Konsumvirus -  Cigdem Kardas

Konsumvirus (eBook)

Wie eine Pandemie unsere Kaufgewohnheiten infiziert
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
162 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-4435-7 (ISBN)
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In meiner ersten Vorlesung versprach mein Professor: "Die Studentenzeit ist die beste Zeit eures Lebens!" Doch 2020 wurde meine Vorfreude zerschlagen: Online-Seminare und Telefonkonferenzen statt lebendiger Gespräche. Ein Phänomen, dem ich auf den Grund gehen wollte, besonders in Zeiten der Corona-Pandemie. Besonders stach mir der Konsum ins Auge: Von schicken Jeans zu Jogginghosen. Karl Lagerfeld behauptete: "Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren." Diese Arbeit, entstanden im März 2021 teilt Fakten und Recherchen. Sie beleuchtet den Wandel im Konsumverhalten und die Herausforderungen, die die Corona-Pandemie brachte. Zum Schluss gewähre ich einen Einblick in abschließende Erkenntnisse und erzähle von meiner persönlichen Reise. Welche Herausforderungen und Veränderungen haben sich ergeben, und wie haben wir uns in dieser turbulenten Zeit angepasst?

Ich bin eine 27-jährige Lehrerin aus Hessen, und lebe dort umgeben von meiner Familie und meinen Katzen. In meiner ersten Staatsprüfung während des Lehramtsstudiums habe ich mich tiefgehend mit den Veränderungen im Alltag und dem Konsumverhalten während der Corona-Pandemie auseinandergesetzt. Meine Liebe zum Beobachten von Menschen und meine persönlichen Erfahrungen fließen in mein Buch ein, das nicht nur eine wissenschaftliche Reise durch das Konsumverhalten darstellt, sondern auch meine eigene Reise durch die Herausforderungen und Veränderungen dieser turbulenten Zeit reflektiert. Als Autorin vereine ich Fakten und Analysen mit meinen persönlichen Erlebnissen, um eine facettenreiche Perspektive auf eine Welt voller aufmerksamer Beobachtungen zu präsentieren.

4 Empirische Forschungsdaten


Am 29.12.2020 kurz vor Silvester habe ich meine erste Feldforschung betrieben. Bei meinen Feldforschungen habe ich Wert daraufgelegt, verschiedene Supermärkte, zu verschiedenen Zeiten zu besuchen, um meine Beobachtungen zu vergleichen und differenzieren zu können. Mit diesem Vorgehen konnte ich Wissenslücken schließen und verschiedene Rückschlüsse auf meine Fragestellung ziehen.

In der ersten Feldforschung zwischen den Weihnachtsfeiertagen und Silvester des Jahres 2020, habe ich die aufschlussreichsten und intensivsten Erfahrungen gemacht. Ich habe für meine Feldforschung das Rewe-Center in Bad Nauheim (Hessen) gegen 18 Uhr aufgesucht. Ich hoffte hier in einer größeren Stadt und zu einer belebten Uhrzeit (nach Feierabend) kurz vor beziehungsweise nach den Feiertagen den größtmöglichen Nutzen aus meiner Forschung ziehen zu können und meine Hoffnung erfüllte sich. Die Erlebnisse aus den anderen Märkten werde ich zum Vergleich in meine Beobachtungen miteinbeziehen. Ich habe wichtige Ereignisse und Themen fotografiert, um visuelle Erlebnisse sichern zu können. Bei fehlenden Informationen oder um Sachverhalte zu ergänzen, greife ich auf reliable und aktuelle Artikel/Zeitschriften zurück. Zusätzlich werde ich meine Inhalte mit von mir geführten Experteninterviews ergänzen. Das Ziel dieser Feldforschung ist es, die Interaktionen der Menschen beim Einkaufen aufzuzeigen. Hierbei gehe ich auch auf das Konsumverhalten ein und verknüpfe die Informationen aus den gewonnenen Daten und Interviews. Der Leser soll das Gefühl haben, den Einkauf mitzuerleben und die zwischenmenschlichen Verhaltensstrukturen nachvollziehen zu können.

