Wissen – Beraten – Entscheiden - Peter Weingart, Justus Lentsch

Wissen – Beraten – Entscheiden

Form und Funktion wissenschaftlicher Politikberatung in Deutschland
Buch | Hardcover
280 Seiten
2015 | Nachdruck
Velbrück (Verlag)
978-3-938808-51-1 (ISBN)
29,90 inkl. MwSt
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Ohne den Rat wissenschaftlicher Experten ist das Regieren nicht mehr denkbar. Dem fast schon routinemäßigenRückgriff auf Berater entspricht aber nicht unbedingt ein nachhaltiger Rationalitätsgewinn der Politik. Die detaillierte Betrachtung der in unterschiedlich verfassten Gremien organisierten Politikberatung in Deutschland offenbart dievielfältigen Probleme im Verhältnis von Wissenschaft und Politik. Der Enttäuschung der Politiker, keine eindeutigen und sicheren Ratschläge zu erhalten, steht die Enttäuschung der Wissenschaftler gegenüber, dass ihr Rat häufig nicht beachtet oder für politische Interessen umgedeutet wird. Diese und ähnliche Erwartungen werfen die Frage nach geeigneten Organisationsformen der Beratung auf, die der doppelten Anforderung der Zustimmungsfähigkeit und der Sachangemessenheit des Rats gerecht werden Die Studie gibt einen detaillierten Überblick über die in Gremien organisierte Politikberatung in Deutschland. Sie ist im Kontext einer interdisziplinären Arbeitsgruppe der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften entstanden und bildet die Grundlage für die Leitlinien guter Politikberatung der BBAW.

Justus Lentsch, Studium der Mathematik, Physik und Philosophie, Promotion in Philosophie. Von 2002 bis 2009 verschiedene Positionen im Wissenschaftsmanagement und an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Verwaltung, u.a. am Institut für Wissenschafts- & Technikforschung (IWT), Universität Bielefeld; als freier Mitarbeiter an der Kennedy School of Goverment, Harvard University, und im Wissenschaftsmanagement der BBAW. Seit 2009 ist er Leiter der Stabsstelle Forschung und wissenschaftlicher Nachwuchs der Goethe-Uni Frankfurt. Peter Weingart geb. 1941; Studium der Soziologie und Ökonomie in Freiburg, Berlin und Princeton. Seit 1973 Professor an der Fakultät für Soziologie an der Universität Bielefeld. 1984/84 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. 1984/85 Visiting Scholar an der Harvard University. 1989 bis 1994 Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre Forschung (ZiF). Vorstand am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT) an der Universität Bielefeld. Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Vorsitzender des Graduiertenkollegs "Genese, Strukturen und Folgen von Wissenschaft und Technik" 1992 – 2009. Direktor des Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT), Universität Bielefeld von 1993 – 2009. Weingart ist Inhaber einer Ehrenprofessur an der TU München im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften / Wirtschaftswissenschaften.

Vorwort

1. Bedingungen wissenschaftlicher Politikberatung in der Demokratie
1.1 Gibt es eine Krise der wissenschaftlichen Politikberatung?
1.2 Stand der Diskussion
1.3 Begriffliche Vorklärungen

2. Zur Organisation wissenschaftlicher Politikberatung
2.1 Analytischer Rahmen: Form und Funktion verschiedener Typen von
Beratungseinrichtungen
2.2 Methodisches Vorgehen und Anlage der Untersuchung
2.3 Empirische Organisationsmodelle wissenschaftlicher Politikberatung
2.4 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse: die Multifunktionalität
der Organisationsmerkmale

3. Grundlinien guter Praxis wissenschaftlicher Politikberatung
3.1 Einleitung
3.2 Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen: demokratische und
rechtsstaatliche Rationalität (Eberhard Schmidt-Aßmann)
3.3 Institutionelle Rahmenbedingungen der Politikberatung im internationalen Vergleich
3.4 Leitlinien guter wissenschaftlicher Politikberatung im internationalen Vergleich:

