Verschriftete Schubser IX -  Bernhard Lembcke

Verschriftete Schubser IX (eBook)

Gedanken des täglichen Bedarfs & andere großgeschriebene Kleinigkeiten
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
328 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-3936-0 (ISBN)
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LesArt eines unsachlichen Sachbuchs. Ein (Dreh)Buch in der Regie des Ungewöhnlichen, Themenwelten eines Individualreisenden mit real-hypothetischen Bezügen des Jetzt in das Einst und das, was dermaleinst -vermutlich- sein wird. Ein Affrontisiacum? Auch. (Obdach)Lose Gedanken als Requiem für eine, unsere Zeit. Mit dem Anspruch nachhaltiger Lektüre, vorzugsweise im Kontext flüchtiger Eindrücke und Begebenheiten. Bewusste Selbstverliebtheit in eine ornamentale Sprache und Kulinarik der Worte als induktiver Weg zur eigenen Entdeckung jenes Bewusstseins und Geistes, die die alten Lateiner mens sana nannten.

Bernhard Lembcke widmete sich nach seiner klinischen und wissenschaftlichen Laufbahn als Chefarzt und Professor für Innere Medizin der kritischen Betrachtung von Alltagsereignissen und Aufregern, die er in verschrifteten Veduten festgehalten hat. Mit Verschriftete Schubser IX ist sein neunter Band dieser Ansichten erschienen. Der Wahl-Frankfurter spießt dabei politische und gesellschaftliche Erscheinungen auf und betrachtet bzw. kommentiert diese mit den Augen des erfahrenen Arztes. Logisch, dass dabei das Pathologische besonders auffällig wird.

Maß halten?


Bücher werden heute wohl zumeist aus Gründen der Unterhaltung gelesen. Amüsement first, sozusagen. Aber schon Ludwig Erhards Mahnung in seiner Regierungs-Erklärung am 10.11.1965 („Noch ist es Zeit, aber es ist höchste Zeit, Besinnung zu üben und dem Irrwahn zu entfliehen, als ob es einem Volk möglich sein könnte, für alle öffentlichen und privaten Zwecke in allen Lebensbereichen des Einzelnen und der Nation mehr verbrauchen zu wollen, als das gleiche Volk an realen Werten erzeugen kann oder zu erzeugen gewillt ist.“) erwies sich als eine bittere Wahrheit.

Entsprechend war diese für ihn nicht Vergnügungssteuer-pflichtig, zielte doch sein geflügeltes Wort vom „Maßhalten“ nicht etwa auf eine wohltemperierte „Maß“ Bier, sondern auf temperierende Maßnahmen, gefühlt ein Nehmen bezüglich intensiven Konsumverhaltens, hoher Lohnforderungen und unangemessenen Anspruchs-denkens in Relation zur eigenen Produktivität.

Eine (unpopuläre) Balance zum Credo „Wohlstand für alle“, mit dem er zuvor den Nerv der Bevölkerung getroffen hatte.

Neben der Unterhaltung haben Sachbücher ihren Platz, auch Fach- und Lehrbücher, worunter ich mal etwas generös auch die Plethora an Kochbüchern subsumiere, auch wenn hier eher die bildlichen Anreize Appetit-anregend in Szene gesetzt werden.

Eher Reflexe also als Reflektion.

Für mich haben Bücher aber zuvorderst die Aufgabe, zu erstaunen. Ob Kinderbuch, Roman, Reiseerzählung oder Pamphlet: ihre Qualität erwächst aus der Besonderheit, Erstaunen hervorzurufen, auch wenn dies in jüngerer Zeit gerne eher negatives als positives Erstaunen beinhaltet. So, wie bei einzelnen anderen Künsten auch.

Das expressionistisch transportierte Erstaunen hier, die faszinierte Impression dort, sei es beim audiophil versunkenen Publikum, bei den Betrachtern von Bild oder Bühne, und, last not least: beim Leser. Bücher und Kunst sind, ganz in diesem Sinn, vielleicht nicht Menschen-, ganz sicher aber Sinnen-Fischer.

