Happy End (eBook)

Die Liebe im Postfeminismus

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
152 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-22789-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Happy End -  Jana Scherle
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Wünschst du dir eine stabile, langjährige und liebevolle Partnerschaft? Oder mehrere? Jana Scherle hat als systemische Familientherapeutin zahllose Beziehungskonflikte begleitet und analysiert. Ihre ebenso einfachen wie erstaunlichen Schlussfolgerungen zeigen auf, wie brüchig der Käfig der hetero- und mononormativen Traditionen in unserem Kulturkreis geworden ist. Mit originellen Denkanstößen und konkreten Antworten auf die Frage, was es braucht, um diesen Käfig zu verlassen, wendet sich dieses Buch an alle, die ihre Beziehungen nonkonform, optimistisch und erfolgreich gestalten wollen.

Wie konnte es dazu kommen? Soziale Bindungen und intime Beziehungen hinterlassen keine Fossilien. Wir haben durch Grabfunde von Gruppen früher Menschen und entsprechende Artefakte zwar eine grobe Vorstellung davon, wie unsere Vorfahren zusammengelebt haben könnten, aber wir haben keine Ahnung, wie die Individuen unserer Spezies in prähistorischer Zeit ihre sexuellen Beziehungen organisiert haben. Von jetzt auf früher schließend könnte man meinen, dass die Monogamie der Natur des Menschen entspricht, da sie heute fast überall auf der Erde die gesellschaftliche Norm darstellt. Mit der gleichen Überlegung kann man auch auf das Gegenteil kommen, weil so viele Menschen in ihrem Verhalten von dieser gesellschaftlichen Norm abweichen. Sind Menschen von Natur aus promisk?

Primatenforschung Wenn wir über die Natur des Menschen nachdenken, liegt es nahe, sich im Fachbereich der Biologie nach Erkenntnissen umzusehen und da wir es mit Charles Darwin halten, beginnen wir mit der Pri­matenforschung. [2] Im Moment leben nach aktuellem Forschungsstand eine Menschenart, Homo sapiens, und sechs verschiedene Arten von Menschenaffen auf unserem Plane­ten, die sich alle aus einem vor 30 Millionen Jahren lebenden gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben. Sie werden auch als Hominiden bezeichnet und bilden die Familie der Primaten – unsere Familie.

Vor 22 Millionen Jahren trennte sich der Gibbon von ­dieser gemeinsamen Entwicklungslinie und machte eine eigene Familie auf, die heute 20 Arten umfasst. Um die nur weitläufige Verwandtschaft zu kennzeichnen, bezeichnet man die Gibbons als Kleine Menschenaffen im Gegensatz zu den in der Entwicklungslinie verbliebenen Großen Menschenaffen. Gibbons leben heute in Südostasien. Als einzige Menschenaffenart bilden sie keine Gruppen, sondern leben in Kernfamilien. Ein heterosexuelles Paar bewohnt mit seinen leiblichen Kindern ein 25 bis 50 Hektar großes Territorium, Besucher sind nicht willkommen und erwachsene Kinder verlassen die Herkunftsfamilie, finden einen Partner und gründen auf einem anderen Gebiet ihre eigene Kernfamilie.

Vor 16 Millionen Jahren verließ dann der Orang-Utan und vor 9 Millionen Jahren der Gorilla die gemeinsame Ab­­stammungslinie. Orang-Utans finden wir heute auf den südostasiatischen Inseln Sumatra und Borneo, Gorillas leben im mittleren Afrika. Beide Arten zeigen eine wenig komplexe Sozialstruktur. Dominante Männer besetzen und verteidigen ein bestimmtes Territorium oder Streifgebiet, in dem ihre Frauen und Kinder leben, die untereinander wenig miteinander zu tun haben.

Die Gattung Homo verließ die Abstammungslinie vor 5 Millionen Jahren und begann ihre eigenen Arten auszubilden, von denen heute nur noch der Homo sapiens existiert. Sapiens haben inzwischen den gesamten Planeten besiedelt und leben überwiegend in Staaten zusammen. Als einzige Menschenaffenart verfügt Homo sapiens über die kognitive Fähigkeit der Abstraktion, was die Ausbildung regional unterschiedlicher Moralen ermöglicht hat. Sein soziosexuelles Verhalten ist vielfältig und steht häufig in offensichtlichem Widerspruch zu jeweils geltenden moralischen Vorstellungen.

