What Women Want (eBook)

Sieben Geschichten über Begehren, Macht und Liebe
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
304 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01246-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

What Women Want -  Maxine Mei-Fung Chung
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Ein faszinierender Einblick in die weibliche Seele und die Arbeit einer Psychotherapeutin - fantastisch erzählt Terri steht kurz vor der Hochzeit mit ihrem Verlobten, doch sie flüchtet sich immer wieder in One-Night-Stands mit Frauen. Warum? Tia erlebte schon als Kind, als ihr Vater ihre Mutter betrog, dass weiße Frauen scheinbar liebenswerter sind als schwarze. Als Erwachsene versucht sie, sich neu zu erfinden - doch zu welchem Preis? Agatha, zweimal geschieden, verliebt sich mit 67 Jahren zum ersten Mal in ihrem Leben. Wozu benötigt diese vermeintlich glückliche Frau so spät in ihrem Leben noch eine Therapeutin? Maxine Mei-Fung Chung erzählt auf brillante Weise die Geschichten von sieben Frauen, die sie in den letzten fünfzehn Jahren begleitet hat. Sieben unterschiedliche Frauen, sieben individuelle Geschichten, die eins verbindet: die besondere, intime Beziehung zur Autorin. Feinfühlig und empathisch beleuchtet Mei-Fung Chung die Bedürfnisse und Sehnsüchte ihrer Protagonistinnen und zeigt in der Zusammenschau auf, was Frausein heute bedeutet und was Frauen wollen. 

Maxine Mei-Fung Chung ist analytische Psychotherapeutin mit mehr als fünfzehn Jahren Erfahrung. Am Londoner Bowlby Centre hält sie Vorlesungen zu Gender, Sexualität, Trauma und Bindungstheorie. Sie arbeitete zudem zehn Jahre als Creative Director für Condé Nast, The Sunday Times und The Times. Ihr erster Roman, «The Eighth Girl», erschien in Großbritannien im März 2021. Sie lebt mit ihrem Sohn in London.

Maxine Mei-Fung Chung ist analytische Psychotherapeutin mit mehr als fünfzehn Jahren Erfahrung. Am Londoner Bowlby Centre hält sie Vorlesungen zu Gender, Sexualität, Trauma und Bindungstheorie. Sie arbeitete zudem zehn Jahre als Creative Director für Condé Nast, The Sunday Times und The Times. Ihr erster Roman, «The Eighth Girl», erschien in Großbritannien im März 2021. Sie lebt mit ihrem Sohn in London. Sabine Längsfeld übersetzt bereits in zweiter Generation Literatur verschiedenster Genres aus dem Englischen in ihre Muttersprache. Zu den von ihr übertragenen Autor:innen zählen Anna McPartlin, Sara Gruen, Glennon Doyle, Malala Yousafzai, Roddy Doyle und Simon Beckett.  

Einleitung


Das Streben danach, auf meine Weise zu begehren

Mai 1980

Ich entdeckte die Fische, ehe das Wort fiel. Sensibel.

Es gehörte in meiner Kindheit zu den Standardvokabeln, von meinem Vater benutzt, sobald ich zu weinen anfing, was oft geschah; nie vorhersehbar und, offensichtlich, immer peinlich. Ich war zu sensibel, um überlebensfähig zu sein, sagte er, um mich dann manchmal mit einem kräftigen Klaps zu verscheuchen. Ich war das zweite Kind meines Vaters und seine erste Tochter, die – anders als mein Bruder – Freude an den asiatischen Besonderheiten fand, die in den Restaurants von Chinatown geboten wurden.

Ich will die Fische sehen. Strahlend, aufgeregt, zeigte ich zu dem großen Becken in der Mitte des Raumes.

Mein Vater nahm mich bei der Hand, führte mich zu dem riesengroßen, zentral stehenden Aquarium und winkte einen Kellner zu sich. Ich versank im Anblick der kaleidoskopisch bunten Fische mit ihren wehenden, orange leuchtenden Schwanzflossen. Mein Vater war augenblicklich vergessen, ich hatte Gesellschaft. Sekunden später wurde ich aus meiner seligen Trance gerissen. Der Kellner, riesig über mir aufragend und nach Zigarettenrauch stinkend, tippte mir auf die Schulter. Um es noch dramatischer zu machen, leckte er den Bleistift an und blätterte mit nikotingelben Fingern den Bestellblock um. Feixend beugten sich die zwei Männer zu mir runter.

Sie nimmt den, der sich da hinten versteckt. Mit extraviel Knoblauch, sagte mein Vater lächelnd und zeigte auf einen Fisch. Dabei fing er schallend an zu lachen.

Mich packte die Angst. War das sein Ernst? Bekam ich jetzt meine Strafe? War die Ungehörigkeit, meinen Wunsch, die Fische anzusehen und mich von ihnen verzaubern zu lassen, zu artikulieren, der Grund für diese Grausamkeit? Ich fing am ganzen Körper an zu zittern.

Ich wagte es nicht, den Scherz der Männer anzuzweifeln; dazu war meine Angst zu groß. Die Botschaft meines Vaters hätte kaum deutlicher sein können: Mein Begehren, solange er nicht darüber verfügte, es «genehmigte» und bewachte, wurde der Lächerlichkeit preisgegeben – wurde abgetötet.

Damals war mein Begehren ein fahles Gespenst, das ganz hinten in meiner Kehle gefangen saß und sich niemals laut zu äußern wagte. Inzwischen hat es seine Stimme gefunden, und es spricht von Befreiung, von Liebe und Wachstum. Ich will auf meine Weise begehren, sagt es.

