Es ist ein Fulltime-Job, sich selbst zu lieben -  Jessamyn Stanley

Es ist ein Fulltime-Job, sich selbst zu lieben (eBook)

Mein Yoga der Selbstakzeptanz
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
188 Seiten
Löwenzahn Verlag
978-3-7066-2945-4 (ISBN)
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Revolutionäre Selbstfürsorge: Wie man durch Yoga lernt, sich selbst zu akzeptieren In dieser Sammlung autobiografischer Essays erzählt Jessamyn Stanley ihre Geschichte. Die Geschichte einer Schwarzen, fetten, queeren Femme, aufgewachsen in einer Vorstadt in den Südstaaten der USA mit mehrheitlich weißer Bevölkerung. Eine Geschichte der Segregation, eine Geschichte von Kapitalismus und Schönheitsidealen. Aber auch eine Geschichte über den eigenen Körper, davon, wie es ist, eigene Grenzen zu sprengen, sich selbst zu hinterfragen und schlussendlich gefestigt und weniger selbstkritisch mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Jessamyn Stanley schreibt darüber, wie sie es mithilfe von Yoga geschafft hat, sich selbst zu akzeptieren, in einer Gesellschaft, die von Bodymaßindex und Normschönheit geprägt ist. 'Mein Yoga mag mit dem Praktizieren von Posen begonnen haben, aber mit meinem mentalen und emotionalen Gepäck umzugehen, ist das echte Yoga.' Ungeschönt ehrlich: eine Geschichte der Auflösung von vermeintlichen Idealbildern Scharfsinnig und ehrlich reflektiert Jessamyn Stanley ihre Geschichte: Sie erforscht sich selbst, vom Impostor-Syndrom über das Aufwachsen in einer streng gläubigen Familie und ihre Homosexualität bis hin zu der Frage, warum es ein Vollzeitjob ist, sich selbst zu lieben. Aber sie kritisiert auch eine oberflächliche, weiße Yogaindustrie, die lieber über die neuesten Styletrends diskutiert, als sich ihr überbordendes Weißsein einzugestehen. Eine Welt, in der Yoga mit Kapitalismus gleichgesetzt ist, die ihre eigenen Fehler (Stichwort: kulturelle Aneignung) und vor allem auch die (spirituellen) Traditionen des Yoga gekonnt ignoriert. Empowerment über die Matte hinaus Jessamyn Stanley hat sich von der Last der Körperlichkeit befreit und ihr Yoga des Alltags entdeckt. Denn: Im Yoga geht es nicht darum, den herabschauenden Hund zu perfektionieren, sondern die harten Lektionen, die man auf der Matte lernt, auf das noch härtere tägliche Projekt 'Leben' anzuwenden. Ein konfliktreicher Prozess, bei dem sie ihre Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele gefunden hat In ihrem Buch zeigt Jessamyn Stanley, wie dieser Weg der Selbstfürsorge für alle möglich ist. • Weg mit Schönheitsidealen und Bodymaßindexen: Witzig, laut, ehrlich und scharfsinnig zeigt die Autorin in 13 autobiografischen Essays wie sie durch Yoga gelernt hat, ihren Körper zu akzeptieren und sich selbst bewusster wahrzunehmen. • Yoga ist viel mehr als ein Workout: Jessamyn Stanley beschreibt in ihrem Buch die Geschichte einer Schwarzen, fetten, queeren Frau, die sich Stereotypen und gesellschaftspolitischen Konventionen widersetzt, und durch die Yogapraxis ihren eigenen Weg gefunden hat. • Das zweite Buch der Erfolgsautorin und Yoga-Influencerin: Jessamyn Stanley ist international bekannt, nicht nur aufgrund ihres Body-Neutrality-Aktionismus, sondern auch, weil sie Gesicht zahlreicher Werbekampagnen (z. B. für Amazon und adidas) war und immer wieder Cover bekannter Zeitungen und Zeitschriften ziert. Außerdem kann sie mittlerweile auf knapp 600.000 Follower*innen auf Social Media blicken.

Jessamyn Stanley lebt in North Carolina (USA) - sie ist Yogalehrerin, Autorin und Body-Positivity-Aktivistin. Sie wurde durch ihren Instagram-Account (@mynameisjessamyn) weltweit bekannt, in dem sie sich selbst als 'fette und queere Femme' identifiziert und sich als solche beim Yoga zeigt. Sie unterrichtet Yoga im Studio und über ihre App 'The Underbelly'.

Yolk


1.2 – „Das Zügeln der Veränderungen des Geistes ist Yoga.“ (Satchidananda, 3)1

1.14 – „Die Praxis wird fest verankert, wenn sie über eine längere Zeit ohne Unterbrechung und mit aller Ernsthaftigkeit gut gepflegt wird.“ (Satchidananda, 19)

1.13 – „Das heißt, du wirst ewiglich wachsam und prüfst jeden Gedanken, jedes Wort und jede Handlung.“ (Satchidananda, 18)

Okay, es ist also nach Mitternacht. Einige Monate sind seit der Veröffentlichung von Every Body Yoga, meinem ersten Buch, vergangen. Ich sitze hellwach in meinem Homeoffice und stecke knietief im Wikipedia-Wurmloch, als eine Gmail-Nachricht aufploppt.

