An den Pranger -  Laura Sachslehner

An den Pranger (eBook)

Warum Meinung in der Politik wieder erlaubt sein sollte
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
184 Seiten
Seifert Verlag
978-3-904123-92-1 (ISBN)
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Während sich Menschen zunehmend vom politischen Diskurs abwenden und in ihre eigenen Echokammern zurückziehen, verkommt Politik immer mehr zu etwas, das sich nur noch selbst bedient und in einer kleinen Blase abspielt. Die Jungpolitikerin Laura Sachslehner sieht darin nicht nur eine gefährliche Entwicklung, sondern auch den Grund, warum ganze Generationen mittlerweile kaum noch von politischen Parteien erreicht werden können. Die veröffentlichte Meinung entspricht schon lange nicht mehr dem, was Menschen in ihrem täglichen Leben tatsächlich bewegt. Anstatt alle, die diesen Umstand lautstark kritisieren, für ihre Meinung an den Pranger zu stellen, brauche es endlich wieder einen neuen Anspruch in der politischen Arbeit. In zehn Kapiteln geht Sachslehner auf aktuelle politische Fragen ein und spricht aus, was junge Menschen abseits des politischen Mainstreams bewegt - angefangen vom neu aufgeflammten Klimaaktivismus und einem falschen Toleranz-Begriff über Fragen der Identität und das Entsetzen über ein völlig gescheitertes Asylsystem.

Mag. Laura Sachslehner, geb. 1994 in Wien. Seit ihrem 19. Lebensjahr engagiert sie sich in unterschiedlichen politischen Funktionen für die Österreichische Volkspartei. 2020 zog sie als Abgeordnete in den Wiener Landtag ein und übernahm 2022 für einige Monate die Funktion der ÖVP-Generalsekretärin. An der Universität Wien hat sie Kultur- & Sozialanthropologie sowie Publizistik studiert.

1

JUNG, WEIBLICH & KONSERVATIV


Von außen betrachtet, müsste ich politisch links eingestellt sein. Theoretisch hätte ich alle Voraussetzungen, um mich für linke Politik zu engagieren und links zu wählen. Ich bin eine junge Frau, die Sozialwissenschaften studiert hat, ich bin in Wien geboren und aufgewachsen, und ich habe einen Migrationshintergrund und bin somit zweisprachig. Für viele wären das genug Gründe, mich als links einzuordnen. Ich bin es nicht. Und das obwohl ich während meiner Zeit in der Schule und an der Universität fast ausschließlich von Menschen umgeben war, die links wählten. Es wäre also der wesentlich leichtere Weg gewesen, sich dafür zu entscheiden. Es wäre mit Sicherheit der Weg des geringsten Widerstands gewesen, von mehr Zuspruch und kaum Widerspruch geprägt. Ich bin es dennoch nicht. Weil es meiner Meinung nach der falsche Weg ist und ich relativ früh erkannt habe, dass linke Werte keine sind, die in meinen Augen zum Fortschritt unseres Landes beitragen werden. Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass uns eine ausschließlich links ausgerichtete Politik niemals den versprochenen Wohlstand erhalten wird. Radikal linke Politik wird uns niemals die Freiheit eines jeden Einzelnen in unserem Land garantieren, und es werden am Ende die Leistungsträger unserer Gesellschaft einen hohen Preis dafür zahlen müssen – dafür, dass eine kleine Runde von Meinungsmachern ihren selbst ernannten moralischen Standards entsprechen kann.

Was also ist der Weg, der in meinen Augen der richtige ist? In den vergangenen Jahren habe ich immer wieder erlebt, wie Kommentatoren und Journalisten meine Politik als »konservativ« bezeichnet haben. Doch was bedeutet konservativ in diesem Zusammenhang überhaupt? Immer wieder versucht man konservative und bürgerliche Politik als rückwärtsgewandt darzustellen, ihr ginge es nur darum, veraltete Strukturen krampfhaft zu erhalten und Fortschritt abzuwehren. Das ist eine absolut falsche und perfide Auslegung einer Politik rechts der Mitte. Genau das Gegenteil ist der Fall. Konservativ zu sein bedeutet in meinem Verständnis nichts anderes, als Werte zu bewahren. Diese Werte trotz Veränderungen und durch alle Krisen hindurch zu verteidigen und sich in der Bewältigung von Krisen an diesen Werten zu orientieren.

