Die geglückte Demokratie

Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart

(Autor)

Buch | Hardcover
694 Seiten
2006 | 2. Aufl. 2006
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-94141-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die geglückte Demokratie - Edgar Wolfrum
30,00 inkl. MwSt
Im Juli 2006 auf Platz 2 der Sachbuch-Bestenliste von Süddeutscher Zeitung, NDR, Buchjournal und Börsenblatt

»... ein rundum geglücktes Werk ...«
Egon Bahr


Edgar Wolfrum bietet eine lebendig erzählte, multiperspektivische Geschichte der Bundesrepublik für unsere Zeit: gleichgewichtig behandelt er Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Mentalitäten.
Zugleich bettet er die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in die europäische und internationale Geschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein.
Nach all den Katastrophen der deutschen Geschichte ist die Bundesrepublik ein Glücksfall. Ihre Geschichte handelt nicht von einem dramatischen Niedergang, sondern von einem erstaunlichen Aufstieg. Die Bundesrepublik wurde im Kalten Krieg zu einem Anker der Stabilität, sie entfaltete seit den sechziger Jahren eine neue Dynamik hin zu einer weltoffenen Gesellschaft, garantierte Wohlstand und meisterte ab Mitte der siebziger Jahre viele Krisen besser als andere westliche Staaten.

Diese moderne Gesamtdarstellung der Bundesrepublik erzählt gleichgewichtig auf drei Ebenen: Innenpolitik, Außenpolitik, Sozialkultur. So entsteht ein faszinierendes Bild sowohl der Strukturen und Ereignisse als auch der handelnden Personen und der bundesdeutschen Gesellschaft.

Die unverhoffte Wiedervereinigung 1990 rundet den Glücksfall ab. Auf dem Weg ins 21. Jahrhundert steht die deutsche Demokratie vor neuen Herausforderungen. Im Rückblick erkennen wir, wie wir wurden, was wir sind. Doch die Zukunft ist offen.

Behandelte Themen:
- Innenpolitik: die politischen und ökonomischen Konflikte, der demokratische Streit um Entscheidungen, Regierungshandeln und Regierungswechsel im föderalen Staat.

- Außenpolitik: das Problem von zunehmender supranationaler Einbettung der Bundesrepublik einerseits und fortbestehender deutscher Teilung andererseits; die europäischen und weltweiten Verflechtungen und der Weltmarkt.

- Sozialkultur: das Gefüge von Gesellschaft und Kultur, die innere Demokratisierung und die neuen Belastungen, die sozialen Umformungen, der Wertewandel, die lebensweltlichen Umbrüche, die Lernprozesse und die Erfahrungen der Menschen.

Edgar Wolfrum, geb. 1960, ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität Heidelberg. Studium der Geschichte, Politikwissenschaft, Germanistik und des Spanischen. Promotion 1990. 1991-1994 Leiter des Förderungsreferats für Geschichte bei der Volkswagenstiftung, 1999 Habilitation.


