Mitbestimmung in der Grundschule - Anregungen aus der Praxis für die Praxis -  Selma Cejvan,  Leonora Gerbeshi,  Sabine Martschinke,  Sonja Ertl,  Miriam Grüning

Mitbestimmung in der Grundschule - Anregungen aus der Praxis für die Praxis (eBook)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
257 Seiten
Beltz Juventa (Verlag)
978-3-7799-8328-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
25,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Wie lässt sich der in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Anspruch auf Mitbestimmung von Kindern in Unterricht und Schulleben der Grundschule umsetzen? Wie kann es gelingen, allen Kindern mit unterschiedlichen Voraussetzungen, Bedürfnissen und Wünschen schon in der Grundschule Möglichkeiten zu eröffnen, wie sie mitbestimmen können? Die Autor*innen stellen erprobte und qualitätsvolle Praxisbeispiele vor, die Lehrer*innen und Pädagog*innen im Grundschulbereich anregen sollen, Kindern mehr Mitbestimmung in Unterricht und Schulleben zu ermöglichen.

Selma Cejvan ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Grundschulforschung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Mitbestimmung und Demokratiebildung, Lehrkräfteprofessionalisierung und pädagogische Beziehungen.

„Ich würde gerne viel, viel mehr mitbestimmen!“


Ergebnisse einer Interviewstudie mit Grundschulkindern

Vanessa Jandl, Lotta Bärtlein, Selma Cejvan & Stefanie Richter

Im Beitrag werden, basierend auf Ergebnissen einer Interviewstudie, konkrete Tipps für mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten im Klassenzimmer und Unterricht abgeleitet. Die Einzelinterviews wurden mit Kindern geführt, die im Rahmen eines kindgerechten Erzähltheaters über ihre Erfahrungen in Bezug auf Mitbestimmung im Unterricht berichteten. Von zentraler Bedeutung sind dabei die Wünsche der Kinder sowie die „Traust-du-dich-Haltung“, die Rückschlüsse auf die Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehung liefert und bedeutsam für die Gestaltung von Mitbestimmungsmöglichkeiten im Unterricht sein kann. Die quantitative sowie qualitative Auswertung zeigt, dass sich ein Großteil der Schüler*innen in unterschiedlichen Bereichen des Unterrichts mehr Mitbestimmung wünscht.

1Einleitung


„Ich würde gerne viel, viel mehr mitbestimmen“ – so die Aussage eines Kindes in dem geführten Einzelinterview1. Dies verdeutlicht die Problematik, dass der Anspruch, alle Kinder zu beteiligen, ihnen zuzuhören und sie mitentscheiden zu lassen, gemäß Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention (vgl. BMFSFJ 2022), noch nicht ausreichend eingelöst ist. Dies zeigen verschiedene Studien, die den Ist-Stand der Mitbestimmung aus der Perspektive der Lehrkräfte, der Eltern, aber auch der Kinder erfasst haben (vgl. Müthing et al. 2018; Wagener 2013).

Im folgenden Beitrag sollen Ausschnitte aus dem Interviewleitfaden sowie die Ergebnisse ausgewählter Forschungsfragen vorgestellt und diskutiert werden. Es werden die Mitbestimmungswünsche in der Schule und im Unterricht sowie die „Traust-du-dich-Haltung“ der Kinder im Grundschulalter in den Blick genommen, die in diesem Kontext bedeutsam sein kann und eine Teilvoraussetzung für einen mitbestimmungssensiblen Unterricht ist (für detaillierte Informationen zum mitbestimmungssensiblen Unterricht siehe auch Cejvan in diesem Band).

2Fragestellungen und Methode der Studie


Folgenden Fragestellungen wird in diesem Beitrag nachgegangen:

1. Mitbestimmungswünsche der Kinder

1a Wünschen sich die Kinder (nicht), mehr mitzubestimmen?

1b In welchen Bereichen wünschen sich die Kinder mehr mitzubestimmen?

1c Warum wünschen sich die Kinder nicht, mehr mitzubestimmen?

2. „Traust-du-dich-Haltung“ der Kinder

2a Trauen sich die Kinder (nicht), ihrer Lehrkraft ihre Meinung zu sagen?

2b In welchen Situationen trauen sich die Kinder, ihrer Lehrkraft ihre Meinung zu sagen?

2c Warum trauen sich die Kinder nicht, ihrer Lehrkraft ihre Meinung zu sagen?

Um die Fragestellungen beantworten zu können, wurden Einzelinterviews geführt, die methodisch in einem Erzähltheater eingebettet waren. Dieses ist durch die Rahmengeschichte ansprechend gestaltet, wodurch kindgerecht in das Setting eingeführt wird und visuell unterstützt werden kann. Besonders wichtig ist dabei die altersgerechte Aufbereitung der Inhalte und ein angemessener zeitlicher Rahmen (circa 20 Minuten).

