Caro ermittelt (eBook)
272 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-30654-0 (ISBN)
Hobbydetektivin Caro stolpert vor der Haustür über die spannendsten (wahren) Kriminalfälle. Wittert sie Betrug, nimmt sie mit ihren ganz eigenen Methoden die Ermittlungen auf: Was passiert, wenn man als skurriler Raffzahn auf eine Spam-Mail antwortet? Kann man einen Telefonbetrüger überführen, wenn man sich als schusseliges Rentnerpaar ausgibt? Welche Gefahren lauern auf Tinder und Kleinanzeigen? Hinter welcher Werbelüge verbirgt sich echte Kriminalität? Und: Wie durchschaut man die Tricksereien von Google? Beharrlich geht Caro ihren Fragestellungen nach; als Rächerin der Reingelegten untersucht sie kriminelle Phänomene des Alltags. Sie lernt, wie man Schufte und Schurkinnen identifiziert und findet Formeln zur Abwehr jeglichen Betrugs. Auf dass niemand mehr reinfalle!
»Caro geht als Ermittlerin ihren eigenen klugen, witzigen Weg.« krimi-couch.de
Nach ihrem Studium der Soziologie, Bildenden Kunst und Fotografie arbeitete Caroline Labusch viele Jahre als Drehbuchautorin, Konzepterin und Evaluatorin für preisgekrönte TV-Produktionen. Dann begann sie eine Detektivausbildung, die sie aus Ungeduld abbrach. Seitdem arbeitet sie als freie Autorin, Künstlerin und Hobbydetektivin in Berlin. Bei Penguin veröffentlichte Caroline Labusch das aufwendig recherchierte Buch »Ich hatte gehofft, wir können fliegen« über den letzten Mauertoten Winfried Freudenberg, welches auch als preisgekröntes Hörspiel erschien. Ausgewählte Ermittlungen für das Buchprojekt »Caro ermittelt« wurden als dokumentarische Hörspielserie veröffentlicht (ARD-Podcast: »Caro ermittelt«). Die Radioproduktion wurde 2022 in der Kategorie »Beste Comedy« für den Deutschen Radiopreis nominiert.
ppp Aus meiner Fallsammlung
VERFÜHRERISCHE E-MAIL-DEALS (SPAM)
Duell mit AngePaul98 – Teil 1
Meine erste richtige Ermittlung begann in einer sternklaren Nacht. Das Geklapper der Restaurants war verhallt; einzelne Autos flatterten am offenen Fenster vorbei; in der Ferne besoffenes Grölen, passend zum Discolicht des Krankenwagens vor dem Wohnblock gegenüber. Die Mädchen schliefen, Kaspar war aus.
Ich hatte mich mit einem Rest Rotwein an meinen Schreibtisch gesetzt, um den Notstand in meinem E-Mail-Postfach zu beseitigen: Speicherplatz voll.
© Caroline Labusch
Das bebilderte Infoschreiben der Schule (»Wandertag«, 4,6 MB) wurde ausgemustert; sechs Immobilienangebote (»Handwerkerobjekt im Dornröschenschlaf«, 1,5 MB) schob ich ebenfalls in den Papierkorb. Im Spam-Ordner lag ein Treppenlift-Preisvergleich; Angebote für Mikropenisverlängerung und gefälschte Luxus-Handtaschen – was für ein Wesen sahen die Algorithmen eigentlich vor sich?
Die E-Mail von Ange Paul hätte auch in den Papierkorb gesollt, aber irgendwie mochte ich den Anfang:
Von: AngePaul98@gmail.com
Betreff: von Ange Paul
An: Caroline Labusch
Hallo Liebe. Am liebsten bin ich sehr bedauern, dass Sie plötzlich angesichts Lastkahn, in das wir nicht wissen einander vor.
Ein typischer Märchen-Spam im lustigsten Google-Translate-Deutsch. Die Hauptfigur war eine junge Frau von der Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire).
Mein Name ist Ange Paul, 21-jähriges Mädchen, ich bin die einzige Tochter meiner verstorbenen Eltern.
Mein Vater ist sehr wohlhabend Kaffee und Kakaobauern, auch der ehemalige Direktor der Landwirtschaftssektor.
Als einziges Mitglied der ivorischen Kleinfamilie Paul hatte Ange eine Serie von Unfällen und Mordanschlägen überlebt:
Meine Mutter starb bei einem Autounfall neben mit meinem älteren Bruder Kenneth und mein kleiner Bruder Anthony. Mein Vater wurde von seinen Geschäftspartnern zu Tode vergiftet.
