Rechte und soziale Absicherung pflegender Angehöriger (eBook)
146 Seiten
Walhalla Digital (Verlag)
978-3-8029-5766-6 (ISBN)
Beratung und Entlastungsangebote einfordern
Vielfach gehen Angehörige bei der Pflege an ihre Grenzen und darüber hinaus. Obwohl es zwischenzeitlich viele unterstützende Leistungen gibt, werden diese von den Pflegenden oft nicht wahrgenommen.
Der Ratgeber Rechte und soziale Absicherung pflegender Angehöriger erklärt zustehende Leistungen und wie diese am besten in Anspruch genommen werden:
- Auskunftsrechte, dauerhafte Pflegeberatung, kostenlose Pflegekurse
- Finanzielle Hilfe in Akutsituationen durch Pflegeunterstützungsgeld
- Auszeit vom Beruf durch Freistellung, Pflegezeit und Familienpflegezeit
- Auszeit von der Pflege mithilfe von Verhinderungs-, Kurzzeitpflege
- Alltagsunterstützung durch Entlastungsbetrag
- Soziale Absicherung durch Unfall-, Renten-, Arbeitslosenversicherung
Ralf Hauner ist Krankenkassenbetriebswirt, Dozent und Fachautor.
Pflegegeld als finanzielle Anerkennung
Pflegegeld wird gezahlt, wenn Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 in häuslicher Umgebung gepflegt werden. Unbeachtlich ist, ob die Pflege durch Angehörige, den Lebenspartner, sonstige ehrenamtliche Pflegepersonen, erwerbsmäßige Pflegekräfte oder eine vom Pflegebedürftigen angestellte Pflegeperson erbracht wird. Voraussetzung ist aber, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld, dessen Umfang entsprechend, die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise sicherstellen kann. Ist dies – z. B. nach einer Feststellung des MD – nicht der Fall, kann das Pflegegeld nicht gezahlt werden. Gegebenenfalls obliegt der Pflegekasse die Verpflichtung darauf hinzuwirken, dass der Pflegebedürftige eine wirksame und wirtschaftliche Pflegeleistung erhält.
Mit dem Pflegegeld soll der Pflegebedürftige in die Lage versetzt werden, Angehörigen, dem Lebenspartner und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die mit großem Einsatz und Opferbereitschaft im häuslichen Bereich erbrachte Pflege und Betreuung zukommen zu lassen.
Die häusliche Pflege wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Pflegebedürftige in einem Altenwohnheim oder einer Altenwohnung lebt. Hierbei ist es unerheblich, ob der Pflegebedürftige die Haushaltsführung eigenverantwortlich regeln kann oder nicht.
Der Anspruch auf das Pflegegeld ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn es sich bei der Einrichtung, in der sich der Pflegebedürftige aufhält, um ein Pflegeheim handelt. In diesem Fall besteht für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 ein Anspruch auf Leistungen für vollstationäre Pflege. Hält sich der Pflegebedürftige in einer nicht zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtung auf, besteht aufgrund der insoweit selbst sichergestellten Pflege ein Anspruch auf Pflegegeld.
Ist ein pflegebedürftiger Schüler von Montag bis Freitag in einer Einrichtung (nicht Einrichtungen und Räumlichkeiten i. S. d. § 71 Abs. 4 SGB XI, z. B. Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Werkstätten und Wohnheime für behinderte Menschen, Kindergärten) internatsmäßig untergebracht, besteht ein Anspruch auf Pflegegeld. Für diese Zeit kann unterstellt werden, dass der Schwerpunkt der häuslichen Pflege erhalten bleibt.
Demgegenüber ist von einer dauerhaften Internatsunterbringung auszugehen, wenn der Pflegebedürftige nicht regelmäßig jedes Wochenende in den Haushalt der Familie zurückkehrt, da in diesen Fällen der Lebensmittelpunkt innerhalb des Internats anzunehmen ist. Dennoch kann ein anteiliges Pflegegeld für die Zeiträume gezahlt werden, in denen sich der Pflegebedürftige im Haushalt der Familie aufhält. Dies gilt insbesondere auch für die Ferienzeiten, in denen der Pflegebedürftige im häuslichen Bereich gepflegt wird.
Die Höhe des Pflegegeldes ist abhängig vom Grad der Pflegebedürftigkeit und beträgt je Kalendermonat ab dem 01.01.2024
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332,00 Euro im Pflegegrad 2,
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573,00 Euro im Pflegegrad 3,
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765,00 Euro im Pflegegrad 4 und
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947,00 Euro im Pflegegrad 5.
In Anlehnung an das BSG-Urteil vom 25.10.1994 – 3/1 RK 51/93 – wird das Pflegegeld monatlich im Voraus gezahlt.
Das an Pflegebedürftige gezahlte Pflegegeld und das Pflegegeld aus der PKV stellen keine Einnahmen zum Lebensunterhalt und kein Gesamteinkommen dar, das bei der Prüfung der Familienversicherung nach § 10 SGB V und bei der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V zu berücksichtigen ist. Gleiches gilt in Bezug auf die Pflegeperson, und zwar ungeachtet dessen, ob der Pflegebedürftige das Pflegegeld in voller Höhe oder nur teilweise an die Pflegeperson weiterleitet (vgl. Art. 26 Nr. 1 PflegeVG; Urteil des BSG vom 08.12.1992 – 1 RK 11/92 –, USK 9273).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Pflege im Rahmen eines zwischen Pflegebedürftigen und Pflegeperson bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erbracht wird. Ggf. bestimmt sich die notwendige Berücksichtigung bei der Anwendung der §§ 10 und 62 SGB V nach dem vom Pflegebedürftigen gezahlten Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV und nicht danach, inwieweit dieses tatsächlich aus dem Pflegegeld bestritten wird.
