Geschichte der Friedensbewegung -  Alfred H. Fried

Geschichte der Friedensbewegung (eBook)

Eine Darstellung zum Pazifismus bis 1912

Peter Bürger (Herausgeber)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
256 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-7152-0 (ISBN)
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Alfred Hermann Fried (1864-1921) war Weggefährte der Österreicherin Bertha von Suttner, begründete im November 1892 die Deutsche Friedensgesellschaft und erhielt 1911 den Friedensnobelpreis. Sein "Handbuch der Friedensbewegung" (zwei Teile 1911/1913) enthält neben den Abteilungen zu Grundlagen und Organisation des Pazifismus eine umfangreiche Darstellung "Die Geschichte der Friedensbewegung" bis 1912, die in ihrer Art für den deutschen Sprachraum eine Pionierarbeit ist. Dieser frühe Versuch einer Geschichtsschreibung der Bewegung wider die Kriegsapparatur birgt lohnende Lektüre - auch für diejenigen, die in ihrer Hausbibliothek alle neueren Standardwerke zum Thema eingestellt haben. Auf Schritt und Tritt stoßen wir auf Realien und Fährten, die anderswo nicht zu finden sind. Zugleich vermittelt das Werk in mehreren Kapiteln die Sichtweise eines Zeitzeugen, der Entwicklungen und Ereignisse aus der Perspektive einer bestimmten Strömung der Friedensbewegung beleuchtet. Frieds optimistische Einschätzung zum Fortgang der modernen "Zivilisation" aus dem Jahr 1913 war schon nach dem Menschenschlachthaus 1914-1918 nicht mehr hilfreich. Doch sein Programm sollte zu Beginn einer unvorstellbaren ökologischen Krise des Erdkreises und inmitten eines "Weltkriegs auf Raten" wieder gehört werden: Organisiert eine Welt, in der alle miteinander reden, nachdenken, zusammenarbeiten und Lösungen erproben! Schluss mit dem Spiel "Sieger oder Verlierer". Faktum ist: Entweder werden alle gewinnen oder alle müssen gemeinsam untergehen. Ein Band der edition pace, herausgegeben von Peter Bürger

Alfred Hermann Fried (1864-1921), österreichischer Schriftsteller, Weggefährte der Friedenspionierin Bertha von Suttner und begeisterter Pazifist. Gründer der deutschen Friedensgesellschaft 1892. Herausgeber der "Friedens-Warte" ab 1899. Friedensnobelpreis 1911. "Fried war Anhänger und Begründer des sogenannten organisatorischen Pazifismus, der durch internationale Organisation (Ausbau des Völkerrechtes, obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit) Kriege vermeiden wollte" (R. Barkeley).

II. DIE NEUZEIT


1. Bis zum Ende des XVII. Jahrhunderts

Georg von Podiebrad

An der Schwelle der Neuzeit, wo ein so großer Wandel der Kultur eintrat, finden wir den Plan des Böhmenkönigs Georg von Podiebrad (1420–1471), der 1462 ein ewiges Friedensbündnis unter den christlichen Fürsten zur Ausführung bringen wollte. Ins Auge gefaßt war ein Staatenbund mit einem ständigen Gesandtenkongreß, eine Art zwischenstaatliches Parlament. Der Gebrauch der Waffen zwischen den Bundesmitgliedern sollte ausgeschlossen sein; alle Streitigkeiten wären vor einem Bundesgericht auszutragen gewesen. Hingegen war eine militärische Exekutivgewalt vorgesehen. Die Idee zu jenem Plane rührte nicht von Podiebrad selbst her, sondern von seinem Kanzler Antonius Marius aus Grenoble,6 der als Abenteurer durch Europa zog, seine Idee überall anbot und erst beim Böhmenkönig Verständnis dafür fand. Dieser war nämlich als Ketzer erklärt worden, und sah daher in dem christlichen Staatenbund ein Mittel, sich den erwarteten Angriffen des Papstes zu entziehen, zumal er damit die Christenheit zum Entsatze Konstantinopels organisieren wollte. So lag auch diesem Friedensplane die Kriegsabsicht und die Erweiterung der Herrschaft seines Vertreters zugrunde.

