Lasst uns streiten! (eBook)

Wie Auseinandersetzungen uns wieder zusammenbringen - Cancelst du noch oder streitest du schon? - Mit einem Nachwort von Arun Gandhi
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Ariston (Verlag)
978-3-641-30657-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lasst uns streiten! -  Birte Karalus
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Rosarot ist keine Option!
Eine Aufforderung zum Streit? Wird öffentlich nicht schon genug gestritten, mit schrillen Tönen auf der einen Seite und ängstlichem Schweigen auf der anderen? Mit Schlammschlachten in den sozialen Medien und Sprachlosigkeit in vielen Familien? So kann es nicht weitergehen! Unser Miteinander und damit am Ende auch unsere Demokratie stehen auf dem Spiel, wenn wir Kontroversen nicht mehr lösungsorientiert austragen.

Dies ist kein Buch über oberflächliche »Streittechniken«. Es ist ein Buch für eine andere Haltung zum Streit - und damit zu unserem Gegenüber. Denn streiten müssen wir, um uns in einer vielfältigen Gesellschaft auf gemeinsame Werte und Regeln zu einigen. Wir alle haben es in der Hand zu gestalten, in welcher Gesellschaft wir leben! Wir sehnen uns nach Zusammenhalt. Der Appell der bekannten Moderatorin lautet: Tun wir etwas dafür!

  • Sie bringt Streitparteien an einen Tisch: TV-Moderatorin und Mediatorin Birte Karalus
  • Ob Familienstreit, politischer Konflikt oder harte Verhandlung: Birte Karalus verrät ihre Erfolgsgeheimnisse zur Lösung festgefahrener Situationen
  • Mit einem Nachwort von Arun Gandhi - Autor des Bestsellers »Wut ist ein Geschenk«


Birte Karalus war eine der erfolgreichsten Talkmasterinnen im deutschen Fernsehen. Über zwei Jahrzehnte stand sie vor Fernsehkameras und auf den relevanten Bühnen von Wirtschaft und Politik. Heute ist Birte Karalus ausgebildete Mediatorin, Verhandlungsführerin und Peacemaker. Als Kommunikationsexpertin ist sie in internationalen Verbänden, Parteien und Unternehmen mit hochkarätigen Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft genau dafür zuständig: das Potenzial in Konflikten aufzudecken und zu fördern, Meinungen zu moderieren und gemeinsame Lösungen zu erstreiten.

»Nicht jene, die streiten, sind zu fürchten,

sondern jene, die ausweichen.«

Marie von Ebner-Eschenbach

1
Lob des Streits

Über die Kraft, die alles schafft

Braucht es das wirklich: ein »Lob des Streits«? Wird nicht schon mehr als genug gestritten, in den sozialen Medien, in den Talkshows, in der großen Politik und auf der Straße? Längst macht sich Überdruss breit angesichts des Dauergezänks allerorten. Die Quoten der Talkshows sinken, weil mehr und mehr Zuschauer genug haben von vorhersehbaren Wortgefechten in immer gleicher Besetzung. Viele von uns kämpfen dazu noch mit den Irritationen oder gar Verwüstungen, die der Streit über Coronamaßnahmen in vielen Freundschaften und Familien hinterlassen hat. Und schon gibt es neue Krisen und neue Streitanlässe: Krieg in Europa und im Nahen Osten, Klimakleber und Migrationsfrage, Gendern und Cancel-Culture, Rechtspopulismus und linker Aktivismus – um nur einige zu nennen. Viele Alltagsgespräche gleichen inzwischen einem Tanz um rohe Eier: Heikle Themen werden lieber ausgespart beim Austausch mit dem Nachbarn, auf dem Betriebsfest oder beim Familientreffen. Zu groß ist die Sorge, unversehens einen Streit zu provozieren. Das Leben ist schließlich anstrengend und kompliziert genug.

Statt »auf den Tisch« alles »unter den Teppich«

So verständlich diese Reaktion ist (und ich ertappe mich gelegentlich selbst dabei): Wirklich gut fühlt sich das nicht an. Eine erzwungene Harmonie ist nicht befreiend, sondern belastend. Unterdrückte Konflikte sind wie Wasserbälle, die man nur eine bestimmte Zeit unter die Oberfläche pressen kann. Dann poppen sie mit Macht wieder hoch, manchmal an einer Stelle, an der man es gar nicht erwartet. An Weihnachten oder im Urlaub ist Hochkonjunktur für Beziehungsstress. In Familien bricht sich der aufgestaute Groll zum Beispiel oft Bahn, wenn es darum geht, das Erbe aufzuteilen. Häufig wird mit einer Erbitterung um den Nachlass gestritten, die sich nur damit erklären lässt, dass hier alte Rechnungen beglichen werden. Da geht es allenfalls am Rande um die verwohnte Immobilie oder den Biedermeierschrank der Urgroßmutter, eigentlich geht es darum, dass man sich schon immer gegenüber den Geschwistern zurückgesetzt fühlte und nun eine Kompensation dafür beansprucht. Hätte man sich zu Lebzeiten mit den Eltern auseinandergesetzt, wären einem selbst vielleicht jahrelanger Kummer und der Familie ein endgültiger Bruch erspart geblieben. Doch statt zu reden, hat man stumm gegrollt, oft jahrelang.

