Volksrepublik Donezk -  Hendrik Weber

Volksrepublik Donezk (eBook)

Staat oder Terrororganisation
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2023 | 1. Auflage
304 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-9517-4 (ISBN)
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Von der sogenannten Volksrepublik Donezk, die im Frühjahr 2014 im Donbass gegründet wurde, haben wir in unseren Medien bisher sehr wenig gehört. Wer oder was ist die Volksrepublik Donezk und wie funktioniert sie? Sind es Separatisten, die mit der Machtübernahme im Februar 2014 in Kiew nicht einverstanden waren, oder handelt es sich um Terroristen, die von Russland gefördert und mit Waffen unterstützt werden? Dieses Buch versucht sowohl die Anfänge der Volksrepublik Donezk zu verstehen, als auch die Funktionsweise sowie die Gedanken und Befürchtungen der Bewohner in Donezk zu beschreiben.

Hendrik Weber 1977 in Deutschland geboren und wohnt seit 2006 in Norwegen. Seit seiner Jugend interessierte er sich für Aussen- und Sicherheitspolitik. Seit der Ukraine Krise 2014 beschäftigte er sich speziell mit den Themen: Russland, Ukraine, Donbass und der Krim. Seit 2016 reiste er oft in diese Gebiete um mit Menschen und Politikern zu sprechen. 2017 gründete er die NGO Volksdiplomatie Norwegen, welche sich für gute und freundschaftliche Beziehungen zu Russland einsetzt. 2019 veröffentlichte er sein erstes Buch "Unsere Krim - Staatsstreich oder demokratische Entscheidung" welches bereits auf Norwegisch, Russisch und Englisch übersetzt wurde.

DIE UKRAINE ALS GEOPOLITISCHER SPIELBALL


Die Unzufriedenheit der ukrainischen Bürger mit der eigenen Regierung wird oft als Hauptursache für die Proteste auf dem Maidan genannt. Es ist jedoch wichtig, auch die gewaltigen internationalen Einflüsse auf die Ukraine und deren Bevölkerung zu beleuchten.

Seit ihrer Unabhängigkeit 1991 rückt die Ukraine in regelmäßigen Abständen in die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Der strategisch wichtigen Lage des Landes im Süden von Europa kommt eine Schlüsselrolle als Pufferstaat zwischen Europa und Russland zu.

Sowohl der 2017 verstorbene Sicherheitsberater und Geostratege des US-Präsidenten Jimmy Carter sowie außenpolitischer Berater von Barack Obama, Zbigniew Brzezinski als auch der einflussreiche Chef des US-Think-Tanks Stratfor, Georg Friedman, haben in Vorträgen und Büchern immer wieder deutlich gemacht, wie wichtig die Ukraine für die USA ist, um Europa und Russland voneinander zu trennen. Nur auf diese Weise könne die USA ihre Vormachtstellung in der Welt behalten. In einem Interview im Dezember 2014 sagte Friedman: «...Darüber hinaus wäre das gefährlichste potenzielle Bündnis aus Sicht der Vereinigten Staaten ein Bündnis zwischen Russland und Deutschland. Dies wäre ein Bündnis deutscher Technologie und Kapital mit russischen natürlichen und menschlichen Ressourcen...». Auf die Frage, ob die Krise in der Ukraine eigentlich das Resultat einer Konfrontation zwischen den USA und Russland ist, antwortete er: «...Hier haben Sie zwei Länder: Das eine möchte eine Ukraine, die neutral ist. Das andere will, dass die Ukraine Teil einer Linie der Eindämmung gegen die russische Expansion wird...».25