Dank
1 Fragen an die Bundesrepublik
2 Deutschland unter der Kontrolle der Siegermächte 1945-1949
Ein besetzter Feindstaat
Zweierlei Aufbruch aus Ruinen
Wiederaufbau und Verwestlichung:
Das Gründungsjahrzehnt 1949-1959
3 Demokratische Weichenstellungen im Inneren
Schwierige Anfänge westdeutscher Staatlichkeit
Parteiensystem und Parteienverbote
Die Kirchen im neuen Staat
Soziale Marktwirtschaft und Wirtschaftswunder
Die Sozialpolitik als Konsensstifterin
4 Bindungen an den Westen und Deutschlandpolitik
Deutsche Handlungsmöglichkeiten im Kalten Krieg
Kontroverse Westpolitik
Stalin-Noten 1952 und Volksaufstand des 17. Juni 1953
Vollendung der Westintegration
5 Gesellschaft und Sozialkultur im Kalten Krieg
Sozialer Wandel und Modernisierung
Kulturelle Trends und Lebensgefühl
Das Erbe des Nationalsozialismus
Westdeutsche Mentalitäten am Ende des Gründungsjahrzehnts
Dynamik und Liberalisierung:
Die zweite formative Phase 1959/60-1973
6 Wendemarken, Abtritte und Antritte
Berlin-Krisen, Schock des Mauerbaus, Deutsch-Französischer Vertrag
Innenpolitische Turbulenzen und Ende der Ära Adenauer
Anspruch und Scheitern des »Volkskanzlers« Erhard
Die Große Koalition 1966-1969 als Wendezeit
7 Zuwachs an Pluralismus und deutsche Lernprozesse
Bildungsexpansion und »Babyboom«, Wohlstandsexplosion und Gastarbeiter
Wertewandel und kulturelle Entwicklungen
Die 68er-Bewegung zwischen Protest und Gewalt
NS-Prozesse und neues westdeutsches Geschichtsbild
8 Die Neue Ostpolitik und »Mehr Demokratie wagen«
Ursprünge und Grundlagen des Ausgleichs mit dem Osten
Die Ostverträge und die KSZE
Mißtrauensvotum und Bilanz der Neuen Ostpolitik
Reformeuphorie und »Modell Deutschland«
Bewährung und Bewahrung:
Langfristige Probleme und Globalisierung 1974-1989
9 Von der sozialliberalen zur christlich-liberalen Koalition
Ende der Reformära und der Rücktritt Willy Brandts
Ölpreisschock und Terrorismus
Krisenmanagement und Weltökonomie
Politische Wende und die Regierung unter Helmut Kohl
10 Die Bundesrepublik in Europa und der Welt
Das deutsch-französische Tandem
Von der »Eurosklerose« zu neuem Europaoptimismus
Nord-Süd-Konflikt und »Dritte-Welt«-Politik
Der zweite Kalte Krieg
11 Technokratie, Risikogesellschaft und Erlebniskultur
Deutsche Identitätskrise und die NS-Vergangenheit
Neue soziale Bewegungen
Technikrevolution, Postmoderne und »Neue deutsche Welle«
Die bundesdeutsche Gesellschaft vor der Wiedervereinigung
Herausforderungen und Chancen:
Von der Bonner zur Berliner Republik 1990 bis heute.
12 Der Weg zur Einheit der deutschen Nation
Der Kollaps der DDR
Die Wiedervereinigung
13 Deutschland, Europa und die »neuen Kriege«
Vertiefung und Erweiterung der EU
Die Rückkehr des Krieges
14 Euphorie, Ernüchterung und Reformpolitik
Ende der Ära Kohl
Rot-grüne Regierungsjahre
Gesellschaft, Kultur und Deutschland-Trends
Anhang
Verzeichnis der Abkürzungen
Anmerkungen
Zeittafel
Tabellen und Karten
Quellen und Literatur
Abbildungs- und Kartennachweis
Orts- und Sachregister
Personenregister


