Raus aus der AUTOkratie - rein in die Mobilität von morgen! (eBook)
352 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491900-3 (ISBN)
Katja Diehl, geboren 1973, hat sich voll und ganz dem Mobilitätswandel verschrieben. Nach 15 Jahren in z.T. leitenden Funktionen der Mobilitäts- und Logistikbranche verändert sie das System nun mit ihrer Expertise von außen. Sie hostet den Podcast »SheDrivesMobility«. In Hamburg hat sie die Vertretung der womeninmobility gegründet und engagiert sich im Bundesvorstand des Verkehrsclub Deutschland e. V. Für ihre Arbeit hat sie zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. wurde sie 2020 vom »Focus« zu den »100 Frauen des Jahres« gezählt, 2019 kam sie auf die Liste »25 LinkedIn TopVoices in Deutschland, Österreich und der Schweiz« und gilt als eine der »Remarkable Women in Transport«. Ihr Buch »Autokorrektur« war wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste, sie selbst erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Leserpreis des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises 2022 und den Deutschen Mobilitätspreis in der Kategorie Menschen. Katja Diehl lebt in Hamburg.
Katja Diehl, geboren 1973, hat sich voll und ganz dem Mobilitätswandel verschrieben. Nach 15 Jahren in z.T. leitenden Funktionen der Mobilitäts- und Logistikbranche verändert sie das System nun mit ihrer Expertise von außen. Sie hostet den Podcast »SheDrivesMobility«. In Hamburg hat sie die Vertretung der womeninmobility gegründet und engagiert sich im Bundesvorstand des Verkehrsclub Deutschland e. V. Für ihre Arbeit hat sie zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. wurde sie 2020 vom »Focus« zu den »100 Frauen des Jahres« gezählt, 2019 kam sie auf die Liste »25 LinkedIn TopVoices in Deutschland, Österreich und der Schweiz« und gilt als eine der »Remarkable Women in Transport«. Ihr Buch »Autokorrektur« war wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste, sie selbst erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Leserpreis des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises 2022 und den Deutschen Mobilitätspreis in der Kategorie Menschen. Katja Diehl lebt in Hamburg.
Katja Diehl benennt, woran es hapert, damit wir wissen, auf welche Barrikaden wir zu gehen haben.
Wer am Schneckentempo der Verkehrswende zweifelt, kann mit dieser Streitschrift Zuversicht tanken.
Für ihr zweites Werk bürstet die Autorin und Mobilitätswenderin weiter gegen den Strich - und versammelt wichtige Stimmen der Gegenwart zu einem Panoptikum des "geht eben doch"
ein gut lesbares, faktenreiches und kluges Buch
Teil 1 Problemzonen
Warum dieses Buch?
Gerechtigkeit – was ist das heute eigentlich? Eines kann ich jetzt schon verraten: Gerechtigkeit ist es nicht, die mich jeden Morgen manchmal leichtfüßig und frohen Herzens, manchmal eher schwerfällig und mit hängendem Kopf in den Tag starten lässt. Vielmehr Ungerechtigkeit. Wenn dieses Buch erscheint, ist mein erstes etwas über zwei Jahre alt. In Sachen Gerechtigkeit im Verkehrssystem hat sich kaum etwas getan, die Ungerechtigkeit ist es, die mich weiterhin keinen Feierabend spüren lässt. Mit dem ersten Buch habe ich eine Empathie-Einladung ausgesprochen, vor allem an all jene, die gern Auto fahren. Eine Einladung, Menschen kennenzulernen, die ohne Führerschein in Deutschland leben. Menschen, die durch eine Behinderung besondere Bedürfnisse an Mobilität haben. Wobei das »besonders« nur dadurch gekennzeichnet ist, dass unsere Norm einen sogenannten gesunden Menschen voraussetzt.
Mein zweites Buch ist getrieben von der Frage, warum wir nach wie vor im Stillstand verharren, was die Mobilitätswende angeht, obwohl doch sichtbar ist, dass die Bedürfnisse nach einer inklusiven, klimagerechten, zukunftsfähigen Mobilität vorhanden sind.
Mit der Frage, was Gerechtigkeit heute bedeutet, habe ich mich nach dem Erscheinen meines ersten Buches sehr viel auseinandergesetzt. Oft freiwillig, aber nicht selten auch gezwungenermaßen, denn plötzlich war ich eine öffentliche Person. Eine Person, die an allen möglichen und unmöglichen Orten beobachtet und bewertet wird. Eine Person, die an einem Tag als Teil der Autolobby gilt, dann aber wieder als Autohasserin bezeichnet wird. Du kannst noch so gefestigte Ansichten haben und vertreten – wenn anscheinend alles, was du äußerst, die Meinung von Menschen über dich prägt, wird es irgendwann anstrengend. Die anstrengendste Zeit in meinem Leben (ich hoffe einfach mal, dass sie damit auch hinter mir liegt) hatte ich im Februar 2023. In dieser Phase spielte Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid, eine wichtige Rolle für mich. Während ich diese Zeilen schreibe, stehen wieder Gespräche zu konkreten Bedrohungen gegen mich, zum Schutz meiner Person und Strategien gegen Hatespeech im Kalender. Und ja, auch während ich diese Zeilen schreibe, frage ich mich: Was ist Gerechtigkeit heute?
