Hirn gegen Hayley (eBook)

Leidfaden von einer, die sich zu viele Gedanken macht - »TikToks lustigste Komikerin« Sunday Times - Deutsche Ausgabe des Bestsellers »Me vs. Brain«

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023
304 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-31097-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hirn gegen Hayley - Hayley Morris
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Jeder kennt sie. Diese unerwünschte Stimme im Hinterkopf, die sich immer dann einmischt, wenn man sie am wenigsten braucht. Auch Hayley Morris hört diese Stimme im Kopf und hat sich lange gefragt, wer es eigentlich ist, der ihr da so nervig dazwischenfunkt. Inzwischen ist ihr klar: Es ist ihr Gehirn, das wie ein unkündbarer Mitbewohner in ihrem Kopf haust und ihr keinen Frieden gönnt. In Hirn gegen Hayley zeigt Hayley Morris auf ihre unnachahmlich charmante Art, dass es normal ist, sich zu viele Gedanken zu machen, dass man nicht seltsam ist, nur weil man eine belanglose Peinlichkeit noch Wochen später im Kopf wälzt, und dass es okay ist, manchmal vor lauter aufdringlichen Gedanken wie gelähmt zu sein, auch wenn man sich dabei oft merkwürdig fühlt.
  • Ein urkomisches Plädoyer fürs Zuvieldenken und das ideale Buch für alle Grübler, die sich endlich einmal richtig verstanden fühlen wollen
  • »TikToks lustigste Komikerin« - Sunday Times


Hayley Georgia Morris, geboren 1993, ist eine britische Social-Media-Influencerin, Autorin und TikTok-Sensation. Vom Lockdown während der Corona-Pandemie gelangweilt, begann sie im Januar 2021 humorvolle und vollkommen tabulose Kurzvideos auf verschiedenen Social-Media-Plattformen zu teilen, und hatte damit schnell Riesenerfolg. Mehr als 7 Millionen Menschen folgen ihr inzwischen auf ihren Kanälen, was sie zu einer der größten Digital-First-Komikerinnen überhaupt macht. Für ihre Videos wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2021 von Blogosphere als »TikToker of the Year« und 2022 als »Sunday Times Face to know«. 2023 veröffentlichte sie mit Hirn gegen Hayley (Me vs. Brain) ihr erstes Buch. Morris lebt auf der Isle of Wight an der Südküste Englands.

Ich vs. Intrusive Gedanken


Gegen ein feines kleines Drama hatte ich noch nie etwas einzuwenden. Mein perfektes Abendprogramm sieht in etwa so aus:

1. Akt: Ein streitendes Paar am Nebentisch, der Typ hat ganz eindeutig Mist gebaut, und das Mädel hat ihn auf die Hörner genommen.

2. Akt: Eine Meinungsverschiedenheit im Pub, der Kunde ist König, aber das Personal bekommt nicht genug Geld, um einfach nett lächelnd nachzugeben, und bleibt stattdessen stur.

3. Akt: Ein Kräftemessen zwischen einem Jugendlichen, der im Bus in voller Lautstärke irgendein Spiel auf seinem Smartphone daddelt, und einer Frau, die der Meinung ist, öffentliche Transportmittel sollten ein Ort der Ruhe und Meditation sein.

Wie gesagt, für ein bisschen Drama im Leben der anderen bin ich immer zu haben. Aber in meinem eigenen Leben? Nein, danke. Das ist nichts für mich, Leute.

Trotzdem spiele ich in meiner eigenen Existenz eindeutig die Hauptrolle. Als Jugendliche bin ich durch unser Haus spaziert und habe vor erfundenen Kameras für meine erfundene Reality-Show Hayley hängt im Haus ab posiert. Wie eine Bloggerin kommentierte ich meine unglaublich schlechte Make-up-Routine und kochte Nudeln, als würden Heerscharen von Fans mir begeistert von zu Hause aus zusehen. Manchmal vergaß ich dabei sogar, dass meine Sendung gar nicht echt war, und überzeugt davon, dass mein damaliger Schwarm mir zusah, räumte ich die Spülmaschine noch ein bisschen verführerischer aus als sonst. Ups, habe ich grade echt einen sexy Squat gemacht, um den Geschirrspüler-Tab aus dem Schrank zu holen? Das war nur für dich, Nathan.

