Geysirnebel (eBook)

Island-Roman | Große Gefühle auf einer isländischen Rentierfarm
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
416 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0767-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geysirnebel -  Clara Schönberg
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Zwei große Liebesgeschichten, verbunden durch ein Tagebuch und das Schicksal der ersten Rentiere Islands

2024: Für die Liebe verlässt Lia Hamburg und wagt einen Neuanfang auf Island. Sie muss für ihren neuen Job im Museum auf die Rentierfarm von Pers Familie ziehen. Das Leben in dem kleinen Künstlerort Seyðisfjörður bringt seine Schwierigkeiten mit sich. Als ein Vulkanausbruch die Existenz des Dorfes bedroht und Per plötzlich verschwunden ist, setzt Lia alles daran, ihre Liebe zu retten, und gerät in einen Strudel, in dem sich Vergangenheit und Gegenwart begegnen.
1771: Die junge Alva lebt mit ihrer Familie auf einer Farm im Süden Islands. Als die dänische Krone einen Rentiertransport auf die Insel schickt, um die hungernden Isländer zu unterstützen, begegnet Alva dem Rentierhirten Máhttu, und eine verbotene Liebe entbrennt zwischen ihnen. Doch nichts kommt, wie es kommen soll und es scheint, als wäre Alva meilenweit von ihrem Happy End entfernt ...



<p>Clara Schönberg lebt an der holsteinischen Ostseeküste. Ihre Inspiration sind ihre Reisen, ganz besonders hat es ihr die vielschichtige Natur Islands angetan. Wenn sie nicht an einem Manuskript schreibt, genießt sie auch in Norddeutschland das Leben am Meer, zu Fuß und auf dem Pferderücken.</p>

Kapitel 1


Hamburg-Hoheluft

Juli 2024

»Wir hören uns morgen, Lia.« Die Abenddämmerung tauchte sein Gesicht in goldenes Licht. Seine Augen leuchteten in einem strahlenden Blau, das beinahe unnatürlich wirkte.

Lia rückte dichter an den Bildschirm ihres Laptops heran, um ihn zu betrachten. Die markanten Züge seiner Miene, die kräftigen Kieferknochen unter seinem rotblonden Dreitagebart, die verrieten, wie stur und unnachgiebig er sein konnte. Und die festen, schmalen Lippen, die er nun zu einem frechen Grinsen verzog.

»Schmachtest du?« Er hob eine Augenbraue und sah dabei noch unwiderstehlicher aus.

Sie grinste zurück. »Das wirst du nie erfahren.«

Ein weicher Ausdruck trat auf sein Gesicht, und er hob zwei Finger an die Lippen, um ihr einen Kuss zu schicken. »Bis morgen.«

»Bis morgen.« Sie lächelte ihm ein letztes Mal zu, bevor er auflegte und sein Bild von ihrem Laptop verschwand.

Einen Moment lang starrte sie in die Leere ihrer Wohnung. Die Abendsonne brach gerade durch die Hamburger Regenwolken und fiel auf das ausgetretene Dielenparkett. Aber der Anblick, der sie normalerweise warm berührte, wirkte in letzter Zeit dumpf auf sie. Ihr Blick blieb an der tiefen Kerbe unter dem Kronleuchter hängen. Bilder von dem feuchtfröhlichen Abend vor einem Jahr tauchten in ihrer Erinnerung auf. Sie hatte ihre Tanzgruppe eingeladen. Und der Raum hatte vibriert unter den kubanischen Salsaklängen und den ausgelassen herumwirbelnden Paaren. Es hatte eine Ewigkeit gebraucht, bis Anna sich aufs Tanzparkett getraut hatte. Und gerade, als ihre beste Freundin endlich Mut gefasst und eine schnelle Exhibela vollführt hatte, war hinter ihr der Kronleuchter von der Decke gestürzt. Wahrscheinlich hatte das Gepolter der Füße die Aufhängung aus dem betagten Balken befördert. Das gute Stück hatte eh mehr schlecht als recht in der morschen Altbaudecke gehangen. Aber es war natürlich ein ordentlicher Schreck gewesen. Und Anna hatte möglicherweise ein Kronleuchtertrauma davongetragen.

Lia schmunzelte. Wie gut, dass Arons Farm eine kronleuchterfreie Zone war. Dort waren die Decken niedrig und die Räume dunkel, aber gemütlich.