Ich kann keinen Gerechtigkeitsbegriff formulieren, der nicht globale Geltung hat. Und das ist schwer genug, weiß ich doch darum, dass ich – in ein liebevolles Elternhaus mit Zugang zu Bildung geboren, einen deutschen Pass besitzend – mit meinen Privilegien stets eher Teil des Problems denn der Lösung sein werde. Mein Lebenswandel als weiße Frau im Globalen Norden beruht auf Abhängigkeiten, die diesen Globus umspannen. Nahezu jedes von mir konsumierte »Ding« wirft einen Schatten der Ausbeutung, Ungerechtigkeit, Zerstörung hinter sich, den ich nur minimieren, aber nie eliminieren kann. Zumindest aber kann ich mir diesen bewusst machen, kann demütig und dankbar dafür sein, in diesem privilegierten Land leben zu können, weil ich bei der Geburtslotterie Glück hatte.
Was hat das mit Mobilität zu tun? Eine Menge!
Denn wenn ich eines jeden Tag aufs Neue und tiefergehend lerne, dann ist es der Fakt, dass Mobilität eben nicht »von A nach B kommen« bedeutet, sondern vielschichtig, verästelt und vor allem mit vielen Privilegien und Routinen verbunden ist, die eine sachliche Debatte zunehmend unmöglich machen. Wir alle wollen gute Menschen sein, verstärken aber dennoch in Deutschland den Trend, dass immer größere Pkw mit immer weniger Menschen an Bord immer weniger bewegt werden. Aufbauend auf Ressourcen, die aus dem Globalen Süden kommen. Gerechtigkeit sollte heute unter anderem bedeuten, Autos für Deutschland nur noch zu bauen, wenn sie effizient genutzt werden. Davon sind wir weit entfernt. Wir reißen weiter brachial wertvolle Rohstoffe aus der Erde anderer, schiffen diese um die gesamte Welt, damit vor unserer Haustür – und vor allem vor den Villentüren Wohlhabender – immer neue Autos platziert werden können.
Es lässt mich fassungslos staunen, dass ein Land wie Deutschland steigende Emissionen im Verkehrssektor genauso lethargisch akzeptiert wie immer mehr Ressourcenbedarf. Deutschland hat kaum eigene Ressourcen. Schauen Sie sich vor Ihrem inneren Auge mal ein deutsches Auto an und überlegen Sie, wie das aussähe, wären ausschließlich deutsche Materialien verwendet worden. Da bleibt nicht viel, oder?
Ich weiß, es klingt pathetisch, aber ich beginne jeden meiner Tage mit »danke« und »Demut«. Laut ausgesprochen. Weil ich um das Geschenk weiß, das mir gemacht wurde. Und deswegen ist der Kampf gegen Ungerechtigkeit auch der größte Antreiber meiner Arbeit. Gerechtigkeit in einer klimagerechten Welt bedeutet vor allem: Wie wollen wir in Zukunft leben – auch im Hinblick auf jene, die am schwersten unter den Folgen unseres hypermobilen Lebensstils leiden?
Mit diesem Buch möchte ich im ersten Teil wieder Expert:innen versammeln, die mit mir in die Problemanalyse gehen. Warum geschieht trotz aller Erkenntnis, aller wissenschaftlicher Fakten um planetare Grenzen, Kipppunkte und CO2-Restbudgets ausgerechnet im Verkehrssektor nichts, was Gerechtigkeit gewährleistet, vor allem zukünftigen Generationen und dem Globalen Süden gegenüber? Im Gegenteil: Wir fahren rückwärts! Steigende Emissionen und Autozulassungszahlen sind der Beweis der verfehlten Verkehrspolitik.
Fast schon reflexhaft werden »die Armen«, die »Arbeiter:innen, die ohne Auto nicht zur Arbeit kommen könnten«, »ältere Menschen im ländlichen Raum« und »Behinderte« vorgeschoben, wenn es um den notwendigen Umbau unseres autozentrierten Systems geht. Nie sonst interessieren sich Bürger:innen und Politik für diese Gruppen, es sei denn, sie können als Ausrede dienen, warum auch weiterhin kaum Geschwindigkeit bei der mobilen Transformation aufgenommen werden kann. »Wir müssen alle mitnehmen« ist ein vergiftetes Versprechen, weil es nicht ehrlich ist. Denn das »alle« bezieht sich ausschließlich auf jene, die heute noch im Auto sitzen. Es bezieht sich nicht auf die 26 Millionen Erwachsenen und Kinder ohne Führerschein. Es bezieht sich nicht auf die Radfahrer:innen und den Fußverkehr. Es fokussiert sich ausschließlich auf die Gruppe der Autofahrenden, von denen sicher nicht wenige aktuell noch vom Auto abhängig sind, um ihr Leben zu bestreiten.
