Erdmanns Deutschland (eBook)
428 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-4104-2 (ISBN)
Konrad Erdmann, Jahrgang 1939, wuchs in Dörfern der Schorfheide in der Uckermark des Landes Brandenburg als Sohn von Förstern auf. Bis zum 22. Lebensjahr erfuhr Erdmann seine schulische und berufliche Ausbildung in der DDR. Der berufliche Abschluss zum Ingenieur der Industriekeramik wurde 1962 in der BRD abgeschlossen. Erdmann arbeitete bis zur Frühverrentung in der Zulieferindustrie metallurgischer Betriebe als Qualitäts- und Produktionsmanager. Ausbildung und Leben in der DDR sowie die Trennung seiner Familie durch den Berliner Mauerbau gaben Erdmann Anlass, sich mit der Teilung Deutschlands auseinander zu setzen. Vorträge zur deutschen Geschichte im ökumenischen Kreis seines Dorfes am Niederrhein führten dann zu der Buchreihe "Erdmanns Deutschland" in zwei Teilen.
I. Kapitel
Deutschland von Null bis 1500
1. Völker und Herrschergeschlechter
Ab wann sind wir Deutsche?
Als Staat ist Deutschland sehr jung. Die Reiche der Merowinger und Karolinger vom 6. bis zum 9. Jahrhundert würde ich noch nicht „deutsch“ nennen. Dazu zählt also auch der heute noch hochgepriesene Karl der „Große“. Vielleicht ab dem 10. Jahrhundert kann man unter den Sachsenkaisern der Ottonen im weitesten Sinn von einem überwiegend deutschen Staat sprechen, jedoch mit großen oberitalischen Anteilen. Regnum Teutonicum, das Reich der Deutschen, war im 11. Jahrhundert für die kaiserkrönenden Päpste in Rom ein Begriff, der dann im 12. Jahrhundert zum Sacrum Imperium wurde. Die aus den Herzogtümern gewählten deutschen Könige erstrebten in der Mehrzahl ihre Kaiserwahl durch die Päpste. Sie wurden zum Rex Romano, zu Römischen Kaisern. Diese sind nicht mit den antiken weströmischen Kaisern in einem Atemzug zu nennen. Die antiken römischen Kaiser verschwanden bereits im 5. Jahrhundert und wurden von Germanenfürsten abgelöst. Ab dem 15. Jahrhundert kam dann die erweiterte Bezeichnung zum jetzt Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation hinzu, die bis 1804 ihre offizielle Gültigkeit besaß.
Aber ab wann identifizieren sich die Bewohner als Deutsche und mit Deutschland? Über Jahrhunderte dominierte das Stammesdenken zu den Landesherren in den Fürstentümern. Große Schübe zum Deutschtum waren sicherlich der Gutenberg‘sche Buchdruck im 15. Jahrhundert, 70 Jahre später die Bibelübersetzung durch Luther in eine allgemein verbindende deutsche Sprache - die anfänglich aber nur die Reformierten stärker beeinflusste -sowie die Befreiungskämpfe der napoleonischen Herrschaft.
Wie kann man die Zugehörigkeit zu einer Nation definieren? Sicherlich ist es die Sprache, ausgedrückt durch das vereinheitlichte geschriebene Wort – die deutschen Mundarten unterscheiden sich noch heute sehr voneinander. Ferner sind es die Sitten und Gebräuche und das Territorium, in dem die Menschen leben. Unverständlich ist für mich, dass sich bei internationalen Veranstaltungen „Deutschland“ sich bis heute noch nicht durchsetzen konnte. Wir laufen, springen, fahren und fliegen und spielen internationalen Fußball unter „Germany“ und „Alemania“.
Viele Völker, wie zum Beispiel die Ägypter, in Vorderasien die Sumerer im Zweistromland Euphrat und Tigris, dem heutigen Irak, die Inder und Chinesen hatten Tausende Jahre vor den europäischen Staaten bereits eine Hochkultur, die in Europa vielleicht erst im frühen Mittelalter annähernd erreicht wurde.
