Direkt vor unseren Augen (eBook)

Wie Pädokriminelle im Internet vorgehen - und wie wir Kinder davor schützen | Vom führenden deutschen Darknet-Experten
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
304 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46705-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Direkt vor unseren Augen -  Daniel Moßbrucker
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Ein Experte klärt darüber auf, wie Eltern ihre Kinder vor sexualisierter Gewalt im Internet schützen können Kaum ein Thema erschüttert Menschen so sehr wie sexualisierte Gewalt gegen Kinder - und kaum ein Thema wird so häufig verdrängt. Dabei schätze die UN schon 2009, dass weltweit in jeder Sekunde 750.000 Pädokriminelle online sind - Tendenz steigend. Daniel Moßbrucker ist investigativer Journalist und einer der führenden Experten zu Fragen der digitalen Überwachung und des Darknets. Mit seinem Sachbuch legt er erstmals im deutschsprachigen Raum eine systematische und datengestützte Recherche in pädokriminellen Zirkeln im Darknet vor. Er klärt darüber auf, wie Pädokriminelle im Internet vorgehen und wie Eltern ihre Kinder mit diesem Wissen bestmöglich schützen können. Denn die Gefahren lauern oft dort, wo Eltern sie am wenigsten erwarten: So werden harmlose Schnappschüsse aus dem Familien-Alltag von Kriminellen aus WhatsApp, Instagram & Co. gestohlen und im Darknet verbreitet oder auf ausländischen Plattformen im normalen Internet hochgeladen. Mit seinem Buch bietet Moßbrucker konkrete Hilfestellung und praktische Tipps, die im Alltag umsetzbar sind: - Sollte ich Fotos vom Kinder-Geburtstag auf Instagram teilen?  - Ist es gefährlich, wenn unser Sohn abends eine Stunde sein Lieblingsspiel am Laptop spielt? - Und vor allem: Ab wann ist es möglich, mit meinem Kind über diese Gefahren zu sprechen? Und wie?Moßbrucker plädiert für eine zeitgemäße Medienbildung von Kindern durch Eltern, die ein realistisches Bild von den Gefahren im Netz haben. Sein Ratgeber für Eltern bildet außerdem den Einstieg in die notwendige Debatte zur Pädokriminalität im Internet und ist zugleich ein Appell an Politik und Gesellschaft, dem Thema endlich die Aufmerksamkeit und Informiertheit zu schenken, die es verdient. Daniel Moßbrucker, geb. 1990, arbeitet als Journalist zu den Themen Überwachung, Datenschutz und Internet-Regulierung. Seine Beiträge werden regelmäßig von überregionalen Medien und dem TV-Politikmagazin Panorama veröffentlicht. Für die Recherchen und die Datenaufbereitung zum Thema Kindesmissbrauch erhielt er 2022 mit einem Team von NDR und DER SPIEGEL den Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus. Daniel Moßbrucker lebt in Berlin.

Daniel Moßbrucker, geb. 1990, arbeitet als Journalist zu den Themen Überwachung, Datenschutz und Internetregulierung. Seine Beiträge werden regelmäßig von überregionalen Medien und TV-Politikmagazinen veröffentlicht. Für die Recherchen und die Datenaufbereitung zum Thema Kindesmissbrauch erhielt er 2022 mit einem Team von NDR und DER SPIEGEL den Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus. Daniel Moßbrucker lebt in Berlin.

Daniel Moßbrucker, geb. 1990, arbeitet als Journalist zu den Themen Überwachung, Datenschutz und Internetregulierung. Seine Beiträge werden regelmäßig von überregionalen Medien und TV-Politikmagazinen veröffentlicht. Für die Recherchen und die Datenaufbereitung zum Thema Kindesmissbrauch erhielt er 2022 mit einem Team von NDR und DER SPIEGEL den Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus. Daniel Moßbrucker lebt in Berlin.