Und so, wie Fischer seit Menschengedenken ihr traditionelles Handwerk in nur gering modifizierter Weise ausüben, hatten und haben das Schreiben und die Künste ihren Platz in der Kultur, auch: als Kultur der unterschiedlichsten Gesellschaften wie auch jedes Einzelnen. Dabei erscheint das Zuviel auch hier Ursprung und Ausdruck fehlender Wertschätzung zugleich.

Überfischung hier, medialer Overkill dort.

„Fisch ist gesund“, folglich werden die Meere, den Absatzmöglichkeiten und dem Absatz folgend, gnadenlos überfischt (vgl. Aeskulaps Aperçus, 2017, S. 132).

Womit dann direkt oder indirekt (über entsprechende gesetzliche Regulierungen) die Fischer ihren Beruf, ihre Existenz als Selbstständige und überdies die gesamte Kultur ihrer Existenz verlieren. Wäre das ein konkreter Impetus für fridays for future -schließlich ist Freitag der Tag, an dem im christlichen Verständnis traditionell Fisch verspeist wird-, dann wäre die Wahrnehmung der freitäglichen Demonstrationen wohl weniger durch Monstranz sondern vielmehr von Substanz geprägt.

Aber so viel Genialität „is nich“.

Auch die mediale Information ist wichtig, -so wichtig, dass es eine unlimitiert erscheinende Pressefreiheit gibt. Die Folge: unbeschränkte Meinungen unter Einschluss aller verquast möglichen Irrwege und eine unlimitierte Flut an händischen Printmedien ohne Substanz neben dem überbordenden Bouquet aller Sendeanstalten, dessen tägliche, teils stündliche Vergänglichkeit einen Misthaufen formt, auf dem dann frische, sogar künstliche Blüten erwachsen.

So klar, wie eine empirische Analyse daher sein mag, so unklar -weil existentialistisch- erscheint jede Kontur der Lösungen. Zumal propagandistische Reichweite als/wie ein Hebel wirkt.

Wenn einem Journalisten die Existenz von SUVs ein Dorn im Auge ist, dann schreibt er einen grottigen Artikel darüber und beansprucht damit für seine individuelle (oder sogar singuläre) Meinung Allgemeingültigkeit. Ganz nebenbei wird zugleich logisch, dass nur SUV-Fans den unebenen und gerölligen Pfad eines geharnischten Widerspruchs auf sich nehmen; das tiefergelegte Cabrio wie auch das Segment der wenig luxuriösen „Rinnsteinschnüffler“ (ein visuell unverrottbarer Begriff aus meiner Jugend) jedenfalls müssen bei so viel steiniger Unangemessenheit passen.

Auch wenn ehemalige Journalisten sich über eine -ihrer Meinung nach- inkonsistente, auch suboptimale Behandlung im Krankenhaus ärgern, empören sie sich mit einen „gepfefferten“ Artikel. Und wenn Redaktionsmitglieder im reiferen Alter ungelöste Probleme mit ihren zwischenmenschlichen Kontakten erkennen müssen, will sagen: keinen neuen Partner finden, teilen sie ihr persönliches Problem, indem sie es als authentisch geadeltes, dabei grundsätzliches Problem betrachten und in altruistischer Verbrämung medial mitteilen.

So entstehen besondere Einblicke neben bizarren Eindrücken, aber auch -bewusst oder unbewusst- mediale Verunglimpfungen. Befördert durch das merkwürdige Selbstverständnis, fehlende Zurückhaltung wäre Haltung. Mein Eindruck: „Was bewirke ich durch mein Wirken“, „was tue ich anderen durch mein Tun an?“ erscheinen wie journalistisch ungefragte, apparent obskure und albern anmutende Fragen, sind sie doch dem eigenen „Insistativ“ nicht zuträglich. Eine indigene Vorstellung erheblicher eigener Bedeutung durch die eigene Überheblichkeit.

