Grundlagen und Schwerpunkte des Verfahrens in Kindschaftssachen (FamFG) für die Soziale Arbeit -  Walter Röchling

Grundlagen und Schwerpunkte des Verfahrens in Kindschaftssachen (FamFG) für die Soziale Arbeit (eBook)

Aufgaben, Intervention und Mitwirkung unter dem Aspekt von Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung
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2024 | 1. Auflage
149 Seiten
Beltz Juventa (Verlag)
978-3-7799-8502-0 (ISBN)
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Die rechtliche Einordnung von Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung und die damit einhergehende Umsetzung in der beruflichen Praxis gehören zu den Schwerpunkten der Sozialen Arbeit im Kontext familienrechtlicher Tätigkeit. Neben fachlichen Kenntnissen im Familienrecht sind allerdings auch sichere Kenntnisse im Verfahren in Kindschaftssachen (FamFG) zwingend erforderlich, um materiell-rechtliches Fachwissen zum Beispiel im familiengerichtlichen Verfahren effektiv und zielführend einzubringen. Das Buch gibt einen fundierten Überblick über die rechtlichen Themenbereiche - Verfahren in Kindschaftssachen (FamFG) - Verfahrensbeistandschaft (Neuregelung durch das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder - 2021) - Mediation im Kontext familienrechtlicher bzw. kindschaftsrechtlicher Verfahrensvorschriften. Unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzgebung und Rechtsprechung bietet das Werk eine praxisorientierte rechtliche Gesamtschau für die alltägliche Soziale Arbeit unter dem Aspekt von Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung.

Walter Röchling, Jg. 1948, Dr. jur., Familienrichter und Betreuungsrichter a.D., Honorarprofessor an der Hochschule Niederrhein/Fachbereich Sozialwesen. Fachgebiet: Institutionalisierte Soziale Arbeit in Familien- und Jugendhilfesachen einschließlich Verfahrensrecht. Lehrbeauftragter für Familienrecht, Kinder- und Jugendhilferecht sowie Familienverfahrensrecht. Dozent in der beruflichen Fortbildung.

7.Verfahrensbeteiligung und Verfahrensfähigkeit


7.1 


Durch den Begriff des sog. Beteiligten regelt das Gesetz, wer in dem konkreten Verfahren zu „beteiligen“ ist bzw. – vereinfacht ausgedrückt – welche Mitwirkungsfunktionen oder welche Mitwirkungsrechte/-pflichten ihm zustehen.

Das Gesetz unterscheidet in § 7 FamFG die Beteiligung „kraft Gesetzes“, § 7 Abs. 1 FamFG, und die Beteiligung „kraft Hinzuziehung“, § 7 Abs. 2 und Abs. 3 FamFG.

§ 7

Beteiligte

(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter.

(2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen:

1. diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird,

2. diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.

(…)

(4) Diejenigen, die auf ihren Antrag als Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen sind, oder hinzugezogen werden können, sind von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, soweit sie dem Gericht bekannt sind. Sie sind über ihr Antragsrecht zu belehren.

(…)

(6) Wer anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

Fähig zur Beteiligung i. S. d. Gesetzes sind (u. a.) grundsätzlich natürliche Personen und Behörden, § 8 Nr. 1 u. 3 FamFG.

§ 8

Beteiligtenfähigkeit

Beteiligtenfähig sind

1. natürliche und juristische Personen,

2. (…)

3. Behörden.

Im Einzelnen: Gemäß § 7 Abs. 1 FamFG ist „im Antragsverfahren“ der Antragsteller Beteiligter. Gegenstück zum „Antragsverfahren“ ist das „Amtsverfahren“, § 24 FamFG, zu dessen Einleitung allerdings auch „angeregt“ werden kann. Der Antragsteller ist – an sich selbstverständlich – kraft Gesetzes Beteiligter, weil es, vereinfacht ausgedrückt, um seine Interessen und Rechte(„Anträge“) geht, die er verfolgt und die er vom Gericht entschieden haben will.

Als Beteiligte „hinzuzuziehen“ sind gem. § 7 Abs. 2 diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird (Nr. 1), sowie diejenigen, die aufgrund dieses oder eines anderen Gesetzes „von Amts wegen“ oder „auf Antrag“ zu beteiligen sind (Nr. 2) – sogenannte „Muss-Beteiligte“. Weitere Personen können vom Gericht als Beteiligte hinzugezogen werden, § 7 Abs. 3 – sog. „Kann-Beteiligte“.

