Ferne Zeit Dichter Raum -  Susanne Lauer

Ferne Zeit Dichter Raum (eBook)

Lebendige Mitschriften
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
156 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-4781-5 (ISBN)
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Ausgehend von persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen beleuchten diese Texte Menschen und Dinge, die irgendwie aus der Zeit gefallen zu sein scheinen. Wie ist es überhaupt möglich, dass wir aus etwas fallen, das es objektiv so gar nicht gibt? Immer mehr Philosophen und Physiker behaupten, dass die Zeit objektiv gar nicht existiere. Was bleibt, ist die Wahrnehmung unserer Selbst in (ferner) Zeit und (dichtem) Raum.

SUSANNE LAUER, geboren 1964, ist Linguistin und Buchautorin. Neben einigen sprachwissenschaftlichen Veröffentlichungen entstammen ihrer Feder Generation Smartphone in der Pubertät, Bd I+II (2020/2021), Goodbye NRW-Moin Schleswig-Holstein (2022) und Haben Sie auch Seniorenteller? (2023). Sie lebt in Bonn. YouTube:@susannelauer3998 Instagram: @lienzresi Facebook: https://www.facebook.com/resi.lienz.73

HUNDE UND BIKER AN DIE MACHT!

Die Armeen aus Hunde-Viechern
Die Herrchen ignorant
Rehe grausam massakriert
Einfach Plan
Hündisch genial

Es gibt kaum Gut
Es gibt viel Böse
Es gibt nur Schwarz
Und auch viel Weiß
Es gibt Biker-Rennstrecken
Statt stillen Hecken
Hundegejaul und Raserfreiheit
auf Lebenszeit
immer für Schreckensmomente gut!
Gebt den Herrchen das Kommando!
Ihnen ist egal, was sie tun!
Die Welt gehört in Frauchens Hände!
Dem Wald-Sinn ein Ende,
wir werden in Grund und Boden gehetzt,
Hunde an die Macht!
Sie sind die wahren Anarchisten
Annektieren Wege, räumen ab.
Kennen keine Rechte
Keine Pflichten
Warum Rücksicht nehmen?
Wär' doch gelacht!
Ungebeugte Kraft Massenhaft
Wanderer ade!
Gebt den Bikern das Kommando!
Sie berechnen, was sie tun.
Die Welt gehört in Bikerhände
Dem Trübsinn ein Anfang
Wir werden in Grund und Boden gelacht.
Biker und Hunde an die Macht!4

40 Jahre lang war ich leidenschaftliche Hunde -«Besitzerin». Ich hege grundsätzlich überhaupt keine Animositäten gegen den besten Freund des Menschen. Die Fellnasen trifft sowieso keine Schuld. Die Verantwortung für unerwünschtes Verhalten liegt bei Herrchen und Frauchen. Es scheint jedoch irgendwie eine neue Art moralisch veränderter Hundebesitzer zu geben. Sie verleiden Wildtieren, Joggern, Spaziergängern, Wanderern und bekennenden Wald-Fetischisten mitunter den Genuß in Mutter Natur. Natürlich gibt es auch immer noch Hundeausführer, die sich - wie aus fernen Zeiten (noch) gewohnt -, rücksichtsvoll verhalten. Die Quote ist nur leider nicht mehr besonders hoch.

Das Bonner Stadtgebiet (141 km2) ist in etwa zu 28% (39.8 km2) bewaldet, der Rhein-Sieg-Kreises zu 29%, NRW zu 27%. Wir haben also eigentlich im Vergleich zu anderen Regionen (Hamburg ist z.B. nur zu 7% bewaldet, in Schleswig-Holstein findet man generell weniger Baumbestand), genug Wald-Naherholungs-Raum.

Auf dem Venusberg in Bonn, berichten Generalanzeiger und WDR-Lokalzeit unisono, haben Biker heimlich still und leise steile Pisten im Wald konstruiert, die die Stadt nun aufwändig und kostspielig zurückbauen muss. Man denke derweil in der Gemeinde über eine Lösung nach.

