Klage Südafrikas gegen den Staat Israel -  Abraham Melzer

Klage Südafrikas gegen den Staat Israel (eBook)

Klageschrift der Republik Südafrika an den Internationalen Gerichtshof zur Einleitung eines Verfahrens gegen den Staat Israel
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2024 | 1. Auflage
476 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-4414-2 (ISBN)
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Das besetzte palästinensische Territorium ist von besonderer Bedeutung für die Zukunft der Menschenrechte in der Welt. Die Menschenrechte in Palästina sind über sechzig Jahre auf der Tagesordnung der Vereinten Nationen gewesen und besonders in den letzten 40 Jahren seit der Besetzung von Ost-Jerusalem, der Westbank und des Gazastreifens im Jahr 1967. Über Jahre hinweg konkur­rierte die Besatzung von Palästina und die Apartheid in Süd-Afrika um die Aufmerksamkeit der Internationalen Gemeinschaft. 1994 endete die Apartheid und Palästina verblieb als einziges Entwicklungsland in der Welt unter der Unterdrückung durch ein dem Westen verbundenes Regime. Hierin liegt seine Bedeutung für die Zukunft der Menschenrechte. Es gibt andere Regime, vor allem in der Dritten Welt, die die Menschenrechte unterdrücken, aber es gibt keinen anderen Fall eines mit dem Westen verbundenen Regimes, welches die Menschenrechte eines Entwicklungsvolkes unterdrückt und dieses schon so lange. Mit diesen Sätzen schloss John Dugard seinen Bericht über die besetzten palästinensischen Territorien, den er im Januar 2007 dem Menschenrechtsrat der UNO erstattet hatte. Es war sein letzter Bericht über die verzweifelte Situation der palästinensischen Bevölkerung. John Dugard, südafrikanischer Juraprofessor, war 2001 von dem Menschenrechtsrat zum besonderen Berichterstatter über die Situation der Menschenrechte in Palästina ernannt worden. Und nun saß John Dugard am 11. Januar 2024 vor der Richterbank des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag und vertrat mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Klage der Südafrikanischen Republik gegen Israel mit dem Vorwurf des Völkermordes im Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen.

Abraham Melzer ist Autor und Publizist. Er beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit den Themen Zionismus, Antisemitismus, Palästina und Israel.

Vorwort

„Das besetzte palästinensische Territorium ist von besonderer Bedeutung für die Zukunft der Menschenrechte in der Welt. Die Menschenrechte in Palästina sind über sechzig Jahre auf der Tagesordnung der Vereinten Nationen gewesen und besonders in den letzten 40 Jahren seit der Besetzung von Ost-Jerusalem, der Westbank und des Gazastreifens im Jahr 1967. Über Jahre hinweg konkurrierte die Besatzung von Palästina und die Apartheid in Süd-Afrika um die Aufmerksamkeit der Internationalen Gemeinschaft. 1994 endete die Apartheid und Palästina verblieb als einziges Entwicklungsland in der Welt unter der Unterdrückung durch ein dem Westen verbundenes Regime. Hierin liegt seine Bedeutung für die Zukunft der Menschenrechte. Es gibt andere Regime, vor allem in der Dritten Welt, die die Menschenrechte unterdrücken, aber es gibt keinen anderen Fall eines mit dem Westen verbundenen Regimes, welches die Menschenrechte eines Entwicklungsvolkes unterdrückt und dieses schon so lange.“1

Mit diesen Sätzen schloss John Dugard seinen Bericht über die besetzten palästinensischen Territorien, den er im Januar 2007 dem Menschenrechtsrat der UNO erstattet hatte. Es war sein letzter Bericht über die verzweifelte Situation der palästinensischen Bevölkerung. John Dugard, südafrikanischer Juraprofessor, war 2001 von dem Menschenrechtsrat zum besonderen Berichterstatter über die Situation der Menschenrechte in Palästina ernannt worden. Dies sollte sein letzter Bericht sein, denn er wurde von Israel und den USA heftig wegen seiner Einseitigkeit kritisiert und 2009 auf Druck Israels durch den US-amerikanischen Kollegen Richard A. Falk abgelöst. Er bekannte in jenem Jahr, „ich bin Südafrikaner, der in der Apartheid gelebt hat. Ich zögere nicht zu sagen, dass Israels Verbrechen unendlich viel schlimmer sind als die Verbrechen, die Südafrika mit seinem Apartheid-Regime begangen hat.“2

