Entwicklung eines automatisierten, ontologiegestützten Wissensmanagementmodells für Produktionsanläufe in der Automobilindustrie

(Autor)

Buch
242 Seiten
2014
Shaker (Verlag)
978-3-8440-2787-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Entwicklung eines automatisierten, ontologiegestützten Wissensmanagementmodells für Produktionsanläufe in der Automobilindustrie - Christian Juzek
49,80 inkl. MwSt
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Die Automobilindustrie als eine der umsatzstärksten Branchen in der Bundesrepublik Deutschland muss sich aktuell und in der Zukunft auf neue Herausforderungen einstellen. Beispielsweise wird ein vermehrter Einsatz von neuen Technologien im Produkt und im Produktionsprozess stattfinden. Hierzu gehören zum einen neue Fertigungsverfahren (wie z.B. Aluminium-Schweißen) oder der Einsatz von Mischbaukomponenten. Außerdem wird auch der weltweite Gesamtfahrzeugmarkt in den nächsten Jahren weiter stark wachsen. Dieser Einsatz an neuen Technologien und der weltweite Wachstum führt dazu, dass ebenfalls der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern steigt. Dieser Bedarf zeichnet sich besonders deutlich an neuen Fertigungsstandorten in den Wachstumsregionen ab. (wie z.B. Volksrepublik China).

Damit ein Automobilunternehmen am starken Wachstum teilhaben kann, müssen erhöhte Kundenanforderungen, die u.a. zu Komplexitätssteigerungen führen, befriedigt werden. Hierzu gehören neue Modelle, Derivate sowie eine höhere Anzahl an Produktvarianten und verkürzte Produktlebenszyklen. Insbesondere der letzte Punkt verdeutlicht die hohe Relevanz des Produktanlaufmanagements in Unternehmen. Damit Produktionsanläufe hinsichtlich Qualitäts-, Kosten- und Terminzielen erfolgreich und effizient umgesetzt werden können, werden stabile Prozesse und qualifizierte Mitarbeiter benötigt. Speziell an neuen Fertigungsstandorten spielen diese Aspekte eine besondere Rolle, da erfahrene Experten nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Dieses Problem spiegelt sich vor allem in einer nicht ausreichenden Problemlösekompetenz der Mitarbeiter wider, die dazu führt, dass Problemstellungen im Anlauf nur langsam gelöst werden und somit das Erreichen der geforderten Sollstückzahl („Kammlinie“) verzögert wird. Damit trotz des Mangels an qualifizierten Mitarbeitern erfolgreiche Produktionsanläufe realisiert werden können, ist ein effizientes Wissensmanagement erforderlich. Erfahrungen zeigen, dass die Problemstellungen in Anlaufprojekten zwar nicht identisch aber durchaus ähnlich sind. Somit kann mit Hilfe eines systematischen Wissenstransfers zwischen Produktwechselprojekten die Problemlösekompetenz der Mitarbeiter verbessert werden.

Das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte automatisierte, ontologiegestützte Wissensmanagementmodell für Produktionsanläufe in der Automobilindustrie verfolgt folgende Zielsetzungen:

- Beschleunigung der Problemlöseprozesse im Produktionsanlauf
- Aufbau eines softwarebasierten Wissensmanagementsystems zur Speicherung und Nutzung von Erfahrungswissen

Das Wissensmanagementmodell basiert zum einen auf wissenschaftlichen Untersuchungen und zum anderen auf den Ergebnissen eines Industrieprojekts bei einem weltweit operierenden Automobilkonzern (OEM). Insgesamt besteht das Modell aus drei Bausteinen:

- Fallbasiertes Schließen (Case-based Reasoning, CBR) zur Nutzung und Speicherung von Expertenwissen
- Delphi-Expertenbefragung zur Identifikation und Konsolidierung von Expertenwissen
- Ontologien zur Wissensstrukturierung