Beispiele und Regelungselemente
3.5 Bundesgesetzliche Regelungen wissenschaftlicher Politikberatung: Beispiele und
Regelungselemente (Eberhard Schmidt-Aßmann)
3.6 Generelle Prinzipien guter wissenschaftlicher Politikberatung

4. Anhang: Zusammenstellung der Gremien

Literaturverzeichnis
Register

"Seit Ende des Zweiten Weltkriegs, und verstärkt in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten, hat die Bedeutung
wissenschaftlicher Politikberatung durch Beiräte, Kommissionen und Berater dramatisch zugenommen. Die neue Rolle der Wissenschaft in der Politik ist sowohl an neuartigen Arrangements als auch an einer qualitativen Veränderung des Verhältnisses von Politik und Wissenschaft ablesbar. Eine Ursache dieser Entwicklung ist die andauernde Ausweitung der Staatsfunktionen. Zu den sicherungsund ordnungspolitischen Funktionen des Staates ist als jüngste Staatsaufgabe die der Zukunftssicherung hinzugekommen, die sich auf die Gestaltung komplexer Arbeitsmarktverhältnisse und Altersversorgungssysteme sowie neuerdings auf einen umfassenden Umweltschutz, die Risikoregulierung und die Gesetzesfolgenabschätzung erstreckt. Die gewachsene Abhängigkeit von wissenschaftlicher Beratung zwingt den Staat zum Zugriff auf externe Beratungskapazitäten. In der Exekutive bestehende Fach- und Regulierungsbehörden werden reorganisiert und andere neu errichtet, die Zahl der wissenschaftlichen Beratungskommissionen und Beiräte steigt weiter an.
Aufgrund dessen wird ein zunehmendes"Regieren durch Kommissionen"diagnostiziert. Kommissionen und Beiräte dienen nicht mehr nur der Beratung der Regierung, sondern erfüllen - oft unter Einbeziehung der Massenmedien - auch strategische Funktionen. Komplementär zur Ausweitung der Staatsfunktionen ist die Wissenschaft quantitativ gewachsen und hat sich inhaltlich ausdifferenziert. Die sich fortsetzende Differenzierungund Spezialisierung der Wissenschaft und die
damit verbundene Steigerung ihrer Analysefähigkeit hat die qualitative Entwicklung der staatlichen Steuerungsfähigkeit allererst ermöglicht. Dennoch sind in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, Zweifel an der Beratungspraxis der Regierung laut geworden. Einmal ist es, wie in Deutschland, die plakative Übertragung von Entscheidungen und damit der politischen Verantwortung an eine"Expertenkommission"oder die seit einiger Zeit verstärkt zu beobachtende informelle
Beteiligung von Unternehmensberatungsfirmen. Ein anderes Mal ist es, wie in England, die manipulatorische Kommunikation von Forschungsergebnissen im Zusammenhang mit der BSE-Krise, die die Sensibilität der Öffentlichkeit gegenüber einem unkontrollierbaren Einfluss wissenschaftlicher Berater offenbart hat. Die Erfahrung eines dramatischen Vertrauensverlusts hat die dortige Regierung dazu veranlasst, spezielle Richtlinien für die Politikberatung zu formulieren, in denen absolute
Öffentlichkeit und Transparenz des Beratungsprozesses oberste Prinzipien sind."

Reihe/Serie Velbrück Wissenschaft
Sprache deutsch
Maße 140 x 222 mm
Gewicht 468 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Sozialwissenschaften Soziologie Allgemeine Soziologie
Schlagworte Deutschland; Politik/Zeitgeschichte • HC/Politikwissenschaft • Politikberatung • Politikwissenschaft • Soziologie • Wissenschaftsforschung
ISBN-10 3-938808-51-9 / 3938808519
ISBN-13 978-3-938808-51-1 / 9783938808511
Zustand Neuware
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