Beitrag zur Bewußtseinssteuerung (eBook)
304 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-3972-8 (ISBN)
Der Autor: Udo Ehrich schloß sein politikwissenschaftliches Studium in Bielefeld mit dem Master of Arts ab. Seine Abschlußarbeit befaßte sich mit der Frage, ob die INSM den Lobbygruppen oder Think Tanks (Ideenagenturen) zuzuordnen sind. Die Schwerpunkte seiner Arbeiten liegen bei den Themen Demokratie, Lobbyismus und personelle Kontinuitäten aus dem Dritten Reich.
Die INSM und kritische Berichterstattung
Grundsätzlich betrachtete die INSM seit je her die Medien als Kanal, um ihre Botschaften zu verbreiten. Zu diesem Zweck ging die INSM bei zahlreichen Kampagnen und Aktionen Kooperationen mit (vorzugsweise wirtschaftsnahen) Medien ein wie zum Beispiel für das sogenannte »Merkelmeter« mit der Wirtschaftswoche41 oder der Essay-Wettbewerb mit der Wochenzeitung DIE ZEIT, der weiter unten noch dargestellt wird. Die gesicherte finanzielle Ausstattung der INSM ermöglichte es ihr auch, ganzseitige Werbung in überregionalen Zeitungen zu veröffentlichen, mit der sie ihre Botschaften sichtbar unter die Leser/innen bringen konnte.
Medien berichteten jedoch auch kritisch über die Initiative und bemühten sich darum, den interessengebundenen Hintergrund der INSM offenzulegen. In verschiedenen Fällen ging die Initiative gegen kritisch berichtende Journalisten vor und wandte sich an ihre Vorgesetzen.42
Nach einem Interview durch Dieter Krauss im Juli 2005 drohte Oswald Metzger offen, daß er herausfinden werde, wie Krauss an den Auftrag zu diesem Interview gekommen sei.43 Weitere Vorfälle wurden in den entsprechenden Medien berichtet, die sich nicht von der INSM einschüchtern ließen.
Dieser rabiate Ton gegenüber kritischen Medien hat sich mit der Übernahme der Geschäftsführung der INSM durch Hubertus Pellengahr verflüchtigt. Eine der Ursachen dafür mag auch sein, daß die kritische Berichterstattung über die INSM in den Jahren zuvor abgenommen, beziehungsweise sich – soweit vorhanden – auch die sogenannten »sozialen Medien« und Weblogs verlegt hatte. Nachdem es Mitte der 2000er Jahre eine Welle der kritischen Berichterstattung gegeben hatte, wurde es ruhiger um die INSM. Die neue Führung hatte offensichtlich erkannt, daß insbesondere der Erfolg der Selbstdarstellung als überparteiliche Einrichtung in Gefahr war, wenn es immer wieder zu aggressiven Auseinandersetzungen mit kritischen Medien kam.
In der Folgezeit nahm die kritische Berichterstattung in den Medien zu den Strategien und Methoden der INSM spürbar ab und kam schließlich in den 2010er Jahren zum Erliegen. Die INSM hatte sich als Einrichtung etabliert, die allenthalben noch mit dem Etikett »arbeitgebernahe« versehen wurde.
Strategiewechsel
Dies mag auch mit einem Strategiewechsel der INSM zusammenhängen. In den letzten Jahren war eine deutliche Abnahme der ganzseitigen Anzeigen der INSM in den traditionellen Medien wahrzunehmen. Diese wurden vorzugsweise nur bei besonderen Aktionen geschaltet, bei denen die INSM es offenbar für notwendig hielt, auch die Leser traditioneller Medien zu erreichen, denn ansonsten war eine stärkere Verlagerung der Aktivitäten der INSM auf die »sozialen Medien« im Internet festzustellen.
Gleichzeitig stützte sich die INSM stärker als bisher auf Studien mit wissenschaftlichem Anspruch, die oft vom Institut der deutschen Wirtschaft erstellt, aber auch bei anderen Forschungseinrichtungen in Auftrag gegeben wurden. Dabei standen jeweils Themen im Mittelpunkt, die die INSM für relevant hielt und/oder zur Unterstützung ihrer Kampagnen für oder gegen bestimmte politische Entscheidungen einsetzen wollte.
Zugleich wurden Gesetzvorhaben offener bekämpft als in den Anfangsjahren der INSM, als der überparteiliche Anspruch dadurch unterstrichen werden sollte, daß nur große Entwürfe, aber keine Details in die Öffentlichkeit getragen werden sollten. Dies änderte sich bereits schrittweise mit der Unterstützung des Steuerkonzepts von Paul Kirchhof, der auch Mitglied im »Kompetenzteam« für Angela Merkels Wahlkampf im Jahr 2005 wurde. Inzwischen macht die INSM offen Werbung gegen Gesetzes-vorhaben der Regierung wie zum Beispiel einer Reform der Zeitarbeit und der Werkverträge, mit der der Mißbrauch dieser Vertragsformen eingedämmt werden sollte,44 oder – wie beschrieben – gegen die Rente mit 63.
Es zeigte sich indes ein »Kulturwandel« weg vom marktschreierischen Alarmismus in den Jahren nach der Gründung der INSM hin zu den moderateren Tönen mit wissenschaftlichem Anspruch der Gegenwart.
