Wenn du nicht mehr brennst, starte neu (eBook)
336 Seiten
FinanzBuch Verlag
978-3-98609-334-1 (ISBN)
Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker und Soziologe. Er hat 26 Bücher geschrieben und herausgegeben, die weltweit in zahlreichen Sprachen erfolgreich sind. Er ist ein gefragter Vortragsredner in Asien, den USA und Europa. In den vergangenen Jahren schrieb er Artikel oder gab Interviews in führenden Medien wie Le Monde, Corriere de la Serra, Il Giornale, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt, Neue Zürcher Zeitung, Daily Telegraph, Times, Forbes und mehreren Medien in China, Korea und Vietnam.
Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker und Soziologe. Er hat 26 Bücher geschrieben und herausgegeben, die weltweit in zahlreichen Sprachen erfolgreich sind. Er ist ein gefragter Vortragsredner in Asien, den USA und Europa. In den vergangenen Jahren schrieb er Artikel oder gab Interviews in führenden Medien wie Le Monde, Corriere de la Serra, Il Giornale, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt, Neue Zürcher Zeitung, Daily Telegraph, Times, Forbes und mehreren Medien in China, Korea und Vietnam.
Kapitel 1:
Von der Galaktischen Zeitung zum Roten Banner
Wir waren vier Geschwister. Für jedes Kind hatte meine Mutter ein Album angelegt. Neben Fotos schrieb sie dort in kurzen Berichten auf, wie sie ihren Sohn und ihre drei Töchter erlebt hat. Für 1964, ich war damals sieben Jahre, findet sich ein Foto, wie ich an meiner ersten Schreibmaschine sitze, die ich mir zu Weihnachten gewünscht hatte. Seitdem sind nur wenige Tage in meinem Leben vergangen, an denen ich nicht an der Schreibmaschine oder – später dann – am PC gesessen hätte.
Meine Berufswünsche als Kind wechselten. Mit sieben Jahren wollte ich unbedingt Archäologe werden. Das war mein großer Traum. Damals waren wir in ein Neubaugebiet in der Frankfurter Nordweststadt gezogen. Da konnten wir überall aufsammeln, was wir »Römerscherben« nannten, also Bruchstücke aus Krügen und anderen Gefäßen. Ich sammelte alles: Münzen, eine Pfeilspitze, Teile von Tongefäßen – all das war mehr als 1.600 Jahre alt. Ich war oft den ganzen Tag mit den Archäologen zusammen und sah zu, wie sie beispielsweise einen Keller aus der Römerzeit freilegten. Dort wurden bedeutende Funde einer ehemaligen Siedlung der Römer gemacht.
Für das Frühjahr 1966, ich war acht Jahre alt, finden sich drei ungewöhnliche Bilder und Kommentare meiner Mutter in dem Album. Eines zeigt mich neben einer riesigen Fotocollage. Für die Collage hatte ich Fotos von bekannten deutschen Politikern aus Zeitungen und Zeitschriften ausgeschnitten und aufgeklebt. Ganz groß sieht man den für seine bissigen Zwischenrufe im Bundestag bekannten SPD-Politiker Herbert Wehner mit seiner markanten Pfeife. Meine Mutter überschrieb das Foto: »Das Interesse für Politik wächst«.
Daneben ein anderes Foto – wie ich als Achtjähriger im Grundgesetz lese: »Studium der Verfassung«, hatte meine Mutter dazugeschrieben, und: »Seit Beginn der Wahl Herbst 1965 wird die Archäologie beiseitegelegt, Rainer ist nur noch ›SPD-Politiker‹. Jede Zeitung, Spiegel, Nachrichten usw. sind wichtig, allen voran Willy Brandt … Dein Zimmer hängt voller Bilder der Politiker, Rainer weiß darüber bestens Bescheid. Das Zimmer ist stets in guter Ordnung mit einem ›Bürotisch‹.«
Und dann schließlich ein ungewöhnliches Bild mit einem ungewöhnlichen Kommentar. Ich sitze in meinem Zimmer am Schreibtisch. Das Zimmer sieht nicht aus wie ein Kinderzimmer, sondern wie ein Büro. An der Wand hängt ein persönlich von Willy Brandt signiertes Foto. Und daneben schrieb meine Mutter: »Unser SPD-Abgeordneter in seinem ›Büro‹. Willy Brandt hochverehrt. Von ihm persönlich Brief + Bild erhalten.«
Kaum dass ich lesen gelernt hatte, las ich Magazine und Zeitungen wie den »Spiegel« und die »Frankfurter Rundschau«, die meine Eltern abonniert hatten. So wie andere Jungen die Fußball-Bundesliga verfolgten (die mich nicht im Geringsten interessierte), verfolgte ich gebannt jede Landtags- und Bundestagswahl. 1965 fieberte ich mit Brandt, dem Kanzlerkandidaten der SPD – er verlor. Warum ich mich so für Brandt begeisterte, kann ich nicht sagen. Er war ein charismatischer Politiker, und meine Eltern wählten SPD. Brandt wurde scharf von seinen konservativen Kritikern angegriffen – das machte ihn mir sympathisch.