Und nun saß John Dugard am 11. Januar 2024 vor der Richterbank des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag und vertrat mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Klage der Südafrikanischen Republik gegen Israel mit dem Vorwurf des Völkermordes im Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Wie vorauszusehen war, hatte sich die Situation der Menschenrechte in allen besetzten Gebieten, und Gaza gehörte trotz des Abzugs der Siedler und der Armee 2005 dazu, nicht verbessert. Im Gegenteil reagierte die israelische Armee auf den nicht nachlassenden Widerstand der palästinensischen Bevölkerung mit regelmäßigen Über fällen – 2008/2009 mit über 2000 Toten, 2012, 2014 mit wiederum über 2000 Toten, 2021 und schließlich am 7. Oktober 2023. Auch diese Explosion des Widerstandes war vorauszusehen, da sich an den unerträglichen Lebensbedingungen in Gaza nichts verändert hatte, und es für die Menschen keine Perspektive gab. Es sollten keine Zweifel daran bestehen, dass auch für den israelischen Mossad diese Eruption der Gewalt nicht überraschend kam. Was offensichtlich alle verblüffte, war aber die Fähigkeit, aus diesem Gefängnis mit seinem tief in den Erdboden verankerten Gefängniszaun auszubrechen, und das Ausmaß der Gewalt. Die Rache wiederum, von der israelischen Regierung Verteidigung genannt, hatte apokalyptische Ausmaße. Nicht nur die erschreckend große Zahl an Toten, Verletzten und Vertriebenen, sondern auch die flächendeckende Zerstörung aller materiellen Lebensgrundlagen in diesem schmalen Landstreifen war bisher ohne Beispiel.

Israel vor Gericht

Noch Anfang des neuen Jahres 2024 verkündete der ehemalige Leiter des israelischen Militärgeheimdienstes Amos Yadlin, „Wir kämpfen jetzt an sieben Fronten„, das habe es seit der Staatsgründung nicht gegeben. Der Gazastreifen, das Westjordanland, Libanon, der Jemen, Irak, Syrien und Iran seien die Schauplätze mit unterschiedlicher Intensität. Den intensivsten Schauplatz allerdings vergaß er, die Klage der Republik Südafrika wegen Völkermordes durch den Krieg in Gaza vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag. Er konnte sich wohl noch nicht vorstellen, welche vernichtende Wirkung diese Anklage mit den schockierenden Fakten für das internationale Ansehen Israel haben würde. Vielleicht erinnerte er sich auch daran, dass knappe 20 Jahre zuvor Israel schon einmal im IGH verhandelt wurde. Am 8. Dezember 2003 hatte die UN-Generalversammlung ein Gutachten des IGH über die Rechtmäßigkeit des Baus einer Mauer in den besetzten palästinensischen Gebieten angefordert. Ein halbes Jahr später am 9. Juli 2004 lieferte der Gerichtshof sein Gutachten ab, in dem er mit vierzehn gegen eine Stimme – sie kam vom US-Richter Bürgenthal - entschied: ,,Der Bau der Mauer, die von Israel, der Besatzungsmacht, in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich in und um Jerusalem herum, gebaut wird, widerspricht internationalem Recht.“

Zugleich verpflichtete der IGH Israel, die Mauer auf palästinensischem Territorium zurückzubauen und die betroffenen Bewohner zu entschädigen. Es handelte sich nur um ein Gutachten und war nicht verbindlich, aber es war die klare Ansage eines massiven Verstoßes gegen das Völkerrecht3. Doch die israelische Regierung kümmerte sich nicht darum und kein Staat in der UNO unternahm etwas, um Israel zur Einhaltung des Völkerrechts und zum Rückzug von palästinensischem Territorium zu bewegen.

