»Wir könnten unsterblich sein« (eBook)

Gespräche mit Wissenschaftlern über das Rätsel Mensch

(Autor)

eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
208 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-402389-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

»Wir könnten unsterblich sein« -  Stefan Klein
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Die legendären Wissenschaftsgespräche aus dem ZEIT-Magazin mit den führenden Köpfen unserer Zeit, glänzend geführt vom Bestsellerautor Stefan Klein. Ist der Mensch von Natur aus Altruist? Haben wir eine Seele? Sind Träume Wünsche oder nur sinnlose Hirnaktivität? Diese und viele spannende Fragen mehr stellte der Bestsellerautor Stefan Klein weltweit führenden Wissenschaftlern. Seine glänzend geführten Unterhaltungen bieten anregende, ungewöhnliche und manchmal auch berührende Einblicke in unsere Existenz. Und sie lassen uns teilhaben an den persönlichen Erfahrungen, Einsichten und aktuellsten Forschungen der derzeit klügsten Köpfe. U.a. mit Jane Goodall, Richard Dawkins, Svante Pääbo, Alison Gopnik, Detlev Ganten, und Peter Singer.

Stefan Klein, geboren 1965, ist der erfolgreichste Wissenschaftsautor deutscher Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg. Er wandte sich dem Schreiben zu, weil er »die Menschen begeistern wollte für eine Wirklichkeit, die aufregender ist als jeder Krimi«. Sein Buch »Die Glücksformel« (2002) stand über ein Jahr auf allen deutschen Bestsellerlisten und machte den Autor auch international bekannt. In den folgenden Jahren erschienen weitere hoch gelobte Bestseller: »Alles Zufall«, »Zeit«, »Da Vincis Vermächtnis« und »Der Sinn des Gebens«, das Wissenschaftsbuch des Jahres 2011 wurde. Zuletzt erschien »Träume: Eine Reise in unsere innere Wirklichkeit«, ausgezeichnet mit dem Deutschen Lesepreis 2016, »Das All und das Nichts. Von der Schönheit des Universums« (2017) und »Wie wir die Welt verändern« (2021). Stefan Klein lebt als freier Schriftsteller in Berlin.

Stefan Klein, geboren 1965, ist der erfolgreichste Wissenschaftsautor deutscher Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg. Er wandte sich dem Schreiben zu, weil er »die Menschen begeistern wollte für eine Wirklichkeit, die aufregender ist als jeder Krimi«. Sein Buch »Die Glücksformel« (2002) stand über ein Jahr auf allen deutschen Bestsellerlisten und machte den Autor auch international bekannt. In den folgenden Jahren erschienen weitere hoch gelobte Bestseller: »Alles Zufall«, »Zeit«, »Da Vincis Vermächtnis« und »Der Sinn des Gebens«, das Wissenschaftsbuch des Jahres 2011 wurde. Zuletzt erschien »Träume: Eine Reise in unsere innere Wirklichkeit«, ausgezeichnet mit dem Deutschen Lesepreis 2016, »Das All und das Nichts. Von der Schönheit des Universums« (2017) und »Wie wir die Welt verändern« (2021). Stefan Klein lebt als freier Schriftsteller in Berlin.

Fast schon nebenbei gewinnt man so auch Einsichten über sich selbst. Womit Stefan Klein wieder mal beweist, warum er zu den besten deutschen Wissenschaftsjournalisten gehört.

Klein versteht es, spannende Fragen zu stellen und die Konversation in die richtige Richtung zu lenken.

Wir könnten unsterblich sein


Die Molekularbiologin Elizabeth Blackburn über die Grenzen des menschlichen Lebens, über Gene, die einen uralt werden lassen – und einen Weg, die Lebensdauer vorherzusagen

Dass wir altern, scheint eine der unangenehmen Selbstverständlichkeiten des Lebens zu sein. Aber schon Michel de Montaigne äußerte daran seine Zweifel. Der französische Essayist nannte es ein »ungewöhnliches Glück«, in die Jahre zu kommen, denn »vor Alter zu sterben ist ein seltener Tod« – den wenigsten Menschen in Montaignes von Gewalt und Seuchen geplagtem 16. Jahrhundert war er beschieden.

Heute hinterfragen Naturwissenschaftler, ob es wirklich unausweichlich ist, dass wir körperlich und geistig verfallen. Elisabeth Blackburn gehört zu den Pionieren solcher Forschung. Als zweites von sieben Kindern in einer entlegenen Kleinstadt in Tasmanien geboren, studierte sie in Cambridge Biochemie. Seitdem untersucht sie die genetischen Mechanismen des Alterns. Dafür erhielt sie im Jahr 2009 den Nobelpreis.