Um es klarzustellen, ich hasse Push-Nachrichten. Sie nerven voll. Manchmal sind sie hilfreich, aber das sind Mansplainer2 auch. Und so wie Mansplainer neigen Push-Nachrichten dazu, dir deinen Tag unwiderruflich zu verderben.

Die besagte Nachricht kam jedenfalls von einer Person, die Every Body Yoga gelesen hat und so tief davon berührt war, dass sie das Gefühl hatte, mir eine E-Mail schreiben zu müssen. Mitten in der Nacht. Eine wildfremde Person sandte mir mitten in der Nacht eine E-Mail.

Seufz.

Meiner Erfahrung nach brachten ungebetene, spätnächtliche Gespräche mit wildfremden Personen selten was Gutes. Wenn man eine fette3, Schwarze, queere Yogalehrerin in einer mehrheitlich dünnen, weißen und sehr heterosexuellen Yogaindustrie ist, kommt mit dem Kleingedruckten, dass es genauso viele Menschen gibt, die von dir inspiriert sind, wie solche, die unbedingt wollen, dass du das Maul hältst. Ich faltete meine Hände und hoffte das Beste.

Offensichtlich kam die Nachricht von einer freien Lektorin, die mir ihre Dienste für mein nächstes literarisches Projekt anbot, nachdem sie als Yogapraktizierende schockiert von einem bestimmten Tippfehler in Every Body Yoga gewesen sei.

Oh, oh.

Ich griff nach meinem Exemplar von Every Body Yoga und schnitt mich fast am Papier auf der Suche nach der Seite, auf die sie sich bezog. Mein Herz stoppte. Genau dort, auf der verdammten Seite 29, umschrieb ich den Sanskrit-Begriff Yoga unabsichtlich als „yolken“4.

Mich haute es fast um.

Ich HATTE das Wort Yoke verwenden wollen, das so viel bedeutete wie verbinden. Yoga bedeutete, zu yoken5, wie in: das Helle und das Dunkle des Lebens, das Gute und das Schlechte zu verbinden. Yoken wie in: Lasst uns die Rinder zusammenspannen! Yoken heißt, Atem, Gedanken und Bewegung zu vermählen, um Körper, Geist und Seele zu verbinden. Yoken meint, die Bedeutung vom Gleichgewicht zu erkunden.

Diese Definition steht im starken Gegensatz zur Definition von Yolk, was so viel bedeutet wie: der gelbe Nahrungsspeicherbereich, der den wesentlichen Teil des Inneren eines Eies ausmacht. Das war ein unübersehbarer Tippfehler und jeder Kritik wert. Ich konnte nicht glauben, dass ich nach Dutzenden von Entwürfen und Runden über Runden von Korrekturgängen diesen offensichtlichen Fehler nicht bemerkt hatte.

Hier will ich mit dir ehrlich sein, vor allem wenn du und ich eine echte Beziehung zueinander aufbauen und nicht nur Dummheiten machen wollen. Ganz ehrlich, meine reflexartige Reaktion auf die E-Mail war, diese Bitch abzuschießen. Wie kam sie dazu, mich auf den Fehler hinzuweisen? Und das auch noch als wildfremde Person in einer passiv-aggressiven, nachmitternächtlichen E-Mail! Falls sie wirklich eine Lektorin war (und nicht nur ein gelangweilter, einsamer Internet-Troll, der seine Vendetta nährte, wie ich insgeheim vermutete), dann musste sie wissen, dass Tippfehler in jeder Arbeit von nennenswertem Umfang zu erwarten waren. Schon bald redete ich Scheiße über sie und kickte diese Bitch verbal in die nächste Woche.

Als aber mein Mars im Krebs das Feld räumte, verebbte meine Wut in rot-heißer Scham. Mich packte der Wunsch, meinen Lektor aufzuwecken und mit ihm alle Möglichkeiten zur Schadensminimierung durchzugehen – vielleicht durch den Neudruck der gesamten Auflage von Every Body Yoga.

Stattdessen machte ich etwas, das mit der Zeit zu meiner pawlowschen Antwort auf Stress und Angst geworden ist. Ich seufzte, schloss meine Augen, ging zu meiner Yogamatte und rollte sie mitten in meinem Büro aus.

Ich fing nicht an, einen Handstand oder ähnlich akrobatisches Zeug zu praktizieren. Ich setzte mich nur hin und schloss die Augen.

Ich sagte mir nicht: „Zeit zu meditieren!“ Ich stellte keinen Timer und machte auch keine bestimmte Atemübung. Ich setzte mich nur hin und lenkte meine Aufmerksamkeit auf den Versuch, zu atmen. Gleichmäßig ein und aus durch die Nase.

Ich hörte nicht auf, über das nachzudenken, was mich stresste. Ich machte sogar das genaue Gegenteil. Ich ließ meinem Jungfrau-Aszendenten freien Lauf und erlaubte mir selbst, jeden Winkel und jede Ritze meiner Angst zu betrachten. Anstatt zu versuchen meine innere Kritikerin rauszuschmeißen, machte ich ihr Platz am Tisch. Und während der ganzen Zeit, in der mein Verstand meine Angst über glühende Kohlen wälzte, versuchte ich nur zu atmen.