Doch dieser Prozess jetzt ist anders. In ihm geht es um den Vorwurf des schwersten Verbrechens Völkermord, welches erst spät in die Strafkataloge aufgenommen wurde. Obwohl schon 1948 in dem „Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes„ vom 9. Dezember, der sog. Völkermordkonvention, als strafbarer Tatbestand definiert, wurde der Völkermord international erst in dem Römischen Statut des IGH vom 17. Juli 1998 kodifiziert. Der Begriff des „Genozids„ wurde von dem polnischen Juristen Raphael Lemkin 1944 in seinem Buch „Die Herrschaft der Achsenmächte im besetzten Europa„ geprägt. Lemkin, Berater des US-amerikanischen Chefanklägers Robert Jackson in den Nürnberger Prozessen, arbeitete lebenslang daran, den Genozid zu einem Straftatbestand zu machen, was ihm aber beim Internationalen Militärtribunal in Nürnberg nicht gelang. Die Alliierten wollten den nationalsozialistischen Völkermord an Juden, Sinti und Roma nicht in die formelle Anklage mit einbeziehen. Lemkin wurde aber 1946 von den Vereinten Nationen in die Dreier-Kommission berufen, die mit dem Entwurf einer Völkermord-Konvention beauftragt wurde. Philippe Sands hat ihm in seinem Buch „Rückkehr nach Lemberg„ eine lesenswerte Erinnerung geschaffen.

Im November 2023 hatte Südafrika bereits gemeinsam mit Bangladesch, Bolivien, Djibuti und den Komoren einen Antrag bei der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) für eine Untersuchung eingereicht, ob Israel in Gaza Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehe. Kürzlich hat sich dem auch Chile angeschlossen und seinen Untersuchungsantrag auf alle besetzten Gebiete erweitert. Es hat zudem einen Haftbe fehl gegen Netanjahu, den Verteidigungsminister Joaw Gallant und den Stabschef der israelischen Armee Herzi Halewi wegen Völkermords beantragt. Bereits im Jahr 2021 hatte die UN-Generalversammlung die Anklagebehörde des IStGH beauftragt, den Überfall Israels auf Gaza im Jahr 2014, die Siedlungsaktivitäten in den besetzten Gebiete und die gezielten Tötungen während des Erinnerungsmarsches 2018 in Gaza an der Grenze zu Israel auf Kriegsverbrechen zu untersuchen. Und schließlich hatte die UN-Generalversammlung am 9. Januar 2023 den IGH beauftragt, die Legalität der israelischen Besatzung zu untersuchen. Doch ist bis jetzt nichts Berichtenswertes geschehen.

Israel war also schon vor der Klage Südafrikas ins Fadenkreuz der internationalen Justiz geraten, ohne dass es sich bislang allzu große Sorgen machen musste. Die USA und die deutsche Staatsräson schirmten sie vor juristischem Ungemach sicher ab. Südafrika konnte mit einer direkten Klage gegen Israel nicht den Weg zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) nehmen, da Israel das Römische Statut nicht unterzeichnet hat. Es hatte aber die Völkermordkonvention unterzeichnet. Südafrika klagt nun vor dem IGH wegen Verletzung der Völkermordkonvention, was eine Klausel der Konvention ermöglicht, nach der alle Streitfälle zwischen Unterzeichnerstaaten über die „Auslegung, Anwendung oder Durchführung„ der Konvention dem IGH vorgelegt werden können. Am 29. Dezember 2023 stellte die Regierung ihre Klageschrift dem Gericht und allen Beteiligten zu, in der sie auf 84 Seiten ein Pandämonium schwerer Verbrechen und Grausamkeiten Israels unter neun Punkten zusammengestellt hat. Die Ausmaße überschreiten alles, was einem in der hiesigen Berichterstattung bisher zugemutet wurde.

Die Klage: Stopp den Krieg

Da es Südafrika jedoch vorerst nicht darum ging, einen Völkermord gerichtlich feststellen zu lassen, sondern den Krieg sofort zu stoppen, stellte es einen Eilantrag mit zahlreichen...

Erscheint lt. Verlag 13.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7597-4414-1 / 3759744141
ISBN-13 978-3-7597-4414-2 / 9783759744142
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