In ihrem Labor an der University of California in San Francisco erzählt die heute 63-jährige Forscherin so begeistert von ihren Entdeckungen, als habe sie diese gerade eben gemacht. Nur ihre eigenen Lacher können den Redefluss bremsen. In solchen Momenten ahnt man, dass hinter Blackburns Humor und ihrer großen Freundlichkeit eine noch größere Hartnäckigkeit steht. Ihre sanfte Unbeugsamkeit verdankt sie nicht nur ihrer Karriere, sie führte auch dazu, dass Präsident Bush im Jahr 2004 die damals schon weltberühmte Wissenschaftlerin aus seinem Bioethikrat werfen ließ – ein bisher einmaliger Eklat.

Frau Blackburn, Sie haben Jahrzehnte Ihres Lebens den Wimperntierchen gewidmet. Was ist an diesen Einzellern so faszinierend?

Es sind wunderbare Geschöpfe. Sie können sich ungeschlechtlich vermehren, indem sich ein Tierchen einfach verdoppelt. Trotzdem gibt es bei ihnen sieben Geschlechter, die paarweise Kinder bekommen. Und manchmal tun sich sogar drei Wimperntierchen zur gemeinsamen Vermehrung zusammen. Da fragt man sich schon, warum wir uns damit begnügen, Frauen oder Männer zu sein. Zumal Wimperntierchen, unabhängig vom Geschlecht, wiederum sieben verschiedene Arten der Paarung zur Wahl stehen. Das ist doch wild! Wie kann man diese Organismen nicht lieben?

Ahnten Sie, dass Sie mit Ihren Untersuchungen an Wimperntierchen daran waren, das Rätsel des menschlichen Alterns zu lösen?

Nein. Wir wollten Grundfragen der Molekulargenetik studieren. Das war aufregend genug: 1975 gehörten mein späterer Mann und ich zu den ersten Menschen, die überhaupt die genetische Information lesen konnten. Wimperntierchen eigneten sich gut für diese Experimente. Als wir im Lauf der Jahre immer weiter vorankamen, meinten wir schon, allmählich ins Herz der Biologie einzudringen. Aber ich hatte nie das Ziel, das menschliche Altern zu heilen.

Doch wenn man die Zeitungsberichte zu Ihrem Nobelpreis 2009 durchsieht, könnte man glauben, genau das sei Ihnen gelungen. Fanden Sie den Rummel nicht übertrieben?

Keineswegs. Lange konnte ich selbst nicht daran glauben, dass sich unsere Entdeckungen an Wimperntierchen auf Menschen übertragen lassen. Aber inzwischen haben wir zweifelsfreie Belege.

Wimperntierchen sind unsterblich.

Auch darin liegt die Schönheit ihrer Biologie: Diese Einzeller können sich unendlich oft teilen.

Und so immer wieder ein neues Leben beginnen.

Wir fragten uns, wie machen sie das? Das Problem ist nämlich: Die Chromosomen, die Träger der Erbinformation in der Zelle, verlieren bei jeder Teilung ein Stück.

Irgendwann werden sie zu kurz, und der Organismus kann nicht mehr funktionieren.

Eben das verhindern die Wimperntierchen mit einem phantastisch gut funktionierenden Reparaturmechanismus. Den Beweis dafür fand meine damalige Doktorandin Carol Greider am Weihnachtstag des Jahres 1984: Im Zellkern der Wimperntierchen gibt es einen Stoff, der die Chromosomenenden immer wieder aufbauen kann.

Ein Elixier der Unsterblichkeit …

… für die Zelle. Wir nannten diese Substanz »Telomerase«. Sie hilft, auf dem Chromosom wieder eine Art Schutzkappe zu errichten – das Telomer. Dem verdankt das Wimperntierchen sein unendliches Leben.

Auch unser Körper kann sich regenerieren. Die Organe verjüngen sich, indem ihre Zellen ebenfalls durch Teilung gewissermaßen die eigenen Nachfolger erzeugen. Nur geht das beim Menschen leider nicht beliebig oft.

Genau. Mit den Jahren sterben immer mehr Zellen ersatzlos ab. Dann lassen die Körperfunktionen nach. Aber auch der Mensch besitzt Telomerase. Vor gut zehn Jahren entdeckten Kollegen nun Familien, deren Mitglieder durch eine Erbkrankheit zu wenig Telomerase bilden – und ungewöhnlich früh Altersleiden bekommen. Damit war bewiesen, dass Telomerase auch bei uns das Altern verzögert.

Werden diese bedauernswerten Menschen frühzeitig dement?

Dazu fehlt ihnen leider die Zeit. Sie sterben vorher an Krebs und allen möglichen Infektionen – als gehe ihrem Immunsystem einfach der Dampf aus. Offenbar hängt es damit zusammen, dass die Telomere zu kurz werden. Seit dieser Entdeckung erleben wir einen wahren Tsunami an Erkenntnissen über den Zusammenhang zwischen Altern, Krankheiten und der Länge der Telomere.

Als gäbe es im Inneren jeder Zelle tatsächlich so etwas wie einen Lebensfaden. In der antiken Mythologie bestimmt dieser übrigens nicht nur die Länge, sondern auch die Qualität unseres Lebens.