Bleiben noch Bonobos und Schimpansen auf unserer Entwicklungslinie der Großen Menschenaffen. Ihre Arten trennten sich erst vor etwa 3 Millionen Jahren. Beide Arten leben im mittleren Afrika, Schimpansen nördlich und Bonobos südlich des Flusses Kongo. Da beide Arten nicht schwimmen können, begegnen sie sich trotz der geografischen Nähe in der Regel nicht. Sie sind sich optisch und genetisch sehr ähnlich, so dass man die Bonobos bei ihrer Entdeckung 1929 als Zwergschimpansen klassifizierte und sie auch heute noch gelegentlich als gemeinsame Art, nämlich die der Schimpansen, genannt werden. Beide Arten leben in Großgruppen mit bis zu 150 Individuen, doch ihre soziosexuellen Strukturen könnten unterschiedlicher nicht sein. [3]

Bei den Bonobos geben die Weibchen den Ton an. An der Spitze der Hierarchie stehen die älteren Bonobofrauen, dann folgen ihre Söhne und die von ihnen bevorzugten Gruppenmitglieder. Konflikte innerhalb der Gruppe werden von den Chefinnen hauptsächlich über den Entzug von Zuneigung sanktioniert. Das funktioniert deshalb so gut, weil der Alltag der Bonobos gekennzeichnet ist vom Austausch von Zuwendung aller Gruppenmitglieder untereinander wie der gegenseitigen Fellpflege, dem Teilen von Leckereien und sexuellen Interaktionen. Feldforscher berichten, dass bereits eine für sie kaum wahrnehmbare ­Verweigerung eines Annäherungsversuches durch ein ranghohes Tier in der Regel zur gewünschten Verhaltens­änderung des rangniederen Interaktionspartners führt. Aggressives Verhalten kommt so gut wie nicht vor, stattdessen reihen sich unterschiedliche Interaktionen wie Fellpflege, Nahrung sammeln, sexuelle Kontakte und spielerisches Herumjagen nahtlos aneinander. Im Umgang mit fremden Bonobos an den Grenzen des eigenen Reviers herrscht eine Art »Willkommenskultur«: Es kommt auch hier rasch zu sexuellen Begegnungen und genau wie innerhalb der eigenen Gruppe ist das Verhalten einander fremder Bonobos von Neugier und Kooperationsbereitschaft geprägt. Nur etwa ein Viertel der sexuellen Aktivitäten der Bonobos können Reproduktion ermöglichen, alle anderen erotischen Beschäftigungen wie homosexuelle Kontakte, heterosexuelle Kontakte während der unfruchtbaren Tage des weiblichen Zyklus, Zungenküsse, Fellatio, Cunnilingus und die gegenseitige Massage der Genitalien fallen offensichtlich in die Kategorie der sozialen Interaktion und sind allein durch den Spaß an der Sache motiviert. Die entspannte Promiskuität der Bonobos hat zur Folge, dass Bonobomänner nicht in der Lage sind, den eigenen Nachwuchs zu erkennen und alle Kinder der Gruppe gleichbehandeln. Bonobokinder haben eine enge Bindung an ihre Mütter, der Status der Söhne in der Hierarchie der Gruppe hängt lebenslang vom Status der Mutter ab, Töchter schließen sich mit dem Eintritt der Geschlechtsreife einer fremden Gruppe an.

