Verspielt Europa nicht! -  Elmar Brok,  Peter Köpf

Verspielt Europa nicht! (eBook)

Ohne die EU ist Deutschland ein Zwerg
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2024 | 1. Auflage
272 Seiten
Europa Verlag GmbH & Co. KG
978-3-95890-616-7 (ISBN)
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Die Weltordnung und die politischen, militärischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse ändern sich dramatisch zulasten des Westens und vor allem Europas. Aber die EU und ihre Mitgliedsländer verfallen mehr und mehr in Egoismen. Es wachsen rechts-, aber auch linksextreme Parteien, die wieder mit Erfolg den alten Nationalismus und die Freundschaft mit antidemokratischen Kräften predigen. Die politische Mitte hat keine Orientierung, arbeitet teilweise aus Gründen des Machterhalts mit ihnen zusammen oder läuft ihnen inhaltlich nach. Den Nationalismus der Extremisten, der den EU-Binnenmarkt als Kraftquelle Europas zerschlagen wird, will Brok entlarven. Nach 39 Jahren als Abgeordneter im EP, als Verhandler des Europäischen Parlaments bei allen EU-Verträgen seit Maastricht bis Lissabon, langjähriger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und Co-Vorsitzender der Gruppe der EVP-Außenminister kennt er die EU wie nur wenige. Mit diesem Buch wird der Autor Reformvorschläge für eine handlungsfähigere, transparentere, demokratische und rechtsstaatliche EU liefern, die für die Europäer Souveränität bedeuten, welche die Mitgliedsländer allein in der globalen Ordnung gar nicht mehr besitzen. Dabei setzt er sich für eine Soziale Marktwirtschaft ein, in der im Rahmen des Binnenmarkts eine Verbindung von Wettbewerbsfähigkeit, Bewahrung der Schöpfung und sozialer Gerechtigkeit gelingen kann. Im Juni 2024 sind Europawahlen. Nicht nur die Werte der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stehen auf dem Spiel, sondern Bestand und Zukunft der EU.

Elmar Brok war von 1980 bis 2019 Mitglied des EU-Parlaments, von 1999 bis 2007 und 2012 bis 2017 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Er war 20 Jahre Co-Vorsitzender der EVP-Außenminister und Mitglied des Treffens der EVP-Regierungschefs vor den EU-Gipfeln (Europäischer Rat). 20 Jahre war Brok Co-Vorsitzender des Transatlantic Legislators' Dialogue (TLD) von EP und US-Kongress. Von 2004 bis 2021 war er Mitglied im Bundesvorstand der CDU sowie 20 Jahre Vorsitzender der EU-CDA (bis 2023) und stets im Streit mit dem Wirtschaftsflügel seiner Partei. Peter Köpf, 63, ist Journalist und Autor mehrerer Biografien (Der Querdenker. Kurt Biedenkopf, Stoiber, Die Burdas, Die Mommsens) und politischer Sachbücher, Ghostwriter und Co-Autor (darunter Inside AfD, zusammen mit Franziska Schreiber). Er war bis 2021 (gemeinsam mit Herausgeber Theo Sommer) als Chefredakteur verantwortlich für die im Verlag Times Media erscheinenden internationalen Zeitungen (The Atlantic Times, The German Times, The Security Times). Eigene Beiträge in DIE ZEIT, FAZ, SZ, Berliner Zeitung, taz etc.

I. IDEE EUROPA: »DIE GROSSE EUROPÄISCHE BRUDERSCHAFT«


In seinem Buch Deutsche Staatskunst von Bismarck bis Adenauer zeichnete Gordon A. Craig Konrad Adenauer als den ersten deutschen Politiker, der die Enge des nationalstaatlichen Denkens überwunden hat. Der Bundeskanzler schloss aus den Erfahrungen der Nazidiktatur, »daß Deutschland allein keine Großmacht mehr sein könne, daß es überhaupt keine europäischen Großmächte mehr gebe und dass die Zukunft im gemeinsamen europäischen Denken und Handeln liege«. Westeuropäische Länder könnten sich nicht mehr allein schützen, allein die europäische Kultur retten. Das ginge nur, wenn sich die westeuropäischen Länder zusammenschlössen und »weitere kriegerische Auseinandersetzungen unter sich selbst unmöglich machen«. Adenauer, so urteilte Craig, sei frei von »jenem destruktiven Nationalismus, der in der Vergangenheit den deutschen Geist irreleitete«. Er habe die Nation »in einer größeren Einheit aufgehen lassen«, in der europäischen Gemeinschaft. Selbst ein Scheitern dieses Projekts »sollte die Großartigkeit dieses Versuches nicht verdunkeln dürfen«. Nachdem ich Craigs Buch 1964 gelesen hatte, wurde ich Mitglied der Jungen Union. Und als ich mich später einmal mit Angela Merkel stritt, sagte ich ihr: »Diese Reihenfolge gilt immer noch. Ich bin wegen Europa in der CDU, nicht über die CDU nach Europa gekommen.« Wenn die CDU keine Europapartei mehr sein sollte, würde ich sie verlassen.

