Systematische Zustandsbewertung von Mittelspannungsanlagen als Grundlage einer optimalen Instandhaltungsstrategie

Durch die Liberalisierung der Elektrizitätswirtschaft in Deutschland haben sich die Rahmenbedingungen für den Netzbetrieb fundamental geändert. Die Einführung der anreizbasierten Regulierung der Gesamterlöse, die aus den Netzentgelten durch die Verteilernetzbetreiber verdient werden dürfen, sowie der daraus resultierende Kostendruck führen dazu, dass neben einer zuverlässigen auch eine wirtschaftliche Übertragung und Verteilung elektrischer Energie in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewinnt. Das hat zur Folge, dass die Verteilernetzbetreiber zu einer Effizienzsteigerung und dadurch zur Reduzierung der Betriebskosten motiviert sind. Durch kurz- und langfristige Maßnahmen streben sie an, nach verschiedenen Einsparpotenzialen in allen Bereichen des Unternehmens zu suchen. Die bisherigen Instandhaltungsprozesse müssen somit neu konzipiert werden, mit dem Ziel, das elektrische Verteilungsnetz und dessen Betriebsmittel langfristig wirtschaftlich und technisch optimal zu betreiben. Daraus ergibt sich die Kernaufgabe des heutigen Netzbetriebs, den Verlauf der Alterungskurve von Betriebsmitteln abzuschätzen sowie daraus den notwendigen Instandhaltungsaufwand zu bestimmen und zu terminieren.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Konzepte vorgestellt, die Planung der Instandhaltungsmaßnahmen an Mittelspannungsbetriebsmitteln unterstützen. Der Gegenstand der Arbeit sind die MS-Netzstationen, die als ein Kollektiv einen wesentlichen Einfluss auf die Instandhaltungskosten haben. Mithilfe von Künstlichen Neuronalen Netzen wurden Modelle entwickelt, die basierend auf den vorliegenden Inspektionsergebnissen eine Bewertung des technischen Zustandes ermöglichen. Darauf aufbauend wurden der aktuelle Zustand der Netzstationen sowie ihre Alterungskurven ermittelt. Mit externen Störungs- und Schadensstatistiken wird eine Validierung der erzielten Ergebnisse im Hinblick auf die Alterung durchgeführt. In einem weiteren Schritt wurden zwei Analysemethoden vorgestellt, die das zukünftige Alterungsverhalten elektrischer Betriebsmittel prognostizieren können. Das erste Verfahren dient der Modellierung der zukünftigen Zustandsänderungen der Netzstationen mit den Markov-Ketten. Die Grundlage dafür bilden historische Informationen über den Zustand eines Betriebsmittelkollektivs. Das andere Verfahren ermöglicht eine Abschätzung der Lebensdauer elektrischer Betriebsmittel. Hierzu liegen der Analyse Ausfalldaten der Betriebsmittel zugrunde. Unter der Annahme, dass die Ausfälle als zufällige Ereignisse den Gauß- und Weibullverteilungen unterliegen, werden mittlere Lebensdauer und ihre Standardabweichung von MS-Transformatoren uns MS-Schaltanlagen abgeschätzt.

Die entwickelten Modelle, sowie ihnen zugrundeliegenden Analysen und Verfahren wurden anhand der realen Daten getestet und angewendet. Zum Schluss wurden die Möglichkeiten und Grenzen sowie denkbare Erweiterungen der vorgestellten Konzepte diskutiert.