Entsprechend versuche ich, mediale Verunglimpfungen aufzuzeigen, zu benennen und bloß- sowie dem „Glimpf“ gegenüberzustellen, wo immer es mir gelingen mag. Jenem Glimpf, der Nachsicht, bisweilen Schonung, Angemessenheit und Billigkeit bedeutet und den wir nicht nur als Wort definitiv nicht mehr kennen, weil das Gefühl, glimpflich davongekommen zu sein, sich in unserer algorithmischen Welt kaum noch einstellen mag.

So übe ich mich vermutlich in „Verglimpfungen“ oder „Verununglimpfungen“; nicht nur verbal eine Sisyphusaufgabe, sind doch Beides (nicht nur sprachlich) nicht existente Begriffe.

Wenn ein Automobil im Beginn des 20. Jahrhunderts überwiegend eine sportiv-technische Besonderheit für nur wenige Reiche und Begeisterte war, führten Funktionalität, Begeisterung, Nachfrage, Entwicklung und Gewinn in eine Massenproduktion, für die dann zwar der zeitgeistige Geldbeutel einer Ober- und dann Mittelschicht und schließlich auch von „Hinz und Kunz“ (oder, in der weiblichen Form: von Krethi und Plethi) gerade angemessen war, für die aber gigantische Mengen an Benzin, neue Tankstellen, eine ganze Autoindustrie sowie Straßen, Park- und schließlich Schrottplätze in einem Maß erforderlich wurden, dessen Maßlosigkeit zum inhärenten Kollateralschaden konvertierte. Ein too much, das sich im Kleiderschrank (ausweislich dessen wir eine durchweg „gut betuchte“ Gesellschaft sind, zumindest wenn Quantität das Primat vor Qualität beansprucht) ebenso wiederfindet wie im Kühlschrank oder im Tierstall. Tierisches Protein besitzt eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliches Protein. Das ist (war) dann vorteilhaft, wenn/als die Ernährungsweise nur wenig Eiweiß beinhaltet(e). Als Individuen erkaufen wir uns den damit verbundenen Vorteil in der Regel durch ein Zuviel an Fett (damit verbunden: auch Geschmack bzw. Genuss), vereinzelt wohl auch mit dem (im Unbewussten verschollenen) Risiko einer Exposition unwägbarer / unzuträglicher Krankheitserreger.

Als Gesellschaft erkaufen wir uns den Zugang zum hochwertigen Protein mit Massentierhaltung nebst einem CO2-, Stickstoff- und Methan-Turbo, der unser Klima zu Lande, im Wasser und in der Luft vergiftet und das Überleben großer Teile der Weltbevölkerung erschwert oder sogar infrage stellt. Auch hier greift das ökonomische Standardmodell, Verbräuche im Nachherein über höhere Bepreisung zu reduzieren nicht erkennbar bzw. erkennbar nicht. Aber auch hier war das antegrad die Situation in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Fleisch gab es nur an Sonn- und Feiertagen, Fleischkonsum war im Bürgertum an besondere Anlässe gebunden, für ärmere Schichten war er unerschwinglich und nur für eine kleine „Oberschicht“ aus Adel, Grund- oder Fabrikbesitzern gab es Fleisch im Alltag oder sogar im Überfluss.

Die mit dem Fleischkonsum verbundene Zunahme der Gicht (infolge Hyperurikämie) durch die bei der Verdauung von Fleisch/Innereien anfallende Harnsäure, verbunden mit einer Störung der Harnsäure-Ausscheidung durch Wein / andere Alkoholika führte übrigens retrospektiv zur Bezeichnung der Gicht als einer „Krankheit der Prasser und Schlemmer“. So betrachtet folgte also da im sprichwörtlichen Sinne „die Strafe auf dem Fuße“. Medizin nennt das dann...

Erscheint lt. Verlag 5.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7597-3936-9 / 3759739369
ISBN-13 978-3-7597-3936-0 / 9783759739360
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