Das Dispositiv des Alter(n)s. Zur Regierung der Psyche zwischen Aktivierung und Ausschließung im Kontext der Sozialen Arbeit - Elisabeth Stückradt

Das Dispositiv des Alter(n)s. Zur Regierung der Psyche zwischen Aktivierung und Ausschließung im Kontext der Sozialen Arbeit

Buch | Softcover
104 Seiten
2023
Diplomica Verlag
978-3-96146-951-2 (ISBN)
39,50 inkl. MwSt
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Im Rahmen des demografischen Wandels rücken die Potenziale des Alter(n)s ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Wohlfahrtsstaatliche Leistungen sozialer Sicherung werden zunehmend eine eigenverantwortliche Aufgabe der Individuen. Die Figur des unternehmerischen Selbst bestimmt die Lebensphase Alter, sodass ältere Menschen stetig dazu angerufen werden sich zu optimieren, jung zu bleiben und an ihrer Gesundheit zu arbeiten. Niemand kann sich dem Prozess des Alter(n)s entziehen. Doch im Kontext aktuell vorherrschender Aktivierungsparadigmen geht es darum, das Alter(n) zu vermeiden, um nicht sozial ausgeschlossen zu werden. Ziel dieses Buches ist eine kritische Auseinandersetzung mit den aktuellen Diskursen und Praktiken im Hinblick auf das Alter(n). Ältere Menschen leben hierbei in einem Spannungsfeld von Aktivierung und Ausschließung. Durch einen historisch neuen Typus der Macht werden sie über ihre Psychen regiert. Interessant ist es zu untersuchen, welche Ausschließungsmechanismen entdeckt werden können und wie sich die Soziale Arbeit im Kontext eines aktivierenden Sozialstaates positionieren kann.

Elisabeth Stückradt, M.A., wurde 1995 geboren. Bereits im Jahr 2012 begann ihre Tätigkeit in einer Kindertageseinrichtung. Nach der Ausbildung zur Sozialassistentin und ihrem Fachabitur absolvierte sie von 2013 bis 2016 die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin. Im Anschluss daran arbeitete sie von 2016 bis 2017 als Vollzeitkraft in einer Kindertageseinrichtung. Das Studium der Sozialen Arbeit schloss sie im Jahr 2021 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts an der Evangelischen Hochschule Darmstadt erfolgreich ab. Im Verlauf des Studiums etablierte Elisabeth Stückradt nebenberuflich das Generationenprojekt "Menschen stärken" und wurde Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes. Innerhalb der Ausbildung entwickelte die Autorin das Hauptziel, Menschen in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken und zur Echtheit zu ermutigen. Im Juni 2021 veröffentlichte sie ihr ihr erstes Buch "Menschen stärken: Ein Generationenprojekt. Intergenerative Projekte und ihre Potenziale für die Soziale Arbeit". Im Rahmen des Masterstudiengangs Soziale Arbeit setzte sie sich intensiv und kritisch mit dem Thema "Alter(n) in der Gesellschaft" auseinander und beendete ihr Studium im Jahr 2022 erfolgreich. Während des Studiums arbeitete sie als Lehrkraft für Musik und Bewegung an einer Berufsschule und später in einer Schule für Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Förderbedarfen.