Das Sozialverhalten der Schimpansen dagegen ist von hoher Aggressivität geprägt, männliche Allianzen haben einen hohen Stellenwert und an der Spitze der Gruppe steht ein Alphamann. Die Rangkämpfe um diese Position können zu Verletzungen mit Todesfolge führen und die ­Begegnungen mit fremden Schimpansengruppen an den Reviergrenzen verlaufen in der Regel gewalttätig. Innerhalb ihrer Gruppe verhalten sich Schimpansen, insbesondere wenn die Hierarchie unter den einzelnen Individuen geklärt und stabil ist, kooperativ und widmen sich ebenfalls ausgiebiger gegenseitiger Fellpflege, sexuellen Begegnungen und gemeinsamen Mahlzeiten. Die häufigen Konflikte müssen nicht immer eskalieren, oft führen freundliche Interventionen einer ranghohen Schimpansenfrau zu einer Versöhnung der Streitenden. Ranghohe Schimpansenmänner haben deutlich mehr Sexualkontakte als rangniedere und zeugen mehr Nachwuchs. Wird die Position des Anführers nach einem Rangkampf neu besetzt, kann es zur Tötung der Kinder von Müttern kommen, mit denen der neue Alphamann im Vorfeld nicht kopuliert hatte.

Niemand möchte gern über das Verhalten seiner Verwandten definiert werden. Jede Art hat sich mit den ihr zufällig zuteilgewordenen genetischen Mutationen bestmöglich an ihre spezifische Umwelt angepasst. Davon gehen wir spätestens seit der Veröffentlichung von Darwins Schrift »Über die Entstehung der Arten« vor 160 Jahren aus. Halten wir trotzdem fest, dass sich im Paarungsverhalten der Menschenaffen drei unterschiedliche Kategorien bilden lassen. Unsere beiden nächsten Verwandten haben jede Menge willkürlichen Sex mit wechselnden Partnern; die einen in patriarchalen Strukturen mit einem Hang zu Konkurrenz und Aggression, die anderen in matriarchalen Strukturen mit kooperativem und freundlichem Sozialverhalten. Die beiden weiter entfernt verwandten Arten zeigen sich in ihren sexuellen Strukturen polygyn und in ihrem Sozialverhalten eher distanziert. Und der am weitesten entfernt verwandte Kleine Menschenaffe lebt strikt monogam und ist über seine monogame Beziehung hinaus nicht am Kontakt mit erwachsenen Artgenossen interessiert beziehungsweise aufgrund seiner vergleichsweise wenig entwickelten Gehirnkapazität zur Bildung komplexerer Gruppenstrukturen nicht in der Lage.

Diese drei Gruppen finden wir genauso wieder, wenn wir uns den Dimorphismus der Körpergröße anschauen, also den durchschnittlichen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Individuen einer Art. [4] Er hat sich sehr wahrscheinlich unter anderem aufgrund des Wettstreits der Männer um die fortpflanzungsfähigen Frauen entwickelt. Auf jeden Fall ist die entsprechende Korrelation bei Säugetieren, insbesondere bei Primaten und Menschenaffen, hoch. In der monogamen Gruppe der Kleinen Menschenaffen sind Männer und Frauen gleich groß, was sich durch den fehlenden Wettbewerb erklären lässt. Bei den polygynen Arten sind die Männer im Durchschnitt doppelt so groß wie die Frauen. Nur die größten und stärksten Männer setzen sich durch und dürfen zur Belohnung alle Frauen der Gruppe begatten und ihre Gene weitergeben. Und in der Gruppe unserer promisken Verwandten sind die Männer etwa 10 bis 20 Prozent größer als die Frauen. Homo sapiens gehört auch nach dieser Einteilung offensichtlich in die Gruppe der promisken Arten.

Große Männer – lange Schwänze? Tatsächlich ist der fehlende Schwanz eines der Merkmale, die die Familie der Hominiden charakterisieren. Aber wenn wir nach dem ­Penis fragen: Das Gegenteil ist der Fall. Stellen wir uns ­einen ausgewachsenen Gorillamann vor: Fast...

Erscheint lt. Verlag 25.4.2024
Mitarbeit Sonstige Mitarbeit: im SELBSTverlag
Cover Design: im SELBSTverlag
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Beziehung • Beziehungsformen • Familie • Glück • Liebe • Polyamorie • Postfeminismus
ISBN-10 3-384-22789-1 / 3384227891
ISBN-13 978-3-384-22789-8 / 9783384227898
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