die auf mysteriöse Weise die Symptome von Parkinson zeigten, einer neorodegenerativen Krankheit, die normalerweise nur bei älteren Menschen auftritt. Bill Langston, der damals noch ein unbekannter Mediziner war, hatte die unglücklichen Personen ausfindig gemacht, die in der Psychiatrie und in Gefängniszellen schmachteten, und ihre Symptome vorübergehend mit dem Medikament L-Dopa abgestellt, dem wichtigsten Medikament, das bei Parkinson verschrieben wird.

In den nächsten paar Monaten lösten Langston und seine Kollegen das Rätsel. Es stellte sich heraus, dass sich die jungen Leute eine schlechte Dosis synthetischen »Designer«-Heroins gespritzt hatten. Zu ihrem Unglück war dem Chemiker, der die Droge in seinem Hinterzimmerlabor zusammengebraut hatte, bei der Synthese ein schrecklicher Fehler unterlaufen, wodurch versehentlich eine neurotoxische Verunreinigung namens MPTP erzeugt wurde.

Während das für die Opfer tragisch war, erlangte das tödliche Molekül jedoch große Bedeutung für die Wissenschaft. Wissenschaftler waren bei ihren Anstrengungen, Parkinson zu untersuchen, bis dato stark eingeschränkt, weil der Mensch das einzige Lebewesen ist, das Parkinson auf natürliche Weise bekommt. Um wahre Fortschritte bei der Untersuchung von Krankheiten zu machen, benötigen sie aber Versuchstiere, sie brauchen ein »Tiermodell«. MPTP änderte für die Wissenschaftler, die an Parkinson interessiert waren, daher alles. Wie sich herausstellte, konnte das Neurotoxin bei Affen so schnell wie bei den sechs Junkies Parkinsonismus auslösen. Bill Langston stellte fest: MPTP war »ein aufregendes Elixier … Plötzlich hatten wir Möglichkeiten zu untersuchen, warum Zellen bei Parkinson absterben. Mit dem Tiermodell konnten wir neue Medikamente genauso schnell testen, wie wir sie herstellten.«

Langston wurde bald zu einem international anerkannten Neurowissenschaftler und gründete sein eigenes Forschungsinstitut in Sunnyvale, Kalifornien: das Parkinson’s Institute and Clinical Center. Und ich wurde mit meinem Film als Dokumentarfilmer und Wissenschaftsjournalist bekannt.

An diesem Nachmittag in Los Altos Hills sprach ich mit Bill drei Stunden lang über die bemerkenswertesten Fortschritte in der Parkinson-Forschung, die in den letzten zwei Jahrzehnten erzielt worden waren. Unser Gespräch ging vom »neural grafting«, also der Transplantation von Nervenzellen, und der Gentherapie über neue Medikamente und therapeutische Impfstoffe bis zur Genetik und Neurochirurgie. Es war faszinierend. Aber ironischerweise war ich diesmal nicht als Journalist bei Bill. Es gab vielmehr einen triftigen persönlichen Grund für mein neu erwachtes Interesse an Parkinson: Ich hatte die Krankheit mit 60 Jahren selbst bekommen.

Ich erfuhr von meinem Schicksal an einem regnerischen Januarmorgen im Jahre 2011. Mein Arzt, der sich Sorgen wegen eines leichten Zitterns meiner linken Hand machte, hatte mich an das Zentrum für Bewegungsstörungen der Oregon Health and Science University in Portland überwiesen. Ich war nicht besonders beunruhigt. Meine Mutter hatte die meiste Zeit ihres Lebens ein ganz ähnliches Symptom, das von einer relativ harmlosen Krankheit verursacht wurde, einem essentiellen Tremor. Ich war überzeugt, dass mein Tremor die gleiche Diagnose bekommen würde. Ein junger Neurologe, Seth Kareus, untersuchte mich. Nachdem er sich meine Krankengeschichte angesehen hatte, machte er eine Reihe klinischer Tests mit mir. Er bat mich, verschiedene motorische Aufgaben zu absolvieren: Ich sollte meine Hände hin und her drehen, mit dem Zeigefinger den Daumen berühren oder so schnell wie möglich meinen Fuß aufsetzen. Er tastete die Muskeln beider Arme und Beine ab, um die Stärke und den Tonus zu bestimmen. Dann testete er meine Reflexe mit einem Reflexhammer. Er beobachtete, wie ich einem sich bewegenden Objekt mit den Augen folgte, und ließ mich den Flur auf und ab gehen.

Nachdem er mich 20 Minuten getestet hatte, sagte er mir, ich habe Parkinson. Die Symptome seien noch sehr schwach und auf meine linke Seite beschränkt, aber die Krankheit würde unweigerlich fortschreiten, und nach einer gewissen Zeit würde ich Medikamente nehmen müssen.

Als ich die Klinik verließ, stand ich unter Schock. Ich brauchte mehr als ein Jahr, um diese Neuigkeit zu verarbeiten, ein Jahr, in dem ich mehrere Verdrängungsstrategien anwandte. Die erste war, die Diagnose geheim zu halten. Der einzige Mensch, den ich in den ersten drei Monaten einweihte, war meine Frau. Dann kam die Verleugnung. Ich stellte die Diagnose infrage und konsultierte andere Neurologen: Alle bestätigten die Parkinson-Diagnose. Ich entwickelte Selbstmitleid. Und ich war völlig isoliert mit der Diagnose, bemühte mich aber auch nicht, mit anderen Parkinson-Kranken in Kontakt zu treten. Ganz im Gegenteil: Ich wollte nichts mit ihnen zu tun haben. Diese zerbrechlichen, gebückten und zitternden Gestalten, die in den Wartezimmern der Neurologen saßen, machten mich traurig und wütend. Würde es mir auch einmal so gehen?

Erst allmählich fing ich an, meine Gedanken zu ordnen und einen klareren Blick zu bekommen. Da an meiner Krankheit kein Zweifel mehr bestand, machte es Sinn, mich damit auseinanderzusetzen. Ich stürzte mich auf alles, was es über Parkinson zu lesen gab, und sprach mit Neurowissenschaftlern und Ärzten, um meine missliche Lage verstehen zu können. Das hatte mich auch dazu bewegt, im Juni 2012 nach Los Altos Hills zu fahren, um von Bill Langstons geradezu enzyklopädischen Kenntnissen über Parkinson zu profitieren. Immerhin war ich Wissenschaftsjournalist und hatte über diese Krankheit berichtet. Ich war besser über den Stand der Parkinson-Forschung unterrichtet als die meisten anderen und konnte mir gut vorstellen, was mir die Zukunft bringen würde. Parkinson zu verstehen und Heilungsmöglichkeiten zu finden war nun in einem ganz tief greifenden Sinn zu meinem journalistischen Schwerpunkt geworden.

Parkinson ist keine neue Krankheit. Ihre merkwürdigen Symptome wurden zu allen Zeiten beschrieben. Ein ägyptischer Papyrus aus dem 12. Jahrhundert v. Chr. schildert beispielsweise einen alten König, der sabberte − ein Symptom von fortgeschrittenem Parkinson. Alte indische Ayurveda-Texte erwähnen eine progressive Krankheit, die durch Tremor und Bewegungsunfähigkeit charakterisiert wird. Der griechische Arzt Galen unterschied sogar schon zwei Varianten von Parkinson-Tremor: den Ruhetremor und den Aktionstremor. Auch Leonardo da Vinci beschrieb Menschen mit Parkinson-Symptomen: »Das dürfte wohl klar sein, denn du siehst doch, wie Gelähmte oder Menschen, die vor Kälte schlottern oder steif vor Frost sind, ihre zitternden Glieder, z. B. den Kopf oder die Hände, ohne die Erlaubnis der Seele bewegen. Mit allen ihren Kräften kann die Seele also diese Glieder nicht am Zittern hindern.«1

Auch in Shakespeares Heinrich VI. ist im 2. Akt ein klarer Bezug zu Parkinson zu finden, wenn der Metzger Dick (in der deutschen Übersetzung heißt er Märten) fragt: »Was zitterst du, Mann?« Worauf Lord Say antwortet: »Der Schlagfluss nötigt mich und nicht die Furcht.«2 Die Forschung ist zudem übereinstimmend der Ansicht, dass der Philosoph Thomas Hobbes, der im 17. Jahrhundert lebte, mit großer Wahrscheinlichkeit an dieser Krankheit litt.

Es war dann aber James Parkinson (1755–1824), der 1817 in seinem Essay on the Shaking Palsy die erste medizinische Beschreibung der Krankheit lieferte, die seinen Namen trägt. Parkinson stützte seinen bemerkenswerten Text über die »Schüttellähmung« auf sechs Fälle, die er entweder als Patienten untersucht oder in seinem Londoner Viertel gesehen hatte. Seine Schilderungen überzeugen in ihrer Klarheit auch heute noch nach über zwei Jahrhunderten. Er schrieb: »Die ersten wahrgenommenen Symptome sind ein leichtes Schwächegefühl sowie die Neigung, an einem bestimmten Körperteil zu zittern − manchmal am Kopf, für gewöhnlich jedoch an einer Hand oder einem Bein.«3 Hier geht es um den Ruhetremor, den ich und viele andere von Parkinson Betroffene jeden Tag bewältigen müssen.

Was wissen wir 2016 über diese ungewöhnliche Krankheit? Weltweit gibt es etwa sieben Millionen Parkinson-Kranke, davon eine Million in den USA. Jedes Jahr kommen in den USA 60 000 neue Fälle hinzu, in Deutschland kommen zu ungefähr 350 000...

Erscheint lt. Verlag 26.2.2016
Übersetzer Carl Freytag
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-407-22238-6 / 3407222386
ISBN-13 978-3-407-22238-1 / 9783407222381
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