Professionelle Beziehungsgestaltung in der Sozialen Arbeit -  Laura Best

Professionelle Beziehungsgestaltung in der Sozialen Arbeit (eBook)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
116 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-042405-0 (ISBN)
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Die Beziehungsgestaltung ist die Basis für die Zusammenarbeit zwischen Adressierten und Fachkräften Sozialer Arbeit. Denn nur eine tragfähige Beziehung erlaubt Sozialarbeitenden, Probleme zu thematisieren und mögliche Lösungen in Kooperation mit den Adressatinnen und Adressaten zu erarbeiten. Das Buch zeigt, wie Beziehungen in einem reflexiven Prozess fachlich begründet eingegangen werden und wie Sozialarbeitende ihre Rolle dabei gezielt ausfüllen können. Zudem wird erklärt, wie sich Kommunikation und Setting so gestalten lassen, dass Sozialarbeitende die Waage halten zwischen Polen wie Nähe und Distanz oder Kontrolle und Unterstützung. Praxisbeispiele aus verschiedenen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit veranschaulichen die Inhalte und verdeutlichen zugleich Unterschiede in der Beziehungsgestaltung in freiwilligen und unfreiwilligen Kontexten.

Dr. Laura Best ist Professorin für Beratung und Coaching in der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Münster.

Dr. Laura Best ist Professorin für Beratung und Coaching in der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Münster.

2 Kommunikation, Interaktion und Setting in der Beziehungsgestaltung


T Überblick

Das zweite Kapitel widmet sich den Aspekten Kommunikation, Interaktion und der Gestaltung des Settings im Rahmen der professionellen Beziehung. Hierzu wird der Einfluss (para-)‌verbaler und nonverbaler Kommunikation auf die Beziehungsgestaltung betrachtet. Kommunikation und Interaktion verlaufen oftmals unbewusst. Für die Beziehungsgestaltung ist es hilfreich, einige Aspekte bewusst wahrzunehmen, zu reflektieren und somit auch im Sinne der Beziehungsförderung gestalten zu können. Hierzu zählen u. a. das Nähe-Distanz-Verhältnis sowie der Umgang mit Affekten und Emotionen der Klient*innen. Weiterhin wird die Gestaltung des Settings in den Blick genommen, in dem die Beziehung stattfindet.

2.1 Gestaltung der Kommunikation


Kompetentes kommunikatives Handeln wird innerhalb der Sozialen Arbeit als eine der Schlüsselfunktionen beschrieben (weiterführend Heiner 2018) »Eine Beziehung ist nicht beobachtbar, sondern ist nur aus dem Verhalten der beteiligten Akteure erschließbar« (Sachse 2016, 10). Das Verhalten der Personen innerhalb der Interaktion, insbesondere die Reaktion auf Interventionen innerhalb der gemeinsamen Zusammenarbeit, gibt folglich Aufschluss über die Intensität und ggf. auch Qualität der Beziehung.

Gut zu merken

Die Qualität und Intensität von Beziehung sieht man im Verhalten und den Handlungen der Interagierenden.

