Der Tote im Tretboot. Ostfrieslandkrimi -  Alfred Bekker

Der Tote im Tretboot. Ostfrieslandkrimi (eBook)

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2022 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-686-7 (ISBN)
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Das Abendessen in seinem Emder Stammlokal bleibt Kommissar Steen im Halse stecken, denn plötzlich zerspringen die Scheiben der Gaststätte und es peitschen Schüsse. Nur wenige Momente später sind Teile von Riekes Lokal zerstört. Für die Wirtin eine Katastrophe, und das auch noch kurz vor dem großen Matjesfest, bei dem die Stadt immer aus allen Nähten platzt! Doch merkwürdigerweise waren Steen und Rieke zum Zeitpunkt der Tat die einzigen Anwesenden. Kann das ein Zufall sein? Hat es der Täter in Wirklichkeit auf den ostfriesischen Kommissar abgesehen? Oder geht es um Schutzgelderpressung, über die sich Rieke aus Scham oder Angst nicht zu reden traut? Einige Tage danach treibt auf dem Großen Meer ein toter Mann in einem Tretboot. Scheinbar ein neuer Fall, der mit den Schüssen auf das Lokal nichts zu tun hat. Aber als die Ermittler die Emder Wohnung des Tretboot-Opfers durchsuchen, offenbaren sich neue Zusammenhänge...

Kapitel 2


 

Am nächsten Morgen war Steen der Erste im Büro. Er saß bereits an seinem Schreibtisch und wartete auf die anderen. Auf sein geliebtes Frühstück im Café am Stadtgarten mit Blick auf den Ratsdelft hatte der Kommissar diesmal verzichtet. Nicht ganz freiwillig, aber es ging nicht anders.

Steen hatte sich stattdessen ein Brötchen zum Mitnehmen und einen Coffee to go besorgt.

Tea to go war für Steen undenkbar. Tee musste man auf die einzig wahre Art und Weise trinken, und das bedeutete mit Kluntjes, Milch und in einem klassischen Teegedeck. Sonst war das einfach nichts. Wenn das nicht zu haben war, dann lieber Kaffee als irgendeine Beutelbrühe, die auch Tee genannt wurde, aber mit dem, was man in Ostfriesland darunter ver­stand, nicht das Geringste zu tun hatte. Für das Echte gibt es keinen Ersatz, so hatte Steen einen Werbespruch aus seiner Kindheit in Erinnerung. Ein Werbeslogan für Zigaretten. Für Zigaretten durfte man schon lange nicht mehr werben, aber der Slogan enthielt eine tiefe Wahrheit, wie Steen fand. Gerade für Teetrinker.

Steen wartete, bis alle eingetroffen waren.

Schließlich hatte er keine Lust, etwas zweimal sagen zu müssen.

Er überprüfte noch einmal sein Handy. Aber da war nichts Neues an Nachrichten gekommen. Die letzte stammte von Rieke und war spät in der Nacht abgeschickt worden.

›Bin in Victorbur‹, stand da.

Gut so, hatte Steen gedacht, als er das gesehen hatte. Manch­mal siegte eben doch die Vernunft.

Altje war die Letzte, die eintrudelte.

»Moin! Wir haben wieder Wasser!«, begrüßte sie die ande­ren. »Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie schön das ist! Endlich wieder Wasser! Ich dachte erst schon, dass ich mit Mineralwasser die Zähne putzen müsste, bis ich festgestellt habe, dass wir gar kein Mineralwasser mehr hatten. Nur noch Bier! Und Pa meinte, das könnte man doch dafür nicht verschwenden! Naja, Ende gut, alles gut! Nur der Unimog, der muss auf den Schrott. Den Güllewagen haben wir mit dem Trecker vom Nachbarn weggezogen, damit man im Haus wieder atmen kann.«

»Erstmal moin!«, unterbrach Steen dann den unablässigen Redefluss seiner Kollegin. Der war gar nicht so leicht zu stop­pen. Ein Strom der Wörter, der ganz einfach alles ertränkte, was da sonst noch geredet wurde.