Die voranstehenden Ausführungen gelten nicht für das Pflegeunterstützungsgeld. Dieses gilt als Lohnersatzleistung für entgangenes Arbeitsentgelt wie auch andere Entgeltersatzleistungen (z. B. Krankengeld, Kinderkrankengeld oder Verletztengeld) als Einnahme zum Lebensunterhalt. Somit wird das Pflegeunterstützungsgeld als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, berücksichtigt.
Wird Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder eine vergleichbare Geldleistung an eine Pflegeperson weitergeleitet, bleibt dies bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsverpflichtungen der Pflegeperson unberücksichtigt.
Das Ehepaar Meier ist geschieden. Die Frau betreut das gemeinsame behinderte Kind, das in Pflegegrad 4 eingestuft ist. Das Pflegegeld in Höhe von monatlich 765,00 Euro, das direkt auf das Konto der Frau überwiesen wird, darf nicht auf den Unterhaltsanspruch gegenüber dem geschiedenen Ehemann angerechnet werden. Das Pflegegeld mindert den Unterhaltsanspruch also nicht.
Diese Regelung steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Anspruchsvoraussetzungen, der Höhe und der Zahlungsweise des Pflegegeldes. Nach den Gesetzesmaterialien soll sichergestellt werden, dass die Pflegeperson das Pflegegeld möglichst ungeschmälert erhält.
Befreiung von der Einkommenssteuer
Die Weiterleitung des Pflegegeldes an die pflegende Person ist von der Einkommensteuer befreit. Der Gesetzgeber belohnt damit das pflegerische Engagement. Steuerbefreit sind Zahlungen an:
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Angehörige im Sinne von § 15 Abgabenordnung (Verlobte, Ehegatten, gleichgeschlechtliche Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten oder gleichgeschlechtliche Lebenspartner, Geschwister der Eltern, Pflegeeltern)
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andere Personen als Angehörige, die damit eine sittliche Pflicht erfüllen (z. B. Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft)
Nutzung des Pflegepauschbetrages
Zur Nutzung des Pflegepauschbetrages müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
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Pflegebedürftigkeit: Ab 2021 fordert das Finanzamt als Nachweis der Pflegebedürftigkeit eine Einstufung der Pflegekasse in einen der Pflegegrade 2 bis 5.
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unentgeltliche Pflegeleistung: Wichtigste Voraussetzung ist eine unentgeltliche Pflegeleistung. Das heißt, Sie dürfen für die Betreuung oder für die Pflegetätigkeit keine Bezahlung erhalten – auch kein Pflegegeld. Wenn Sie als pflegender Angehöriger durch einen ambulanten Pflegedienst bei der Pflege Ihres pflegebedürftigen Angehörigen unterstützt werden, können Sie trotzdem den Pflegepauschbetrag geltend machen. Ob Sie die Pflegeleistung über das ganze Jahr hinweg oder lediglich innerhalb eines kurzen Zeitfensters erbracht haben, ist für die Bewilligung des Pflegepauschbetrags unerheblich.
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enge Beziehung zum Pflegebedürftigen: Zwischen Ihnen als Pflegendem und dem Pflegebedürftigen muss eine enge Beziehung bestehen. Wer eine pflegebedürftige Person betreut, muss allerdings nicht zwingend mit ihr verwandt sein, um Anspruch auf einen Pflegepauschbetrag zu haben. Das Finanzamt erkennt auch eine enge freundschaftliche Beziehung an. Dazu zählen z. B. Ehe- und Lebenspartner, Kinder, Enkel, Geschwister, Tante oder Onkel, Schwager oder Schwägerin, Schwiegereltern, Stiefeltern, gute Freunde oder Nachbarn.
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Pflege in der häuslichen Umgebung: Die Betreuung muss entweder in der Wohnung des Hilfsbedürftigen oder in der Wohnung der pflegenden Person stattfinden
Höhe der Pflegepauschbeträge
Zum 01.01.2021 wurden die Pflegepauschbeträge erhöht und nun auch für die Pflegegrade 2 und 3 eingeführt. Die neuen Beträge betragen seit 2021
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bei Pflegegrad 2 600,00 Euro,
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bei...
Erscheint lt. Verlag | 22.4.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Recht / Steuern ► Arbeits- / Sozialrecht |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Angehörige • Arbeitslosenversicherung • beratungseinsatz • Betreuung • Entlastungsbetrag • Entlastungsleistungen • Familienpflegezeit • Familienpflegezeitgesetz • Freistellung • Häusliche Pflege • Kurzzeitpflege • Pflegebedürftiger • Pflegeberatung • Pflegefall • Pflegegrade • Pflegekurse • Pflegeperson • Pflegeunterstützungsgeld • Pflegeversicherung • Pflegezeit • Pflegezeitgesetz • Rentenversicherung • Soziale Sicherung von Pflegepersonen • Sozialversicherungsträger • Unfallversicherung • Unterstützung im Alltag • Verhinderungspflege |
ISBN-10 | 3-8029-5766-0 / 3802957660 |
ISBN-13 | 978-3-8029-5766-6 / 9783802957666 |
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