4.2 Feldforschung am 29.12.20 in Bad Nauheim


Abbildung 1: Eingang Rewe-Center in Bad Nauheim

„Der Lebensmitteleinkauf als soziales Highlight der Woche? Was wie ein Aprilscherz klingt, ist in Zeiten von Homeoffice und Party-Verzicht plötzlich traurige Realität geworden. Doch wo viele Menschen sind, lauert auch die Infektionsgefahr.“ (König/Reh 2021).

Das Einkaufen zwischen den Jahren war für viele Menschen die Möglichkeit, vor allem nach Weihnachten, sich dem Konsum zu widmen. Der Parkplatz vor dem Rewe-Center ist überfüllt und ein Auto nach dem anderen versucht sich einen Parkplatz zu ermöglichen. Auf dem Weg zum Eingang, laufen mir Menschen hektisch entgegen. Nur circa jeder Zweite trägt eine Mund-Nasen-Bedeckung, obwohl auf dem Parkplatz eine Maskenpflicht herrscht.

Vor dem Eingang erkenne ich einen Mann mit einer neongelben Weste, mit dem Aufdruck "Security". Vor ihm steht ein großer Plakatständer, der so groß ist wie eine halbe Tür und als Kundenstopper fungieren soll. Daneben stehen jeweils kleine weiße Mülleimer und ein Desinfektionsmittelspender. Auf dem Plakatständer stehen die geplanten Öffnungszeiten für die Feiertage. Darauf geklebt sind in DINA4-Größe die Abstandsregeln und der Verweis auf die Pflicht einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Vor mir will eine Dame mittleren Alters in den Markt hinein, jedoch ohne Wagen. Daraufhin hebt der Sicherheitsmann die Hand und zeigt auf die Einkaufswagen, die links am Eingang stehen und erwähnt mit lauter Stimme "Sie müssen sich einen Wagen nehmen!". Mit einem aufgeschreckten "Oh" dreht die Dame sich um und läuft auf die Wagen zu. Sie ist derartig hektisch, dass sie mir fast auf die Füße tritt. Ich gehe der Dame unauffällig hinterher und muss schon wieder zur Seite weichen, weil ein Mann, der gerade sein Wagen aus der Schlange zieht, an mir vorbei möchte. Daraufhin trete ich bedrängt einen Schritt zurück und krame mir währenddessen meinen Einkaufschip heraus.

Die Emotionen und die Mimik der Menschen sind durch die Masken schwierig zu deuten. Die Einkaufswagen werden von jedem berührt und nach dem erledigten Einkauf, schieben die Menschen den Wagen nur zurück und gehen. Die Wagen sind demnach nicht desinfiziert, aber um in den Markt reinzudürfen ist dies Pflicht. Trotz scheinbar wichtiger Hygienekontrolle am Eingang, gehen die meisten Menschen an dem Desinfektionsspender vorbei. Der Sicherheitsmann achtet wohl nur darauf, ob jeder einen Einkaufswagen hat oder nicht. Es ist etwas widersprüchlich, wenn die Coronaschutzmaßnahmen nicht eingehalten werden, dabei sollte die Abstandsregelung, welche unter anderem durch die Einkaufswagenpflicht besser eingehalten werden soll, auf derselben Ebene Beachtung bekommen, wie die Desinfektion der potentiellen Kontaktflächen, wie beispielsweise die Griffe der Einkaufswagen und die Händedesinfektion. Die „Mittelhessen-Zeitung“ berichtet in einem Fall folgendes:

„Die Einkaufswagen-Pflicht ist wie das Aufstellen von Desinfektionsspendern, die wir in allen Läden gefunden haben, für die Supermarktbetreiber freiwillig. Bedeutet: Entscheidet sich ein Kunde dazu, den Markt ohne Einkaufswagen oder -korb zu betreten, verstößt er lediglich gegen die jeweilige Hausordnung. Einen Gesetzesbruch begeht der Kunde nicht, weshalb der Betreiber selbst dafür sorgen muss, den Kunden aus seinem Laden zu verweisen.“ (Kö-nig/Reh 2021).

Um eine Orientierung für meine Feldforschung zu ermöglichen und bestimmte Bereiche im Markt gedanklich und visuell nachvollziehen zu können, ist im Folgenden ein Rewe-Marktplan abgebildet. Dieser Plan ist jedoch von einem beliebigen Rewe-Markt und soll nur einen groben Überblick geben. Die Anordnung von Obst-/ Gemüseständen, Back-/ Süßwaren etc. ist in jedem Rewe-Markt ähnlich eingeteilt.