Aber Steen wusste, wie man sich in so einer Situation durch­setzte.

Man musste einfach ein paar Dezibel mehr aufbringen. Aber als jemand, der als Junge gelernt hatte, auf einem Fußballplatz gegen den ostfriesischen Wind anzuschreien, machte ihm das keine Mühe.

»Ausnahmsweise muss ich jetzt mal um etwas Gehör bitten«, fuhr er dann fort. »Soll nur eine kurze Andacht und keine Pre­digt werden. Ich hatte heute Morgen ein längeres, intensives Gespräch mit dem Herrn Kriminaldirektor, der ja, wie der eine oder andere sich flüchtig erinnern mag, unser aller Vorgesetz­ter ist.« Steen atmete tief durch. Wer ihn nicht gut kannte, hätte seinen Gesichtsausdruck im Augenblick vielleicht für neutral halten können. Wer ihn allerdings besser kannte, der konnte an kleinen Regungen und Besonderheiten in seinen Zügen und in seinem Blick wohl erkennen, dass das sogenannte intensive Gespräch mit dem Kriminaldirektor offenbar nicht so ganz zu Steens Zufriedenheit verlaufen war.

»Ich will den Sachverhalt mal so zusammenfassen: Was die Schießerei in Riekes Lokal hier in Emden angeht, so gibt es da grundsätzlich zwei Ermittlungsrichtungen. Die eine besagt, dass ich mit den Schüssen gemeint war, die andere, dass Rieke gemeint gewesen ist. Wir alle haben da sicher so unsere eigene fachlich begründete Meinung, was hier mutmaßlich zutreffen könnte, aber Tatsache ist, dass wir bisher nichts Definitives dazu sagen können. Der Kriminaldirektor und ich stimmen darin überein, dass zumindest bei der ersten von mir erwähnten Ermittlungsrichtung eine gewisse persönliche Befangenheit meinerseits vorliegen könnte.« Steen machte eine Pause, die anscheinend vor allem einen rhetorischen Grund hatte. Er betrachtete dabei eingehend die Reaktionen, die seine Worte jeweils im Gesicht seiner Zuhörer auslösten. Er fuhr fort: »Darum werden wir beide Ermittlungsrichtungen von der federführenden Zuständigkeit her trennen. Alles, was mit der Theorie zu tun hat, dass da irgendjemand mir ans Leder wollte, wird von Ulfert verantwortet, alles, was übrig bleibt, von mir.«

Einige Augenblicke lang herrschte tatsächlich komplette Stille im Büro.

Johnny Volkerts straffte seine Körperhaltung und zog die Uniformjacke glatt, wie er das in manchen Situationen zu tun pflegte. Er war es dann tatsächlich auch, der als Erster die Sprache wiederfand.

»Ja, das ist dann ja eine saubere Trennung, würde ich sagen«, erklärte der Polizeiobermeister dann.

So sauber fand Steen diese Trennung in Wahrheit nicht. Aber darüber wollte sich Steen jetzt nicht weiter den Kopf zerbre­chen. Ihm ging es darum, herauszufinden, was hinter der Attacke auf Riekes Lokal steckte. Was auch immer das nun sein mochte.

»Was die Ermittlungsrichtung Rieke angeht, so werden wir versuchen, ihr Umfeld auszuleuchten. Wir sprechen mit dem Koch und der Bedienung und ihrem Vater und den Nachbarn des Lokals. Möglicherweise ist da jemandem was aufgefallen, was uns wichtige Hinweise geben könnte. Außerdem geht es eventuell auch um ehemalige Angestellte. Da muss Rieke mir noch eine Aufstellung machen.«

»Du meinst, es hat sich da jemand schlecht behandelt ge­fühlt?«, fragte Altje.