Eigentlich hat mich vor allem die Stimme aus dem Off – so habe ich sie am Anfang genannt – zur Hauptperson gemacht. Von morgens bis abends war da diese Stimme in meinem Kopf, die jede einzelne meiner Bewegungen kommentierte – und es war nicht meine eigene Stimme. Ich lebte in meinem persönlichen Film, aber ich fühlte mich ganz und gar nicht wie ein Star. Als es das erste Mal passierte, war ich sechs Jahre alt. Ich war gerade in einer Disney-Phase und hatte die ganzen traurigen Filme gesehen, in denen die Eltern von irgendwelchen Tierkindern sterben. Wer ist bloß auf so eine bescheuerte Idee gekommen? Sollen diese Filme Eltern etwa dabei helfen, mit ihren Kindern über den Tod zu sprechen? Ein ziemlich traumatisierendes Erlebnis, wenn man mich fragt. Ich bin immer noch nicht über den Tod von Bambis Mutter hinweg. (Achtung Spoiler.)

Eines Abends, ich lag schon im Bett und war kurz davor einzuschlafen, flüsterte mir die Stimme ins Ohr: Stell dir vor, deine Eltern sterben auch plötzlich. Woher kam diese Stimme? Ich wusste es nicht. Es war weder meine noch die von Mum oder Dad, und auch nicht die von einem der Disney-Charaktere. Solche Gedanken hatte ich vorher noch nie gehabt. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass meine Eltern sterben könnten, eine Welt ohne sie konnte ich mir einfach nicht vorstellen. An jenem Abend weinte ich mich in den Schlaf.

Mit der Zeit wurde die Off-Stimme zu einer ständigen Begleiterin. Von morgens bis abends, von dem Moment, in dem ich aufwachte, bis zur Sekunde, in der ich einschlief, musste ich mir anhören, wie sie meinen Tag beschrieb, mir Fragen stellte und mir neue, oft furchterregende Gedanken in den Kopf pflanzte.

Mit fünfzehn ergatterte ich meinen ersten richtigen Job – als Kellnerin. Wenn ich bei der Arbeit war und meine immer gleichen, monotonen Aufgaben erledigte, war die Stimme meistens still. Und dann, an einem ganz normalen Sonntag, als ich gerade ein Tablett mit Gläsern zu einem Tisch trug, hörte ich sie: Was, wenn du plötzlich stolperst und mit dem Gesicht in einem Haufen Glasscherben landest?

Zum ersten Mal kam mir der Gedanke, dass die Stimme vielleicht die Zukunft vorhersagte. Ich stellte sie mir vor wie eine von diesen unheimlichen Wahrsagerinnen. In Filmen spielt die Off-Stimme eine wichtige Rolle – sie leitet die Szene ein, erklärt, was vorher passiert ist, und liefert uns die wichtigsten Informationen zur Hauptperson. In meinem Fall waren das Informationen über mich selbst, die mir allerdings vollkommen neu waren. Schnell stellte ich das Tablett ab und suchte mir eine harmlosere Aufgabe: Besteck polieren.

Doch so schnell gab die Off-Stimme nicht auf: Die Steakmesser, hm? Die sehen echt scharf aus. Das tut bestimmt ordentlich weh, wenn du dir damit aus Versehen in den Bauch stichst. An diesem Tag blieben die Steakmesser unpoliert, die Gäste bekamen keine Getränke, und ich … ich war meinen ersten Job gleich wieder los. Überraschung!

Als ich mit siebzehn endlich den Führerschein machen durfte, bot Dad an, mit mir zu üben – in meinem neuen Auto. Er hatte auch meinem Bruder das Autofahren beigebracht, der zwar nicht beim ersten, aber immerhin beim zweiten Mal bestanden hatte, ich wusste also, dass ich in guten Händen war. Mit meinem Dad an meiner Seite, der mir mit ruhiger Stimme jeden Handgriff erklärte, fühlte ich mich sicher. So sicher, dass ich drei Monate später meinen Führerschein in der Hand hielt. Die Straßen der Isle of Wight warteten nur darauf, von mir erobert zu werden.

Die Musik auf voller Lautstärke brause ich also meine Lieblingswege entlang, links nie enden wollende, saftig grüne Felder und rechts das strahlend blaue Meer. Und zwischen mir und dem Meer? Nur die Klippenkante und ein freier Fall. Gar. Kein. Problem.

Fahr über die Klippe.

Was? O mein Gott, nein! Ich drehe die Musik leiser, damit ich besser sehen kann. Bin ich zu nah an der Kante? Ich muss sofort anhalten, ich bin eine Gefahr für mich und alle anderen. Ich sollte jemanden anrufen und mich abholen lassen. Ein paar Meter weiter halte ich auf einem staubigen Parkplatz und krame nach meinem Handy. Wen rufe ich an? Meine Eltern? Aber was soll ich ihnen sagen?