Die Frage ist: Was sagt es über ein hoch entwickeltes Land wie Deutschland aus, dass in vielen Regionen nur leben kann, wer Führerschein UND Auto bezahlen kann? Wobei bezahlen ja so auch nicht stimmt, »die dicksten Karren sind eh geleast«, wie ein Banker in meinem ersten Buch sagte. Und auch diese als Automenschen gelesenen Personen gehen meist zu Fuß zum Auto oder fahren auch mal Rad. Sie haben Kinder und Enkel, denen es in der aktuellen Gesellschaft unmöglich gemacht wird, selbstbestimmt Mobilität zu erleben, weil es da draußen zu gefährlich ist – wegen der Autos.
Was für ein absurder Kreislauf!? Der erste Schritt des Kindes wird noch bejubelt, alle familiären Chatgruppen mit diesem überschwemmt. Danach lernt das Kind aber, diese Selbstbestimmung im Draußen wieder aufzugeben. Draußen geht nur in Begleitung Erwachsener, denn für Kinder wurde diese Welt nicht geschaffen. Sondern für Autos. Weil mich das schmerzt, gehe ich in diesem Buch auch auf das Phänomen des »Adultismus« ein, der Altersdiskriminierung von Kindern.
Zu meinem ersten Buch wurde mir häufig gespiegelt, dass es den Blick auf die Welt massiv verändert und belastet hat. »Da sind ja wirklich überall Autos!«, hieß es nicht selten als Feedback.
Ich fürchte, das wird auch nach diesem Buch nicht anders sein. Gehe ich doch mit »meinen« Expert:innen in eine schonungslos ehrliche Analyse des Status quo: Wie konnte es so weit kommen, dass der Deutschen liebstes Kind in allen Facetten des Lebens das Auto wurde – und nicht, was naheliegen würde, das Kind? Stellen Sie sich mal vor, die Welt würde den Bedürfnissen von Kindern folgend umgebaut. Ich glaube, da hätten wir Erwachsenen jede Menge Platz – im Gegensatz zu der Einschränkung, die die erwachsene Welt für die Kinder bedeutet.
Aber nicht nur durch meine Gespräche mit Expert:innen werden Sie zuweilen neue Erkenntnisse und Blickwinkel sowie Zusammenhänge kennenlernen. Denn natürlich möchte ich Sie nicht demotivieren, sondern entflammen für die Idee einer menschengerechten Mobilität, die allen zum Vorteil gereicht. Und deswegen habe ich die Macher:innen (auf)gesucht und mit ihnen, die sie die Welt bereits seit Jahrzehnten zum Besseren verändern, über ihre Antriebe, Ideen, Erfolge gesprochen.
Dieses Buch soll Hoffnung schenken und zeigen, dass alles möglich ist, wenn wir nur wollen und als Team zusammenwirken. Vielleicht braucht es dafür gar keine Bundespolitik; Mobilität und ein gutes Leben sind regional und lokal zu gestalten. Es gibt unfassbar viele Vorbilder, denen nachgeeifert werden kann. Ideen dürfen geklaut und Ideengeber:innen auch mal kontaktiert werden. Wie hast du das gemacht? Ich will das auch! Das kann ein guter Aufschlag sein, um selbst eine kleine Revolution zu starten. Denn weniger scheint es nicht zu sein, wenn wir weniger Wagen wagen.
Ich möchte Sie mit diesem Buch versetzen in den Status eines weißen Blatt Papiers: Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie Ihren Alltag ideal gestalten sollten? Wenn wir...
Erscheint lt. Verlag | 29.5.2024 |
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Zusatzinfo | 10 farbige Abbildungen |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Andreas Knie • Annika Brockschmidt • Autolobby • Autopopulismus • Carlos Moreno • Claudia Kemfert • Elektromobilität • Innovationen im Verkehrswesen • Klimagerecht • Lebenswerte Städte durch Mobilität • Maren Urner • Mobilitätswende • Nachhaltige Mobilitätskonzepte • Nahverkehr • Öffentlicher Raum • Politik der Mobilitätswende • Praxisbeispiele für nachhaltige Mobilität • Sara Schurmann • Stadtplanung • Transformation • Transformation Verkehrssektor • Verkehrspolitik • Verkehrssystem • zukunftsgerecht |
ISBN-10 | 3-10-491900-3 / 3104919003 |
ISBN-13 | 978-3-10-491900-3 / 9783104919003 |
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