Anfangs kam mein Atem flach und furchtsam, gefärbt von Unsicherheit. Aber als sich mein Körper seiner Laune hingab, richtete sich mein Atem auf und rollte seine Schultern zurück. Er begann, sich selbst ernst zu nehmen und an sich zu glauben. Mein Atem pfiff durch die Zweige meiner Angst und ich spürte, wie ich weicher – wie vergessene Butter – wurde. Und nach und nach begann ich die Oberfläche dessen zu sehen, was mich wirklich auf die Palme brachte.

Es war nicht der Tippfehler.

Es war nicht die E-Mail oder die Absenderin.

Es war mein Impostor-Syndrom6. Das Impostor-Syndrom, das ich spürte, seitdem ich mein erstes Yogafoto auf Instagram gepostet hatte. Das Gefühl, dass ich nicht genug über Yoga wusste, um mich an vorherrschenden Gesprächen darüber zu beteiligen. Das Gefühl, dass ich niemals genug Bücher lesen, dass ich niemals genug Stunden nehmen, dass ich niemals hart genug an den Haltungen arbeiten konnte. Ich hatte es vor meinem dreißigsten Geburtstag geschafft, ein ganzes Buch über Yoga zu veröffentlichen, und unterbewusst glaubte ich, dass jede yogapraktizierende Person wusste, wie unqualifiziert ich für diese Aufgabe war. Ich zweifelte an meinen Fähigkeiten und nahm an, dass auch alle anderen das taten.

Als Influencerin und gleichzeitig Yogalehrende auf Social Media täuschte ich regelmäßig Selbstbewusstsein vor. Sosehr ich auch versuchte dagegen anzukämpfen, Selbstbewusstsein zu projizieren ist Teil des Jobprofils von Influencer*innen. Dennoch brauchte es nur eine lockerzüngige E-Mail von einer wildfremden Person über einen einzigen Tippfehler, um meine Projektion des Selbstbewusstseins zu brechen.

Von meiner Scham und Unzulänglichkeit in die Ecke gedrängt, sah ich, wie ich die meisten meiner Tage und sehr viel von meiner Energie verzweifelt darauf verwendete, vor dieser Wahrheit davonzulaufen. Auf meiner Yogamatte, verloren in meiner Krebs-Schale und erschöpft von der Jagd, hörte ich auf zu rennen. Stattdessen umarmte ich meine Angst vor mir selbst und begann die Wunden, die ich, solang ich denken kann, trug, offenzulegen.

Alle Wunden müssen atmen, egal wie schmerzhaft oder stinkig sie sind. Selbst die Wunden, die du lieber versteckt halten würdest.

Yoga verbindet die tiefsten und konfliktreichsten Aspekte deiner selbst. Das Helle und das Dunkle. Das Schlechte und das Gute. Die Höhen und die Tiefen. Yoga ist sowohl ein Prozess als auch ein Ziel, sowohl eine Frage als auch eine Antwort.

Ich bin im Sommer 2012 fünfundzwanzig geworden und habe einen Monat vor meinem Geburtstag mein Masterstudium in Kulturmanagement abgebrochen – eine Entscheidung, die mir eine Scheißangst eingejagt hatte. Ich brauchte Veränderung und eine neue Stadt schien mir ein guter Ort, um sie zu finden. Also belud ich mein Auto und zog von Winston-Salem nach Durham im selben Bundesstaat North Carolina. Meine neue Partnerin S war gerade nach Durham gezogen, und wir spürten zwar beide, dass es zu früh war, um zusammenzuziehen, aber niemand von uns konnte es sich leisten, alleine zu wohnen. Dazu kam, dass wir außer uns keinen Freundeskreis in Durham hatten. So waren wir uns einig: Bleib lieber beim Übel, das du kennst.

Ganz am Anfang teilten S und ich uns ein winziges Einzelbett in einer noch winzigeren Wohnung, die zwei co-abhängigen Schwarzen Lesben mittleren Alters, denen wir die Decknamen Big Bear und little bear gaben, gehörte. Während Big B und lil b nebenan im Doppelbett löffelten, schliefen S und ich wie eine Robbenkolonie in einem Bett, das für Teenager gebaut worden war. Zwei erwachsene Dicke in einem Einzelbett – selbst ein XLEinzelbett wäre für uns keine langfristige Lösung gewesen. Und schon gar nicht in einer schlecht klimatisierten Wohnung in North Carolina kurz vorm Hochsommer.

S und ich brachten zusammen fast zwanzig Jahre lesbische Co-Abhängigkeit in unsere Beziehung mit. Nichts davon, nicht ein beschissenes Jahr, hatte uns angemessen auf die hässliche Realität vorbereitet, wenn man sich ein winzig kleines...

Erscheint lt. Verlag 6.6.2024
Übersetzer Evangelista Sie
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7066-2945-3 / 3706629453
ISBN-13 978-3-7066-2945-4 / 9783706629454
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