Was Anna wohl gerade tat? Vielleicht jagte sie einem widerspenstigen Schaf hinterher. Oder sie versuchte sich daran, Fiskisúpa zu kochen. Bei dem Gedanken an die fischige Suppe verzog Lia das Gesicht. Wie hatten die Isländer so eine stinkende Brühe nur zu ihrem Leibgericht erklären können?

Bei ihrem letzten Besuch auf der Insel hatte sie allerdings noch viel schlimmere Auswüchse der nordischen Küche probieren müssen. Man denke da nur einmal an die Heringe zum Frühstück. Sie schüttelte sich. Aber was Island kulinarisch in ihren Augen verbrach, machte es durch seine atemberaubende Natur allemal wett. Und den attraktivsten Mann, der ihr je begegnet war.

Ihr Handy brummte, und im Chat mit Per erschien ein Foto. Sie tippte es an und ließ die Schultern sinken. Die Sonne, die im Juli auf Island nie unterging, tauchte den See in schimmerndes Licht. Schneebedeckte Berge erhoben sich am gegenüberliegenden Ufer. Und am unteren Rand ragten Pers Füße ins Bild, und die Angel, die er in den Händen hielt. Natürlich liebte er Fisch.

Sie seufzte. Die letzten Monate ohne Per und Anna hinterließen ihre Spuren. Sie vermisste die beiden unheimlich. Und es kam ihr vor, als hätte die Reise auf die Feuerinsel, die sie im letzten Jahr zusammen mit ihrer besten Freundin unternommen hatte, ihr Leben beinahe ebenso grundlegend verändert wie Annas. Doch während Anna ihre wahren Wurzeln gefunden hatte und nun mit dem Mann ihres Lebens auf einer idyllischen isländischen Farm wohnte, hatte Lia nicht nur ihre beste Freundin auf Island zurücklassen müssen, sondern auch Per. Seitdem war sie zwar für einige Kurzurlaube nach Island geflogen, aber ihre Agentur entließ sie nie länger als eine Woche in den Urlaub.

Aus dem Flur erklang lautes Gerumpel. Dann ein Scheppern. Eine Minute später wurde die Wohnzimmertür aufgerissen, und eine prustende Gestalt in einem quietschgelben Regenmantel schob einen durchweichten Karton ins Zimmer, ehe sie sich umdrehte und einen zweiten hinter sich herzerrte und unter dem Kronleuchter platzierte.

Eine Papplasche klappte zurück, und Lia erkannte eine rumpelige Ansammlung von mitgenommen wirkenden Antiquitäten. Schrott traf es vielleicht eher.

»Was soll das denn sein?«, fragte sie und befürchtete das Schlimmste. Nach einem Jahr WG-Leben mit Maite hatte sie das Gefühl, schon alles gesehen zu haben, was einem im Zusammenleben mit einer fremden Person so begegnen konnte … und dennoch schaffte ihre neue Mitbewohnerin es immer wieder, sie zu überraschen.

Maite schob sich die tropfende Kapuze vom Kopf und tätschelte eine angelaufene Messingkanne, die aus dem Karton ragte. »Mein neues Projekt. Das Do-it-yourself-Orchester.«

»Das was?« Lia brachte vorsichtshalber ihren Laptop in sichere Gefilde, als ihre Mitbewohnerin schwungvoll die erste Ladung Schrott auf dem Couchtisch verteilte.

»Die Schätze hier werden meine musikalische Grundausstattung. Hier, die Kanne – die wird mal eine Trompete. Und wenn man mit dem Holzlöffel über die alte Käsereibe fährt, klingt das doch fast wie ein Guiro. Genial, oder?« Sie grinste stolz. »Lucas, Jonte und Lana kommen nachher vorbei, da kannst du dich auf ein Probekonzert freuen.«

Lia war fassungslos. Und das passierte ihr wirklich selten. Ergeben riss sie die Hände in die Luft und sprang auf. »Schon gut, ich verzichte. Muss eh gleich los. Wir sehen uns morgen.« Die Erfahrung hatte sie bereits gelehrt, dass Flucht das einzig wirksame Mittel gegen Maites Vorliebe für schräge Unternehmungen war. Denn sonst kam sie womöglich noch auf die Idee, Lia den Sperrmüll in die Hand zu drücken.

»Okay, schade, du verpasst was …«, murmelte ihre Mitbewohnerin nur, während sie andächtig über eine zerbeulte Pfanne strich.

Hastig klemmte sich Lia den Laptop unter den Arm und flüchtete in ihr Zimmer, während Maite schon wieder geräuschvoll in ihren Errungenschaften wühlte. Sie schloss die Tür hinter sich und atmete aus. Mit Anna hatte es das nie gegeben – geschlossene Türen … Ihre WG hatte sich immer wie ein richtiges Zuhause angefühlt, mehr noch als das Haus ihrer Eltern.

