Friesensilber. Ostfrieslandkrimi -  Sina Jorritsma

Friesensilber. Ostfrieslandkrimi (eBook)

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2023 | 1. Auflage
180 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-708-6 (ISBN)
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»Mein Bruder wurde erschlagen, und zwar von dieser falschen Schlange!« Tatwaffe Teekanne? Amalia Pogge ist überzeugt davon, dass ihr Bruder Diethelm in ihrem gemeinsamen Haus auf Borkum ermordet wurde. Und zweifellos klebt an der silbernen Teekanne eine rote Substanz, die wie eingetrocknetes Blut aussieht. Aber von einer Leiche fehlt jede Spur. Ist etwas dran an der Geschichte oder handelt es sich nur um eine Angstfantasie? Amalia verdächtigt die attraktive junge Frau, die ihrem Bruder in den letzten Tagen den Kopf verdreht hat, vom Alter her aber seine Enkelin sein könnte. Ist Diethelm in eine Falle getappt und einer Betrügerin auf den Leim gegangen? Geht es um seine einzigartige Sammlung wertvoller silberner Teekannen? Obwohl die Inselkommissare Mona Sander und Enno Moll skeptisch sind, gehen sie der Sache nach. Und wenig später haben die Borkumer Ermittler tatsächlich einen neuen Mordfall...

Kapitel 1


 

Kommissarin Mona Sander von der Polizei Borkum saß seit einer halben Stunde in ihrem Büro und arbeitete an einem Vernehmungs­protokoll, als die Zimmertür aufgerissen wurde. Die rotblonde Kriminalistin seufzte. Eigentlich hätte sie sich inzwischen an die Eigenart ihrer Kollegin gewöhnen müssen, niemals anzuklopfen. Doch manchmal ging ihr diese Gewohnheit einfach auf den Wecker.

»Moin, diese Dame möchte einen Mord melden!«, verkündete Polizeimeisterin Grietje Smit. Sie trat zur Seite, damit die Besucherin eintreten konnte. Mona schaute sich die Dame genauer an. Auf einer Urlaubsinsel wie Borkum waren die meisten Menschen leger oder sportlich gekleidet. Die Melderin trug hingegen ein taubengraues Kostüm mit knielangem Rock und einer hochgeschlossenen weißen Bluse. Sie hatte eine silbrige Dauerwellenfrisur. Schätzungsweise war sie zwischen sechzig und siebzig Jahre alt. An ihrem linken Arm hing eine große schwarze Handtasche, in der rechten Hand hielt sie eine Plastiktüte.

»Moin, ich bin Kommissarin Sander. Nehmen Sie doch bitte Platz.«

Mit diesen Worten deutete die Ermittlerin auf ihren Besucherstuhl, der an der Schmalseite ihres Schreibtischs stand. Von ihrem Arbeits­platz aus hatte sie einen schönen Blick auf die Strandstraße unweit des Inselbahnhofs. An diesem nebligen Novembertag waren weniger Besucher als üblich mit der Fähre vom Festland gekommen.

»Ich lasse euch jetzt allein«, sagte Grietje. Sie machte deutlich, was sie von der Dame hielt, indem sie hinter dem Rücken der Besucherin mit den Augen rollte. Mona wusste, dass manche Menschen mit den unmöglichsten Anliegen auf der Wache erschienen, die oftmals über­haupt nicht in die Zuständigkeit der Polizei fielen. Dennoch war sie der Meinung, dass man die Meldung eines Tötungsdelikts zunächst einmal ernst nehmen sollte. Die Dame setzte sich auf den Besucher­stuhl und stellte Handtasche und Plastiktüte auf den Boden. Sie schaute die Kommissarin erwartungsvoll an.

»Wie heißen Sie?«, fragte Mona.