Dabei sollte allerdings der wissenschaftliche Anspruch bei der Betrachtung der Studien kritisch bewertet werden. Denn nicht nur die Forschungsfragen sind im Interesse der INSM formuliert, sondern auch die Forschungsmethoden werden den Botschaften und Zielen der Initiative verpflichtet. Unter anderem zeigte sich dies beim »Merkelmeter«, aber auch bei anderen Studien wie dem »Bildungsmonitor«. Die Auswahl und Bewertung der Indikatoren im »Bildungsmonitor« folgt den Interessen der INSM, was sich unter anderem bis heute zum Beispiel an der Bewertung der Indikatoren zu Hochschule und MINT45 ablesen läßt.
Der Anteil der Absolventen in Mathematik und Naturwissenschaften an allen Hochschulen eines Bundeslandes wird hier positiv bewertet, wie auch der Anteil der Absolventen in MINT-Wissenschaften am Personal in Forschung und Entwicklung. Positiv zu Buche schlägt einem Bundesland in dieser Ranking-Studie auch der Anteil an MINT-Wissenschaftlern am wissenschaftlichen Personal an den Hochschulen.46 Gerade das Studium der MINT-Fächer liegt jedoch im Interesse der Auftraggeber der INSM, also der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie. Diese Art der Bewertung von MINT-Studenten und Personal führt zu einer indirekten Schlechterstellung von Bundesländern, die stärker auf die Förderung von Geisteswissenschaften setzen, denn diese werden zwar nicht mit Punktabzügen bestraft, wohl aber setzten sich die Länder, die die MINT-Studiengänge fördern, durch bessere Bewertungen stärker ab.
Auch das Einwerben von Drittmitteln je Professor wird durch die INSM positiv bewertet.47 Dies meint, daß Professoren ihre Zeit darauf verwenden sollen, Forschungsaufträge von Unternehmen einzuwerben. Fraglich ist jedoch, ob dies tatsächlich im Interesse einer guten Forschung und Lehre ist, wenn sich Universitäten von Geldgebern aus der Wirtschaft abhängig machen. Die INSM beantwortet diese Frage in ihrem »Bildungsmonitor« mit »ja«.
Auch im Rahmen des sogenannten »Merkelmeters« wurde die Politikbewertung der Bundesregierung nach angeblich wissenschaftlichen Methoden vorgenommen, was durch eine Vergabe von Indexpunkten mit einer Nachkommastelle unterstrichen werden sollte. Für die Einführung von Branchenmindestlöhnen mußte die Bundesregierung im »Merkelmeter« empfindliche Punktabzüge hinnehmen.48
Ob aber die Einführung von Mindestlöhnen gut oder schlecht ist, zählt letztlich zu den politischen Fragen, die sich wissenschaftlich allenthalben durch Studien und Erkenntnisse begleiten, aber nicht bestimmen lassen. Wissenschaftliche Studien können sich allenfalls mit den Auswirkungen unterschiedlicher Modelle von Mindestlöhnen befassen, ohne jedoch ein endgültiges Urteil abzugeben, ob deren Einführung nun »gute« oder »schlechte« Gesetzgebung ist. Diese Frage klärt sich ohnehin an der politischen Ausrichtung einer Regierung und an der Frage, wo die politischen Schwerpunkte gesetzt und welche Ziele mit der Gesetzgebung verfolgt werden. Dennoch erweckte die INSM mit ihrem vorgeblich wissenschaftlichen »Merkelmeter« den Eindruck, als könne zweifelsfrei über die Frage richtiger oder falscher Politik wissenschaftlich entschieden werden, indem zum Beispiel für die Einführung der Branchenmindestlöhne der Bundesregierung einen Punktabzug verabreicht wurden.
Der Mindestlohn
Dabei wurde die Sicht der INSM und ihrer Auftraggeber zugrunde gelegt, die Mindestlöhne ablehnten, weil sie darin eine marktwidrige und politisch gesteuerte Erhöhung der Löhne erblickten. Jedoch zeigten Umfragen, daß die Einführung von Mindestlöhnen in der Gesellschaft auf eine breite Zustimmung stieß. Nach der Einführung der Mindestlöhne, in deren Vorfeld die INSM dramatische Prognosen hinsichtlich Arbeitsplatzverluste in Studien veröffentlichen ließ, konnte sich die INSM dem auch nicht mehr verschließen. Statt dessen setzte sie nunmehr den Kampf dergestalt fort, als daß sie die »marktwirtschaftliche Festlegung« der Mindestlöhne propagierte und zum Beispiel im Wahlkampf 2021 gegen eine politische festgelegte Erhöhung der Mindestlöhne zu Felde zog. Statt dessen wird die Arbeit der »Mindestlohnkommission« gelobt und darauf verwiesen, daß diese größere Beschäftigungsverluste (wie sie von der INSM im Vorfeld prognostiziert wurden) vermieden habe.49
Wie im Wahlkampf versprochen und in der Koalitionsvereinbarung zugesagt hatte die »Ampel-Koalition« beschlossen, den Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 auf 12 Euro zu erhöhen. Die INSM, die nach der oben erwähnten anfänglichen Gegnerschaft zum Mindestlohn ihren Frieden mit der Mindestlohnkommission geschlossen hatte, kritisierte nunmehr diese Erhöhung als politisch und forderte in ihrer Position zum Mindestlohn,...
Erscheint lt. Verlag | 31.5.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
ISBN-10 | 3-7597-3972-5 / 3759739725 |
ISBN-13 | 978-3-7597-3972-8 / 9783759739728 |
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