Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts -  Werner Rügemer

Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts (eBook)

Gemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg der neuen Finanzakteure
eBook Download: EPUB
2024 | 4. Auflage
369 Seiten
Papyrossa Verlag
978-3-89438-906-2 (ISBN)
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Neue Finanzakteure haben nach der Finanzkrise die bisherigen Großbanken abgelöst. Blackrock?&?Co sind nun die Eigentümer von Banken und Industriekonzernen. Hinzukommen Private-Equity-Fonds, Hedgefonds, Wagniskapital­-Investoren und Investment­banken. Mit Digital-Giganten wie Amazon, Facebook, Google, Microsoft, Apple und Uber haben die neuen Finanzakteure schon vor Donald Trumps »America First« die US-Dominanz in der EU verstärkt. Arbeits-, ­Wohn-, ­Ernährungs- und Lebensverhältnisse: Die neue Ökonomie dringt in die feinsten Poren des Alltagslebens von Milliarden Menschen ein. Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts verstecken ihre Eigentumsrechte in vier Dutzend Finanzoasen, fördern rechtspopulistische Politik, stützen sich auf eine zivile, trans­atlantische Privatarmee von Beratern und kooperieren in ­Silicon-Valley-Tradition mit Militär und Geheimdiensten. Ein Systemvergleich des »westlichen« mit dem kommunistisch geführten Kapitalismus Chinas umreißt eine alternative Logik.

Werner Rügemer, Dr. phil., *1941, Publizist und interventionistischer Philosoph. Autor zahlreicher Bücher, bei PapyRossa etwa »Verhängnisvolle Freundschaft. Wie die USA Europa eroberten - Erste Stufe: Vom 1. zum 2. Weltkrieg« und »Imperium EU. ArbeitsUnrecht, Krise, Neue Gegenwehr«.

Werner Rügemer, Dr. phil., *1941, Publizist und interventionistischer Philosoph. Autor zahlreicher Bücher, bei PapyRossa etwa »Verhängnisvolle Freundschaft. Wie die USA Europa eroberten – Erste Stufe: Vom 1. zum 2. Weltkrieg« und »Imperium EU. ArbeitsUnrecht, Krise, Neue Gegenwehr«.

I.


Die neuen Kapital-Akteure des Westens


Zum neuen Kapitalismus, der sich seit den 1980er Jahren herausgebildet hat und seit der Bankenkrise von 2007 dominiert, gehören verschiedene Klassen und Gruppen von global agierenden Finanzakteuren. 1. Die mächtigsten unter ihnen sind die Kapitalorganisatoren vom Typ BlackRock. 2. Die zweite Liga besteht bisher aus den Investoren vom Typ Private Equity (»Heuschrecken«), Hedgefonds und Wagniskapitalisten. 3. Unterschiedliche Rollen spielen elitäre Investmentbanken, Privatbanken und die traditionellen Großbanken.

4. Von diesen Finanzakteuren gefördert und mitgestaltet werden die fünf »apokalyptischen Reiter des Internets«: Google, Apple, Microsoft, Facebook, Amazon (GAMFA). 5. Schließlich die jüngste Generation, die noch schneller aufsteigenden Unternehmen der digitalen Plattform-Ökonomie vom Typ Uber, Deliveroo, Parship/Elite-Partner, Upwork, FlixBus. 6. Kleinere und vereinzelte Finanzakteure, die im Umbruch des westlichen Kapitalismus entstehen wie debt funds, Oligarchen (Chodorkowski, Timoschenko, Poroschenko, Djukanovic, Trump), Organisatoren von Kryptowährungen sowie das diffuse Heer der Vermögensberater bleiben hier unberücksichtigt.

1. Große Kapitalorganisatoren: BlackRock & Co


Nicht erst seit der »Finanzkrise« stagnieren die Volkswirtschaften in der »westlichen Wertegemeinschaft«, und zwar systemisch und dauerhaft. Nicht nur Unternehmen, auch die Staaten investieren immer weniger und sind zugleich immer höher verschuldet.1 Das offiziell meist höhere Wachstum in den USA beruht auf den höher entwickelten statistischen Tricks und ist um bis zu zwei Prozent übertrieben.2 Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind dauerhaft hoch und werden ebenfalls statistisch geschönt. Im transatlantischen Kapitalismus wird der Anteil der Einkommen aus abhängiger Arbeit seit etwa 1990 stetig und seit 2007 beschleunigt abgesenkt.3 Die abhängig Beschäftigten stehen unter dem Zwang entweder der Über- oder der Unterbeschäftigung und eines Zustands von working poor, arm trotz Arbeit – oder gehetzt mit guter Bezahlung.