Mit Worten kaum zu fassen


Sprachgebrauch, Begriffe und Erzählhaltung

Es ist im Berliner Politikbetrieb ein seltenes Ereignis, wenn ein Politiker in der Öffentlichkeit Selbstkritik übt, ungefragt und noch bevor er zu seinem eigentlichen Thema kommt. Am 17. November 2021 wählte Horst Seehofer, zu jenem Zeitpunkt geschäftsführender Bundesinnenminister, diesen Schritt auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes. Er brachte in seinen einleitenden Worten seine Sorge über die »Verbreitung von Kinderpornografie« zum Ausdruck. »Dieser Begriff«, so fuhr er fort, »hat sich leider eingebürgert. Ich habe ihn auch lange gebraucht, aber es ist viel präziser, von den Darstellungen sexuellen Missbrauchs zu sprechen.«

Seehofer blickte damals auf eine jahrzehntelange politische Karriere zurück, in der er unter anderem vier verschiedenen Bundesregierungen angehörte. Das Ende seiner Laufbahn war längst absehbar, wenige Wochen später wurde Olaf Scholz zum Bundeskanzler gewählt. Seehofer hätte auch bei diesem, einem seiner letzten öffentlichen Auftritte als Minister weiterhin von »Kinderpornografie« sprechen können. Dass er sich begrifflich korrigierte, zeigt, wie sehr in der Öffentlichkeit mittlerweile der routinierte Sprachgebrauch hinterfragt wird.

In diesem Kapitel werden Begriffe beschrieben, die für viele Nicht-Fachleute immer noch fremd sind. Ich werde erklären, warum »Kinderpornografie« ein No-Go geworden ist; warum es besser ist, von »Betroffenen« anstatt von »Opfern« zu sprechen, worin der Unterschied zwischen sexualisierter Gewalt und sexuellem Missbrauch liegt, warum es falsch ist, pauschal von »Pädophilen« zu schreiben. Dieses Kapitel soll helfen, dem komplexen und schwierigen Thema des Buches besser folgen zu können und nicht dauerhaft irritiert zu sein, wenn ich mal von »Menschen mit pädophilen Neigungen«, dann von »Pädosexuellen« und im nächsten Satz von »Pädokriminellen« schreibe, häufig aber nur von Täter:innen. Hinter jeder Wortwahl steht eine bewusste Entscheidung.

Es ist kaum zu beschreiben, was von sexualisierter Gewalt betroffenen Kindern widerfahren ist. Umso wichtiger ist es, unsere Worte mit Bedacht zu wählen. Betroffene als »Opfer« oder das Filmen ihrer Erlebnisse als eine Form von »Pornografie« zu bezeichnen, ist etwas, das viele von ihnen verletzt.

Vielen ist nicht bewusst, dass »Kinderpornografie« die Sprache der Täter:innen ist. Für sie ist das Fotografieren und Filmen sexualisierter Gewalthandlungen an Kindern eben Pornografie, so wie wenn man sich ein Filmchen ansieht, bei dem Erwachsene Sex miteinander haben. Es soll anregen, »Lust machen« und dient in aller Regel zur Selbstbefriedigung.

In pädokriminellen Darknetforen wird unter Links zu Fotos und Videos, in denen Kinder zwischen null und 14 Jahren penetriert werden, häufig entweder ein Emoji geteilt, das amüsiert blickt und Popcorn isst, oder eines, das masturbiert. Diese Foren bezeichnen sich als »Communities«, in denen »CP« geteilt wird. »CP« steht für »child pornography«, also »Kinderpornografie«. All das Entwürdigende, das Leid und auch das asymmetrische Machtverhältnis zwischen Täter:innen und Betroffenen klammert dieser Begriff aus. Hinter dem Begriff der »Kinderpornografie« steht die Vorstellung, dass es einvernehmliches sexuelles Handeln zwischen Erwachsenen und Kindern geben kann.

Was für uns nur ein Begriff sein mag, spiegelt für die Täter:innen eine Weltanschauung wider: Bei ihnen herrscht die Überzeugung vor, dass Pädokriminelle für eine »sexuelle Befreiung« der Kinder kämpfen, dass sie eine mutige Minderheit darstellen, die den Kampf in einer Gesellschaft aufgenommen haben, die rückständig ist und noch nicht verstanden hat, dass Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern »normal« sei. Wer »Kinderpornografie« sagt, bedient sich dieses Kampfbegriffs der pädokriminellen Szene, die ganz bewusst eine semantische Gleichheit zwischen ihrer »Sexualität« und der Sexualität unter Erwachsenen herstellen möchte.

Dass sich der Begriff trotz jahrelanger Kritik hartnäckig hält, liegt vor allem am Gesetzgeber. Wer sich Aufnahmen ansieht, die sexualisierte Gewalt an Kindern filmisch dokumentieren, und dafür verurteilt wird, erhält eine Strafe wegen »Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte«, geregelt in § 184b des Strafgesetzbuches. Juristisch ist Kinderpornografie »die fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14 Jahren«. Sind die Betroffenen zwischen 14 und unter 18 Jahren, spricht man von »Jugendpornografie« (§ 184c des Strafgesetzbuches). Wann immer Täter:innen vor Gericht stehen, müssen ihnen die juristisch korrekt bezeichneten Straftaten vorgehalten werden. Da es aber den Straftatbestand »Verbreitung von Aufnahmen, die sexualisierte Gewalt an Minderjährigen darstellen«, im Strafgesetzbuch schlicht nicht gibt, können Richter:innen Pädokriminelle nicht dafür verurteilen.

Ebenso wenig kommen journalistische Redaktionen – trotz etwaiger sprachlicher Kreativität – gänzlich um den Begriff »Kinderpornografie« herum. Wenn eine Person wegen des »Besitzes von Kinderpornografie« verurteilt wird, ist diese Formulierung in einem journalistischen Beitrag kaum zu vermeiden. Zur Wahrheit gehört auch, dass der Begriff »Kinderpornografie« Emotionen weckt und damit die Klicks auf eine Nachrichtenmeldung steigern kann. Diese Mischung aus fehlender Sensibilität, aktueller Rechtslage und gewünschter Emotionalisierung beim Publikum führt dazu, dass der Begriff im Alltagsgebrauch verwurzelt bleibt.

Erstaunlich ist, dass sich die juristische Terminologie im Jahr 2021 nicht änderte. Auf einen in Münster bekannt gewordenen Fall von schwerem sexuellem Kindesmissbrauch reagierte die damalige Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) mit einem umfassenden Gesetzespaket2, das wir uns im Kapitel über »Sicherheit und Freiheit« ausführlich ansehen werden. Teil der Pläne war eine begriffliche Neuformulierung einiger Straftatbestände, vor allem sollten Straftaten nicht mehr als »sexueller Missbrauch von Kindern«, sondern als »sexualisierte Gewalt gegen Kinder« bezeichnet werden. Obwohl es durch die Diskussion um »sexualisierte Gewalt an Kindern« eine intensive Debatte um den richtigen Sprachgebrauch gab, wurden jahrelange Forderungen, sich endlich von der Sprache der Täter:innen zu distanzieren und »Kinderpornografie« aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, ignoriert. Die Grünen kritisierten als damalige Oppositionsfraktion in einem Änderungsantrag3 die Bundesregierung zwar dafür, dass diese »die Ersetzung des verharmlosenden Begriffs ›Kinderpornografie‹« auf die lange Bank schiebe, doch blieb dies ohne Auswirkungen auf das Gesetzgebungsverfahren.

Kann man Kinder gebrauchen?