Kern des Modells bildet das fallbasierte Schließen (CBR). Mit Hilfe dieser Methode kann ein Problemlöseprozess beschleunigt werden, indem ähnliche Problemstellungen aus vergangenen Produktionsanläufen für akute Problemstellungen genutzt werden. Dazu werden die Daten des aktuellen Problemfalls mit denen aus der Falldatenbank des CBR-Systems mittels definierter Ähnlichkeitskriterien verglichen und ähnliche Fälle identifiziert. Diese Fälle nutzt der Anwender für die Ableitung einer neuen eigenen Lösung. Anschließend wird die neue Lösung in der Praxis getestet und das Ergebnis als neuer Fall in der Fallbasis des CBR-Systems gespeichert. Das System entwickelt sich folglich kontinuierlich weiter („Künstliche Intelligenz“). Voraussetzung für ein CBR-System, das hilfreiche Ergebnisse liefern soll, ist eine hinreichend repräsentative Fallbasis. Das heißt, dass ausreichend qualitativ hochwertige Fälle in der Falldatenbank enthalten sein müssen. Damit diese Voraussetzung erfüllt werden kann, erfolgt die Anwendung des zweiten Bausteins. Mit Hilfe der Delhi-Expertenbefragung ist es möglich, implizites Erfahrungswissen zu identifizieren und explizit zu formulieren (Fälle). Des Weiteren ermöglicht die Methode eine anonyme Bewertung der dokumentierten Fälle durch Experten. Auf Basis dieser Bewertungen erfolgt eine qualitative Korrektur. Schließlich werden die konsolidierten Fälle in die CBR- Falldatenbank integriert. Der dritte Baustein, die Ontologie, beschreibt die notwendige einheitliche Basis des Modells. Mit Hilfe von Ontologien werden Wissensdomänen, wie z.B. das Anlaufmanagement, maschinenlesbar strukturiert. Infolgedessen wird sowohl die Delphi- Befragung als auch das CBR-System analog der Ontologie aufgebaut. Dieser Schritt ermöglicht es, die identifizierten Fälle aus der Delphi-Befragung entsprechend der Struktur der Ontologie zu speichern. Da der fallbasierte Ähnlichkeitsvergleich des CBR-Systems ebenfalls analog der Ontologiestruktur erfolgt, ist eine Kompatibilität aller Bausteine gewährleistet.

Damit das hier vorgestellte Modell in der betrieblichen Praxis getestet werden kann, wurde ein technischer Demonstrator aufgebaut, der die drei Bausteine in einer prototypischen Software- Applikation vereint. Anhand einer ausgewählten Wissensdomäne (Verschraubungen) wurde die Applikation durch Experten aus der Automobilindustrie getestet und bewertet. Im Fokus der Tests stand ein mitarbeiterorientierter Ansatz. Das heißt, dass insbesondere die Praxistauglichkeit und die Ergebnisgüte bewertet wurden. Erstere wurde durch die Rückmeldungen der Experten bestätigt, welche der Applikation eine hohe Nutzerfreundlichkeit bescheinigten. Ferner konnten sowohl die Delphi-Befragung als auch der entwickelte Ähnlichkeitsalgorithmus des CBR-Systems qualitativ hochwertige und nützliche Ergebnisse liefern, die es ermöglichen Problemlöseprozesse im Produktionsanlauf zu beschleunigen.

Die positiven Resultate der Fallbeispiele bekräftigen einen unternehmensweiten Einsatz des Software-Prototyps in der betrieblichen Praxis. Dazu muss der Prototyp in die bestehende Unternehmens-IT integriert werden. Anschließend sollten sukzessive weitere Wissensdomänen hinzugefügt werden, damit die Informationsgüte und damit der Nutzen der Ergebnisse weiter gesteigert werden kann. Aufgrund des flexiblen Aufbaus der Wissensmanagement-Applikation ist ein Einsatz auch in produktionsfremden Geschäftsbereichen, wie z.B. der Entwicklung, denkbar. Darüber hinaus eröffnen sich weitere Anwendungsmöglichkeiten durch den kontinuierlichen weltweiten Einsatz der Applikation. Beispielsweise lassen sich auf Basis der Nutzerdaten Schwerpunktthemen in den Produktionsanläufen identifizieren und geografisch sowie zeitlich eingrenzen. Durch diese Auswertungsmöglichkeiten können Unternehmen frühzeitig auf Problemstellungen reagieren und bspw. notwendige Produkt- oder Prozessanpassungen vornehmen.
Erscheint lt. Verlag 28.5.2014
Reihe/Serie Berichte aus dem Lehrstuhl Automatisierungstechnik BTU Cottbus
Sprache deutsch
Maße 148 x 210 mm
Gewicht 360 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Technik Elektrotechnik / Energietechnik
Schlagworte Anlaufmanagement • Automobilindustrie • Wissensmanagement
ISBN-10 3-8440-2787-4 / 3844027874
ISBN-13 978-3-8440-2787-7 / 9783844027877
Zustand Neuware
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