Was man unter den Teppich kehrt, wird früher oder später zur Stolperfalle.

Unterdrückter Streit schafft nicht Harmonie, sondern Unbehagen. Das gilt in der Familie wie in der Gesellschaft insgesamt. More in Common, eine gemeinnützige Organisation, die sich mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in den westlichen Demokratien beschäftigt, veröffentlichte 2023 eine Studie unter dem Titel »Zukunft, Demokratie, Miteinander: Was die deutsche Gesellschaft nach einem Jahr Preiskrise umtreibt«. Auch wenn es angesichts von Inflation und explodierenden Energiepreisen nicht zu den von manchen befürchteten (und von Populisten sogar herbeigewünschten) Massendemonstrationen gekommen ist, zeichnet die Studie ein düsteres Bild. Über alle Bevölkerungsgruppen hinweg sagen 80 Prozent der Befragten, in Deutschland gehe es »eher ungerecht« zu. Bei der Frage nach den hervorstechendsten »Eigenschaften« der deutschen Gesellschaft belegt »gespalten« den Spitzenplatz (54 Prozent), gefolgt von »bürokratisch« (52 Prozent) und »unfähig« (22 Prozent). Als »erfolgreich« empfinden nur noch ganze 5 Prozent unser Land. Insgesamt entsteht das besorgniserregende Bild eines rückständigen und in sich zerrissenen Gemeinwesens – und das in einem der nach wie vor reichsten Länder der Erde mit einem im internationalen Vergleich vorbildlichen Sozialsystem. Die Trendforscher rund um Matthias Horx sprechen sogar von einer »Zukunftsdepression«, die weite Kreise der Bevölkerung angesichts miteinander verzahnter globaler »Omnikrisen« erfasst habe.1 Damit nicht genug. Gleichzeitig befinden wir uns in einer akuten Vertrauenskrise, was gesellschaftliche Institutionen angeht: Der Bundesregierung und den Wirtschaftsvertretern vertraut nur noch eine Minderheit (29 bzw. 21 Prozent). Die Kirchen haben noch mehr abgewirtschaftet und genießen auf dem vorletzten Platz des Rankings kaum mehr Vertrauen als die Regierung Russlands, sprich Putin. Großes Vertrauen schenkt man nur noch im engen privaten Umfeld seinen Angehörigen und Freunden (92 Prozent).2

Merkwürdige Zeiten: Konfliktscheu auf der einen, Polarisierung auf der anderen Seite.

All das passt schlecht zur relativen Grabesruhe in der Öffentlichkeit, die im politischen Bereich Anfang 2024 ein Ende hatte. Hunderttausende gingen auf die Straße, nachdem CORRECTIV, ein spendenfinanziertes Medienhaus, ein Treffen publik gemacht hatte, bei dem Rechtsextreme und AfD-Politiker Pläne zur »Remigration« diskutierten. Doch bei den Demonstrationen für unsere Demokratie trafen sich Gleichgesinnte. Gestritten – im konstruktiven Sinne – wird auf Kundgebungen nicht, eine Auseinandersetzung um politische Positionen findet nicht statt. Heftig gestritten wird vor allem in den sozialen Medien, von einer lauten und oft unflätigen Minderheit. Gestritten wird auch in der Politik, aktuell in einer Dreierkoalition, deren Sprunghaftigkeit und Gezänk viele an ihrer Kompetenz und Handlungsfähigkeit zweifeln lässt. Gestritten wird, wie erwähnt, in Talkshows, meist ohne neue Erkenntnisse und mit schalem Nachgeschmack. Jenseits dieser öffentlichen Bühnen mag man sich privat kaum noch streiten, trotz der vielen denkbaren Anlässe und trotz der stillen Verzweiflung in unserem Land. Das ist kein Phänomen der unmittelbaren Gegenwart. Schon 1990 attestierte der Sozialwissenschaftler Claus Leggewie der Gesellschaft »Konfliktscheu bei hoher Bereitschaft zur Polarisierung«.3 Inzwischen aber eskaliert dieses Phänomen. Man muss kein Wissenschaftler sein, um das private Harmoniebedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger mit einem Gefühl der Überforderung in einer immer komplexeren Umwelt in Verbindung zu bringen. Je mehr vertraute Sicherheiten wegbrechen, desto verführerischer ist die Strategie der bekannten drei Affen, die nichts hören, nichts sehen und nichts sagen, sondern offenbar einfach nur ihre Ruhe haben wollen. Das rheingold Institut für Marktforschung kommt in einer aktuellen Studie zu ganz ähnlichen Befunden wie More in Common und resümiert die Ergebnisse von Tiefeninterviews und repräsentativer Onlinebefragung unter der Überschrift »Deutschland auf der Flucht vor der Wirklichkeit«. Von der Politik enttäuscht, ziehen sich viele Menschen ins Private zurück. Salopp gesagt: Wir machen es uns zu Hause schön, um das Elend da draußen zu vergessen. Auf der Strecke bleibt dabei unter anderem eine »konstruktive Gesprächskultur«, so Institutsleiter Stephan Grünewald. Das wirke bis ins Private hinein: »… die Gemeinschaften [werden] immer hermetischer und grenzen sich von Andersdenkenden ab. Menschen, die anstrengend sind, weil sie eine andere Meinung oder Haltung vertreten, werden oft aussortiert.«4