Warum aber wollte Lambrecht »sexuellen Missbrauch« – selbst unter vielen Fachleuten eine häufig (noch) gebräuchliche Formulierung für das, was Pädokriminelle Kindern antun – überhaupt in »sexualisierte Gewalt« umbenennen? Auch hinter dem Begriff »Kindesmissbrauch« steckt eine jahrelang vorgetragene Kritik, die allerdings diffiziler ist als die an dem Ausdruck »Kinderpornografie«. Sie lässt sich am besten ex negativo verstehen: Da ein Kind ein Mensch ist, kann man es nicht wie eine Sache für etwas »gebrauchen«. Wenn aber ein rechtmäßiger und legitimer Gebrauch nicht möglich ist, kann es auch keinen Missbrauch geben. Noch deutlicher wird es, wenn wir das Adjektiv »sexuell« dazusetzen: »Sexuellen Gebrauch von Kindern« kann es tatsächlich legal nicht geben.

Das Hauptinteresse der damaligen Regierungsfraktionen Union und SPD an der Begriffsänderung lag insofern darin, klarer zu machen, dass »jede sexuelle Handlung mit einem Kind« als »sexualisierte Gewalt zu brandmarken« sei, wie es im ursprünglichen Gesetzesentwurf aus dem Oktober 2020 hieß. Damit folgte das federführende Justizministerium den Forderungen einiger Beratungsstellen, die täglich mit Betroffenen arbeiten. »Der Missbrauchsbegriff wird mir zu inflationär benutzt. Für mich ist alles, was man Kindern und Jugendlichen in einem sexualisierten Kontext antut, eine Form von Gewalt«, sagte mir Lukas Weber, Geschäftsführer des Vereins HILFE-FÜR-JUNGS bei einem Gespräch in Berlin. Schmunzelnd fügte er jedoch hinzu, dass die Diskussion auch zwischen den Beratungsstellen noch keinen Konsens gefunden habe.

Bei meinen Gesprächen mit Kolleg:innen von Lukas Weber merkte ich rasch, dass die Kritik am Missbrauchsbegriff bei Weitem nicht so verbreitet ist wie jene an »Kinderpornografie«. Letzteres sagt eigentlich niemand mehr, der regelmäßig mit Betroffenen zu tun hat. »Sexueller Missbrauch« ist hingegen durchaus gebräuchlich. Aus diesem Grund votierte4 auch der Bundesrat gegen Lambrechts Pläne. Beim Missbrauchsbegriff handle es sich um einen »seit langem eingeführten, eindeutig negativ besetzten, in der Bevölkerung gängigen Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs«. Das Argument, durch Missbrauch werde suggeriert, es könne einen positiv konnotierten »Gebrauch« von Kindern geben,...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2023
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte CSAM • Cybergrooming • Cyber Grooming • darknet • Dark Net • dark Web • Debatte • Debattenbuch • Eltern • Erzieher • Erzieherinnen • Facebook • Gefahren • Gefahren für Kinder im Netz • gesellschaftliche Debatte • Instagram • Internet • Internetforen • Internetkonzerne • Internetkriminalität • Jugendliche • Kinder • Kinderbilder teilen • Kinderfotos • Kinderfotos posten • Kinder im Internet • Kinder im Internet schützen • Kinder im Internet zeigen • Kinderpornographie • Kinderschutz • Kindesmissbrauch • Lehrer • Lehrerinnen • Medienbildung • Medienkompetenz • Medienkompetenz für kinder • Missbrauchsfälle • Online-Chats • Pädokiminelle • Pädokriminalität • pädokriminelle Szene • Pädophile • Pädophilie • Pädosexualität • Ratgeber Eltern • Ratgeber Kinder und Medien • Ratgeber Medien bei Kinder • Schulen • sexuelle Gewalt gegen Kinder • Social Media • Soziale Netzwerke • Strafbarkeit • Strafverfolgungsbehörden • Tabuisierung • Technologie und Gesellschaft • Whatsapp
ISBN-10 3-426-46705-4 / 3426467054
ISBN-13 978-3-426-46705-3 / 9783426467053
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