Der Ablauf des Interviews gliedert sich in verschiedene Abschnitte (Warm-Up, Einführung in das Thema, Mitbestimmung im schulischen und im außerschulischen Kontext, Wünsche sowie die „Traust-du-dich-Haltung“). In diesem Beitrag sollen die sogenannte „Wünsch-dir-was-Frage“ und die „Traust-du-dich-Haltung“ in den Fokus genommen werden. Die Frage „Wie sehr wünschst du dir in Zukunft mehr mitzubestimmen?“ (vgl. Forschungsfrage 1a) ermittelt die Ausprägung des Wunsches nach mehr Mitbestimmung im Unterricht. „Traust du dich, deiner Lehrerin deine Meinung zu sagen?“ (vgl. Forschungsfrage 2a) untersucht die Ausprägung der Traust-du-dich-Haltung hinsichtlich der Äußerung der eigenen Meinung. Zur Beantwortung der beiden geschlossenen Fragen (Fragestellung 1a und 2a) wird eine vierstufige Farbskala von 1 (rot) bis 4 (dunkelgrün) – von „überhaupt nicht“ bis hin zu „in vollem Umfang“ – eingesetzt. Durch das Legen eines Muggelsteins auf eine der vier Stufen visualisieren die Kinder ihre Einschätzung. Je nach Positionierung des Steins auf der Skala wird dann mittels einer offenen Frage nach den Bereichen gefragt, in denen die Befragten mehr Mitbestimmung anstreben würden (Forschungsfrage 1b) oder nach der Begründung gefragt, warum die Kinder nicht mehr im Unterricht mitbestimmen möchten (Forschungsfrage 1c). Im Rahmen der „Traust-du-dich-Haltung“ wird, je nach Einschätzung des Kindes, entweder nach den Situationen, in welchen kein Einverständnis mit der Lehrkraft herrscht (Forschungsfrage 2b), und wie es durch das Kind kommuniziert wird oder nach dem Grund, warum sich nicht getraut wird, die eigene Meinung zu äußern (Forschungsfrage 2c), gefragt.

Die Fragen wurden sowohl quantitativ als auch qualitativ ausgewertet. Die geschlossenen Fragen wurden mittels deskriptiver Statistik (Mittelwert, Minimum und Maximum) beantwortet. Alle Mittelwerte, die über dem theoretischen Mittel von 2,5 liegen, zeigen Zustimmung in unterschiedlichem Ausmaß zu der jeweiligen Frage an; alle Werte unterhalb implizieren mehr oder weniger Verneinung.

Die offenen Fragen wurden anhand eines Kategorienschemas mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2017) und Kuckartz (2014) ausgewertet. Bei Letztgenannten wurden die gefundenen Aussagen durch die Beobachterübereinstimmung mit meist sehr guten Werten auf Intercoder-Reliabilität geprüft (Forschungsfrage 1: .66 ≤ Cohens κ ≤ 1.00; Forschungsfrage 2: .89 ≤ Cohens κ ≤ 1.00).

Die Stichprobe umfasst 61 Kinder aus vier unterschiedlichen Klassen aus einer Grundschule im Nürnberger Raum. Die Lernenden werden an dieser Schule in jahrgangsgemischten Klassen unterrichtet. Insgesamt handelt es sich bei den Interviewten um 25 Mädchen und 36 Jungen. 35 der Befragten besuchen die erste und zweite Jahrgangsstufe sowie 26 Kinder die dritte und vierte Jahrgangsstufe. Anzumerken ist außerdem, dass im Schulprofil bereits institutionelle Mitbestimmungsmöglichkeiten, wie z. B. das Schüler*innenforum und der Klassenrat, verankert sind.

3Ergebnisse


Die Ergebnisse werden im Folgenden entlang der Fragestellungen (vgl. Kap. 2) berichtet.

3.1Ergebnisse zu den Mitbestimmungswünschen der Kinder

Zunächst wird berichtet, ob sich die Kinder wünschen, (nicht) mehr mitzubestimmen, in welchen Bereichen sie sich mehr Mitbestimmung wünschen und warum Kinder nicht mehr mitbestimmen möchten.

3.1.1Ausprägung des Wunsches nach mehr Mitbestimmung

Bei Forschungsfrage 1a „Wünschen sich die Kinder, (nicht) mehr mitzubestimmen?“ zeigt sich, dass die Befragten im Durchschnitt mehr mitbestimmen möchten, da der Wert von 2,79 über dem theoretischen Mittel liegt (vgl. Martschinke et al. 2022); die individuellen Ergebnisse weisen eine breite Streuung auf (Min = 1, Max = 4). Hervorzuheben sind die Ergebnisse in Bezug auf die unterschiedlichen gemischten Jahrgangsstufen. Der Wunsch nach mehr Mitbestimmung ist in den Klassen 1/22 im Durchschnitt (MW = 2,85) etwas stärker ausgeprägt als bei den Kindern aus den ...

Erscheint lt. Verlag 19.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
ISBN-10 3-7799-8328-1 / 3779983281
ISBN-13 978-3-7799-8328-6 / 9783779983286
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Was Eltern und Pädagogen wissen müssen

von Christiane Arens-Wiebel

eBook Download (2023)
Kohlhammer Verlag
30,99
Was Eltern und Pädagogen wissen müssen

von Christiane Arens-Wiebel

eBook Download (2023)
Kohlhammer Verlag
30,99