Erasmus von Rotterdam

Um die Zeit, als König Podiebrad mit seinem Föderationsplan hervortrat, wurde Erasmus von Rotterdam (1467 bis 1536) geboren. Er war einer der angesehensten und einflußreichsten Schriftsteller jener Periode. In zahlreichen seiner Schriften bekämpfte er den Krieg als widersinnig, trat er nachdrücklichst für den Frieden ein. Da er seine Gedanken mit großer Schärfe und vielem Witz zum Ausdruck brachte und dadurch großen Eindruck auf seine Zeitgenossen hervorrief, gilt er mit Recht als der Ersten einer, der die Friedensidee volkstümlich machte. In einer seiner Schriften ironisierte er sich selbst als „einen gewissen Vielschreiber, der nicht aufhört, mit seiner Feder den Krieg anzufeinden und zum Frieden zu mahnen“. In seinem 1518 erschienenen Buche „Militis Christiani Enchiridion“ bekämpfte er den damals vorbereiteten Krieg gegen die Türken mit viel Witz und Energie. Er stellt unter anderm die Frage auf, zu welcher Sekte man nach einem Siege die nicht gefallenen Türken bekehren solle, und ob angesichts des daraus entspringenden blutigen Ringens zwischen den Christen selbst, die Türken Liebe zur christlichen Religion gewinnen könnten. In verschiedenen seiner „Colloqien“ erörtert er in scharfsinnigster Weise das Friedensproblem. In einem dieser „Zwiegespräche“, das „Charon“ betitelt ist, spottet er über den Einfluß der Kirche auf die Entfesselung der Kriege. Die Geistlichen seien es, die den Fürsten die Liebe zum Krieg ins Ohr träufeln. „Und damit man sich noch mehr über den tapferen Geist der Menschen wundere, rufen sie dasselbe bei beiden Parteien aus. Bei den Franzosen predigen sie, Gott stehe auf der Seite der Franzosen, und wer Gott zum Protektor habe, der könne nicht besiegt werden. Bei den Spaniern und Engländern lautet es: Dieser Krieg werde nicht vom Kaiser, sondern von Gott geführt; sie sollten sich aber nur als tapfere Männer erproben, der Sieg sei ihnen gewiß. Komme aber einer um, so sterbe er nicht, sondern fliege stracks in den Himmel, bewaffnet wie er sei … Dazu kommt dann noch die Jugend, die Unerfahrenheit, die Ruhmsucht, der Zorn und ein Gemüt, das eine natürliche Neigung besitzt zu dem, was ihm vorgehalten wird. So wird die Täuschung leicht, und es ist nicht schwierig, einen Wagen, der schon von sich aus Neigung zum Abstürzen hat, anzutreiben.“ Auch in dem Zwiegespräch „Ichthyophagia“ (Vom Fischessen) wird das Törichte des Krieges eingehend erörtert.

Erasmus’ hervorragendstes Friedensplaidoyer ist sein im März 1514 von London aus an seinen Freund Antony von Bergen, den Abt von St Bertin, gerichtetes Schreiben, wo er den bedrohlichen Zustand Europas und die Gefahr eines kriegerischen Sturmes darlegte, und den befreundeten Abt bat, seinen Einfluß bei Kaiser Maximilian und dem Prinzen Karl, nachmals Kaiser Karl V., zur Verhütung der Katastrophe geltend zu machen. Ebenso tritt Erasmus in seinen an Karl V. gerichteten „Instruktionen für einen christlichen Prinzen“, in „Adagia“ und „Querela pacis“ als kritisierender Pazifist auf.

Luther

Von seinem hervorragendsten Zeitgenossen Martin Luther (1483–1546) kann man ebenfalls berichten, daß er den Krieg nicht als eine Wohltat bezeichnete. „Kanonen und Feuerwaffen“, so erklärte er an einer Stelle, „sind grausame und verdammenswerte Maschinen. Ich halte sie für eine direkte Eingebung des Teufels. Wenn Adam in einem Traum gesehen hätte, welch schreckliche Werkzeuge seine Kinder erfinden würden, so würde er vor Gram gestorben sein.“