Auch Brzezinski beschreibt in einem seiner wohl bekanntesten Bücher, The Grand Chessboard (Die einzige Weltmacht - Amerikas Strategie der Vorherrschaft) von 1997 die Wichtigkeit der Ukraine für die US-amerikanische Außenpolitik. «...Am wichtigsten allerdings ist die Ukraine. Da die EU und die NATO sich nach Osten ausdehnen, wird die Ukraine schließlich vor der Wahl stehen, ob sie Teil einer dieser Organisationen werden möchte...». Er sah damals auch bereits einen zeitlichen Horizont «...das Jahrzehnt zwischen 2005 und 2015 als Zeitrahmen für eine sukzessive Eingliederung der Ukraine ins Auge fassen». Weiter analysiert Brzezinski, «...Die USA sind zwar weit weg, haben aber starkes Interesse an der Erhaltung eines geopolitischen Pluralismus im postsowjetischen Eurasien. Als ein zunehmend wichtiger, wenn auch nicht direkt eingreifender Mitspieler, der nicht allein an der Förderung der Bodenschätze in der Region interessiert ist, sondern auch verhindern will, dass Russland diesen geopolitischen Raum allein beherrscht, halten sie sich drohend im Hintergrund bereit. Neben seinen weiterreichenden geostrategischen Zielen in Eurasien vertritt Amerika auch ein eigenes wachsendes ökonomisches Interesse...». Wie Brzezinski in seinem Buch beschreibt, geht es den USA nicht allein um Absatzmärkte und Rohstoffe im postsowjetisehen Raum, sondern auch um langfristige geostrategische Interessen. Seiner Ansicht nach wird Russland am deutlichsten geschwächt, wenn die Staaten der ehemaligen Sowjetunion aus dem Einflussbereich Russlands herausgerissen werden.

Die Idee, eine Linie der Eindämmung bzw. einen Gürtel aus Ländern als Pufferstaaten gegen Russland zu bilden, ist keineswegs neu, sondern wird bereits seit dem Ende des Ersten Weltkrieges verfolgt. Der polnische Generalstab erließ 1937 die Richtlinie 2304/2/37 in welcher die «Zerstörung ganz Russlands» als Ziel genannt wird. Eines der wirksamen Instrumente, um dies zu erreichen, sei die Anstiftung zum Separatismus im Kaukasus, in der Ukraine und in Zentralasien. In den Jahren 1942-1943 entwickelte die britische Regierung unter Premierminister W. Churchill Pläne, unter westlicher Aufsicht kleine Staaten in Nord-, Mittel- und Südeuropa zur Eindämmung Sowjetrusslands zu schaffen.

Aus Sicht der transatlantischen Geostrategen ist der letzte Baustein im Süden Europas, der noch fehlt, um diesen Gürtel zu schließen, die Ukraine. Diese geostrategischen Überlegungen und Planungen als russische Propaganda abzutun, zeugt entweder von Unwissenheit oder Naivität.

Der ehemalige Bundeswehroffizier und Autor Wolfgang Effenberger beschreibt in seinem Buch «Schwarzbuch EU & NATO» das Strategiepapier «Tradoc 525-5» des Hauptquartiers des US-Army Trainings- und Lehrkommandos aus dem Jahr 1994. Dort werden die verschiedenen Eskalationsstufen beschrieben, die notwendig sein können, um eine unerwünschte Regierung auszuwechseln und so ein Land dazu zu bewegen, eine andere Agenda zu verfolgen.

Die erste Stufe dabei ist der «Aufruhr» gefolgt von der «Krise» und dem «Konflikt» bis hin zum «Krieg». Vor diesem Hintergrund werden die Aktivitäten der USA nach dem Ende des Kalten Krieges erkennbar, schreibt Effenberger. Im Fall der Ukraine sind die Stufen dieser Eskalation demnach besonders offensichtlich. Bereits 2004 ist es durch westliche Unterstützung zur Orangenen Revolution gekommen, aus welcher der prowestliche Viktor Juschtschenko als Präsident hervorging. Damals war die ukrainische Studentenorganisation Pora als Instrument des Westens benutzt worden. Ihr Vorbild wiederum war die serbische Studentenbewegung Otpor, die 2000 am Sturz von Präsident Slobodan Milosevic beteiligt war und Pora unterstützt haben soll. Gelder für Pora kamen unter anderem von «Freedom of Choice», einer Koalition von ukrainischen NGOs (Nichtregierungsorganisationen), die wiederum vom westlichen Ausland vor allem über Stiftungen wie der Konrad-Andenauer-Stiftung, Freedom House, National Democratic Institute, The National Endowment for Democracy (NED) und des Open Society Institute finanziell unterstützt wurden, um eine Demokratie nach westlichem Vorbild zu schaffen.26 Wie groß dieser Einfluss letzten Endes war, kann diskutiert werden.