Die Römer und die Germanen
Die Germanen siedelten um die Zeitenwende, benannt als Nordgermanen in Skandinavien, als Westgermanen in den heutigen Niederlanden (Menapter, Nervier, Bataver u.a.), als Ostgermanen bis zur Weichsel / Bug (Goten, Burgunder, Wandalen) und im Süden bis an die Donau (Sweben, Markomannen, Quaden). Vorstöße germanischer Stämme ins Römische Reich erfolgten ca. 120 v. u. Z. Die Stämme der Kimbern und Teutonen, aus dem Norden Jütlands kommend, drangen bis an die Flussläufe Save, Po und Ebro vor. Man spricht hier von der ersten Völkerwanderung.
Nach ersten Niederlagen der Römer, die den ungestümen Angriffen der germanischen Völker nichts entgegenzusetzen hatten, wurden die Germanen vom siebenfachen römischen Konsul Marius 102 v. u. Z. zweimal vernichtend geschlagen.
Ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl aller Germanenstämme gab es nicht. Tacitus, der römische Geschichtsschreiber des 2. Jahrhunderts u. Z., sagte in seinem Werk „Germania“ über die Germanen: „Als Getränk dient ein Saft aus Gerste oder Weizen, der durch Gärung eine gewisse Ähnlichkeit mit Wein erhält. Die Kost ist einfach: wildes Obst, frisches Wildbret oder geronnene Milch. Ohne feine Zubereitung, ohne Gewürze vertreiben sie den Hunger. Dem Durst gegenüber herrscht nicht dieselbe Mäßigung. Wollte man ihnen, ihrer Trunksucht nachgebend, soviel verschaffen, wie sie wollen, so könnte man sie leichter durch ihre Laster als mit Waffen besiegen“.1
Ohne Einflüsse durch die Römer konnten die germanischen Stämme ihre Sprache weiter entwickeln. Die Volkssprache „Thiudisca“, die „Anderssprechenden“ gegenüber dem Latein, war der Ausgang für die deutsche Sprache.
Ihre Schriftzeichen, wenn man davon sprechen konnte, waren auf Gegenständen (Waffen) oder auf Buchenholz eingebrannte Zeichen, die Runen. Aus der Buche wurden somit die „Buchstaben“.
Die Germanen lebten überwiegend in kleinen Siedlungen und ernährten sich vom Feld, ihren Tieren und der Jagd. Wie heute gehörten Kühe, Schweine, Pferde, Schafe, Ziegen, Federvieh und natürlich der Hund dazu. Das angebaute Getreide war zu ca. 90 Prozent Gerste. Aber auch Roggen, Weizen, Hafer und die Rispenhirse wurde vorzugsweise auf sandigen Böden angebaut. Erbsen, Bohnen und Linsen waren ebenso vertreten, wie man aus archäologischen Fundrückständen weiß. Der Boden war mittels Holzpflug, die von Rindern gezogen wurden, leichter zu bearbeiten. Hunger und Not beherrschten ständig die germanischen Stämme. Eine Vorratswirtschaft war nicht bekannt oder konnte nicht vorgenommen werden. Die dadurch immer wieder auftretenden Versorgungsengpässe bedrohten ständig einzelne und mitunter ganze Stämme in ihrer physischen und wirtschaftlichen Existenz. Durch ihren Kontakt mit den Römern konnte die Lebenslage der Germanen jedoch ständig verbessert werden.
Ihren Lebensraum trotzten sie dem Wald in jahrelanger Rodungsarbeit ab. Mehrere Sippen schlossen sich zu Dörfern zusammen. Sie lebten wie auf Inseln mitten im Wald. Die Menschen verstanden sich als Teil der Natur. Ein Korn Aussaat ergab zwei Körner Ernte. Die Gallier ernteten zur Römerzeit das Vierfache. Die Natur blieb weiterhin trotz der Verbesserung aller Gerätschaften unbezwungen.