Heinrich IV.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts befaßte sich Heinrich IV. (1553–1610), Frankreichs großer König, mit dem Plane der Schaffung einer „Christlichen Republik“, von deren Durchführung er den „ewigen Frieden“ für Europa erhoffte. „Le grand dessein“ des französischen Königs ist von seinem Minister Sully (1560–1641) in dessen „Memoiren“ lange nach dem Tode Heinrichs IV. veröffentlicht worden. Dieser Umstand erweckte die Vermutung, daß Sully selbst der Urheber jenes Friedensentwurfes sei und, nur um den Kredit seines Planes zu erhöhen, den König vorschob. Doch der Briefwechsel des Königs mit der Königin Elisabeth von England (1533–1603), die sich mit einem ähnlichen Plan befaßt haben soll, und andere Dokumente7 bestätigen, daß König Heinrich mit dem Plan ernstlich befaßt war, wenn auch die Möglichkeit der Urheberschaft Sullys nicht ausgeschlossen erscheint.

Nach diesem Plane sollte die „Christliche Republik“ die bisherige Gestaltung der europäischen Staaten nicht ändern, nur sollten diese durch die Verfassung des Bundes in ein festeres Verhältnis treten, das jede kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Bundesmitgliedern ausschließen sollte. Fünfzehn große Herrschaften waren als Glieder des Bundes gedacht. Nämlich die sechs Erbmonarchien Frankreich, Spanien, England, Schweden, Rußland und die Lombardei, die fünf Wahlreiche Deutschland, Böhmen, Ungarn, Polen und der Kirchenstaat, die drei Republiken Venedig, die Niederlande und die Schweiz, ferner eine aus den italienischen Staaten neu zu schaffende Republik. Ein Senat der Bundesrepublik, der aus sechzig Mitgliedern bestehen sollte, war bestimmt, die gemeinsamen Angelegenheiten zu ordnen, und ein oberster Gerichtshof wäre berufen gewesen, alle Streitigkeiten zu regeln.

Es war auch hier nicht reine Liebe zur Menschheit, die Heinrich IV. zur Betreibung dieses Planes veranlaßte. Der Wunsch, die Führerschaft des Hauses Habsburg zu brechen, dürfte wohl der maßgebendste Grund für ihn gewesen sein. Als Betätigung nach außen war übrigens wiederum der Krieg gegen die Türken als erste Pflicht erklärt, und wenn sich der Zar dieser Aufgabe widersetzen würde, sollte auch Rußland mit Krieg überzogen werden. Mit verschiedenen Staatsoberhäuptern Europas sollen Verhandlungen angeknüpft worden sein, und einige sollen dem Plan günstig gegenübergestanden haben; aber schließlich hat der Dolch Ravaillacs, dem Heinrich IV. 1610 zum Opfer fiel, die Ausführung des Planes vorzeitig vereitelt. Immerhin bleibt diese „grand dessein“ die Grundlage zahlreicher später formulierter Föderationspläne, die sich die Abschaffung des Krieges zur Aufgabe stellten.

Acht Jahre nach dem Tode Heinrichs entbrannte jener große Krieg, der dreißig Jahre lang die meisten europäischen Staaten zu erbitterten Kämpfen führte. Die Greuel dieses Krieges haben befruchtend auf den Friedensgedanken eingewirkt und zahlreiche Denker und Dichter veranlaßt, das Wesen des Krieges zu kritisieren und Verbesserungen für den zwischenstaatlichen Verkehr in Vorschlag zu bringen.

Emeric Crucé

Noch war der große Plan Heinrichs durch Sully nicht veröffentlicht, da trat im Jahre 1623 der Franzose Emeric de Lacroix, der als großer Verehrer des ermordeten Königs galt, mit einem Buche hervor, in dem der Krieg eindringlich bekämpft und weitgehende Vorschläge zu seiner Vermeidung anempfohlen wurden. Der Titel dieses Buches lautet: „Le nouveau Cynée8 ou discours d’État représentant les occasions et moyen d’establir une paix générale et la liberté de Commerce partout le monde.“ Es war den Monarchen und Fürsten der Zeit gewidmet. Der Verfasser nannte sich am Titelblatt Emeric Crucé (Emericus Crucaeus). Er flehte die Fürsten an, den Ehrbegriff nicht zu mißbrauchen und sich vor den kriegerischen Einflüsterungen ihrer militärischen Ratgeber zu...

Erscheint lt. Verlag 6.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7597-7152-1 / 3759771521
ISBN-13 978-3-7597-7152-0 / 9783759771520
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