Im westlichen Kapitalismus herrscht »säkulare Stagnation«, so der ehemalige US-Finanzminister Lawrence Summers,4 der unter Präsident William Clinton diese Entwicklung mit einzuleiten half. Der westliche Kapitalismus setzt also in der Praxis gar nicht auf »ständiges Wachstum«, wie Globalisierungs- und Wachstumskritiker kritisch anmerken. Im westlichen Kapitalismus wächst der private Gewinn, aber die Arbeits- und Lebensqualität der abhängig Beschäftigten sinkt. Die für die Mehrheit der Bevölkerungen notwendige Infrastruktur – bezahlbare Wohnungen, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Pflegeheime, Kommunalverwaltung, Wasser- und Abwassersysteme, Gewässer, Fern- und Nahverkehr – wird vernachlässigt, abgeschrumpft, verschlechtert oder wird privatisiert und verteuert. Und gleichzeitig wachsen die Ausgaben für Verpackungen, Liefertransporte, Rüstung, Luxusautos, Luxuswohnungen. »Stagnation« wie »Wachstum« verschleiern also in vielfacher Hinsicht die Wirklichkeit.

Es herrscht »Investitionsstreik in Europa«, titelte das investorenfreundliche Handelsblatt (HB). Aber die Autoren, die sich doch so gut in »der Wirtschaft« auskennen, verfallen in wolkiges Psychologisieren: »Anscheinend ist das Vertrauen in die Zukunft einfach nicht groß genug.«5

»Der Oberste der Ober-Kapitalisten«


Darüber können einige nur lachen, zunächst klammheimlich, inzwischen öffentlich. Bestimmte Investoren haben nämlich sehr viel Vertrauen in die Zukunft. Seit der Finanzkrise, die nicht die ihre war, investieren sie noch mehr, in aller Stille und Konsequenz. Sie haben aber gar nicht die Absicht, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen und das volkswirtschaftliche Wachstum zu beflügeln. Im Gegenteil, sie nutzen die Stagnation und fördern selektives Wachstum.

In den Top-Etagen der westlichen Welt wird BlackRock-Chef Lawrence Fink angehimmelt wie kein zweiter. Kumpelhaft nennen die Leitmedien ihn »Larry«. Wenn er sich zum jährlichen Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos einfliegen lässt, dann steht die ungewählte wie die gewählte Elite stramm. Denn »sie alle haben begriffen, die Manager, Unternehmer, Banker, Großanleger, Politiker, Ökonomen, dass der Amerikaner so etwas ist wie der unerklärte Präsident der Weltfinanzgemeinde, der Oberste der Ober-Kapitalisten, der Gesetze und Geschicke des Kapitalismus mehr bestimmt als viele andere.«6

Insiderspekulationen mit Aktien


Betrachten wir der Reihe nach einige der typischen Aktivitäten des Obersten der Ober-Kapitalisten. Nehmen wir eine »Investition« aus dem Jahre 2016. BlackRock und andere Finanzinvestoren ließen sich von anderen solcher Investoren und von Banken eine Milliarde Euro an Krediten geben und kauften anderen Aktionären der Deutschen Lufthansa leihweise für eine begrenzte Zeit ein Fünftel aller Lufthansa-Aktien ab (»Leihaktien«). BlackRock & Co spekulierten darauf, dass wegen Angst vor Terroranschlägen und Brexit weniger Flüge gebucht werden und die Aktien an Wert verlieren. Das taten diese nach westlichen Marktgesetzen auch und stürzten um 14 Prozent ab. Die Investoren gaben die Leihaktien nach einigen Wochen wie vereinbart an ihre richtigen Eigentümer zurück und kauften im Wert gesunkene Lufthansa-Aktien auf – mit Gewinn, und danach stieg der Wert der Aktien wieder an.7

BlackRock ist hier aber kein Spekulant, der von außen kommt, sondern einer der Hauptaktionäre der Lufthansa. Wenn man vom gegenwärtigen Kapitalismus keine Ahnung hat, könnte man auf die Frage kommen: Wieso spekuliert ein Miteigentümer auf den Wertverfall der Aktie des eigenen Unternehmens?