Nach der Eroberung Galliens durch Gaius Julius Cäsar von 58 bis 51 v. u. Z. hatten sich die Römer am Rhein festgesetzt. Drusus unternahm aber bereits von 12-9 v. u. Z. Feldzüge, die bis zum heutigen Magdeburg führten. In Haltern am See wurde ein befestigtes Lager errichtet. Ein sehr informatives Römermuseum gibt darüber Auskunft.
Das frühe republikanische Rom bis Cäsar und die späteren Kaiserreiche bis zum Verfall kann man als Staaten mit einer Hochkultur einordnen. Aber nur die Bewohner Roms nahmen für sich in Anspruch, „Römer“ zu sein. Bereits die umliegenden Provinzen der Apeninischen Halbinsel konnten erst nach langem Ringen die Römerwürde erlangen; ganz zu schweigen von den vielen Provinzen rund um das Mittelmeer, sowie Britannia. Ein Mann wie Cäsar, der Gallien, das heutige Frankreich, in langen, aufopferungsvollen Kämpfen Stamm für Stamm besiegte, hätte sicher auch Germanien niedergerungen. Kraft seiner Eroberungen strebte er eine bedeutendere, wenn nicht gar die herausragende Stellung eines Diktators auf Lebenszeit über das Römische Reich an. Dieser Ehrgeiz war der Grund seiner Ermordung. Seine Nachfolger, unter anderen sein Neffe Oktavian, der spätere Kaiser Augustus, scheiterten an der Niederwerfung der germanischen Stämme.
Die Entwicklung einer deutschen Kultur in den folgenden Jahrhunderten war eine Folge des Scheiterns der Niederwerfung durch die Römer.
Die linksrheinischen Germanen lebten weitestgehend unter römischer Herrschaft und nach römischer Kultur. Die ständige Konfrontation und der Handel mit den Römern über Jahrhunderte beflügelten den Fortschritt, der sich jedoch abnehmend, auch auf die westrheinischen Germanen auswirkte.
Die linksrheinischen Provinzen Germania Inferior und Superior unterlagen bereits streng fiskalischen Bestimmungen. Von Augusta Treverorum ausgehend, heute Trier - nach dem dort ansässigen Stamm der Treverer benannt - wurden unnachgiebig Steuern und sonstige Abgaben eingetrieben. Gier, Willkür und Überheblichkeit der Römer waren auch hier, wie im ganzen Reich, an der Tagesordnung.
Aus den am Rhein gelegenen, teilweise bereits städtischen Grenzbefestigungen heraus wurden immer wieder Feldzüge in die rechtsrheinischen, rein germanischen Gebiete unternommen, die von den Stämmen bestimmt nicht positiv aufgenommen wurden. Verpflegung musste requiriert werden. Es kam zu Übergriffen und Teile der Dorfbevölkerung wurden sicherlich oft versklavt. So bildete sich ein Nährboden eines Aufstandes gegen die Besatzungsmacht.
Der Sieg über Varus (9 u. Z.), Feldherr des Kaiser Augustus, steht für den Abwehr- bzw. Befreiungskampf der späteren deutschen Stämme. Hermann, von den Römern Arminius genannt, war ein Cheruskerfürst. Dem Fürsten dieses Germanenstammes, der von der Elbe bis in die Quellgebiete von Ems und Lippe siedelte, gelang es, weitere Stämme für den Befreiungsschlag zu gewinnen. Als einflussreicher Offizier römischer Hilfstruppen (Auxiliar)...
Erscheint lt. Verlag | 4.9.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
ISBN-10 | 3-7597-4104-5 / 3759741045 |
ISBN-13 | 978-3-7597-4104-2 / 9783759741042 |
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