Außen handeln - Innen schauen -  Roland Abstreiter,  Rafaela Zwerger,  Reinhard Zwerger

Außen handeln - Innen schauen (eBook)

Systemische Prozessbegleitung in der Erlebnispädagogik
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
260 Seiten
ZIEL Verlag
978-3-96557-131-0 (ISBN)
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Was sind die entscheidenden Faktoren für die Wirksamkeit von Erlebnispädagogik? Aufbauend auf grundlegenden Modellen entwickeln die Autor:innen des Buches eine neue Perspektive - sowohl aus Sicht der Teilnehmenden, als auch aus Sicht der durchführenden Erlebnispädagog:innen. Die Leser:innen werden für die Bedeutung einer möglichst neutralen und wertschätzenden Haltung sensibilisiert. Ziel ist, eine 'echte' Entwicklung auf persönlicher Ebene bei den Teilnehmenden zu erreichen und diese zu begleiten. Viele Praxisbeispiele machen die theoretischen Überlegungen leicht verständlich. Die Autor:innen, Roland Abstreiter, Rafaela und Reinhard Zwerger, sind Lehrtrainer für erlebnispädagogische Weiterbildungen bei der Zwerger&Raab GmbH. Sie tragen in diesem Buch Erkenntnisse aus drei Jahrzehnten erlebnispädagogischer Arbeit zusammen und stellen das Entwickeln der eigenen Haltung und Persönlichkeit in den Mittelpunkt einer systemischen Prozessbegleitung in der Erlebnispädagogik.

Roland Abstreiter, Jahrgang 1970, Dipl.-Sozialpädagoge (FH), Master of Arts in Supervision (DGSv), Erlebnis- und Umweltpädagoge seit 1997, seit 2009 Lehrtrainer bei der Zwerger&Raab GmbH

2.Einführung


Einleitung


In unseren Ausbildungsgruppen werden wir häufig gefragt, welche Aktivität „A“ man am besten einsetzen und welche Reflexionsmethode „R“ man sodann ergänzen solle, um am Ende das Ziel „Z“ zu erreichen. Dahinter steckt die Suche nach einem klaren Schema, an dem man sich festhalten kann – wie die Suche nach einem Rezept. Wenn man will, dass die Gruppe an ihrem Kommunikationsverhalten arbeitet, verwendet man am besten Teamaufgabe XY, … mit anderen Worten: Welche Aktivität führt mit welcher Reflexionsmethode zu welchem Ziel? Der Gedanke dahinter ist, dass durch bestimmte Aufgaben gleichsam automatisch die entsprechenden Erkenntnisse gewonnen werden könnten. Es wäre so schön, da so einfach! Leider – oder besser gesagt: zum Glück – ist dem aber nicht so, da wir es mit Menschen und nicht mit Maschinen zu tun haben und auch wir selbst Menschen mit subjektiven Einstellungen und Empfindungen sind und daher mit dem, wie wir sind, den Prozess beeinflussen.

Meistens müssen wir die Teilnehmenden unserer Weiterbildungen vertrösten, dass sie unsere Antwort erst in einigen Wochen des Erlebens und Erfahrens verstehen würden und dies selbst dann noch nicht gewährleistet sei. Unser „Kommt ganz darauf an“ beinhaltet dabei stets auch das Hinterfragen der Intention, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, das uns Kunden oder wir selbst gesteckt haben, und ein Reflektieren der eigenen Motive und Antreiber.

Während eines Abschlussgesprächs nach neun Monaten Zusatzqualifikation „Erlebnis- und Umweltpädagogik“ erzählte ein Teilnehmer, dass er den Beginn der Weiterbildung „ganz schön nervig“ gefunden habe. Immer wenn er seinen Wissensdurst gestillt bekommen wollte, hielten wir ein „Kommt ganz darauf an“ entgegen und stellten Fragen, anstatt „einfach“ zu sagen, wie „man es richtig macht“.

Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, während seines in der Ausbildung erforderten Eigenprojektes Sozialarbeiter und Lehrkräfte an einer Schule in Erlebnispädagogik zu schulen, und sah sich nun mit den gleichen Fragen konfrontiert. Und er erzählte mir, wie sich seine eigene Haltung mittlerweile gewandelt habe. Wir zitieren aus seinem Projektbericht:

„Während der Ausbildung zum Erlebnispädagogen hörten wir öfter den Satz ‚Kommt ganz drauf an‘. Gerade wenn es um die Frage ging, welche Methode wende ich bei Problem X an. Auf diesen Satz durfte ich während des Projektes des Öfteren zurückgreifen. Gerade diese Situation verdeutlichte mir, dass die Erlebnispädagogik keine einfache Problem-Antwort-Geschichte ist, sondern dass die Haltung der Anleitenden, die Persönlichkeiten der Teilnehmenden, die Phase der Gruppe, usw. … ausschlaggebend sind. Und dass wir als Erlebnispädagogen selbst bei einer guten Vorbereitung zwar für den Rahmen verantwortlich sind und für die Begleitung des Prozesses. Doch was gewonnen werden kann, liegt ebenso in der Verantwortung der Teilnehmenden. Offenheit, Motivation und Engagement bestimmen maßgeblich den Erfolg eines Prozesses mit.“

Dieses Buch mit dem Titel „Außen handeln – Innen schauen“ wird vor allem näher untersuchen, wie Erlebnispädagog:innen ihre Aufgaben und Tätigkeiten ausfüllen, welche Faktoren bei der Gestaltung von Lernräumen und Aktivitäten eine Rolle spielen, wo Stellschrauben oder Ansatzpunkte gesehen werden, um bewusst Einfluss auf den Lernprozess der Teilnehmenden zu nehmen – mit dem Ziel, persönliche Entwicklungsprozesse bei ihnen anzuregen und zu begleiten. Darin stecken aus unserer Sicht die wesentlichen Inhalte und die Beantwortung der Gretchenfrage der Erlebnispädagogik: „Wie gestalten wir den Unterschied zwischen erlebnisorientierten Angeboten und wirksamer Erlebnispädagogik? Wo sind Ansatzpunkte und Einflussmöglichkeiten, um Prozesse am Laufen zu halten und sie zu unterstützen, um Entwicklung auf persönlicher Ebene zu ermöglichen und die Teilnehmenden in ihren Themen voranzubringen?“

Im Hinblick auf die Ziele der Erlebnispädagogik unterscheidet beispielsweise Baig-Schneider (2012, S. 171) drei zentrale Dimensionen erlebnispädagogischer Veranstaltungen. Diese sind Bildung im Sinne von Selbstbildung, Erziehung und Training. Aus unserer Sicht zielt Erlebnispädagogik immer auf einen persönlichen Entwicklungsprozess ab, der die genannten Aspekte beinhaltet.

Wenn „wir der Erlebnispädagog:innen“ gefragt werden, warum und auf welche Weise das funktioniert, was wir mit fester Überzeugung vertreten, mit Leidenschaft vortragen und den uns anvertrauten Menschen nahebringen wollen, bemühen wir zumeist unterschiedliche Modelle, die alle jeweils Teilaspekte beinhalten. Je länger wir uns mit diesen Themen beschäftigen, desto näher rücken die Ansätze zusammen und desto klarer werden für uns die Zusammenhänge zwischen all den Betrachtungsweisen.

Daher wird es aus unserer Sicht Zeit für eine Neubetrachtung der Lernmodelle, Wirkmodelle, Ansätze oder Theorien, wie auch immer der theoretische Hintergrund zur Erlebnispädagogik von unterschiedlichen Autor:innen genannt werden mag. Zusammenfassend lassen sich aus unserer Wahrnehmung heraus erlebnispädagogische Ansätze sehr gut mit den Denkansätzen der systemischen Praxis verbinden.