Bei meiner ersten Wahl habe ich selbst Grün gewählt. Bis zu meiner Studienzeit war ich jemand, der linke Politik vertreten hat und linken Idealen gefolgt ist. Weil es mir, wie oben beschrieben, zu diesem Zeitpunkt logisch erschienen ist und der Weg des geringsten Widerstands war. Schließlich gehört links zu sein für junge Menschen unter dreißig gemeinhin zum Mainstream. Im Laufe meines Studiums der Publizistik und der Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien erkannte ich jedoch relativ schnell, dass die Werte, die mir immer schon wichtig waren, und mein Bild einer funktionierenden Gesellschaft völlig anders waren als das, was linke Parteien in Österreich vertreten. Also machte ich mich auf die Suche nach etwas anderem und fand Gleichgesinnte in der Jungen ÖVP. Damals lernte ich in der Jungen ÖVP viele Menschen kennen, die meine Überzeugungen teilten: dass jeder Mensch versucht sein Bestes zu geben und wir die Errungenschaften unseres Sozialstaates als etwas verstehen, was es zu verteidigen gilt, und nicht als »Cashcow« für einige wenige.

Das Verständnis eines Vollkaskostaates, wie es Parteien links der Mitte immer wieder propagieren, kann in meinen Augen nicht funktionieren. Schon mit 18 Jahren schreckte mich diese Vorstellung ab. Davon auszugehen, dass einem staatliche Institutionen alles richten und alles bereitstellen, ist für mich die Selbstaufgabe eines jeden mündigen Bürgers. Der Mensch steht im Mittelpunkt jedes Handelns, im Mittelpunkt jeder Entwicklung und im Mittelpunkt jedes Fortschritts. Vom Menschen geht jede Veränderung aus. Das bedeutet aber auch, den Menschen als mündiges und selbstverantwortliches Wesen zu verstehen, dem der Staat zwar die besten Rahmenbedingungen und das beste Werkzeug geben kann, aber seinen Beitrag für die Gesellschaft muss jeder Mensch selbst leisten. Und das ist auch schon der springende Punkt. Seinen Beitrag leisten. Genau darum geht es für mich in so vielen Bereichen des Lebens und auch in der Politik. Ich bin in diesem Glauben aufgewachsen und zutiefst überzeugt davon, dass jeder Menschen seinen Beitrag zu leisten hat, um Teil einer funktionierenden Gesellschaft zu sein. Natürlich im Rahmen seiner Möglichkeiten. Das ist für mich einer der wichtigsten und fundamentalsten Zugänge, die wir in der Politik haben: davon auszugehen, dass jeder Mensch in der Lage sein soll, sich selbst zu helfen, sich selbst etwas zu schaffen und etwas aufzubauen – und wenn er das nicht kann, dann unterstützen ihn staatliche Institutionen.

Nur wenn alle jene, die imstande sind, ihren Beitrag zu leisten, dies auch tun, können wir andere, die auf Hilfe angewiesen sind, auch angemessen unterstützen. Das ist nicht nur der Inbegriff des Sozialstaates, sondern auch der Inbegriff einer solidarischen Gesellschaft.

Dieses Verständnis von Leistung war für mich einer der Gründe, mich in der Jungen ÖVP zu engagieren, und ist bis heute einer der größten Treiber in meiner politischen Arbeit geblieben.

Und damit stehe ich mit Sicherheit in meiner Generation nicht alleine da. Wie bereits erwähnt, gehört es zwar zum Mainstream, dass Menschen unter dreißig links wählen. Allerdings erleben wir in den letzten Jahren immer wieder, dass gerade die Jungen verstärkt konservativ, bürgerlich bzw. mitte-rechts bis rechts wählen. Bei den Tiroler Landtagswahlen 2022 schnitt die FPÖ bei jungen Menschen mit 24 Prozent mit Abstand am besten ab.⁠1 Bei den Nationalratswahlen 2017 und 2019 erzielte jeweils die Volkspartei unter Sebastian Kurz besonders gute Ergebnisse unter Jungwählern.⁠23 Der große Vertrauensverlust in Politik und staatliche Institutionen in den letzten Monaten macht jedoch vor jungen Menschen in Österreich nicht Halt. Aktuelle Studien des Instituts für Jugendkulturforschung sprechen davon, dass das Misstrauen junger Menschen gegenüber der Politik noch nie so groß war. Nur 14 Prozent der 16- bis 29-Jährigen vertrauen noch politischen Parteien. Hier wird kaum zwischen regierenden Parteien und der Opposition entschieden.