Als Achtjähriger malte ich Hefte mit politischen Karikaturen und Zeichnungen. Die SPD und Brandt waren die Guten, die CDU und Ludwig Erhard die Bösen. Und die NPD-Leute malte ich mit Hakenkreuz. Vor allem finden sich in den Heften Entwürfe für die Wahlwerbung der SPD. »Man kann wieder wählen. Man wählt SPD«, lautete einer der Slogans, die ich aufzeichnete. Ob ich ihn mir selbst ausgedacht oder irgendwo aufgeschnappt hatte, weiß ich heute nicht mehr. Jedenfalls zeigte sich darin ein sehr frühes Interesse für Politik einerseits und Marketing andererseits. Beide Themen sollten mich mein Leben lang begleiten. Manche Zeichnungen waren sehr kindlich, z.B. »Erhard ist doof, Willy ist gut. Nur SPD«. Dazu eine Zeichnung von Erhard mit seiner Zigarre. Eine Zeichnung fertigte ich offenbar an nach dem enttäuschenden Ausgang der Wahl mit der tröstenden Prognose: »1969 wird Willy Brandt gewählt«.
Mein Vater und ich schickten die Hefte mit den Zeichnungen an Willy Brandt. Als ich diese Autobiografie schrieb, fand ich die Aufzeichnungen im Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung – zusammen mit der Korrespondenz. Brandt schrieb mir am 5. November 1965: »Über deine Aufzeichnungen aus der Zeit des Wahlkampfes habe ich mich sehr gefreut, vor allem auch darüber, dass ein Junge in deinem Alter schon so regen Anteil am politischen Leben nimmt.« Dazu schickte er mir eine signierte Autogrammkarte. Im Archiv fand sich ein Entwurf des Briefes (wahrscheinlich durch einen Referenten) mit persönlichen Änderungen von Brandt. Der Leiter des Archivs der Friedrich-Ebert-Stiftung schrieb mir dazu: »Da der Entwurf des Antwortschreibens handschriftliche Einarbeitungen von Willy Brandt trägt, können Sie getrost davon ausgehen, dass er die beiden Büchlein auch tatsächlich gesehen hat.« Mein handschriftlicher Antwortbrief fand sich ebenfalls noch nach über 50 Jahren im Archiv.
Dass mein Vater mich darin bestärkte, meine Kritzeleien dem SPD-Vorsitzenden zu schicken, ist nur eines von vielen Beispielen dafür, dass er und meine Mutter der Meinung waren, ich sei ein besonderes Kind mit besonderen Fähigkeiten. Als meine Mitarbeiter nach dem Verkauf meiner Firma mir ein Büchlein mit einer Chronologie der vergangenen 15 Jahre als Abschiedsgeschenk machten, fand ich diese Anmerkung meiner Eltern darin: »Wir, deine Eltern aber, hielten den Atem an. Es existierte kein Ratgeber, der uns helfen konnte, mit einem überbegabten Kind in der Familie den normalbürgerlichen Alltag zu bestehen.«
Manche Psychologen kritisieren, wenn Eltern ihren Kindern immer wieder vermittelten, etwas ganz Besonderes zu sein, machten sie diese damit zu Narzissten. Vielleicht ist das tatsächlich so, aber manche Psychologen sind heute der Ansicht, eine kräftige Dosis Narzissmus sei keineswegs schädlich, sondern hilfreich. Ein hohes Selbstwertgefühl und die damit verbundene Überzeugung, etwas Besonderes zu sein, ist vielleicht die entscheidende Voraussetzung, um im Leben etwas Besonderes zu leisten.