In diesem Buch werden wir nur einen groben Blick auf das Offensichtliche legen. Die auf dem weiten Feld der Erlebnispädagogik genutzten Medien, wie Natursport, Hochseilgarten, Lernszenarien, Interaktionsübungen und vieles mehr, werden wir hier nur streifen und dabei mit Freude auf ein großes Spektrum von Veröffentlichungen verweisen. Auch die Themen der physischen und psychischen Sicherheit und Unversehrtheit der Teilnehmenden seien nur am Rande erwähnt. Und da es zudem zahlreiche Fortbildungen zu diesen Fertigkeiten gibt, widmen wir uns in unserem Buch diesem Bereich nur peripher.

Im ersten Teil beschreiben wir in Kapitel 3 zunächst den Beruf der Erlebnispädagog:innen, wobei wir auf das 2015 erstmalig veröffentlichte Berufsbild des Bundesverbandes Individual- und Erlebnispädagogik eingehen. Wir konkretisieren dieses Berufsbild anhand der Fertigkeiten und Fähigkeiten, die Erlebnispädagog:innen mitbringen sollten. Sodann geben wir in Kapitel 4.1 einen Überblick über die am häufigsten veröffentlichten Theorien und Modelle, auf die wir in unterschiedlicher Form und Ausprägung immer wieder zurückgreifen, wenn es darum geht, Menschen in der Entwicklung diverser Kompetenzen zu fördern bzw. den Teilnehmenden unserer Fort- und Weiterbildungskurse zu beschreiben, wie das, was wir tun, wirkt. Wir stellen dabei die Modelle so dar, wie sie in unserem Verständnis von den jeweiligen Autor:innen gedacht waren, ungeachtet der Widersprüchlichkeiten und möglicher Kritiken an den jeweiligen Ansätzen.

Im weiteren Verlauf nehmen wir auch eine Neusortierung und teilweise Neubenennung von immer wieder ähnlich, aber leider selten einheitlich verwendeten Begriffen vor. In Kapitel 4.2 differenzieren wir zwischen den Ansätzen von Priest/Gass und Gilsdorf. Die Ansätze unterscheiden sich unter anderem in der Frage, ob sich zwischen Phasen der Aktivität und Reflexion eine Trennlinie ziehen lässt oder nicht.

In Kapitel 4 betrachten wir Reflexion als unerlässlichen Bestandteil erlebnispädagogischer Programme, unabhängig davon, ob sie vom Erlebnispädagog:innen bewusst angeleitet wird oder ob sie als untrennbarer Bestandteil der Aktivitäten angesehen wird.

Unsere Haltungen und Herangehensweisen sind zu einem großen Teil durch Gedanken aus der Systemtheorie und dem Konstruktivismus geprägt, so dass wir in Kapitel 4.4 einen Abriss über für uns wichtige und im Zusammenhang mit Erlebnispädagogik stehende Grundannahmen und Haltungen systemischen Denkens und Handelns geben.

Im zweiten Teil betrachten wir in Kapitel 5, welche Rolle wir als Erlebnispädagog:innen innehaben, ganz gleich, ob wir uns der daraus resultierenden Effekte auf das ganze System bewusst sind oder nicht. Aus bekannten Modellen kreieren wir sodann ein neues erweitertes E-Ketten-Modell. Zudem beschreiben wir bestehende Modelle der Prozessbegleitung (bislang beispielsweise bekannt unter dem Begriff „Lernmodelle“) neu, indem wir sie nach dem Grad der subjektiven Einflussnahme der Erlebnispädagog:innen auf die Teilnehmenden ordnen.

Durch diese neue, an der Person der Erlebnispädagog:innen ausgerichtete Ordnung ergeben sich unterschiedliche Sichtweisen auf erlebnispädagogische Prozesse. Ein Prozess kann jeweils aus der Sicht von Erlebnispädagog:innen betrachtet werden („Wie trage ich zur Entwicklung bei? Wie interveniere ich?“) oder aus der Sicht der Teilnehmenden („Welche Prozesse durchlaufe ich?“). In der Praxis ist der Entwicklungsprozess der Teilnehmenden permanent durch die Intervention der Erlebnispädagog:innen beeinflusst. Um...

Erscheint lt. Verlag 15.12.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Erwachsenenbildung
ISBN-10 3-96557-131-1 / 3965571311
ISBN-13 978-3-96557-131-0 / 9783965571310
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