Ein schönes Bild. Aber die Entwicklung geht eben nicht immer nur in Richtung Verfall: Gelegentlich bewirkt die Telomerase, dass die Telomere wieder wachsen.

In der Sage spinnen die Schicksalsgöttinnen etwas am Lebensfaden hinzu. Wovon aber hängt es wirklich ab, wie gut sich unsere Zellen regenerieren?

Die Lebensumstände spielen eine wichtige Rolle – vor allem chronischer Stress. Gemeinsam mit Psychologen haben wir Mütter von behinderten Kindern untersucht. Weil sie hier in den USA kaum Unterstützung bekommen, stehen sie unter enormer Belastung. Und je mehr Jahre sie ihre Kinder pflegten, desto kürzer waren in der Regel ihre Telomere. Ähnliches fanden wir bei Menschen, die als Kind Traumatisches wie den Tod eines Elternteils oder gar sexuellen Missbrauch erlebt hatten. Je mehr schreckliche Erfahrungen sie verkraften mussten, desto mehr waren, wiederum durchschnittlich, ihre Telomere geschrumpft.

Als wenn jeder Schicksalsschlag etwas vom Lebensfaden abschnitte.

Besonders tiefe Spuren im Zellkern scheinen die frühen Belastungen zu hinterlassen. Damit machen die Ergebnisse eines sehr klar: Wie dringend es ist, die Kinder zu schützen. Allerdings gibt es Menschen, die selbst große Härten erstaunlich gut wegstecken können.

Offenbar ist es auch erblich, wie lange wir leben.

Ja. Ein phantastischer Nachweis dafür ist der Gotha, der deutsche Adelsalmanach. Darin sind die Lebensspannen von rund 45000 hochwohlgeborenen Töchtern aus ganz Europa verzeichnet; mit den Daten der Söhne ist wenig anzufangen, von denen starben zu viele im Krieg. Die Frauen dagegen hatten fast immer ein bequemes Dasein, solange sie nur das Wochenbett überlebten. Vergleicht man nun das Alter, das sie erreichten, mit dem ihrer Eltern, macht man eine erstaunliche Entdeckung: Bis etwa zum 75. Jahr hat das eine mit dem anderen wenig zu tun. Wer bis dahin stirbt, wurde zufällig von einer Krankheit oder einem Unglück erwischt. Wer es aber über seinen 75. Geburtstag hinaus schafft, verdankt es seinen Genen: Diese Adeligen hatten meist auch besonders langlebige Vorfahren.

Doch wir alle geraten immer mehr in die Lage dieser höheren Töchter! Dank guter Hygiene und einer Medizin, wie sie sich früher nicht einmal Königinnen erhoffen konnten, werden die meisten Menschen leicht 75. Setzen dann also die Gene unserem Leben eine natürliche Grenze?

Wir sind vielleicht die erste Generation, die es herausfinden kann. Denn wir leben in einer Umgebung, wie es sie so geschützt nie zuvor gab. Darauf wurde unser Organismus während der Evolution nicht geprägt. Zwar sterben noch immer viele Menschen an Herz-Kreislauf-Krankheiten, aber es werden weniger: Herzinfarkte lassen sich durch gesünderen Lebensstil vermeiden. Ob das auch für den anderen großen Killer, Krebs, gilt, ist eine offene Frage. Wie weit sich die menschliche Lebenserwartung steigern lässt, ist ein riesiges Experiment. Und wir alle sind die Versuchstiere darin.

Was ist Ihre Vermutung?

120 Jahre lässt der momentane Genpool unserer Art offenbar zu. Der bisher älteste Mensch war die Südfranzösin Jeanne Calment. Sie lernte noch mit 85 Jahren das Fechten, fuhr hundertjährig Fahrrad und starb 1997 mit 122. Wie bei den meisten Über-Hundertjährigen, so wurden auch ihre Verwandten sehr alt. Und sie erfreute sich ihr Leben lang bester Gesundheit – dabei rauchte sie wie ein Schlot!

Woran starb sie?

Das ist unbekannt. Möglicherweise hatte ihr Tod gar keine besondere Ursache, wie bei so vielen sehr alten Menschen: Irgendwann wird einfach das ganze System instabil. Dann genügen schon ein kleiner Sturz oder eine Lungenentzündung, und man stirbt. Im Totenschein steht dann »Herzversagen«. Damit liegt man als Arzt immer richtig.

Normalerweise geht die Medizin...

Erscheint lt. Verlag 24.4.2014
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Affenliebe • Alison Gopnik • Allan Hobson • Christof Koch • Cutting Edge Science • Detlev Ganten • Gehirn • Jane Goodall • Mensch • Menschenaffe • Molekularbiologie • New York • Nicholas Christakis • Peter Singer • Richard Dawkins • Sachbuch • Svante Pääbo • Thomas Metzinger • Tod • Unsterblichkeit • Wimperntierchen • Wissenschaftsgespräch
ISBN-10 3-10-402389-1 / 3104023891
ISBN-13 978-3-10-402389-2 / 9783104023892
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