Alle Parteien leiden unter diesem massiven Misstrauen der unter 30-Jährigen – alle bis auf eine Partei. Die FPÖ. Und warum? Weil sie als eine »Anti-Establishmentpartei«⁠4 verstanden wird, die gegen »die da oben« kämpft und somit die offenbar relativ weit verbreiteten Abstiegsängste der jungen Menschen anspricht. Diese Abstiegsängste betreffen aber nicht nur junge Menschen, sie scheinen in unserer Zeit der vielen Krisen eines der hervorstechendsten Wählermotive zu sein. »Menschen haben Angst, ihren Wohlstand zu verlieren. Und den sogenannten Luxus links zu wählen leistet sich auch bei jungen Menschen nur ein geringer Prozentsatz«, analysiert der österreichische Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier.

Wenn es also in Wirklichkeit seit Jahren die Mehrheit der Jugend Österreichs ist, die konservativ bis rechts wählt, wieso sorgt es dann für dermaßen viel Empörung und Aufregung, dass eine junge Frau eine Politik rechts der Mitte verfolgt? Eine der häufigsten Fragen, die ich in den vergangenen Jahren gestellt bekommen habe, lautete: »Wie hältst du das nur aus?« Und gemeint war, wie ich mit all dem Hass, der mir entgegenschlug, umgehen könne. Dieser Hass und eine beinahe absurd laute Kritik an meiner Person begleiten mich bereits seit meiner Zeit in der Jungen ÖVP.

Zum Abschuss freigegeben


Ursache dafür ist sehr wahrscheinlich die Tatsache, dass sich mittlerweile eine unglaublich große Kluft zwischen der veröffentlichten Meinung, dem öffentlichen Diskurs und der tatsächlichen Meinung in der Bevölkerung aufgetan hat – und das unabhängig von Alters- und Einkommensgruppen. Was wir aktuell erleben, ist eine links ausgerichtete Meinungs­elite, die versucht einer ganzen Generation vorzuschreiben, wie sie zu denken hat. Alles wird in Schwarz und Weiß eingeteilt, in Gut und Böse. Alles, was als gut gilt, wird als progressive Politik verstanden. Alles andere erhält einen Stempel als rückschrittlich und beinahe reaktionär.

Allein das einfache Hinterfragen dieser fast schon autoritären Meinungsbildung wird nicht mehr geduldet, weder in der medialen Öffentlichkeit noch im persönlichen Gespräch.

Der rechtschaffene, moralisch erhabene Mensch ist links, so das Bild vieler linker Meinungsmacher.

Dabei zeigt uns die Geschichte im Grunde das genaue Gegenteil. Die Vergangenheit lehrt uns, dass nur das Ausbrechen aus diesen Denkmustern, das Hinterfragen dieses Mainstreams am Ende Weiterentwicklung und Fortschritt bringen.

Das erste Mal sah ich mich während meines Wahlkampfes zur Wienwahl im Jahr 2020 mit einem großen Aufschrei auf Social Media konfrontiert. Ich produzierte in diesem Wahlkampf eine Reihe von Videos, in denen ich mich mit den Problemen in Wien auseinandersetzte. Bewusst wählte ich in den Videos eine sehr klare Sprache – allerdings nicht, um absichtlich zu provozieren, sondern weil es zu politischen Videos nun einmal dazugehört, alles möglichst unmittelbar zu formulieren. Jeder weiß, dass man im Netz im Schnitt maximal eine Minute Aufmerksamkeit für seine Videos bekommt – wenn überhaupt. Unter solchen Bedingungen...

Erscheint lt. Verlag 3.7.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-904123-92-0 / 3904123920
ISBN-13 978-3-904123-92-1 / 9783904123921
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