Kurz vor dem letzten Atemzug konnte der Vater seine einzige Tochter über ihr Erbe informieren:
Vor dem Tod meines Vaters auf März 2014 in einem privaten Krankenhaus hier in meinem Land rief er mich heimlich auf seinem Bett und sagte mir, dass er die Summe von 5,7 Millionen Euro nach links in das Anlage Spannung Konto.
Die Übertragung des geerbten Vermögens auf Anges Bankkonto war kniffelig. Es brauchte jemanden wie mich:
Liebste! Aufgrund der politischen Instabilität in der Elfenbeinküste und die Hass meine Familienangehörigen, mein verstorbener Vater riet mir, für einen ausländischen Geschäftspartner zu suchen.
- Um eine gute Bankkonto zur Verfügung stellen
- Als Wächter dieses Fonds
- Zur Anordnung machen für mich, um in Ihr Land zu kommen.
Sollte die Abwicklung dank meiner Hilfe gelingen, stünde eine satte Belohnung an:
Schließlich bin ich bereit, Ihnen 20 % des Gesamtbetrags als Modus der Entschädigung für Ihre Mühe.
20 % Provision, also ein Fünftel von 5700000, das wären 1140000 Euro! Für mich!
Ungeduldig wartet Zustimmung Antwort zu hören.
Dein Ange Paul.
Es passieren ja viele Dinge im Alltag, die man mit einer gewissen Selbstverständlichkeit nicht versteht, aber irgendwie bedient oder beiseiteschiebt (löscht). Manchmal regt sich in mir ein starkes Bedürfnis, diese Dinge zu ergründen. Und zwar höchstpersönlich. Weil es nur wenige Zeuginnen gibt, die ich so glaubhaft finde wie mich selbst.
Statt die E-Mail zu löschen, schob ich sie in mein Pseudonym-Postfach: <Hannah Reuss>. Dass diese Spammer mir kein Geld geben wollten, sondern mich abziehen, war schon klar, aber wie geht der Trick? Wie kommen die an mein Geld?
Um das verbindlich herauszufinden, musste ich mich mit vorgetäuschtem Interesse an sie herantasten. Es würde denen wahrscheinlich nicht auffallen, wenn Hannah zurückschrieb, obwohl ich, Caro, den Spam bekommen hatte. Das waren doch Massenspams, oder nicht?
Von: <Hannah Reuss>
Betreff: AW: von Ange Paul
An: AngePaul98@gmail.com
Guten Tag Frau Paul,
Es tut mir sehr leid, was Ihnen geschehen ist.
Kaum zu glauben, wie die Menschen im fernen Afrika miteinander umgehen!
Wo leben Sie denn jetzt? Haben Sie Arbeit und Unterkunft? Ich muss leider auch eine Gewissensfrage stellen: Trieb Ihr Vater an der Elfenbeinküste seinen Handel nur mit Kakao und Kaffee? Oder auch mit Elfenbein? Das lehne ich nämlich als Tierschützerin ab.
Es gibt für mich ein weiteres Problem: Ich fürchte mich vor Ihren Verwandten. Wenn diese in der Lage sind, für Geld zu töten, dann sind sie auch hinter mir her. Aufgrund dieser Umstände würde ich die 1140000 Euro Provision als gerechtfertigt ansehen.
Herzliche Grüße von Hannah Reuss aus Berlin.
Als ich am nächsten Morgen im Schlafanzug an meinen Arbeitsplatz zurückkehrte, fühlte ich mich beim Öffnen meines Postfachs, als würde ich die Felder eines Rubbelloses freikratzen. Es erschien tatsächlich eine Antwort von Ange Paul. Gewonnen!
Von: AngePaul02@yahoo.com
An: <Hannah Reuss>
Funfact: Die Antwort kam nicht von AngePaul98@gmail.com, sondern von AngePaul02@yahoo.com. Der Text:
Liebste! Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich werde Ihnen etwas über meine Situation zum Detail mag, so dass Sie mich sehr gut verstehen.
Ich bin an der Universität von Cocody, studiert Medizin, weil ich ein Arzt in Zukunft sein wollen. Seit dem Tod meines Vaters dreht mein Onkel seinen schlechten Charakter über mich. Er will mich tot, aber ich fliehen aus der Falle.
Ich ging dann an die Banque Atlantique. Ich fragte den Bankdirektor Dr. Ghislain Saba, wann ich Zugang von der Kaution haben, aber er sagte mir, dass eine Vereinbarung Bindung mit meinem verstorbenen Vater gemacht wurde, dass der Fonds im Ausland nur für Investitionen Nutzung übergeben werden müssen.