Während im Alter von acht bis zehn Jahren bei mir die Politik im Vordergrund gestanden hatte, wechselte das – ebenso intensive – Interesse mit elf Jahren zum Thema Raumfahrt und Astronomie. Im Dezember 1968 startete die Apollo 8 zum Mond. Das erste Mal umkreisten drei Amerikaner den Mond, diesmal noch ohne auf ihm zu landen. Das faszinierte mich: Für mich gab es jetzt nur die Themen Astronomie und Raumfahrt. »Die Raumfahrt steht im Vordergrund«, schrieb meine Mutter in das Fotoalbum. Andere Jungen verkleideten sich zu Fastnacht als Indianer oder Cowboys. Ich wurde Astronaut. Damals gab es keine fertige Verkleidung für Astronauten zu kaufen. Meine Mutter nähte mir einen Raumanzug, mein Vater bastelte mir aus Styropor einen Astronautenhelm und sogar eine Strahlenpistole, wie ich sie in der der Science-Fiction-Fernsehserie »Raumpatrouille« über das Raumschiff Orion gesehen hatte.
Mit elf Jahren startete ich mein erstes Zeitungsprojekt, eine Zeitung über Raumfahrt und Astronomie. Meine Mutter schrieb 1968 in das Fotoalbum: »Eine Astronautenzeitung in eigener Herstellung zeigt Begabung für Druck, Schriftstellerei. Die Ausdauer bei Dingen, die interessieren, ist enorm. Fast ausschließliche Beschäftigung mit einem Interessengebiet über lange Zeit. Kritisch zur Umwelt, zu den Lehrern!«
Was meine Mutter schrieb, ist später in meinem Leben so geblieben: Die »fast ausschließliche Beschäftigung mit einem Interessengebiet über lange Zeit« ebenso wie eine kritische Haltung zur Umwelt und die Begabung für das Schreiben.
Das Projekt nannte ich »Galaktische Zeitung«. Ich habe noch einige dieser Ausgaben, etwa die aus dem Juni 1969, das war bereits die Nummer 30. Zu Weihnachten hatte ich mir eine Spiritus-Umdruckmaschine gewünscht. Damals gab es keine Fotokopiergeräte, wer etwas vervielfältigen wollte, schrieb auf sogenannten Matrizen, die mit einem Spiritusdrucker vervielfältigt wurden.
Ich war bei dieser Zeitung alles in einer Person: Herausgeber, Redakteur, Drucker und Vertrieb. Nur die Abbildungen ließ ich lieber von einem Freund zeichnen, weil ich das selbst nicht gut konnte. Später ließ ich auch einzelne Artikel von Freunden schreiben. Damals entdeckte ich zwei Dinge, die mir bis heute Freude machen: erstens das Schreiben und zweitens die Akquisition: Wahrscheinlich staunten die Ladenbesitzer nicht schlecht, als ein 11-jähriger Junge zu ihnen hereinspaziert kam und fragte: »Haben Sie Interesse an einer Anzeige in einer Schülerzeitung?«
In einer Ausgabe, in der ich ausführlich die erste Landung auf dem Mond beschrieb (Apollo 11 im Juli 1969), gab es...
Erscheint lt. Verlag | 21.12.2022 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Autobiografie • Autobiographie • Biografie • Biographie • Die Kunst des erfolgreichen Lebens • Erfolg • Erfolgsautor • Historiker • Hitler-Biograf • Immobilieninvestor • Immobilienmakler • Lebensgeschichte • maoist • Millionär • Millionär werden • mit aktien reich werden • Multimillionär • Psychologie der Superreichen • Reichtum • reich werden und bleiben • Selbstvermarktung • Selbstverwirklichung • Setze dir größere Ziele • spannendes Leben • Wirtschaft • Ziele erreichen |
ISBN-10 | 3-98609-334-6 / 3986093346 |
ISBN-13 | 978-3-98609-334-1 / 9783986093341 |
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