Die Gemeinschaft der europäischen Staaten, die Europäische Union, ist – bei allen Schwächen – zu einer viel größeren Einheit geworden, als Craig sich das vorstellen konnte. Die europäische Einigung hat für Deutschland und für die anderen Mitgliedsländer ein in unserer Geschichte einmaliges Maß an Frieden und Freiheit, Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit ermöglicht. Satt, selbstzufrieden und geschichtsvergessen sind wir nun dabei, alles infrage zu stellen.

Doch Frieden und Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit sind bedroht. Russland hat durch den völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine die internationale Ordnung aufgekündigt, und China lässt Putin gewähren, weil es nicht nur Ambitionen auf Taiwan hat, sondern auch darauf, die USA als Weltmacht Nummer 1 abzulösen. Im Verbund der BRICS-Staaten versuchen Russland und China, ein Gegengewicht zum Westen und dessen Institutionen zu schaffen. China hat sein Engagement in Lateinamerika längst erhöht und wie in Afrika mit der Finanzierung von Infrastruktureinrichtungen erheblich an Einfluss gewonnen. Den Krieg der Hamas gegen Israel steuern Iran und Moskau im Hintergrund, und sie zielen damit gegen die USA, gegen den sogenannten Westen und dessen Vorstellungen von einer demokratischen Weltordnung.

Den USA droht overstretching, eine Überdehnung ihrer militärischen und politischen Möglichkeiten. Die Bereitschaft der Bevölkerung, Mittel und Menschen für solche Missionen einzusetzen, sinkt, wenn der »Weltpolizist« in immer mehr Konflikte verwickelt wird. Westliche Regierungen haben es in diesem Kampf schwerer als die Autokraten und Diktatoren; die Bevölkerung folgt ihren Regierungen nur, wenn sie auch eine Gefährdung für sich selbst erkennt. Dieses Problem haben die Regierungen in Moskau, Peking und Teheran nicht. Ausgerechnet in dieser Situation ist aus den USA ein unsicherer Bündnispartner geworden, weil Donald Trump offensichtlich gute Chancen auf eine Rückkehr an die Macht hat.

Und Europa? Mächtige Männer wie Wladimir Putin und Xi Jinping wollen Europa spalten und als politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Faktor ausschalten. Sie wollen lieber mit einzelnen Staaten verhandeln als mit der großen Union. Das gilt auch für Trump. Wenn sein Traum – Europas Albtraum – wahr wird, nämlich seine Rückkehr an die Macht, ist die Solidarität des Westens in Gefahr und die NATO möglicherweise dramatisch geschwächt. Wenn die europäischen Staaten in dieser fragilen Situation nicht einig sind, dann werden sie zu Kleinstaaten, die den großen Mächten beim Spiel um die Welt von der Seitenlinie aus zuschauen. Mitspielen können wir Europäer nur, wenn wir unsere wirtschaftliche Stärke und unser Gewicht als größte Handelsmacht der Welt gemeinsam einsetzen, andernfalls sind wir ökonomisch und politisch Zwerge. Deshalb dürfen sich die europäischen Staaten nicht auseinanderdividieren lassen.

Aber nicht allen gefällt, was wir geschaffen haben: dass aus ehemaligen Feinden Freunde geworden sind, die nationale und Gemeinschaftsinteressen ausgleichen, zu einer verbindlichen und verbindenden Gesetzgebung gefunden haben, zu Mehrheitsentscheidungen auf der Grundlage von Solidarität und Subsidiarität sowie richterlicher Kontrolle. Europa hat seine Kräfte gebündelt, statt sie gegeneinander zu richten, und Einheit in Vielfalt geschaffen statt – wie es der französische Philosoph Paul Valéry formulierte – der »Wurmfortsatz des eurasischen Kontinents« zu werden.