In Bezug auf das Geld war mein verstorbener Vater eine Kakao-Händler. Das Geld ist nicht auf irgendwelche terroristischen oder Geldwäscheaktivitäten. Das Geld von meinem verstorbenen Vater rechtmäßig erworben.
Die unten aufgeführten mir bitte schnell senden:
- Ihr vollständiger Name und Adresse
- Direkte Telefonnummer und Ihr Foto
- Alter, Familienstand und Beruf
- Sagen Sie mir etwas über Ihre Vergangenheit Arbeits- oder Geschäftserfahrungen.
Ich erwarte, dass die Angaben von Ihnen dringend. Danke und Gott schütze dich! Ange Paul.
Es war also Eile geboten, weil ihr Onkel sie »tot will«. Die Zeit, mich sofort darum zu kümmern, war da (die Selbständigkeit ist ein Jammertal). Ein Bild von Hannah musste her.
Bei der nächstbesten Gratis-Bilddatenbank stöberte ich mit der Suchwort-Kombination Frau + fröhlich + Blumen nach einem heiteren Bild:
© Shutterstock/val lawless; freepik.com, 2022
So könnte Hannah aussehen. Auf mich wirkte diese Frau verschlagen, einsam; sowohl raffiniert als auch dumm; weltfremd und unbeliebt (bei fast 200 Downloads hatte dieses Bild 0 Likes!)2.
Was Hannah noch mitbringen sollte, um auf Ange Paul reinzufallen: ein bisschen Rassismus, Verbitterung und die Bereitschaft zu unlauteren Aktivitäten:
Von: <Hannah Reuss>
An: <Ange Paul>
Liebe Angelina,
bitte versuchen Sie, meine Emails etwas genauer zu lesen! Ich finde, für eine Afrikanerin ist Ihr Deutsch schon nicht schlecht, aber man merkt eben, dass das etwas an der Oberfläche bleibt. Einige meiner Fragen blieben jedenfalls unbeantwortet!
Ich heiße Hannah Magdalena Reuss und bin geboren am 1.4.1963 in Leinefelde, Thüringen (DDR). Dort habe ich die Ausbildung zum Grundschul-Lehrer gemacht und einige Jahre als Lehrer gearbeitet
(Eine konservative Frau aus der Ex-DDR-verwendet stets die männliche Form.)
Meinen Mann, der damals einen privaten Kohlen-Handel betrieb, lernte ich ebenfalls in Leinefelde kennen.
(Achtung Mitläufertum! Unter den selbständigen Kohlenhändler*innen in der DDR soll es besonders staatstreue gegeben haben.)
Im wiedervereinigten Deutschland konnte ich nicht mehr als Lehrer arbeiten und entschied mich zu einer Ausbildung als Modistin.
(Hier versteckte ich einen Hinweis: Erhielt Hannah etwa wegen Mitarbeit in der Stasi als BRD-Lehrerin Berufsverbot? Die Modistin hingegen erfand ich nur, um den Hut zu erklären.)
1991 zogen wir nach Berlin, wo es meinem Mann mit einer Beteiligung an einer Müllverbrennungsanlage gelang, uns eine solide Existenz zu sichern. Wir kauften uns eine schöne Wohnung in Berlin-Reinickendorf, in der ich immer noch wohne. Weil meine Ehe kinderlos blieb, trennte sich mein Mann von mir.
(Hannah ist jemand, der auf Arschlöcher reinfällt.)
Das war keine leichte Zeit. Ich eröffnete eine Hut-Boutique in Berlin-Spandau, die nach wenigen Monaten abbrannte. Ich entschied mich, von dem Versicherungsgeld einen Bus zu kaufen.
(Na, wer hat wohl die Boutique in Flammen gesteckt?)
Ich machte den Führerschein Klasse D und arbeite seit 2004 als freie Busfahrerin für verschiedene Transportunternehmen. Mittelfristig plane ich, mein eigenes internationales Busunternehmen aufzubauen. Es fehlt nur noch am nötigen Kleingeld.
Wenn Sie nach...
Erscheint lt. Verlag | 14.8.2024 |
---|---|
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | 2024 • Aktenzeichen XY • Alltagskriminalität • Biografie • Biographien • eBooks • Enkeltrick • Hobbydetektivin • Neuerscheinung • Privatdetektivin • Spam-Mails • Telefonbetrug • Trickbetrüger • vorsicht falle! |
ISBN-10 | 3-641-30654-X / 364130654X |
ISBN-13 | 978-3-641-30654-0 / 9783641306540 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 10,7 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich