Wer wird Milliardär? (eBook)

Vom großen globalen Abkassieren
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
320 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-45541-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wer wird Milliardär? -  Heike Buchter
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Unser Finanzsystem ist ihre Geldmaschine, unsere Arbeit ihr Spielball, unser Land ihr Rohstofflager, unsere Gesundheit sind ihre Patente und aus den Umweltschäden der Welt ziehen sie ihre Profite: Die Milliardäre der Welt gewinnen immer mehr Geld und immer mehr Macht. Wall-Street-Korrespondentin Heike Buchter stellt die relevanten Akteure vor, die ihre ganz persönliche Agenda verfolgen. Ihr Aufstieg ist das Resultat eines überdrehten Finanzkapitalismus, der droht, unsere Demokratie auszuhöhlen. Enthüllende Geschichten von Finanztycoons, Silicon-Valley-Investoren, Oligarchen und Industriekapitalisten aus den verschiedensten Ländern kombiniert die Autorin mit augenöffnendem Finanzwissen.

Heike Buchter berichtet seit 2001 von der Wall Street. Als New Yorker Korrespondentin für »Die Zeit« sagte sie ihrer Redaktion Anfang 2007 die Finanzkrise voraus. Und sie war 2015 die Erste, die mit ihrem Buch »BlackRock« den größten Vermögensverwalter ins Scheinwerferlicht gerückt hat. In »Ölbeben« warnte sie 2019 vor Deutschlands Energieabhängigkeit.

Heike Buchter berichtet seit 2001 von der Wall Street. Als New Yorker Korrespondentin für »Die Zeit« sagte sie ihrer Redaktion Anfang 2007 die Finanzkrise voraus. Und sie war 2015 die Erste, die mit ihrem Buch »BlackRock« den größten Vermögensverwalter ins Scheinwerferlicht gerückt hat. In »Ölbeben« warnte sie 2019 vor Deutschlands Energieabhängigkeit.

ES IST IHRE WELT. WIR LEBEN NUR DARIN


Vorbei an alten Steinmauern, grauen Cottages und grasenden Schafen schlängelt sich die Landstraße immer weiter in das Tal des Feshie. Der Fluss, tief in seinem steinigen Bett im schottischen Hochland nicht weit von Loch Ness, ist im Vorbeifahren mehr zu ahnen als zu sehen. Kommt ein Auto oder gar ein Minivan entgegen, heißt es hoffen, dass gerade eine Passing Zone auftaucht, also etwas Platz am Rand ist, und sich die Fahrzeuge nicht touchieren. Während mein Herz als Mietwagenfahrerin (ein nagelneuer Peugeot 2008!) dabei schneller schlägt, scheinen die Einheimischen – meist nett lächelnd – auf dem Gas zu bleiben. Bald sind fast nur noch Wanderer und Radfahrer unterwegs. Gerade als die Fichten und Birken den Blick freigeben auf verschneite Bergrücken, ein Bild wie gemacht für die Whiskey-Werbung, versperrt ein Gatter die Straße. Auf einem Schild daneben warnt eine Einrichtung namens WildLand: »Keine Durchfahrt ohne Genehmigung, please

WildLand ist das Unternehmen von Anders Povlsen, einem dänischen Modefabrikanten, zu dessen Marken Vero Moda und Jack&Jones gehören. Auch mehr als zehn Prozent des deutschen Onlinehändlers Zalando finden sich in seinem Portfolio. Umweltschützer sind nicht begeistert von Povlsens Produkten, sie zählen sie zur sogenannten Fast Fashion, Kleidung, die schnell produziert wird, um von Trends zu profitieren. Aktivisten machen das Geschäftsmodell maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Modeindustrie jährlich nicht nur 100 Milliarden Kleidungsstücke herstellt, sondern gleichzeitig rund 100 Millionen Tonnen davon weggeworfen werden. Anders ausgedrückt: Ein Lkw voller Kleidung landet jede Sekunde auf der Müllhalde. Für Povlsen, der mit 28 Jahren ein kleines Bekleidungsgeschäft in der dänischen Provinz von seinen Eltern übernahm, hat es sich gelohnt. Laut Forbes belief sich sein Vermögen Anfang 2023 auf sieben Milliarden US-Dollar. Dieser Reichtum hat Povlsen in die Lage versetzt, sich vor einigen Jahren Glenfeshie, das Tal des Feshie, zu kaufen. So gut wie alles, was man hier ringsherum sieht, inklusive einer Sammlung herrschaftlicher Jagdanwesen, gehört ihm und seiner Frau Anne.

Glenfeshie ist nur eines der Estates, der Ländereien, die der Däne in seinen Besitz gebracht hat. Vor ein paar Jahren hat er weite Teile des nördlichsten Gipfels der schottischen Highlands erworben, unter anderem einst das Herrschaftsgebiet der Herzöge von Sutherland. Povlsen ist inzwischen der größte Grundbesitzer in Schottland, ihm gehört hier mehr Land als König Charles oder der englischen Kirche. Doch nur wenige Menschen, die hier leben, sind dem Dänen bisher begegnet. »Der fliegt immer mal wieder ein«, glaubt die Kellnerin im Cairngorm Hotel in der kleinen Stadt Aviemore, das weiter unten im Tal liegt. Sie kennt Povlsen nicht, erklärt sie, nur ihr Mann habe ihn ein paar Mal gesehen, als er für Povlsens Estate in Glenfeshie arbeitete. Sie räumt die spärlichen Reste des Cooked English Breakfast mit Rührei und Yorkshire Pudding ab. Bevor sie die Teller in die Küche trägt, sagt sie: »Schon verrückt, dass ein Einzelner einfach so ganze Landstriche kaufen kann, oder?«

Ja, es ist verrückt, dass in unserer angeblich modernen Zeit mitten in Europa Strukturen entstehen, die an die Feudalherrschaft erinnern. Oder an Kolonialismus. Nur, dass die Kolonialisierung nicht durch einen Staat geschieht, sondern durch Einzelne: Milliardäre.

Ihre Zahl ist über die vergangenen 20 Jahre stetig gestiegen. 2 640 gibt es laut den jüngsten Erhebungen des US-Magazins Forbes weltweit.1 Ihnen gehören nicht nur Grundbesitz und Immobilien. Sie sind Eigentümer von Konzernen quer über alle Kontinente und Branchen. Ihnen gehören Autobahnen, Flughäfen und Wasserrechte. Sie halten Patente auf Medikamente und Technologien. Von ihnen finanzierte Stiftungen prägen Kunst und Kultur, ihre Denkfabriken und Spenden beeinflussen unsere Gesellschaft und Politik. Während ihr Einfluss wächst, bleiben die Herrscher des Geldes zunehmend unter sich.

Miami im Februar 2023. Die Stadt im Sunshine State Florida galt lange als zu heiß, zu laut und zu bunt, um die Geldelite anzulocken. Die Pandemie hat auch das geändert. Das liegt mit daran, dass Miami es den Multimillionären und Milliardären erlaubt, sich in ihren Anwesen auf privaten Inseln wie Fisher Island oder dem künstlich angelegten Star Island zu verschanzen, zu denen niemand ohne Erlaubnis Zugang erhält. »Vor dem Haus steht der Lamborghini, dahinter wartet der Sikorsky«, fasst es der Taxifahrer zusammen, der mich zur Miami International Boat Show bringt, der größten Bootsmesse der USA und einem der wichtigsten Treffen der Branche. Denn was den wahren Reichtum ausmacht, ist nicht nur das entsprechende Auto oder der Helikopter, sondern vor allem eine Yacht. Die Pandemie hat die Nachfrage nach den Luxusbooten so angetrieben, dass es Wartelisten gibt und viele der Werften volle Auftragsbücher bis 2024 und darüber hinaus haben. Entsprechend ist der Andrang. Es ist viel Italienisch zu hören, was daran liegt, dass Werften darunter sind wie die Ferretti Group aus Forlí, die inzwischen in Hongkong an der Börse gelistet ist und zu den führenden Anbietern gehört. In Miami stellt Ferretti die neue Serie mit Panoramafenstern von der Decke bis zum Boden vor. Gleich daneben lässt Konkurrent Azimut Benetti, aus Viareggio in der Toskana, seine Modelle ankern, vor denen sich zwei blondierte Besucherinnen fotografieren lassen. Gleich mit 16 »aufsehenerregend modernen« Yachten ist Azimut dieses Jahr vertreten, wie das Magazin Yacht Harbour berichtet.2 Auch die Superyachten gehören bei der Messe zum Angebot, allerdings muss man die erst einmal finden.

Weitab von dem Gedränge an den Marinas und den Zelten mit Anbietern von Entsalzungsanlagen, Hängematten und Motoren liegt der Yacht Haven Grande Miami. Das Wassertaxi, das Besucher dorthin bringt, bietet nicht viel Platz. Zwei Helfer stehen parat, um den Gästen aus dem Wassertaxi auf den Steg zu helfen. Dort schaukeln etwa ein Dutzend Superyachten. So bezeichnet die Branche traditionell Yachten mit einer Länge von mehr als 24 Metern – in der Regel nach den Wünschen des (ersten) Kunden gebaut. Weil es Yachten in dieser Länge nun auch »von der Stange« gibt und sie an Exklusivität einbüßten, gelten 30 Meter nun als der neue Standard. Die Pandemie hat die Nachfrage kräftig angeschoben. Orders für 1 024 neue Superyachten fanden sich 2022 in den Auftragsbüchern der Werften, 25 Prozent mehr als 2021. Wer nicht jahrelang warten will, kauft gebraucht.

Vor der Patience, 40 Meter lang und vor zehn Jahren in Italien bei Benetti vom Stapel gelaufen, sitzt eine junge Frau unter einem Sonnenschirm. Eigentlich will sie nicht mit der Presse sprechen, denn Diskretion ist das oberste Gebot in dieser Welt. Dafür wird gut gezahlt. Bis vor einem halben Jahr gehörte sie als 2nd Officer zur Crew einer Superyacht. Der Monatsverdienst für diese Führungsposition an Bord liegt laut Yacht Crew bei bis zu 8 000 Euro im Monat – plus Trinkgeld, das mehrere Tausend Euro zusätzlich betragen kann. Jetzt hat sie eine einjährige Tochter, ist wieder an Land und arbeitet für eine Maklerfirma, wie sie es ausdrückt. Nur ernst zu nehmende Interessenten darf sie an Bord lassen. Und wie findet sie heraus, wer sich die Patience im Zweifel tatsächlich leisten kann und wer nur ein neugieriger Tourist ist? An der Kleidung? Sie schüttelt den Kopf. Sie habe schon Milliardäre in Klamotten von Target getroffen, einer Kaufhauskette. Die meisten verraten sich selbst. Etwa der angebliche Käufer, der »so an die 100 Leute« auf die Patience einladen wollte. Zugelassen sind auf privaten Yachten laut der US-Küstenwache maximal 12 Gäste plus Mannschaft. Wer mehr befördert, muss als Passagierschiff zugelassen werden. Was als Sicherheitsmaßnahme begann, macht die Luxusyachten heute noch exklusiver. Dieses Detail nicht zu kennen entlarvte den Mann als Möchtegern-Milliardär.

So beeindruckend die Superyachten sind, sie wirken plötzlich wie Beiboote, geht man den Steg des Yachthafens weiter entlang. Dort ragen die Gigayachten auf. Die Kismet, 95 Meter lang, und die Ahpo, mit 115 Metern fast so lang wie eine Fregatte der Marine, suchen auf der Messe neue Eigentümer. Beide stammen von der Lürssen Werft in Bremen-Vegesack, die auf diese schwimmenden Paläste spezialisiert ist, die zweite...

Erscheint lt. Verlag 11.10.2023
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte China • Demokratie • Eliten • Family Office • Finanzkapitalismus • Gemeinwohl • Millionär • Oligarchen • Patente • Politische Agenda • Russland • Stiftungen • Superreiche • USA • Vermögensverwaltung
ISBN-10 3-593-45541-2 / 3593455412
ISBN-13 978-3-593-45541-9 / 9783593455419
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