Wie man in allem besser wird (eBook)
320 Seiten
REDLINE Verlag
978-3-96267-610-0 (ISBN)
Scott H. Young ist Schriftsteller, Computerprogrammierer und »Ultralearner«. Bekannt ist er unter anderem dafür, dass er verschiedene Selbstbildungsprojekte durchgeführt hat, z. B. hat er den vierjährigen Informatik-Lehrplan des MIT innerhalb von zwölf Monaten erlernt. Seine Abhandlungen hierzu wurden in der »New York Times«, BBC, TEDx, »Business Insider« und vielen anderen Medien veröffentlicht. Von ihm ist bereits 'Ultralearning' im Redline Verlag erschienen.
Scott H. Young ist Schriftsteller, Computerprogrammierer und »Ultralearner«. Bekannt ist er unter anderem dafür, dass er verschiedene Selbstbildungsprojekte durchgeführt hat, z. B. hat er den vierjährigen Informatik-Lehrplan des MIT innerhalb von zwölf Monaten erlernt. Seine Abhandlungen hierzu wurden in der »New York Times«, BBC, TEDx, »Business Insider« und vielen anderen Medien veröffentlicht. Von ihm ist bereits "Ultralearning" im Redline Verlag erschienen.
Einführung
Wie Lernen funktioniert
Das ganze Leben hängt vom Lernen ab. Wir verbringen Jahrzehnte in Schule, Studium oder Ausbildung und erwerben Bildung. Wir wollen gute Arbeit leisten, nicht nur wegen der Vorteile, die uns daraus erwachsen, zu den Besten zu gehören, sondern wegen des Stolzes, den wir empfinden, wenn wir unser Handwerk verstehen. Selbst die Dinge, die wir aus Spaß an der Freude machen, machen wir zu einem großen Teil deswegen so gerne, weil wir das Gefühl haben, uns ständig zu verbessern.
Dennoch ist Lernen oft eine rätselhafte Angelegenheit. Manchmal lernen wir mühelos und ganz nebenbei, zum Beispiel, wenn wir uns schnell in einem neuen Wohnviertel orientieren oder in kurzer Zeit in einem neuen Job eingearbeitet sind. Dann wieder ist Lernen eine mühselige und zähe Angelegenheit. Womöglich haben wir viele Stunden in einer Bibliothek verbracht und in der Abschlussprüfung doch nur wenig vorzuweisen. Vielleicht wollen wir das Unternehmen, die Branche oder sogar unseren Beruf wechseln, fühlen uns aber nicht ausreichend qualifiziert, um diesen Schritt zu wagen. Vielleicht fahren wir seit Jahrzehnten Auto, tippen auf einer Computertastatur oder spielen Tennis, ohne verlässlich besser zu werden. Wenn überhaupt eine Verbesserung eintritt, dann nur sporadisch.
Ob Sie sich nur ein wenig verbessern oder ein versierter Profi werden wollen, es hilft, wenn Sie verstehen, wie Menschen lernen. Einfache Prinzipien erklären, warum Sie in einigen Situationen mühelos Fortschritte erzielen und in anderen Situationen frustrierenderweise nicht vom Fleck kommen. Zunächst wollen wir uns eine Geschichte über eine eigenartige Leistungssteigerung auf Weltklasseniveau ansehen, und zwar die der weltweiten Tetris-Spieler, die drei Jahrzehnte, nachdem das puzzleähnliche Computerspiel erstmalig auf den Markt kam, plötzlich einen gewaltigen Leistungssprung machten.