»Das ist nicht ganz ausgeschlossen.«

»Aber schon ungewöhnlich, da zu so drastischen Mitteln zu greifen«, meinte Johnny Volkerts. »Aber natürlich ermitteln wir ergebnisoffen!«

»Eben«, bestätigte Steen. »Außerdem habe ich einen Telefon­termin mit einem Kollegen aus Leer gemacht, der sich auf Bandenkriminalität spezialisiert hat, und werde mich gleich mit einem anderen Kollegen hier aus dem Haus treffen, der dieselbe Szene hier in Emden beobachtet. Tja … und das andere, das musst du dann machen, Ulfert. Aber ich glaub da nicht dran.«

»Du glaubst nicht, dass dich jemand so hassen könnte, dass er mit dem Gewehr auf dich anlegt?«, fragte Ulfert.

Steen zuckte mit den Schultern.

»Bin doch ein netter Mensch.«

»Aus der Sicht eines Verbrechers vielleicht nicht unbedingt.«

»Du kannst mich dann ja dazu befragen, wenn’s nicht zu lange dauert und mich von meiner eigentlichen Arbeit abhält, Ulfert.«

»Aber es wird doch über die Jahre auch mal Drohungen gegen dich gegeben haben, Steen! Ich bin ja jetzt noch nicht so schrecklich lange hier in Emden, aber selbst ich habe ja schon das eine oder andere mitbekommen.«

»Ja, ich weiß«, gab Steen zu. »Aber das ist oft einfach nur dahingesagt. Da folgt selten wirklich etwas draus. Ich habe das nie so wirklich ernst genommen – und wenn ich damit anfangen würde, dann könnte ich vor lauter Angst meinen Job nicht mehr machen und würde schlecht schlafen.« Der Kom­missar zuckte mit den Schultern. »Wo sollten wir da außerdem anfangen?«

»Aber wenn dir was einfällt, dann sagst du mir das sofort, ja?«, verlangte Ulfert.

»Sicher.«

»Und vielleicht kannst du ja mal ein bisschen in dich gehen und überlegen, ob irgendjemand da ins Raster passen würde.«

»Raster? Du meinst: Hass auf mich, hat ein gutes Gewehr, trifft aber nicht.«

»Wenn du das so ausdrückst …«

»Klingt das wie ein ziemlich unbrauchbares Raster. Aber vielleicht muss man auch einfach nur länger drüber nachden­ken, um die Lösung zu finden. Wer weiß?«

»Es könnte ja auch einen gewissermaßen privaten Hinter­grund haben«, warf Altje ein. »Wir gehen immer davon aus, dass nur jemand Steen umbringen will, der dienstlich mit ihm zu tun hatte …«

»Wer schwebt dir denn da so vor?«, wollte Ulfert wissen.

»Privat bin ich unauffällig«, ergänzte Steen.

»Auch privat unauffällige Leute werden manchmal umge­bracht, Steen«, erinnerte ihn Ulfert.

»Vielleicht muss ich mich an den Gedanken erst gewöhnen«, gab Steen zurück.

Johnny Volkerts straffte sich jetzt auf die bekannte Weise. Das war wohl das Signal, dass er etwas Wichtiges zu sagen hatte. »Also ich würde vorschlagen, die Ermittlungslinie Atten­tatsopfer Steen ganz systematisch anzugehen«, erklärte er. »Das bringt am meisten.«

»Ich bin für jeden Vorschlag offen«, sagte Ulfert.

»Zuerst sammelt man alle Fälle, in denen Steen irgendwie bedroht oder angegangen wurde. Man geht erstmal von den Fällen aus, die auch aktenkundig geworden sind. Das müsste ja mit etwas Fleißarbeit festzustellen sein. Aktenkundig sind diese Fälle normalerweise immer dann geworden, wenn sie einen gewissen Schweregrad hatten und zum Beispiel ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden...

Erscheint lt. Verlag 18.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-686-9 / 3965866869
ISBN-13 978-3-96586-686-7 / 9783965866867
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