Zweirädrige Stunt-men rasen oft lautlos wie Raubkatzen in einem schwindelerregenden Tempo Wald-Abhänge hinunter, um dann wie aus dem Nichts hinter einem völlig in sich und in die Natur versunkenen Spaziergänger jäh aufzuploppen. Dieser macht, wenn es seine Geistesgegenwärtigkeit und sein Reaktionsvermögen überhaupt noch zulassen, völlig entgeistert einen Satz zur Seite, um Leib und Seele zu retten.

Es ist vor allem nachmittags, wochenends und bei Sonnenschein so, dass freilaufende Hunde und rücksichtslos rasende Biker (gelegentlich auch Kita-Erzieherinnen mit Kinderwagen der Ausmaße eines Kleinwagens oder Spazier-Gruppen, die zu viert oder zu fünft in schöner Regelmäßigkeit auf einem schmalen Wald-Weg nebeneinander gehen) den Wald in NRW zu einem sehr dichten Raum machen. Sie nehmen ihn ein, füllen und überfüllen ihn.

Dabei ist nicht zu vernachlässigen ist, dass die Autorin in dem dicht besiedeldsten Raum Deutschlands lebt: In Nordrhein-Westfalen mit mehr als 18 Millionen Einwohnern (Stand 2023). Ein Fünftel der deutschen Gesamtbevölkerung aus sechzehn (!) Bundesländern knubbelt sich in einem einzigen Bundesland. Die dichte Besiedelung hängt mit dem hohen Urbanisierungsgrad des westlichen Rheinlandes zusammen. Von Deutschlands achtzig Großstädten gehören allein siebenundzwanzig zu NRW.

Bonn zählt rund 338.000 Einwohner (Stand Januar 2023) und 9500 gemeldete Hunde (Dunkelziffer unberücksichtigt). Die Bevölkerungsdichte beträgt in etwa 3.700 E/km2, Tendenz steigend.

Unter Raum5 (früher: Geraum) versteht man u.a. einen «sich dreidimensional ausdehnende[n] Platz, Weite, [ein] Zimmer, [ein] nicht genau begrenztes geographisches Gebiet (…) [einen] Raum, Platz zu[r] freie[n] Bewegung oder zum Aufenthalt»

Raum-Greifend. Haptisch. Raum an sich reißend. Körperlich. Raum-Füllend. Raum-Überfüllend. Der Ruhe-Suchende, ein im dichten Raum mäanderndes Fossil aus fernen Zeiten. Stört es etwa mit seinen stillen und unauffälligen Bedürfnissen die Räume Wald und Natur? Wege kreuzen sich. Die Freude, den neuen Kreuzrittern, Raum-Be-Herrschern, auf ihren Feldzügen zu begegnen, hält sich bisweilen in Grenzen.

Raum wird nicht unbedingt brüderlich und schwesterlich geteilt. Der eine oder andere setzt seine Ansprüche durch, dominiert das bisschen Terrain. Neue Burgherren, neues Regime, neue Konstitution. Weiche zurück, alter Erdenbürger! Jetzt sind wir hier! Wir nehmen den Raum ein.

Ähnliche Phänomene lassen sich auch in anderen Lebensräumen finden, wie z.B. dem der deutschen Bahn, wo munter gegrölt und rücksichtslos laut telefoniert wird, sodass Beisitzer zum Mithören gezwungen werden, von Dingen, die sie zwar gar nicht betreffen, aber dann doch sehr betroffen machen. Abtauchen unmöglich. Wohin? Fehl am Platze, geleitet von dem naiven Wunsch, einfach nur unbehelligt von A nach B zu reisen, gar ein paar Zeilen in Ruhe zu lesen oder ein wenig zu schreiben. Wehr- und machtlos gegen den Mob der neuen Zeit. Revolte sinnlos. Demokratie unerwünscht.

Straßenverkehr. Hupen und Gängeln, rohe Zeiten, viel zu nah in dichtem Raum. Ich wohne in einer Wohnanlage, wo Begriffe wie Mittagsruhe, sonntägliche oder feiertägliche Stille unverständliche Relikte aus einer fernen Zeit zu sein scheinen. Hausregeln, eher eine Lachnummer.