Das Tetris-Rätsel
Wie immer legt Joseph Saelee am 15. Februar 2020 mit Tetris los.1 Augenblicklich beginnen die ikonischen bunten Tetris-Bausteine herunterzupurzeln – im Abstand von ungefähr zwei Sekunden. Trotz dieses Tempos, das den meisten Arcade-Fans* den Schweiß auf die Stirn treiben würde, achtet Saelee kaum auf das, was er tut. Stattdessen plaudert er nebenbei mit einer Handvoll Followern, die ihm auf der Online-Streaming-Plattform Twitch live zusehen. Als er Level 19 erreicht, wird die Unterhaltung schleppend. Nun muss Saelee in den zwei Dritteln einer Sekunde, in denen die verschiedenen Tetrominos den unteren Rand des Bildschirms erreichen, jeden so drehen und platzieren, dass lückenlose horizontale Reihen entstehen. Bevor ein Tetromino platziert ist, blickt er schon wieder auf das Display, auf dem sich der nächste Tetromino ankündigt – die einzige Atempause in der ansonsten völlig unvorhersehbaren Abfolge an Formen. Nach neun Leveln in dieser atemberaubenden Geschwindigkeit verdoppelt diese sich ein weiteres Mal. Die Tetris-Bausteine leuchten kaum auf, und schon haben sie den Boden erreicht. Als Saelee diese Phase vollendet, setzt der Levelcounter aus, und die Anzeige verändert sich von »29« in »00« – ein klares Zeichen dafür, dass die Tetris-Designer niemals für möglich gehalten hatten, dass ein Spieler so weit kommen würde. Wie in Trance hackt Saelee mit seinem Finger mehr als zehnmal pro Sekunde auf die Taste seines Controllers. Ihm gelingt es, jeden Block perfekt zu platzieren und schnell genug Raum zu schaffen, damit die neuen Blöcke, die herunterregnen, nicht den Bildschirm ausfüllen. Nach einigen Minuten macht er seinen ersten Fehler – ein einziger falsch platzierter Block ragt aus den ansonsten lückenlosen Reihen heraus. In einem winzigen Augenblick ist alles vorbei, und ein wahrer Regen aus bunten Blöcken füllt das Display aus. Saelee lächelt trotzdem. Die Niederlage war womöglich unvermeidlich, aber es ist ihm gelungen, Level 34 zu erreichen.2 Das hat in der mehr als 30-jährigen Geschichte eines der beliebtesten Videospiele aller Zeiten noch nie jemand geschafft. Saelee ist zu diesem Zeitpunkt erst 18 Jahre alt.
Offensichtlich ist Joseph Saelee ein guter Tetris-Spieler. Bemerkenswerter ist jedoch, um wie viel besser er Tetris spielt als die erste Generation, die geradezu von Tetris besessen war. Auf Level 29 zu spielen, galt lange als unvorstellbar, weil die Blöcke in einem solchen Tempo herunterfielen, dass es unmöglich schien, sie alle richtig zu platzieren, bevor sie den Boden erreichten.
Da die farbigen Blöcke in lückenlosen Reihen aufeinandergetürmt werden müssen, damit sie mit dem befriedigenden Tetris-Klick verschwinden, galt dieses Level bei den Fans lange als unspielbar – sie nannten es den »Killscreen«. An einer weiteren Herausforderung, nämlich in einer einzigen Sitzung das Maximum von 999.999 Punkten zu erreichen, hatten sich die ersten Spieler schon versucht. Die erste dokumentierte maximale Punktzahl erreichte Harry Hong, 20 Jahre nachdem das Spiel auf den Markt gekommen war.3 Saelee schaffte es insgesamt zwölfmal. Salee ist allerdings nicht der Einzige, der Tetris meisterhaft beherrscht. In demselben Turnier erreichten 40 Spieler die maximale Punktzahl.4 Wie kann es sein, dass ein Spiel, das seinen Zenit schon lange überschritten hat, so viel bessere Spieler hervorbringt?5
Tetris damals und heute
Heute erscheint Tetris altmodisch, daher vergisst man leicht, welche Sensation es auslöste, als es auf den Markt kam. Das Spiel, das 1984 von dem russischen Computerwissenschaftler Alexej Pajitnow erfunden wurde, verbreitete sich in Form einer Floppy Disc in der Sowjetunion, in der bereits die Götterdämmerung angebrochen war.6 Wie viele Büromitarbeiter nach ihm, war auch Pajitnow von seiner eigenen Erfindung fasziniert und verbrachte seine Zeit damit, Tetris zu spielen, statt zu arbeiten. Vladimir Pokhilko, ein Psychologe und Freund von Pajitnow, fand, das Spiel sei so verlockend, dass es sich wunderbar eigne, um das Phänomen der Sucht zu studieren. Am Ende musste er alle Kopien vernichten, als klar wurde, dass seine Forschungsmitarbeiter ihre Arbeit vernachlässigten. Nachdem der Softwarebroker Robert Stein auf einer Reise nach Ungarn zufällig auf Tetris stieß, setzte in den westlichen Ländern ein erbitterter Kampf um die Vertriebsrechte ein. Den Sieg trug schließlich Nintendo davon. Das Unternehmen stellte die abschließende Tetris-Version für sein Nintendo Entertainment System (NES) her, verkaufte Millionen von Spielen und gewann eine Generation an leidenschaftlichen Fans.