Im jüngsten Kapitalismus sind Unternehmen für Eigentümer wie BlackRock die Basis für Spekulationen. Wenn die mehr bringen als das Halten der Aktien und das jährliche Warten auf die Dividenden-Ausschüttung, dann wird in die Spekulation investiert – pervers, so etwas »Investition« zu nennen, nicht wahr?

BlackRock & Co setzen ständig Teile ihrer Aktien von Lufthansa, Daimler, Siemens, Coca-Cola, Goldman Sachs usw. zur Spekulation ein. Nehmen wir den Stichtag 18.8.2016: BlackRock meldet der deutschen Finanzaufsicht – Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bafin – Aktien-Leerverkäufe bei Kali und Salz AG, zooplus AG und ElringKlinger AG; der Investor Marshall Wace meldet der Bafin Aktien-Leerverkäufe bei Deutsche Bank, Lufthansa und Grammer AG; der Investor AQR meldet der Bafin Leerverkäufe beim Baukonzern Bilfinger; so tut es auch der Investor Lansdowne bei VW; so tut es auch Millenium bei Wacker Chemie AG usw. usf.8

Diese Leerverkäufe dieses einzigen Tages sind nur ein winziger Ausschnitt und beziehen sich nur auf Deutschland. Solche Leerverkäufe von BlackRock & Co finden gleichzeitig in noch viel mehr Unternehmen in Deutschland und in vielen anderen Unternehmen und Staaten statt.

Gesetze verletzen, einmal Bußgeld aus der Portokasse


BlackRock hat dabei vielfach die Meldepflichten nach §§ 21, 22 und 25 Wertpapierhandelsgesetz verletzt. Die Finanzaufsicht Bafin verhängte nach Stichproben im Jahr 2013 deshalb im März 2015 für BlackRock eine Geldbuße von 3,25 Millionen Euro. Dies ist die bei weitem größte Geldbuße, die die Bafin je verhängt hat. »BlackRocks Mitteilungen über gehaltene Stimmrechtsanteile und Finanzinstrumente waren inhaltlich unrichtig und/oder kamen zu spät«, so die Bafin.9

Zum Geschäft von BlackRock gehört es, wie geschildert, Aktienpakete ihrer Unternehmen täglich zu kaufen und zu verkaufen, Derivate daraus zu bilden und Kursunterschiede zwischen den Börsen der Welt auszunutzen. Dafür sind zu späte und falsche öffentliche Mitteilungen gewinnrelevant. Die aufwendige Stichprobe aus 2013 hat die Bafin danach bisher nicht wiederholt.

BlackRock zahlte kommentarlos die 3,25 Millionen aus der Portokasse der deutschen Niederlassung. Die Bafin ist mit der flächendeckenden Prüfung allein hinsichtlich BlackRock überfordert, ganz zu schweigen hinsichtlich der anderen vier Dutzend aus dem BlackRock-Club. Der macht die staatlichen Finanzaufseher des westlichen Kapitalismus zu lächerlichen Hampelmännern.10

Superhirn der westlichen Wirtschaft


BlackRock spekuliert ständig mit eigenen und fremden Aktien an allen Börsen der Welt. Dabei werden Kurswert-Unterschiede im Nanosekundenbereich zwischen den Börsen in New York, Tokio, Singapur, London, Zürich, Mailand, Frankfurt, Paris, Luxemburg, Rio de Janeiro usw. ausgenutzt. Dasselbe passiert mit Wertpapieren aller Art, die auf den Aktien...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2024
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Banken • Blackrock • China • Europa • Finanzkapital • Geheimdienste • Globalisierung • Internetkonzerne • Kapitalismus • Konzernmacht • Multinationale Konzerne • Plattformkaptialismus • Politik • USA
ISBN-10 3-89438-906-0 / 3894389060
ISBN-13 978-3-89438-906-2 / 9783894389062
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