Gehören denn nun Lärm und menschliche Rücksichtslosigkeit unabdingbar zur neuen Zeit? Kakophonischer Darwinismus, eat or be eaten? Werden die Übriggebliebenen aus fernen Zeiten nun in die Resignation gelärmt, im dichten Raum an die Wand gedrängt und dort zerquetscht?

Andere Länder und deren Sitten fungieren als Verstärker.

Der Raum bzw. Wald dient also zur freien Bewegung und zum unbehelligten Aufenthalt. Gemeint ist ein Verweilen, bei dem man nicht von Hunden gehetzt oder verbellt wird, im Slalom um sie herumlaufen oder sich angsterfüllt hinter dem nächsten Baum verstecken muss. Ich persönlich meide es, sonntags oder feiertags bei schönstem Wetter des nachmittags den Natur-Raum in NRW überhaupt aufzusuchen. Dichter werdendender Raum ist der Klimawandel für das menschliche Wesen: Je nach Gemütslage, Quantität und Über-Griffigkeit der mir entgegen jagenden Fellnasen, springe ich vor dem einen oder anderen Vierbeiner auch schon 'mal zeternd von einem Bein auf das andere. Reiße dabei wild gestikulierend meine Arme in die Luft. Die meisten Hunde, nicht alle, aber einige, treten dann den Rückzug an. Kneifen den Schwanz ein und/oder bellen noch ein wenig lauter und wütender als zuvor. Diesmal aus der Ferne. Im Grunde verstärkt sich so das eigentliche Problem: Bello oder Blacky werden auf den nächsten Jogger ggf. noch ein wenig ungemütlicher reagieren.

Konditionierung. Das Pawlowsche Reiz-Reaktions-Schema. Speichelfluss angesichts von Laufschuhen.

Wofür macht eigentlich der liebe Herr Rütter all seine aufklärerischen Sendungen, wenn die, die es wirklich betrifft, sie gar nicht zu schauen scheinen?

Manchmal bluffe ich. Tue so, als würde ich von Hund und Herrchen mit dem Smartphone einen Schnappschuss machen. Manche Zweibeiner reagieren dann äußerst hektisch. Andere fahren alles auf, was ihnen sprachlich zur Verfügung steht, werden dabei verbal so richtig ausfallend.

Kürzlich wies ich Hundebesitzer, so wie eine langjährige Mitarbeiterin des Ordnungsamtes, darauf hin,dass auf dem Heiderhof im Kottenforst, oberhalb von Bad Godesberg, wieder ein paar Rehe von Hunden zu Tode gehetzt worden wären. Eines kam bei dem Fluchtversuch jämmerlich am Eingangstor des Friedhofes zu Tode.

Oft handelt es sich bei freilaufenden Hunde ausgerechnet um Jagdhunde und das sogar in der Brut- und Setzzeit (1. März – 15. Juli), Münsterländer, Rhodesian Ridgeback o.ä., die mit zittriger Rute und angehobener Vorderpfote freudig erregt durchs Gestrüpp stürmen, um irgendetwas, das sie besser in Frieden ließen, aufzuspüren. Es gibt genug ausgewiesene Hundewiesen, wo der Vierbeiner frei laufen kann und dabei auf ganze Rudel pfotiger Gleichgesinnter trifft.

Nun zum föderalen Wirrwarr der Leinenpflicht. Wie so oft gibt es in Deutschland keine einheitlichen Regeln; die Leinenpflicht bzw. ihre Abwesenheit variieren von Bundesland zu Bundesland.

§ 25 des NRW- Landesjagdgesetzes besagt lediglich:

Leinenpflicht für Ihren Hund im Wald in NRW
Wenn Sie mit Ihrem Hund im Waldgebiet von Nordrhein Westfalen unterwegs sind, müssen Sie diesen nicht generell an der Leine führen. Denn für diese Bereiche gibt es keinen generellen Leinenzwang, dennoch ist Vorschrift, dass Sie Ihr Tier unter...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7597-4781-7 / 3759747817
ISBN-13 978-3-7597-4781-5 / 9783759747815
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