Die deutsche Foodsharing-Bewegung im Spannungsfeld der EU-Verbraucherschutzpolitik. Eine qualitative Studie am Beispiel des "foodsharing e. V." (eBook)
Um dieses Ziel zu erreichen und die Forschungsfrage zu beantworten, wird in dieser Arbeit zum einen ermittelt welche Bewertungskriterien es gibt, die zu einer Beurteilung von "foodsharing" als Tätigkeit eines Lebensmittelunternehmens herangezogen werden. Ferner wird eruiert, was konkret geändert werden müsste, damit bestehende Regelungen des europäischen und deutschen Lebensmittelrechts an die Ressourcen vom "foodsharing e. V." und seiner Community angepasst werden können und wie eine einheitliche Linie bezüglich der Beurteilung geschaffen werden kann. Zudem wird analysiert, ob "foodsharing" bereits umfassende Maßnahmen bezüglich der Lebensmittelsicherheit- und Hygiene zum gesundheitlichen Schutz der Verbraucher*innen umsetzt oder ob gegebenenfalls weitere Maßnahmen notwendig sind, um das Lebensmittelretten noch sicherer für Verbraucher*innen zu machen, die dennoch verhältnismäßige Lösungen für die "Foodsaver" darstellen. Darüber hinaus werden anhand von Beispielen anderer Länder in der EU politische Maßnahmen zur Vereinfachung und Förderung der Abgabe von Lebensmittelspenden dargestellt. Diese sollen zugleich mehr Rechtssicherheit für die ehrenamtlichen Lebensmittelretter*innen und Spenderbetriebe schaffen und sie vor möglichen behördlichen Auflagen oder strafrechtlicher Verfolgung schützen.
Die Problematik der Lebensmittelverschwendung wird derzeit immer präsenter. Angesichts der Tatsache, dass fast eine Milliarde Menschen weltweit unterernährt sind, ist dies auch ein ethisches Problem. Der Verlust von Lebensmitteln bedeutet nicht nur den Verlust lebenswichtiger Nährstoffe, sondern auch den Verbrauch von knappen Ressourcen wie Land, Wasser und Energie, die für die Produktion, Verarbeitung und Verteilung von Lebensmitteln aufgewendet wurden. Die Mengen an noch verzehrfähigen Lebensmitteln, die jedes Jahr entsorgt werden, belaufen sich laut Einschätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen weltweit auf rund ein Drittel der Nahrungsmittelproduktion, was ca. 1,3 Milliarden Tonnen pro Jahr entspricht. Aus diesem Anlass haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) im Rahmen der Ziele der Vereinten Nationen beschlossen, die Menge der Lebensmittelabfälle bis 2030 zu halbieren.
Für die Verwirklichung dieses Ziels und die damit verbundene Sensibilisierung der Gesellschaft setzt sich auch die Initiative "foodsharing" ein, dessen Mitwirkende jeden Tag große Mengen überschüssige, noch genießbare Lebensmittel vor der Entsorgung retten. Pro Tag erfolgen ca. 3.500 Lebensmittel-Rettungen. Die Bewegung wird vom "foodsharing e. V." vertreten und ist 2014 aus der Fusion von foodsharing.de und lebensmittelretten.de entstanden. Der Verein und seine Gemeinschaft (im Englischen "community") ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv und zählt derzeit ca. 89.000 ehrenamtliche Lebensmittelretter*innen, die sich selbst als „Foodsaver“ bezeichnen. Der Umgang mit Lebensmitteln im öffentlichen Raum wird in der Europäischen Union (EU) durch Gesetze reguliert, die vor allem dem gesundheitlichen Verbraucherschutz dienen. Relevant sind im Rahmen von "foodsharing" insbesondere Vorgaben des europäischen und nationalen Lebensmittelrechts, aber auch Fragen der Haftung und Strafverfolgung, wenn das Umverteilen von Lebensmitteln als Tätigkeit eines Lebensmittelunternehmens angesehen wird. Ob die "Foodsaver" als Lebensmittelunternehmer*innen gelten, ist gegenwärtig ein umstrittenes Thema. Derzeit existieren lediglich europäische und einzelstaatliche Leitlinien, die zur Orientierung dienen, wie Lebensmittel umverteilende Organisationen zu behandeln sind. Eine Bewertung als solches bedeutet, dass die umverteilenden Organisationen angemessene Sicherheits-, Hygiene-, Qualitäts- und andere regulierende Vorschriften wie eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel zum Zweck des Gesundheitsschutzes beachten müssen.
Damit verbunden ist zudem das Risiko einer Haftung im Fall eines gesundheitlichen Schadens, der durch ein gerettetes Lebensmittel verursacht wurde. Aus den rechtlichen und operativen Hindernissen sowie einer unterschiedlichen Auslegung der EU-Vorschriften in den EU-Ländern zur Umverteilung von überschüssigen Lebensmitteln resultiert zum einen eine Unsicherheit auf Seiten der "Foodsaver", die möglicherweise privat für ihr Handeln haften müssen. Zum anderen entsteht eine Unsicherheit auf Seiten der Bereitsteller, die sie von einer Weitergabe der Lebensmittel abhält. In diesem Zusammenhang ist überdies nicht geklärt, ob die Empfänger*innen der frei zugänglichen, unentgeltlich abgegebenen Lebensmittel überhaupt Schadensersatzansprüche geltend machen können, da die gängige kaufmännische Definition eines/einer Verbraucher*in den Erwerb von Gütern gegen ein Entgelt impliziert. Diese Unklarheiten und damit verbundene Unsicherheiten erschweren das Retten von Lebensmitteln und behindern somit die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung.
Erscheint lt. Verlag | 17.3.2023 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung ► Vergleichende Politikwissenschaften |
Technik | |
Schlagworte | Europäisches Lebensmittelrecht • European food legislation • foodsharing conflicts • Foodsharing Gefahren • foodsharing hazards • foodsharing initiatives • foodsharing liability • Foodsharing Regeln • Foodsharing Risiko • Food Traceability • Geteilte Lebensmittel • Grassroot Movement • incentives to food donation • Initiativen Lebensmittelretten • Labensmittel-Basisverordnung • Lebensmittel Rückverfolgbarkeit • Lebensmittelspende • Lebensmittelumverteilen • risk-based food policies |
ISBN-10 | 3-346-83570-7 / 3346835707 |
ISBN-13 | 978-3-346-83570-3 / 9783346835703 |
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