Wertewandel und kulturelle Entwicklungen

Die »stille Revolution« des Wertewandels und schrille Aufbrüche in der Kunst gehörten zusammen und beeinflußten sich gegenseitig. Für sämtliche Bereiche der Kunst und Kultur bedeuteten die 60er Jahre eine Art »Sattelzeit«: Es war die Zeit der bedeutenden Manifeste, mit denen sich junge Künstler von den Altvorderen lossagten, die Zeit der Provokationen, des Trotzes, der Umbrüche hin zu einem neuen, erweiterten Kunstbegriff, der Zuwendung zur Massenkultur, mithin eine Epoche, die auch auf diesem Feld einen Zuwachs an Pluralismus und einen Abschied vom Elitären, von der abgezirkelten Exklusivität, brachte. Mit seinem 1963 entstandenen Ölbild Die große Nacht im Eimer - einem onanierenden Jungen mit überdimensionalem Penis - setzte beispielsweise Georg Baselitz bewußt auf Provokation, und die Rechnung ging auf. Das Bild war ein ungeheurer Skandal: Baselitz und seine Galeristen wurden wegen pornographischer Darstellung zu Geldstrafen verurteilt. Baselitz, Markus Lüpertz, Jörg Immendorf, Sigmar Polke und andere aufstrebende Stars am deutschen Kunsthimmel - der sich über den nun auch international anerkannten Zentren Düsseldorf und Köln auftat - führten wieder expressive Tendenzen in die Bildende Kunst ein und wandten sich damit gegen die informellen und tachistischen Strömungen, die in den 50er Jahren so präsent waren.
Vor allem aber entstanden in einem übergreifenden transatlantischen Kulturtransfer neue Beziehungen zwischen der »hohen« Kunst und den Formen der Massenkultur, und genau dies war eines der zentralen Unterscheidungsmerkmale zu den künstlerischen Strategien der 50er Jahre und denen der ausgehenden 70er Jahre, als die Konzeptkunst Oberwasser gewann, der das Konzeptionelle wichtiger war als die jeweilige Materialisierung. Die Konzeptkunst, die sich gegen den Fetisch-Charakter des Kunstobjekts wandte, kann auch als eine Gegenbewegung zu den populistischen Darstellungs- und Distributionsformen der 60er Jahre interpretiert werden. Namentlich Andy Warhol formte mit seiner »All-is-pretty«-Devise die alle Bereiche erobernde Pop-Art, die banale Bildwelten der »Bewußtseinsindustrie«, sei es Werbung, Design oder Film, nobilitierte, die naiv und doch zugleich ironisch und gesellschaftskritisch daherkam. Marcel Duchamp, der 1968 verstorbene Amerikaner französischer Herkunft, der schon vor und unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg die vom Dadaismus angehauchte Anti-Kunst der »Ready-mades« erfunden hatte, war das große Vorbild eines neuen Kunstbegriffs und jener Pop-Art-Künstler der 60er Jahre, die nicht von ungefähr als Gebrauchsgraphiker, Designer oder Plakatmaler begonnen hatten. (56) Comicbilder von Roy Lichtenstein oder Warhols Suppendosen verwiesen auf die Verbrauchskultur; Niki de Saint Phalle erfand die riesigen bunt-poppigen Frauenfiguren, die Nanas; in der Bundesrepublik malte Gerhard Richter von Fotos ab, Siebdruck dominierte. Kunst als Ware: Die vorherrschenden seriellen Objekte und Graphiken bedeuteten eine Art Demokratisierung, indem zugleich der Bekanntheitsgrad der Bilder gesteigert und der Preis für Kunst verringert wurde.
Neben die Pop-Art trat ein weiterer bedeutsamer Zweig der Kunst in den 60er Jahren, die ihren herausragenden Repräsentanten in Joseph Beuys fand, einem der international wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts überhaupt. Er und seine Schüler kritisierten die Oberflächlichkeit der Pop-Art, sahen in ihr eine Anpassung an die Konsum- und Plakatwelt, und für sie waren die ebenfalls aus den USA kommenden Formen des Happenings, die aktionistische Malerei Jackson Pollocks sowie die daraus hervorgehende Fluxus-Bewegung maßgebend. »Fluxus« zielte auf Aktionen, bei denen Künstler verschiedener Sparten - Grenzüberschreitungen waren ein Signum der Bewegung - versuchten, aktive Veränderungs- und Wandlungsprozesse als Prinzipien der Realität sichtbar zu machen. Dabei gab es auch Übereinstimmungen im grundsätzlichen m

Erscheint lt. Verlag 8.3.2006
Zusatzinfo 95 Abbildungen und Karten, Lesebändchen
Sprache deutsch
Maße 165 x 232 mm
Gewicht 1124 g
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Zeitgeschichte
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 20. Jahrhundert • Bundesrepublik Deutschland • Bundesrepublik Deutschland (1949-1990); Politik/Zeitgeschichte • Gesellschaft • Kultur • Politik
ISBN-10 3-608-94141-X / 360894141X
ISBN-13 978-3-608-94141-8 / 9783608941418
Zustand Neuware
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