Sozialdemokratie im Abbruch (eBook)
252 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-4136-3 (ISBN)
Richard Bercanay, geboren 1968 in Aachen, studierte Politikwissenschaften und Soziologie. Seit seiner Jugend schreibt er Krimis, die jedoch nur einem kleinen Leserkreis zugänglich waren. 2010 veröffentlicht er mit »Spuren im Schnee« sein erstes Buch. Neben Krimis verfaßt er auch Science-Fiction-Romane, deren Veröffentlichung ebenso geplant ist wie die weiterer Krimis. Bereits der Krimi »Der Minister und die Katze« lehnte sich an eine wahre Begebenheit im politischen Raum an. Mit »Sozialdemokratie im Abbruch«, »Vision oder Fission?« und »Neuanfang oder Kontinuität?« befaßt er sich mit der Geschichte und der Zukunft der Sozialdemokratie in Gestalt politischer Sachbücher.
Sozialdemokratie im Abbruch
Als am Abend des 27. Septembers 2009 feststand, daß die SPD ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik eingefahren hatte, blieben die Vertreter der Agenda-Politik bei der Auffassung, mit ihrem Politikprogramm dennoch richtig gehandelt zu haben. Diese Haltung hatte sich ohnehin während zahlreicher Wahlniederlagen der SPD in den Bundesländern verfestigt. Kurz nach dieser verheerenden Wahlniederlage wählte die SPD-Bundestagsfraktion den gescheiterten Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier zu ihrem Vorsitzenden geradeso, als wäre nichts gewesen.
Während die Bürger die zunehmende Ähnlichkeit der etablierten Parteien kritisierten, weigerte sich die SPD kontinuierlich, die immer wieder vorhandene Mehrheit von SPD, Grünen und Links-partei in eine Regierungskoalition umzusetzen und in dieser Konstellation eine sichtbare Alternative zum liberal-konservativen Lager zu bilden.
Der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, vertrat dazu in seinem Buch »Unterm Strich« die Auffassung, daß sich die Parteien bis auf wenige Ausnahmen entideologisiert hätten, was die Bevölkerung seiner Meinung nach – und er auch – als Glück empfänden.1
Darüber wird in diesem Buch noch zu diskutieren sein. Gerhard Schröder formulierte es so, daß es nicht um eine konservative oder sozialdemokratische Wirtschaftspolitik gehe, sondern um eine moderne oder unmoderne.2 Eine solche Haltung wird auch gerne als TINA-Prinzip bezeichnet. Die Abkürzung entstammt dem Englischen und steht für »There Is No Alternative« (Es gibt keine Alternative). Sie wurde insbesondere gerne von Margaret Thatcher bemüht. In Deutschland verwies die Bundeskanzlerin Angela Merkel gerne auf die Alternativlosigkeit ihrer Politik und stand damit in gewisser Weise in der Tradition Thatchers. Dankenswerterweise bestimmte die Unwort-Jury das Wort »alternativlos« zum Unwort des Jahres 2010.3
Im Bundestagswahlkampf 2013 kam einmal mehr die Diskussion um die Beteiligung der Linkspartei an einer Regierungskoalition mit SPD und Grünen auf. Dies geschah nicht von ungefähr. Denn bereits vor der Bundestagswahl 2013 zeichnete sich in den Umfragen ab, daß es entweder einmal mehr für eine schwarz-gelbe Koalition aus CDU/CSU und FDP reichen oder es eine Mehrheit aus SPD, Grünen und Linkspartei geben würde.
Diese zweite Option, die eine Chance für eine Alternative zu den eingefahrenen neoliberalen Politikansätzen wäre, hatte sich nach der Wahl einmal mehr nicht realisiert. Der vorgeschobene Grund lautete, daß die Linkspartei aus mehreren Parteien bestünde, nicht verläßlich wäre und überhaupt eine unrealistische Politik wolle. Unrealistisch wohl deshalb, weil es zum Neoliberalismus, dem inzwischen auch SPD und Grüne anheimgefallen waren, keine Alternative geben durfte.
Warum eigentlich nicht? Gerade in Zeiten, in denen die Verdrossenheit über die Verwechselbarkeit politischer Parteien zunimmt, wäre eine echte Alternative zum neoliberalen Denken doch zugleich eine Perspektive für mehr Leben und Diskussionen in der Politik, einer größeren Anteilnahme der Bevölkerung am politischen Diskurs und eine höhere Wahlbeteiligung. Diese Chance wurde wieder einmal vertan, insbesondere weil in der SPD die Architekten der Agenda 2010 an den entscheidenden Stellen in der Partei saßen und weder eine Korrektur und schon gar nicht eine Revision dieses neoliberalen Politik-Programms duldeten.
Mit der Bundestagswahl 2017 erübrigte sich zunächst eine Diskussion um eine rot-rot-grüne Regierung, weil diese Konstellation im Gegensatz zur Bundestagswahl 2013 über keine eigene Mehrheit mehr verfügte. Nach einer langen Phase der Regierungsbildung, in deren Rahmen die Bemühungen um eine sogenannte »Jamaika- Koalition« (besser: »Schwampel«) scheiterten, kam es 2018 erneut zu einer großen Koalition von CDU/CSU und SPD.