»Mein Name ist Amalia Pogge. – Mein Bruder Diethelm ist erschlagen worden!«

Die Kriminalistin runzelte die Stirn und hakte nach: »Wurden Sie Zeugin des Verbrechens?«

»Nein, aber ich habe die Tatwaffe dabei. Ihre freche junge Kollegin hat sie auch schon gesehen!«

Amalia Pogge griff zu der Plastiktüte, zog eine Teekanne heraus und stellte diese auf den Schreibtisch. Die Kanne war aus Silber, das Design wirkte altmodisch. Und auf der Oberfläche befand sich eine rote Flüssigkeit, die man für Blut hätte halten können.

»Falls das wirklich eine Mordwaffe sein sollte, hätten Sie diese nicht vom Tatort entfernen dürfen«, erklärte die Kommissarin, aber Amalia Pogge fiel ihr ins Wort: »Das ist keine x-beliebige Kanne, sondern eine Brixhall-Wallace von 1910. Sie ist mindestens 500 Euro wert. Ich wundere mich über Sie, Frau Sander. Ich hatte angenommen, dass ich bei der ostfriesischen Polizei etwas mehr Sachverstand bezüglich der Bestandteile eines Teeservices erwarten könnte.«

Ich bin Kriminalistin und keine Geschirrexpertin! Dieser Satz lag Mona auf der Zunge, aber sie behielt ihn für sich. Allmählich begriff sie, warum Grietje mit den Augen gerollt hatte.

»Haben Sie einen Arzt gerufen?«, fragte die Kommissarin.

Amalia Pogge warf ihr einen verständnislosen Blick zu: »Warum hätte ich das tun sollen?«

»Es wäre ja immerhin möglich, dass Ihr Bruder nicht tot, sondern nur verletzt ist. Und dann könnte ein Mediziner ihm helfen«, erklärte die Kommissarin, wobei ihr ohnehin dünner Geduldsfaden zu reißen drohte.

»Denken Sie, das wüsste ich nicht?! Aber Diethelm ist ja ver­schwunden.«

»Also gibt es gar keine Leiche?!«

»Doch, die gibt es. Mein Bruder wurde erschlagen – und zwar von dieser falschen Schlange«, sagte Amalia Pogge. Sie hörte sich nun gereizt an – so, als ob sie Mona die einfachsten Zusammenhänge erklären müsste. Im Polizeidienst hatte die Kriminalistin gelernt, die Menschen einzuschätzen. Dabei lag sie meistens richtig. Und diese Dame schien zur Gattung der Nervensägen zu gehören. Es würde nicht ganz einfach sein, mit ihr umzugehen. Monas Kollege Enno Moll besaß ein natürliches Talent, solche Menschen zu beruhigen und Konflikte mit ihnen zu entschärfen. Doch der Oberkommissar nahm an einer Fortbildung in der Landeshauptstadt teil und würde erst am nächsten Tag zurückkehren. Sie war also auf sich allein gestellt. Die Kommissarin zog Latexhandschuhe über, obwohl sie nicht hundertprozentig davon überzeugt war, dass es sich bei der Teekanne um eine Tatwaffe handelte. Mona hob den Gegenstand hoch. Er war schwerer als eine Kanne aus Porzellan. Außerdem konnte eine metallene Teekanne nicht zerspringen, wenn man damit einen Menschen schlug. Theoretisch war es durchaus denkbar, dass jemand auf diese Weise ins Jenseits befördert worden war. Sie näherte die Kanne ihrem Gesicht und schnüffelte. Mona kannte den Geruch von Blut, aber sie war nicht hundertprozentig sicher, dass die Kanne damit befleckt worden war. Die eingetrockneten Flecken stammten jedenfalls nicht von Himbeersaft oder einer ähnlich harmlosen Substanz.

»Können Sie Ihren Bruder nicht anrufen?«, fragte Mona. »Viel­leicht handelt es sich ja nur um ein Missverständnis.«

»Wie soll ich mit einem Toten telefonieren? Ich fürchte, dass Sie mich überhaupt nicht für voll nehmen, Frau Sander.«

Das hast du messerscharf erkannt, dachte die Kommissarin. Dennoch war sie nicht hundertprozentig sicher, dass Amalia Pogge ihr einfach nur eine Angstfantasie auftischte. Eins stand nämlich fest: Diese Frau glaubte an die Ermordung ihres Bruders. Und es ließ sich nicht ausschließen, dass wirklich eingetrocknetes Blut an der Kanne klebte – und zwar ziemlich viel. Mona stand auf.