Textprobe:Kapitel 1.2 Therapeutisierung der Gesellschaft - Zur Regierung der Psyche:Das Verständnis der gegenwärtigen Gesellschaft und die ihr zugrundeliegenden Denk- und Handlungsweisen werden sowohl durch neoliberalistische Prinzipien als auch durch eine Therapeutisierung der Gesellschaft maßgeblich mitbestimmt. Das neoliberalistische Denken ist den Grundprinzipien des Liberalismus verpflichtet, nicht mehr nur auf die Wirtschaft begrenzt und bringt Effekte mit sich, die sich auf verschiedene Teile der Gesellschaft auswirken (vgl. https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20176/neoliberalismus). So ist zum Beispiel die Soziale Arbeit nicht marktfern, definiert Produkte und steht in Konkurrenz zu anderen Anbieter*innen (vgl. Rau 2016, S.647f.). Das Konzept der Gouvernementalität weist auf die zunehmende Bedeutung disziplinierender Techniken in Zeiten des Neoliberalismus hin. Dazu zählen Technologien, die das Subjekt zum eigenverantwortlichen Tun zwingen und als Standard setzen, so dass jeder als eigenverantwortlicher Gestalter seines Lebens Glück und Pech selbst verschuldet. Das Leben wird von strukturellen Faktoren losgelöst und ist ein individuelles Projekt (vgl. Spetsmann-Kunkel 2013, S.4f). Eine sichtbare Wirkung des Prozesses der Therapeutisierung der Gesellschaft ist die zunehmende Individualisierung und Entpolitisierung von gesellschaftlich bedingten Interessenkonflikten und strukturellen Widersprüchen. Es geht darum, dass therapeutische Praktiken und Perspektiven in zunehmendem Maß die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bearbeitung von politischen, sozialen, kulturellen, ökonomischen Konflikten und Verhältnissen bestimmen.Die Eigenständigkeit der Therapeutisierung begründet sich durch einen historisch neuen Typus der Macht, der sich der Form der Psychopolitik bedient und die Art der Subjektivierungs- und Vergesellschaftungsweise grundlegend verändert. Das Konzept der Gouvernementalität als Pyschopolitik beschreibt, wie der Mensch durch den Modus der Psyche regiert wird. Dieser historisch neue Typus der Macht umfasst Formen der Aktivierung, der Selbstführung sowie Praktiken der Selbstoptimierung, die man nach Foucault als Techniken des Selbst beschreiben kann. Die Psychopolitik stellt für die Therapeutisierung der Gesellschaft einen wichtigen Pfeiler unternehmerischer Praktiken dar, welche dem Neoliberalismus Ansatzpunkte für Strategien der Regierung geben kann (vgl. Rau 2016, S.648f.). Gouvernementalität bezeichnet also Macht- und Wissenskomplexe, in denen sich die Formen der politischen Regierung der Führung des Selbst bedienen. Durch die Neufiguration des Menschen als unternehmerisches Selbst und als homo oeconomicus, der sein eigener Produzent, sein eigenes Kapital sowie Einkommen ist, wird als Individuum gouvernementalisierbar. Dieses Konzept fungiert als Problematisierungsformel für menschliches Verhalten und gilt als Ausgangspunkt für politische und ökonomische Verhaltenssteuerung. Aktuelle Regierungsstrukturen schaffen Anreize sowie Aktivierungs- und Ermächtigungsprogramme. Zeitgleich setzen sie allerdings auf das unternehmerische Selbst. Die Selbstoptimierung erweist sich als Versuch einer permanenten Anpassung an Umstände, die man nicht zu verantworten hat, für deren Wirkung man aber verantwortlich gemacht wird. Das Selbst erfährt eine Neufiguration, denn alle Techniken des Selbst etablieren einen Zirkel aus kontinuierlicher Evaluation des Selbst und daraus abgeleitete Anpassungen der Selbstführung (vgl. Duttweiler 2016, o.S.). In diesem Kontext spricht Kessl (2005b, S.32) von einer "subjektiven Lebensgestaltungsverantwortung", die unabhängig von den sozialen Möglichkeiten der Teilhabe der einzelnen verlangt wird. Das setzt voraus, dass die Individuen "Einfluss nehmen können auf eben diese Gestaltung ihrer Handlungsvollzüge" (Kessl 2005a, S.180). Jede*r soll unabhängig davon, wie die Zugangsbedingungen verteilt sind, sein Leben selbst aktiv gestalten (vgl. Bröckling 2019, S.283). Di

Erscheinungsdatum
Sprache deutsch
Maße 155 x 220 mm
Gewicht 179 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Soziologie Allgemeine Soziologie
Schlagworte Alter • Älterwerden • Dispositiv • Kritische Theorie • Macht • Michel Foucault • Soziale Arbeit • Sozialpädagogik
ISBN-10 3-96146-951-2 / 3961469512
ISBN-13 978-3-96146-951-2 / 9783961469512
Zustand Neuware
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