Eine echte Zwickmühle. Ich habe Angst, den Motor anzumachen, Angst, dass ich tatsächlich über die Klippe fahre, aber wenn ich jetzt meine Eltern anrufe und ihnen von den merkwürdigen Einfällen der Off-Stimme erzähle, dann nehmen sie mir garantiert meinen Führerschein weg und zwingen mich, das Auto zu verkaufen. Ich wäre meine neu errungene Freiheit gleich wieder los und müsste mich mit dem nicht existenten öffentlichen Nahverkehr der Isle of Wight begnügen.

Also stecke ich mein Handy wieder ins Handschuhfach, drücke auf Play und fahre vom Parkplatz – Spiegel, Blinker, Schulterblick. Auf keinen Fall lasse ich mir meine Freiheit wegnehmen! Für den Rest der Fahrt schmettere ich aus voller Kehle und in Dauerschleife »Unwritten« von Natasha Bedingfield. Wenn die Off-Stimme wieder etwas sagt, höre ich ihr einfach nicht zu.

Ein paar Wochen später düse ich über die Autobahn nach Brighton, auf dem Weg zu meinem allerersten Uni-Semester. Es ist ein berauschendes Gefühl. Die Autobahn ist dreispurig, und ich bin für die Überholspur geboren. Ich tue so, als wüsste ich nicht, dass man auf der ganzen Insel nur achtzig fahren darf, ich fühle mich wild und frei. Mir fällt gar nicht auf, dass die CD, die ich eingelegt habe (um die Off-Stimme zu übertönen) durchgelaufen ist. Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, die Autofahrt und das wundervolle Gefühl der Freiheit zu genießen.

TRITT AUF DIE BREMSE!

Ohne Vorwarnung ist die Off-Stimme wieder da, lauter als je zuvor.

FAHR IN DIE MITTELPLANKE! MACH, DASS DAS AUTO SICH ÜBERSCHLÄGT!

ZIEH DIE HANDBREMSE!

Das Auto schwankt leicht, als ich das Lenkrad fester packe. Vorsichtig ordne ich mich auf der langsameren Spur ein. Die Off-Stimme flüstert mir ins Ohr:

Reiß die Tür auf und schmeiß dich aus dem Auto.

Ich taste nach dem Autoradio. Ich muss die Stimme übertönen. Sie ist gefährlich – sie will nicht, dass es mir gut geht, sie will Nervenkitzel, Gefahr, Tod. Ich höre auf, nach der Play-Taste zu suchen, und konzentriere mich auf die Straße. Ich versuche, die Stimme zu ignorieren. Weil ich den Rest des Weges im Schneckentempo zurücklege, komme ich eine Stunde später an als gedacht, und als ich mein Studentenwohnheim erreiche, würde ich mich am liebsten auf die Erde werfen und den Boden küssen, so dankbar bin ich, dass ich es geschafft habe.

Während meiner Zeit an der Uni ist die Off-Stimme überall dabei. Es ist ein bisschen so, als würde ich in den Final Destination-Filmen leben – eine Reihe von Horrorfilmen, in denen eine Gruppe Jugendlicher immer wieder dem Tod entkommt, nur um kurz darauf von ihm eingeholt zu werden. Nicht gerade das, was man sich für die Ersti-Woche wünscht, was?

Jeden Tag sagt mir die Stimme, ich solle aus dem Fenster springen, mich vom Balkon stürzen oder vor einen Zug werfen. Jeden Tag kämpfe ich dagegen an. Die Stimme verlangt vollkommen absurde Dinge von mir. Mein Handy aus dem Fenster schmeißen zum Beispiel, die Vogelkacke von Autos lecken oder in die Getränke anderer Leute spucken. Eines Tages habe ich ein Einzelgespräch mit meiner Dozentin und versuche, ihre Fragen zu meinem Essay zu beantworten, in dem es darum geht, wie das Internet das Fernsehen...

Erscheint lt. Verlag 28.6.2023
Übersetzer Constanze Wehnes, Lina Robertz
Sprache deutsch
Original-Titel Me vs. Brain. An Overthinkers Guide to Life
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 2023 • Alltag • Blondine • Buch TikTok • eBooks • Feminismus • Gedanken • Gedankenkarussell • Gehirn • Grübeln • Hayley • hayley morris • Hirn • influencer • innere Stimme • Instagram • intrusive thoughts • Junge Frau • Leber • Morris • Neuerscheinung • Normalisieren • overthinking • Periode • Psychologie • Selbstoptimierung • Selbstoptimierungswahn • TikTok • Überdenken • Vagina • youtube
ISBN-10 3-641-31097-0 / 3641310970
ISBN-13 978-3-641-31097-4 / 9783641310974
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