Beispiel: Die getrennt lebenden Eltern von Jasmin (9 Jahre), die bei ihrem Vater lebt, streiten sich über das Umgangsrecht von Jasmin mit ihrer Mutter. Das Gericht hat für Jasmin einen Verfahrensbeistand bestellt und das Jugendamt um eine Stellungnahme im Rahmen der Anhörung gebeten. Beteiligte kraft Gesetzes sind die Eltern (§ 7 Abs. 1 FamFG als Antragsteller) und Jasmin (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 als unmittelbar Betroffene) und der Verfahrensbeistand (§ 7 Abs. 2 Nr. Nr. 2 als auf Grund dieses Gesetzes von Amts wegen hinzuzuziehende Person gem. § 158b Abs. 3 S. 1 FamFG). Das Jugendamt wird durch seine Anhörung allein nicht Beteiligter, vgl. § 7 Abs. 6 FamFG. Stellt es jedoch einen Antrag auf Hinzuziehung als Beteiligter, erlangt es die formelle Stellung als Beteiligter gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 FamFG.

Durch seine formelle Beteiligung am betreffenden Verfahren erlangt der Beteiligte bestimmte Rechte, allerdings treffen ihn auch gewisse Pflichten. Zu seinen Rechten gehören z. B.: Akteneinsichtsrecht, Beweisantragsrechte, Recht auf Bekanntgabe der Entscheidung; zu seinen Pflichten gehört: Mitwirkungspflichten unterschiedlicher Art, Pflicht zum persönlichen Erscheinen in Terminen, Pflicht zur Verfahrenskostentragung.

Gemäß § 162 Abs. 2 S. 1 FamFG ist das Jugendamt in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung, §§ 1666, 1666a BGB, von Amts wegen zu beteiligen. „Im Übrigen“ – gemeint sind hier sonstige Kindschaftssachen nach § 151 FamFG – wird das Jugendamt auf seinen Antrag hin an dem fraglichen Verfahren beteiligt, § 162 Abs. 2 S. 2 FamFG. In beiden Fällen muss das Gericht die Hinzuziehung des Jugendamts als Beteiligten veranlassen. Die Behörde hat in diesem Fall alle aktiven Mitwirkungsrechte, kann aber – im Fall der Hinzuziehung auf eigenen Antrag – mit Verfahrenskosten belastet werden (allerdings Ausnahme, vgl. hierzu: BGH Beschluss v. 28. September 2016 – XII ZB 251/16 –, juris Leitsätze 1–5). Das Jugendamt hat also – abgesehen von seiner Pflicht zur Beteiligung gem. § 162 Abs. 2 Satz 1 FamFG (Kindeswohlgefährdung) – die Wahl, ob es nur im Rahmen der Anhörung am Verfahren teilnehmen oder als (auf Antrag) beteiligte Behörde aktiv am Verfahren mitwirken will. Diese Alternative hat der Gesetzgeber bewusst geschaffen, um Arbeitsbelastungen der beteiligten Behörden zu mildern.

7.2 


Die Verfahrensfähigkeit regelt die Fähigkeit des Beteiligten, selbst oder durch einen Vertreter wirksam Erklärungen im Verfahren abzugeben. Die „Verfahrensfähigkeit“ entspricht der Prozessfähigkeit im Zivilprozess. Fehlt es an ihr, sind die vorgenommenen Verfahrenshandlungen unwirksam.

§ 9

Verfahrensfähigkeit

(1) Verfahrensfähig sind

1. die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,

2. die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen, soweit sie für den Gegenstand des Verfahrens nach bürgerlichem Recht als geschäftsfähig anerkannt sind,

3. die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen, soweit sie das 14. Lebensjahr vollendet haben und sie in einem Verfahren, das ihre Person betrifft, ein ihnen nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend machen,

4. diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes dazu bestimmt werden.

(2) Soweit ein Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter nicht verfahrensfähig ist, handeln für ihn die nach bürgerlichem Recht dazu befugten Personen.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden eines Beteiligten gleich.

(5) Die §§ 53 bis 58 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

Im Gegensatz zur Verfahrensfähigkeit für geschäftsfähige Volljährige ist die Beurteilung der Verfahrensfähigkeit von Minderjährigen nicht unproblematisch, weil ihnen in familiengerichtlichen Verfahren diverse Mitwirkungs- bzw. Widerspruchsrechte zustehen.

Hiervon grundsätzlich abzugrenzen und zu unterscheiden ist die verfahrensrechtlich gebotene Anhörung des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren, die altersunabhängig erfolgt.

...

Erscheint lt. Verlag 4.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Sozialpädagogik
ISBN-10 3-7799-8502-0 / 3779985020
ISBN-13 978-3-7799-8502-0 / 9783779985020
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