Das Buch »Sozialdemokratie im Abbruch« befaßt sich mit verpaßten Chancen und blickt zurück auf die Entwicklung, die die SPD bis ins tiefe Tal der 23% bei den Bundestagswahlen 2009 genommen hat. Der politische Paradigmenwechsel innerhalb der SPD wird dargestellt. Anschließend wird versucht zu ergründen, warum es so schwer ist, die SPD wieder auf einen sozialdemokratischen Kurs zu bringen. Dabei soll das Wort »Abbruch« im Titel dieses Buches eine doppelte Bedeutung erhalten: Abbruch, weil der Sozialdemokratie in den vergangenen Jahren die Wähler und Mitglieder davongelaufen sind. Abbruch auch als eine Art Gegensatz zum Aufbruch, beziehungsweise zum Abbruch desselben im Jahr 1999, als nach dem Rücktritt Oskar Lafontaines die Regierung Schröder die neoliberale Wende vollzog und den bereits eingeleiteten Politikwechsel einfach abbrach.
Dieses Buch besteht aus mehreren Teilen. Der erste Teil befaßt sich mit den Wahlen, den Parteien und das allgemeine Umfeld von Wahlen. Er mag auf die geneigten Leser zunächst wie ein Fremdkörper in diesem Buch wirken, aber im Verlauf des Buches wird immer wieder auf dieser Grundlage aufgebaut.
Im zweiten Teil geht es um die Regierungszeit der rot-grünen Koalition und den politischen Entscheidungen, die zu einer Entfremdung der SPD von ihren Wählern und Teilen ihrer Mitgliedschaft geführt haben. Der dritte Teil diskutiert das Koalitionsverhalten der SPD insbesondere gegenüber der Linkspartei und zeigt, daß auch dieses Verhältnis von einer erheblichen Schizophrenie geprägt ist. Dabei wird thematisiert, wie sehr die SPD noch in der alten Schröder’schen Agenda-Politik verhaftet ist und welche programmatischen Irrlichter das Bild der Partei zuweilen bestimmt haben und weiterhin bestimmen.
Der vierte Teil soll dann den Weg beschreiben, den sich der Autor dieses Buches für die Sozialdemokratie vorstellt. In den 1970er Jahren unter Willy Brandt gab die Sozialdemokratie den Menschen eine Vision und Perspektive. Eine allgemeine Stimmung des Aufbruchs verbreitete sich in Deutschland. Willy Brandt wollte mehr Demokratie wagen und für mehr Offenheit und Nähe zu den Menschen sorgen. Dieses Erbe wird von der SPD nur noch in Sonntagsreden beschworen, im Alltag jedoch verleugnet. Vieles von dem, was die SPD in der Vergangenheit erreicht hatte, wurde heute von Sozialdemokraten wieder zerstört. Dabei braucht gerade diese Zeit den Mut für Visionen und Alternativen. Vielleicht liegen die Alternativen näher als gedacht. Vielleicht fehlt einfach nur der Mut, sich für diese einzusetzen, was aus des Autors Sicht für die Sozialdemokratie allenthalben bejaht werden kann.
Die vierte Auflage des Buches
Mit der Entscheidung, die Bücher »Sozialdemokratie im Abbruch«, »Vision oder Fission?« und »Neuanfang oder Kontinuität« zu einer Reihe unter dem Titel »Sozialdemokratie im Abbruch« zu machen, wurden Änderungen an den bereits erschienen ersten beiden Bänden notwendig. Dies wirkte sich auch auf dieses Buch aus.
Herausgenommen wurden die Passagen, die sich mit Martin Schultz als Kanzlerkandidat der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands beschäftigten, weil diese Ära zusammen mit der Ära Andrea Nahles‘ in dem Buch »Vision oder Fission?« ausführlich behandelt wird. Insofern wurde der entsprechende Teil, der dort deutlich ausführlicher behandelt wird, aus diesem Buch gestrichen.
Mit dieser Entscheidung endet das Buch unmittelbar vor der Bundestagswahl 2017, bei der Martin Schultz als Kanzlerkandidat antrat.
Daneben wurden einige Passagen aktualisiert, besonders der vierte Teil des Buches. Angesichts des Zeitraums, das dieses Buch behandelt, mag es fremd wirken, daß hierbei auch auf Entwicklungen des Jahres 2024 zurückgegriffen wurde. Weil es jedoch im letzten Kapitel auch um politische Perspektiven geht, ist dies aus Sicht des Autors vertretbar. Auch hier ist darauf zu verweisen, daß eine ausführliche Behandlung hier teilweise angesprochener Themen im zweiten und dritten Band stattfinden.
Der dritte Band »Neustart oder Kontinuität?« befaßt sich mit der Ära Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans als Vorsitzenden-Duo der SPD, sowie der Bundestagswahl 2021 und der Regierungszeit Olaf Scholz‘ und der Ampel-Koalition. Im Zentrum der Betrachtung steht zu Beginn des dritten Bandes das Verfahren, mit dem die SPD ihre neuen Vorsitzenden bestimmten und die Hoffnungen, die die Partei hieran knüpften. Der zweite Teil des Buches befaßt sich mit der Entscheidung, Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten zu machen, der Bundestagswahl 2021 sowie der Bildung der Ampel-Koalition und deren Regieren.
Weil dies alles letztlich im Zusammenhang steht, wurden die Bücher stärker aufeinander abgestimmt und zu einer Reihe weiterentwickelt. Dabei wurde darauf geachtet, daß alle Bücher für sich selbst verständlich sind, also ohne die Kenntnis der anderen Bücher dieser Reihe vorauszusetzen.
1 vgl. Steinbrück, Peer: Unterm Strich. S. 383
2 vgl. Scharping entmachtet innerparteilichen Widersacher. Schröder nicht mehr wirtschaftspolitischer Sprecher. Süddeutsche Zeitung,...
Erscheint lt. Verlag | 1.10.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
ISBN-10 | 3-7597-4136-3 / 3759741363 |
ISBN-13 | 978-3-7597-4136-3 / 9783759741363 |
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