Sogenannte Farbenrevolutionen sind dabei nichts Neues und mittlerweile ein gängiges Muster. Bereits in Jugoslawien (2000), in Georgien (Rosenrevolution 2003) und aktuell in Weißrussland (2020) wurde diese Strategie angewendet und oft durch Studentenproteste ausgelöst. In den meisten Fällen wurden diese Bewegungen von verschiedenen westlichen NGOs finanziert und zum Teil auch direkt koordiniert.

Nach der erfolgreichen Orangenen Revolution in der Ukraine, unterschrieb der neue Präsident Viktor Juschtschenko bereits im April 2005 einen Vertrag zur Vorbereitung der Aufnahme des Landes in die NATO.27 Von einer Neutralität der Ukraine konnte ab diesem Zeitpunkt keine Rede mehr sein.

Präsident Juschtschenko und Premierminister Julia Timoschenko setzten auf eine vom Westen diktierte, liberale Wirtschaftspolitik und Privatisierungen nach westlichem Vorbild. Auch der Vertrag über Gaslieferungen mit Russland wurde revidiert, sodass die Ukraine ab 2009 ihr Gas zu wesentlich höhere Weltmarktpreise einkaufen musste.

Im Wahlkampf 2010 setzte sich Viktor Janukowitsch von der «Partei der Regionen» knapp gegen Julia Timoschenko durch und wurde zum neuen Präsidenten der Ukraine. Janukowitsch und sein Ministerpräsident Nikolai Asarow veränderten den wirtschaftlichen und außenpolitischen Kurs und traten für eine blockfreie Ukraine ein. Mehrere Kredit-, Investitions- und Exportverträge wurden unter anderem mit China und Hugo Chavez in Venezuela geschlossen. Genau wie China war auch Indien an Verträgen mit ukrainischen Rüstungsfirmen interessiert.

Insgesamt muss die Außenpolitik Janukowitschs im Verhältnis zu seinem Vorgänger als ausgeglichener betrachtet werden, denn er positionierte sich weder eindeutig auf Seiten der NATO und der EU noch auf der Seite Russlands oder Chinas. Noch im November 2013 unterzeichnete die Ukraine einen Vertrag für die Gewinnung von Schiefergas mit dem US-Konzern Chevron, 28 um sich bis zum Jahr 2020 von russischen Gaslieferungen unabhängiger zu machen. Als Janukowitsch und Asarow jedoch die Teilnahme an einer Zollunion mit Russland diskutierten, machte die Europäische Union mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso 2013 unmissverständlich klar, dass ein Beitritt der Ukraine zur Zollunion nicht mit einer Annäherung an die EU vereinbar sei. Die ukrainische Regierung wurde so Ende 2013 wissentlich und absichtlich in eine schwierige Lage gebracht.

Am 21. November 2013 sprach sich Janukowitsch gegen die Unterzeichnung des EU Assoziierungsabkommens aus, das von der Ukraine unter anderem das Einfrieren von Löhnen, Pensionen und Sozialleistungen gefordert hatte. Janukowitsch wandte sich daraufhin an Russland, um einen Kredit für seine maroden Staatsfinanzen zu erhalten.

Nur wenige westliche Beobachter und Politiker sahen damals die Gefahr, dass die Ukraine auseinanderbrechen könnte. Der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen war einer derjenigen, der die Fehler in den vorangegangenen Verhandlungen aufzeigte. Man habe der Ukraine keine langfristige Perspektive geboten und das Land gleichzeitig vor die Wahl zwischen der EU und Russland gestellt.29

Der massive Einfluss der USA und der...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7578-9517-7 / 3757895177
ISBN-13 978-3-7578-9517-4 / 9783757895174
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