»Ich möchte den Tatort sehen«, forderte sie und korrigierte sich gleich darauf selbst: »Ich spreche also von dem Platz, wo Sie diese Kanne herhaben.«

Diese Ankündigung schien Amalia Pogge zu gefallen: »Das ist gut, dann können Sie die Mörderin gleich verhaften.«

Eine Tatverdächtige hat sie also auch schon ermittelt. Dieser Gedanke schoss der Kommissarin durch den Kopf, während sie ihre gefütterte Windjacke anzog. Als Zivilfahnderin trug Mona in der kalten Jahreszeit meist einen Rollkragenpullover und Jeans, außer­dem Boots mit Profilsohle. Sie verließ gemeinsam mit Amalia Pogge die Polizeistation durch den Hinterausgang. Dadurch vermied sie ein neuerliches Zusammentreffen mit Grietje. Die uniformierte Kollegin mit den Wuschelhaaren war eine gute Polizistin, eckte aber wegen ihres lockeren Mundwerks öfter an. Und Mona sah nicht ein, dass Grietje sich wegen der Melderin vielleicht Ärger einhandelte.

»Mein Bruder und ich haben ein Haus in der Süderreihe gekauft«, erklärte Amalia Pogge, »es ist nicht weit bis dorthin.«

Das wusste Mona natürlich auch. Sie war zwar keine gebürtige Borkumerin, doch während der letzten Jahre hatte sie bei ihrer Arbeit so gut wie alle Straßen auf der Insel kennengelernt. Die Süderreihe war unweit vom Ortszentrum gelegen. Wenige Häuser wurden dort ganzjährig von ihren Besitzern bewohnt, meist waren sie als Ferien­objekte vermietet. Außerdem gab es noch einige kleine Frühstücks­pensionen. Während die beiden Frauen das kurze Stück von der Strandstraße zur Süderreihe zurücklegten, sprach Amalia Pogge weiter: »Diethelm und ich haben das Haus erst vor drei Monaten bezogen, wir wollten unseren Lebensabend auf dieser schönen Insel verbringen. Aber dann musste diese unmögliche Person ja unbedingt unseren Traum zerstören.«

»Von wem sprechen Sie, Frau Pogge?«

»Ich meine natürlich die Mörderin!«

Mona verzichtete darauf, an dieser Stelle genauer nachzufragen. Dazu würde es später noch Gelegenheit geben, falls es überhaupt nötig war. Noch stand für die Ermittlerin nach wie vor nicht fest, ob sie es überhaupt mit einem Kriminalfall zu tun hatte. Bevor sie etwas von sich gab, was sie später bereuen würde, hielt sie lieber den Mund. Stattdessen fasste sie die bisher bekannten Informationen zusammen: Amalia und Diethelm Pogge waren offenbar vermögend. Man musste schon ein ordentliches finanzielles Polster besitzen, um sich ein Haus in einer solchen Lage auf Borkum leisten zu können. Die Immobilienpreise hatten in den letzten Jahren kräftig angezogen, wie auf allen Nordseeinseln. Die Kleidung der Dame war von hoher Qualität, für so etwas hatte die Kommissarin einen Blick entwickelt. Amalia Pogge drückte sich gewählt aus, außerdem konnte man bei ihr einen leichten Hamburger Dialekt heraushören. Also ein Ge­schwisterpaar im Ruhestandsalter, das vermutlich keine Geldsorgen hatte. Ob der angeblich Ermordete verheiratet war? Von einer Ehefrau hatte die Schwester nichts gesagt. Oder bezeichnete sie ihre Schwägerin grundsätzlich...

Erscheint lt. Verlag 12.1.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-708-3 / 3965867083
ISBN-13 978-3-96586-708-6 / 9783965867086
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