Abbildung 2: REWE Lorenz in Buchholz Holm-Seppensen

Auf dem Weg zum Gemüsestand muss ich, nachdem ich den Eingang passiert habe, noch drei Einkaufswagen ausweichen. Mir fällt direkt auf, dass ich nicht die Einzige mit Zettel und Stift bin. Während ich jedoch versuche, meine Beobachtungen unauffällig festzuhalten, geht es bei den anderen Menschen wohl eher darum, die Einkaufsliste abzuarbeiten. Das beruhigt mich, da ich mit meiner teilnehmenden Beobachtung nicht sonderlich auffallen möchte und deshalb auch nur einen kleinen Block zur Ergebnissicherung mit mir führe und speziell darauf achte meine Notizen kurz und knapp zu halten.

Der Gemüse/-Obststand ist der erste Bereich, an dem sich die Menschen, nachdem sie in den Markt eintreten sammeln. Dadurch, dass jeder einen Einkaufswagen mit sich schiebt, ist trotz der 1,5 Metern Abstandregelung wenig Platz. Um hier voranzukommen, müssen die Kunden sich gedulden. Einige versuchen unter Stress sich entlang zu schlängeln, jedoch gelingt das mit den Einkaufswagen nur in Ausnahmefällen. Ich selbst stehe einigen Menschen im Weg, obwohl ich an der Seite warte, um selbst vorbeifahren zu dürfen.

Innerhalb weniger Minuten lassen sich verschiedene Arten von Käufer und Käuferinnen7 beobachten.

  • der/ die Entspannte
  • der/ die Gestresste
  • der/die Geplante
  • der/ die Ängstliche
  • der Wächter/ die Wächterin

Es gibt auch Mischformen wie zum Beispiel die gestresste Dame hinter mir, die hektisch am Obststand und mir vorbei möchte aber mir nicht zu nahetreten will. Ihre Angst lässt sich anhand ihrer Plastikhandschuhe beurteilen. Mit einem „oh Entschuldigung!“ und zeitgleichem zurückziehen meines Wagens, fährt sie nur gebückt und schnell an mir vorbei. Es gibt aber auch entspannte Käufer wie der ältere Herr, der vor mir sein persönliches Mehrwegnetz für Obst und Gemüse hervorholt und dieses mit Tomaten befüllt.

Trotz seiner ruhigen Art besitzt er eine Einkaufsliste und geht geplant an seinen Einkauf heran. Dieser Kunde lässt sich am ehesten als entspannt-geplanter Kunde einordnen. Ist das unabhängig von der CO-VID19-Pandemie ein Verhalten um Plastik zu vermeiden und nachhaltig zu leben? Die „Lebensmittelzeitung“ veröffentlichte dazu folgendes: „Vor der Krise war Plastik ein Aufreger. Jetzt kaufen Menschen aus Hygienegründen ganz gerne wieder umhüllte Lebensmittel.“ (Büchel/Düthmann 2020: 30). Bei einem meiner späteren Beobachtungen bemerkte ich, wie ein Pärchen vor dem Süßkartoffelkorb stand und die Dame einige in die Hand nahm, um die Qualität zu überprüfen. Ihr Begleiter kommentiere ihre Handlung verärgert mit einem: „Musst du alles so anfassen?“. Der Mann fällt hier unter die Kategorie ängstlicher-Wächter. Die Ehefrau legte daraufhin ruckartig die Süßkartoffel, die sie zuletzt angefasst hat, in ihren Einkaufskorb und das, ohne ihrem Begleiter zu widersprechen. Sie tritt anschließend mit einem emotionslosen Ausdruck zurück. Er hingegen blickt mehrmals umher, bevor er mit seinem Einkaufswagen zügig an seiner Frau vorbeifährt.

„Dann kam Corona und die Sorge vor dem Virus auf der Gurkenschale, die Angst vor der Ansteckung beim Lebensmittelkauf. Und plötzlich füllten wieder eingeschweißtes Obst, Müsli in der Tüte sowie Käse und Wurst im Plastikpack die Einkaufswagen. Zehn Prozent mehr...

Erscheint lt. Verlag 10.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7597-4435-4 / 3759744354
ISBN-13 978-3-7597-4435-7 / 9783759744357
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