Während Tetris für die meisten Spieler lediglich ein unterhaltsamer Zeitvertreib war, waren andere von dem Spiel besessen. Ben Mullen, einer der ersten Rekordhalter, führte detaillierte Statistiken über sein Spiel, um versteckte Muster aufzudecken und seine Leistung zu optimieren. »Ich fand heraus, dass man genau eine halbe Stunde nachdem man etwas Kaffee getrunken hatte am besten Tetris spielt«, berichtete er.7 Harry Hong spielte so viel, dass er ein Hemd zwischen seinen Daumen und den Controller legen musste, um keine Blasen zu bekommen. Andere spielten, bis sie Halluzinationen über herunterfallende Blöcke bekamen – ein Phänomen, das später als »Tetris-Effekt« bezeichnet wurde.8 Aber so leidenschaftlich sie auch spielten, niemand erreichte die mühelose Spitzenleistung moderner Spieler wie Saelee.
Des Rätsels Lösung
Einen Hinweis zum Verständnis der drastischen Leistungssteigerung gibt die Art und Weise, wie die Spieler ihre Leistungen publik machten. In der ersten Zeit wurden die offiziellen Rekorde von der Datenbank für Videogame-Rekorde Twin Galaxies verwaltet. Die Spieler reichten ihre Trefferquoten beziehungsweise Punktzahlen und irgendwelche Belege dafür ein. Wenn diese den Schiedsrichtern legitim erschienen, wurden die jeweiligen Ergebnisse auf einem zentralen Leaderboard auf ihrer Website veröffentlicht. Das war allerdings ein sehr mühseliger Prozess. Bisweilen gelang es den Spielern nicht, einen Versuch ausreichend zu dokumentieren, und dann konnten sie ihren Rekord nicht einreichen. So erging es Jonas Neubauer und Thor Aackerlund, die für sich in Anspruch nahmen, die maximale Punktzahl noch vor Harry Hong erreicht zu haben, es aber nicht beweisen konnten. Jahrelang gab es aber keine andere Option. Wenn jemand meinte, einen Rekord erzielt zu haben, musste er diesen über Twin Galaxies registrieren lassen.
Das änderte sich mit YouTube. Nun konnten Spieler Videos hochladen und ihre Rekorde direkt und ohne Zwischeninstanz posten. Dadurch wurde es zwar einfacher, einen neuen Rekord zu teilen, aber es gab auch einen wichtigen Nebeneffekt: Wenn jemand ein Video seines Weltrekords postete, konnte jeder genau die Methode verfolgen, die der Spieler angewendet hatte, um den bestehenden Rekord zu brechen. Zuvor hatte Twin Galaxies lediglich die Punktzahl veröffentlicht, aber nicht die Methode, mit der ein Spieler seine Punktzahl erzielt hatte. Nun konnten die Spieler nicht nur die Ergebnisse der Elitespieler bewundern, sondern auch sehen, wie sie vorgegangen waren.
Zwar bot YouTube eine größere Transparenz, aber die informelle Natur der Präsentation begünstigte Schummelversuche. Ältere Spiele wie Tetris konnten auf einem Emulator – einer Software, mit der Konsolenspiele auch auf einem PC laufen – abgespielt werden. Mit dieser speziellen Software können Spieler den Spielverlauf verlangsamen oder zurückspulen, um Fehler zu korrigieren. Zwar kann man durch eine sorgfältige Nachverfolgung oft aufschlussreiche Hinweise auf Betrugsversuche aufdecken, ernsthafte...
Erscheint lt. Verlag | 13.10.2024 |
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Übersetzer | Almuth Braun |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Schulbuch / Wörterbuch ► Erwachsenenbildung |
Sozialwissenschaften ► Pädagogik ► Erwachsenenbildung | |
Schlagworte | Beförderung • Entwicklung • Erfolg • Fokus • Fortschritt • Gehirn • Gehirnjogging • Gehirntraining • Job • Karriere • Konzentration • Lernen • Meister • mühelos • Qualifikation • Routine • Schüler • Studium • Übung • ultralearning • Verbesserung |
ISBN-10 | 3-96267-610-4 / 3962676104 |
ISBN-13 | 978-3-96267-610-0 / 9783962676100 |
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