Gleichzeitig dienen damit einhergehende Verhaltensweisen und Handlungen – und damit die Kombination aus verbaler, paraverbaler und nonverbaler Kommunikation – dazu, Beziehung miteinander zu gestalten und auszuhandeln. Wie in allen Kontexten des menschlichen Miteinanders stellt Kommunikation ein besonders bedeutsames Werkzeug dar, um in Interaktion zu treten, Kontakt aufzubauen, aufrechtzuerhalten und ggf. zu beenden. Dies ist wenig verwunderlich, nutzen doch alle Menschen Kommunikation sehr intuitiv für genau diesen Zweck. Die professionelle Beziehungsgestaltung braucht allerdings einen oftmals bewussten Einsatz von Kommunikation, um Interaktionen zu steuern und dadurch beziehungsförderliche Situationen und Verhaltensweisen zu ermöglichen. Kommunikation im Sinne eines Gesprächs wird durch die Beteiligten mehr oder weniger bewusst gesteuert, durch eigene Entscheidungen und Verantwortung, Ziele und Wissen beeinflusst (vgl. Edelmann & Wittmann 2019, 171 f.). Ob die Beziehung stabil und tragfähig ist, wird oftmals anhand der wechselseitigen Kommunikation sichtbar. Gleichzeitig kann durch jede Interaktion Beziehung verändert werden, wodurch es zu fortlaufender Hypothesenbildung über die aktuelle Beziehungsqualität kommt (Rekonstruktionen der Beziehung). Die Fähigkeit, entsprechende Hypothesen zu bilden, hängt von der Informationsverarbeitung sowie von der Erfahrung der Professionellen ab (vgl. Sachse 2016, 10). Kommunikation in Gesprächen vollzieht sich immer in Ko-Produktion zwischen den Beteiligten, was zur Folge hat, dass Gespräche komplex und vielschichtig, wenig planbar und temporeich sind, so dass eine hohe Anforderung an die Informationsverarbeitung gestellt wird (vgl. Widulle 2020, 5).

Paul Watzlawick prägte den Satz »Man kann nicht nicht kommunizieren«. Gemeint ist damit die Unmöglichkeit, sich in einer sozialen Situation nicht zu verhalten, so dass jegliches Verhalten immer auch einen Mitteilungscharakter hat (vgl. Watzlawick, Beavin & Jackson 2017, 58 f.). Sobald Menschen in interpersonalen Situationen aufeinandertreffen, wird das Verhalten von den an der Kommunikation beteiligten Personen gegenseitig wahrgenommen und interpretiert (vgl. Hartung & Kosfelder 2019, 79).

Gut zu merken

Jedes Verhalten hat Mitteilungscharakter und wird durch das Gegenüber interpretiert.

Vertrautheit zwischen den miteinander kommunizierenden Personen führt aufgrund gemeinsamer Erfahrungen und Wissensbestände dazu, dass innerhalb der Kommunikation viele Nachrichten nicht explizit gemacht werden müssen. Dies gilt auch für soziale Gruppen, die oftmals eigene Sprachcodes verwenden, die für Außenstehende nicht oder nur eingeschränkt verständlich sind (vgl. Hartung & Kosfelder 2019, 80). Da für die Beziehungsgestaltung Kommunikation von hohem Interesse ist, gibt es zahlreiche Kommunikationsmodelle, die in der Sozialen Arbeit rezipiert werden (s. Exkurs: Kommunikationsmodelle).

Exkurs: Kommunikationsmodelle

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In der Literatur findet man verschiedene Modelle, die sich mit Kommunikation befassen und mit verschiedenen Schwerpunkten sowie aus unterschiedlichen Perspektiven die Kommunikation beleuchten. Viele der Modelle nutzen Analogien aus der Nachrichtentechnik wie bspw. Sender*in und Empfänger*in oder Codierung und Decodierung. Es wird davon ausgegangen, dass eine erfolgreiche Kommunikation gemeinsame Wissensbestände und Bedeutungsnuancen erfordert, damit die Nachrichten inhaltlich passend interpretiert werden können (vgl. Hartung & Kosfelder 2019, 79 f.).

Ein für die Beziehungsgestaltung besonders relevantes Kommunikationsmodell ist das Modell der Fünf Axiome nach Watzlawick et al., wobei Axiome als Grundregeln zu verstehen sind. Das wohl bekannteste Axiom lautet: ›Man kann nicht nicht kommunizieren‹, womit gemeint ist, dass Menschen durchgehend durch ihr Verhalten eine kommunikative Botschaft senden, die vom Gegenüber interpretiert wird (weiterführend Watzlawick, Beavin & Jackson 2017). Paul Watzlawick, Janet Beavin und Don Jackson richten mittels der Fünf Axiome der Metakommunikation den Blick weg von einer isolierten Betrachtung der Kommunikation auf Individualebene hin zu einem Blick auf die zwischenmenschlichen Beziehungen (vgl. Khabyuk 2019, 59). Das Modell bedient sich mathematischer Analogien und führt Beziehung auf verschiedene Variablen zurück. »Die Autoren leiten daraus die subjektive Wirklichkeits- und Beziehungskonstruktion als eine interpretierende Funktion ab, die von unterschiedlichen Sinneseindrücken gespeist wird« (ebd., 60). Beziehung wird dadurch nach Ansicht Watzlawicks et al. durch Kommunikation sichtbar gemacht (vgl. Watzlawick, Beavin & Jackson 2017, 24).