Keine Lösung: der Rückzug in die Blase Gleichgesinnter.

Alles in allem ein unschönes Bild. Vielleicht geht es Ihnen wie mir: Ich fühlte mich ein wenig ertappt. Aber geht es uns gut dabei? Genauer gefragt: Geht es Ihnen gut? Bleibt nicht eher eine kribbelige Unruhe, eine gärende Sorge, eine leise Wut, die sich mal besser, mal weniger gut verdrängen lässt? Und wäre es da nicht klüger, öfter über brisante Themen zu reden und sich auseinanderzusetzen – in der Hoffnung, gemeinsam neue und geeignetere Lösungen zu finden? Oder auch, um festzustellen, dass wir in unseren Positionen gar nicht so weit auseinanderliegen, wie wir befürchtet haben? Manche Konflikte sind ja wie der Scheinriese Tur Tur in der Augsburger Puppenkiste – je weiter der Bogen ist, den man um sie schlägt, desto größer und bedrohlicher wirken sie. Nähert man sich ihnen, schrumpfen sie auf Normalmaß und man kann mit ihnen umgehen. An manchem Aufreger aus der Vergangenheit wundert uns heute ohnehin nur noch eines: wie groß die Aufregung einst war. Im Vorfeld der Anschnallpflicht im Auto beispielsweise flogen die Fetzen. Von gefährlichen »Fesseln« war Mitte der Siebzigerjahre die Rede, von Freiheitseinschränkungen, sogar Busenschäden wurden befürchtet. Mutmaßungen und Gerüchte – kaum jemand war interessiert, konstruktiv zu streiten. Wie das geht, werden wir uns später noch genauer anschauen.

Viele, wenn nicht die meisten Konflikte wurzeln meiner Erfahrung nach im Mangel an Kommunikation, in der Familie ebenso wie in der Welt der Unternehmen oder der Politik. Würden wir mehr (respektvoll) streiten, ginge es uns allen am Ende besser. In Konflikten besteht eine meiner Hauptaufgaben darin, Menschen wieder ins Gespräch miteinander zu bringen, sodass die Visiere hochgeklappt werden, bisher Ungesagtes endlich auf den Tisch kommt und bereits Gesagtes in einen Kontext eingeordnet werden kann. Das erfordert Mut von den Beteiligten, und es ist oft schmerzhaft, weil sich hier natürlich auch Emotionen entladen. Meine Aufgabe ist dann erfolgreich, wenn es mir gelungen ist, eine Atmosphäre zu schaffen, in der selbst die härtesten Gegner sich zuhören, ohne reflexhaft zurückzuschlagen.

Ich erinnere mich an einen Konflikt in einem Familienunternehmen. Das hochbetagte...

Erscheint lt. Verlag 25.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 2023 • 2024 • Berühmte Personen • besser streiten • Brückenbauer • cancel culture • Diplomatie • eBooks • Familienkonflikte • Familienstreit • Freundschaftsstreit • gräben überbrücken • Kommunikation • Konflikt • Konflikte im Unternehmen • Konflikte in der Familie • Konflikte in der Partnerschaft • Konflikte mit Kollegen • Konflikte mit Vorgesetzten • Konfliktlösung • Konfliktmanagement • Konsens • konstruktives streiten • Lösungen suchen • Mediation • Miteinander reden • Neuerscheinung • richtig streiten • Streitgespräch • Streitkultur • Streit schlichten • Verschwörungstheorien • Win-Win
ISBN-10 3-641-30657-4 / 3641306574
ISBN-13 978-3-641-30657-1 / 9783641306571
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