Seufzend warf sie den Laptop aufs Bett und ließ sich in die Federdecke sinken. Morgen früh traf sich die Familie zum alljährlichen Brunch in der Villa ihres Onkels. Und ihr wurde jetzt schon schummerig, wenn sie an die anstrengenden Gespräche dachte, die sich da anbahnten. Üblicherweise befiel sie kurz vor diesem Treffen das dringende Bedürfnis, ihren Lebenslauf aufzupolieren. Halb Blankenese wäre morgen versammelt, hatte sie immer mit Anna gewitzelt. Dabei war es nicht einmal übertrieben.

Auf der anderen Seite des Raums funkelte das goldene Paillettenkleid in der Abendsonne, das sie schon heute früh herausgesucht und dort aufgehängt hatte. Ihre Flucht für diese Nacht.

Wieder wanderten ihre Gedanken nach Reykjavík. Zu dem Abend, an dem sie Per das erste Mal begegnet war, in dem Club auf dem Laugavegur, der berühmten Feiermeile der isländischen Hauptstadt. Die Lichter hatten sich glitzernd auf ihrem Kleid gespiegelt. Und um sie herum hatten das Leben, die Liebe vibriert, die Menschen ausgelassen getanzt, sich zum ersten Mal geküsst oder miteinander gelacht. Sie wollte einen Drink an der Bar holen, hatte neugierig die Atmosphäre in sich aufgesogen – sie liebte diese Momente, in denen ihr ein fremdes Land besonders nah erschien, in denen sie meinte, zu erkennen, wie sich das Leben hier anfühlte.

Und dann hatte sie ihn entdeckt. Mit beiden Armen stützte er sich lässig auf die Bartheke, in der Hand ein Bier. Er war groß, überragte die Gruppe um ihn herum um einen halben Kopf. Und seine blonden Haare und sein damals noch wuscheliger rotblonder Vollbart tanzten irgendwie witzig, während er über etwas lachte, das seine Begleitung erzählte. In dem Moment hatte er aufgeschaut, genau in ihre Augen, als hätte er ihren Blick gespürt. Tiefes Blau, so tief wie das Meer. Selbst in der dämmerigen Clubbeleuchtung hatte sie es erkannt. Und seine Mundwinkel wanderten amüsiert nach oben, während er ihren Blick hielt.

Dann hatte der Barkeeper ihr den Drink zugeschoben und sie abgelenkt. Als sie sich wieder nach ihm umsah, konnte sie ihn nicht mehr finden. Aber so schnell war sie nicht bereit, aufzugeben. Sie hatte etwas entdeckt, das ihr gefiel … und sie hatte nicht vor, die Sache dem Zufall zu überlassen.

Ihre Freundinnen unterhielten sich angeregt, Freyja, ihre isländische Kommilitonin, die Anna und sie bei einem Auslandssemester in Exeter kennengelernt hatten und die sie an diesem Abend hierhergebracht hatte, schob Anna gerade ermutigend einen Shot zu. Also schnappte sich Lia ihren Drink und ging auf Beutezug. Suchend schlängelte sie sich durch die Grüppchen, die sich um die Tanzfläche gebildet hatten, doch nirgendwo entdeckte sie ihn. Frustriert lehnte sie sich an eine der breiten Säulen, stürzte zwei große Schlucke Caipirinha herunter. Als sie sich umwandte, um noch eine Runde zu drehen, wäre sie beinahe frontal in eine breite Brust hineingerannt. Sie starrte auf ein weihnachtliches Strickmuster – waren das Rentiere?

Sie hob den Kopf und schaute in das tiefe Blau, nach dem sie gesucht hatte. Seine Augen funkelten so amüsiert wie kurz zuvor an der Bar, und verschmitzte Grübchen legten sich auf seine Wangen. Aber er sagte kein Wort. Stand einfach nur da,...

Erscheint lt. Verlag 22.10.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Reisen Reiseführer Europa
Sozialwissenschaften Soziologie
Technik
Schlagworte Auswandern • Bücher Liebesroman • Dramatische Liebesromane • Familiengeheimnis • Große Gefühle • Island • Liebe • Polarlicht • Rentier • Rentierfarm • Schnee • Schneegestöber • Vulkan • Vulkanausbruch
ISBN-10 3-7499-0767-6 / 3749907676
ISBN-13 978-3-7499-0767-0 / 9783749907670
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