Ein weiteres Kommunikationsmodell, das in der Sozialen Arbeit bedeutsam ist und einen Fokus auf die Beziehung legt, ist das Kommunikationsquadrat zur Konfliktlösung (häufig auch als Vier-Ohren-Modell bezeichnet) nach Friedemann Schulz von Thun (weiterführend Schulz von Thun 2022). Das Modell knüpft an die Ausführungen von Watzlawick hinsichtlich des Fokus auf die Beziehung innerhalb der Kommunikation an und widmet sich der Herausforderung innerhalb der Kommunikation, dass Sender*innen viele Botschaften gleichzeitig senden und Empfänger*innen viele Botschaften gleichzeitig empfangen können (vgl. ebd., 27 ff.). Schulz von Thun spricht auch von den vier Ohren, mit denen Nachrichten gehört werden, und vier Schnäbeln, mit denen Sender*innen ihre Nachrichten formulieren. Die Herausforderung liegt darin, dass die Botschaft beim Gegenüber nicht zwangsläufig so ankommt, wie sie von der sendenden Person gemeint war. Schulz von Thun beschreibt in diesem Zusammenhang vier Seiten oder Ebenen einer Nachricht: Sachebene, Beziehungsebene, Appellebene und Selbstkundgabe-Ebene. Insbesondere die ersten beiden Ebenen beinhalten wichtige Elemente eines der Axiome nach Watzlawick et al. (2017): »Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist« (Watzlawick, Beavin & Jackson 2017, 64). Mit Sachebene ist eine Informationsweitergabe gemeint, die Beziehungsebene beschreibt das Verhältnis zur anderen Person, die Appellebene versucht, das Gegenüber zu einem Verhalten zu veranlassen und die Selbstkundgabeebene beinhaltet eine Offenbarung über das eigene Empfinden (vgl. Schulz von Thun 2022, 27 ff.). Aufgrund der verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten der Nachrichten besteht ein hohes Risiko von Missverständnissen, die die Kommunikation und das gegenseitige Verständnis erschweren können (weiterführend ebd. 2022).

Innerhalb der Kommunikation unterscheidet man grundlegend zwischen sprachlicher (verbaler) und nicht-sprachlicher (nonverbaler) Kommunikation, wobei mit sprachlicher Kommunikation gesprochene und geschriebene Sprache gemeint ist. In der gesprochenen Sprache gibt es eine weitere Kommunikationsmodalität: Die paraverbale Kommunikation. Hierbei handelt es sich um sprach-begleitende Kommunikation. Die nicht-sprachliche Kommunikation beinhaltet insbesondere die Körpersprache (vgl. Hartung & Kosfelder 2019, 81).

Gut zu merken

Kommunikation setzt sich aus den drei Modalitäten verbale, nonverbale und paraverbale Kommunikation zusammen.

Diese Modalitäten werden im Folgenden genauer betrachtet und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Beziehungsgestaltung erläutert.

2.1.1 Verbale Kommunikation


Die verbale Kommunikation umfasst...

Erscheint lt. Verlag 6.6.2023
Mitarbeit Herausgeber (Serie): Rudolf Bieker, Heike Niemeyer
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Sozialpädagogik
Schlagworte Entmachtung • Haltungskompetenz • Hilfe • Interaktion • Kommunikation • Kontrolle • Setting • Unterstützung
ISBN-10 3-17-042405-X / 317042405X
ISBN-13 978-3-17-042405-0 / 9783170424050
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