Inzwischen jedoch geht ein Gespenst um in Europa, das Gespenst des Nationalismus. Irrlichternde Rechtsaußen, auch in Deutschland, wollen sich aus der EU verabschieden. Auch konservative und bürgerliche Parteien in mehreren EU-Staaten setzen auf »nationale Souveränität«, in Ungarn und Polen versuchten nationalistische Regierungen, mit europa- und deutschlandfeindlichen Parolen »die Kontrolle zurückzugewinnen«.

Der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk und seine Mitstreiter haben 2023 aber auch gezeigt, dass demokratische Kräfte auf der Grundlage von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit viel Mut und Einsatz für die Freiheit und Europa gewinnen können.

Doch nicht nur rechte Parteien erstarken mit nationalen Tönen, sondern Sahra Wagenknecht in Deutschland und Robert Fico in der Slowakei zeigen, dass es auch einen linken Nationalismus gibt. Diese Gruppierungen sind nicht bereit, die vorhandenen Kompetenzen der EU zu nutzen und dafür zu sorgen, dass wir gemeinsam handlungsfähiger werden – in der Außen- und Sicherheitspolitik ebenso wie in der Handelspolitik. Diese Kräfte wollen Einschränkungen der nationalen Souveränität selbst dann nicht hinnehmen, wenn gemeinsame Beschlüsse der EU zu erfüllen sind. Diese Europagegner betreiben das Geschäft von Putin und Xi, die wünschen, dass Europa auseinanderfällt.

Aber was nützt einem Land in Europa »nationale Souveränität«? Souverän ist ein Staat nur, wenn er die Macht hat, den demokratisch legitimierten politischen Willen seines Volks auch durchzusetzen. Souveränität ohne Machtpotenzial hat keinerlei Bedeutung im Geflecht internationaler Beziehungen. Keiner der europäischen Nationalstaaten wird sich in der globalisierten Gegenwart behaupten können. Nur ein gemeinsames Europa kann den Menschen die Ängste vor Globalisierung und Digitalisierung, Krieg und Terrorismus, Transformation der Wirtschaft sowie Migration, Gewalt und Armut nehmen.

Die europafeindlichen Parteien aber wollen zurück in die Kleinstaaterei, in die Zeit der Kriege; sie wollen ein intergouvernementales Europa der Vaterländer statt eines supranationalen Europas mit Gesetzgebungscharakter. Gemeinsames politisches Handeln und ein Binnenmarkt mit verbindlichen Regeln sind jedoch nur auf einer gemeinsamen rechtlichen supranationalen Grundlage möglich; andernfalls würde Europa wieder Zollkontrollen und Grenzen bekommen. Das führte uns zurück in eine Zeit, als die Großmächte Verträge alle 20 Jahre für ungültig erklärten, die Grenzen willkürlich hin- und herschoben und sich bekriegten – oft genug auf dem Boden der kleineren Länder.

Krieg bedeutet auch Armut. Über dem Portal von Schloss Friedenstein in Gotha war nach dem Ende des verheerenden Dreißigjährigen Kriegs vor 370 Jahren treffend zu lesen: »Friede ernehret, Unfriede verzehret.« Auch das Fehlen eines großen gemeinsamen Markts bedeutet Armut, weil das Nachteile im internationalen Wettbewerb bedeutet. Wenn wir nicht zusammenhalten, wird Europa wehrunfähig angesichts der Bestrebungen einiger Diktatoren für eine neue Weltordnung. Wenn wir auseinanderfallen und nicht gemeinsam auf diese neuen Entwicklungen antworten können, sind wir verloren. Dem müssen alle Demokraten entschieden widerstehen und sich klar zur Europäischen Union bekennen, zum Frieden, zur Demokratie, zum Binnenmarkt und zur freien Wahl des Arbeitsplatzes, zu den offenen Grenzen, zu Rechtssicherheit und Mindeststandards für abhängig Beschäftigte, zu weiterem Wachstum und zur gemeinsamen Suche nach Lösungen in der Klimakrise. Damit der großartige europäische Versuch, von dem Craig sprach, nicht doch noch scheitert, warne ich nach 39 Jahren im Europäischen...

Erscheint lt. Verlag 25.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-95890-616-8 / 3958906168
ISBN-13 978-3-95890-616-7 / 9783958906167
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