Vielleicht war die permanente Betonung des Wortes sensibel durch meinen Vater ein Geschenk. Auch wenn mir dieses Wort gegen Ende meiner Jugend und in den frühen Zwanzigern vorübergehend verloren ging, kam es irgendwann wieder zum Vorschein, glücklicherweise. Viel später dann reklamierte ich das Wort selbst für mich und erkor es zu meiner wachsamen Begleiterin. Ich nahm es in Besitz und verankerte es tief in meinem Inneren, bis ich von seiner Bedeutung ganz durchdrungen war. Inzwischen ist mir klar, dass es gerade die Einengung, Inbesitznahme und Beschämung meiner Sehnsüchte in meiner Kindheit waren, die mir schließlich die wahre Bedeutung meines Begehrens bewusst machten.

Dieses Begehren ist der Antrieb und die Inspiration hinter den Gesprächen in What Women Want. Ich arbeite seit fünfzehn Jahren als Psychotherapeutin und habe mich für einen Weg entschieden, der neben der Arbeit und der Liebe meiner Leidenschaft für gesellschaftliche Fragen und soziale Gerechtigkeit den ihr gebührenden Platz im Sprechzimmer einräumt. In dieser Zeit war es meine Aufgabe, zuzuhören, über Psychotherapie zu lernen, zu lehren und zu schreiben, und die Faszination für das, was Frauen wollen, stand dabei für mich immer im Mittelpunkt.

Sigmund Freud sagte einmal: «Die große Frage, die nie beantwortet worden ist und die ich trotz dreißig Jahre langem Forschen in der weiblichen Seele nicht habe beantworten können, ist die: Was will das Weib?»

Damals, während meiner Ausbildung zur Psychotherapeutin, irritierte mich Freuds Aussage. Weshalb der Gründervater der Psychoanalyse – ein Genie, das für mich trotzdem undurchschaubar geblieben ist – nicht in der Lage war, diese grundlegende Frage zu beantworten, war mir ein Rätsel. Vielleicht war Psychoanalyse doch nicht so, wie ich sie mir vorgestellt hatte, und beschäftigte sich stattdessen, wie Freud es getan hatte, mit dem Kleinklein von Detektivarbeit; die Lebensgeschichten von Klientinnen, verschnürt, verpackt und in ordentliche Theorien gezwängt. Wussten Freud und seine übellaunigen Wiener Jünger etwas, das ich nicht wusste? Ist die Frage, obwohl sie sich in erster Linie auf Frauen des viktorianischen Zeitalters bezog, ein Rätsel geblieben? Macht uns der Blick durch die Fenster, die sich bei der Erforschung weiblicher Sehnsüchte öffnen, immer noch sprachlos?

Seit ich von Freuds Eingeständnis erfuhr, habe ich mit jeder Klientin, die jeweils ihren individuellen Ausdruck, ihre Essenz und ihre Energie in die Therapie einbrachte, Fenster zu neuen Welten aufgestoßen, zu neuen Theorien und einem neuen Verständnis von Psychotherapie. Vielleicht haben Freuds klassischer und distanzierter Ansatz der Analyse und sein männlicher, heteronormativer und von weißen Privilegien gefärbter Blick ihm den Zugang zu diesen Innenwelten nie erlaubt. Wie auch? Und hat er den Frauen überhaupt jemals zugehört? Vielleicht bringt Sie diese Kritik zum Schmunzeln, aber ich meine das ganz ernst. Wenn es uns gelingt, uns ganz auf die Hautfarbe, die Ethnie, die sexuelle Orientierung, die gesellschaftliche Zugehörigkeit und das Alter einer Frau auszurichten, sind wir in der Lage zu hören, wie sie ihr Wollen in ihrer einzigartigen, individuellen Sprache zum Ausdruck bringt.

Wir Frauen sind kein unergründliches Mysterium, genauso wenig wie unsere Wünsche und Bedürfnisse. Aber unser Begehren ist komplex. Was ich in diesem Zusammenhang immer noch tiefer verstehen will, sind die Mechanismen, die uns in der Verleugnung halten, in einem Mangel an Selbstliebe, in einem ständigen Zustand der Sehnsucht.

Im Zuge meiner therapeutischen Arbeit habe ich festgestellt, dass verbotene Sehnsüchte von Frauen Gefühle von Scham und Depression hervorrufen, zu selbstschädigendem Verhalten führen, dass ein geringes Selbstwertgefühl, emotionaler Hunger und anorektische Liebe die Folge sein können. Als Therapeutin wieder und wieder Zeugin der Verleugnung von Sehnsüchten zu werden, ist herzzerreißend und macht mich gleichzeitig ungeheuer wütend.

Wollen bedeutet, mit sich selbst und anderen in Verbindung zu treten. Wollen entfacht Hoffnung, macht unseren Wünschen den Weg frei und gibt in dunklen, schlimmen Zeiten Raum für Gesundung, in Zeiten, in denen die traditionelle Warnung lautet: Du darfst nicht wollen. Wollen ist gefährlich. Stellen Sie sich bitte die Frage, was in Ihrem Leben passieren wird, wenn Sie sich dazu entscheiden, Ihrer kreativen Sehnsucht zu folgen. Wie fühlt sich das an? Was verändert sich dadurch? Was ist dann möglich? Und dann fragen Sie sich, ob die durch Angst in Schach gehaltene Sehnsucht in Ihnen es nicht doch wert ist, herausgefordert zu werden.

What Women Want ist eine Sammlung authentischer Geschichten mit verschiedensten Schwerpunkten, die das Leben von Frauen und deren Verhältnis zur Sehnsucht beleuchten. Außerdem ist dieses Buch ein behutsam aufgestoßenes Fenster, durch das ein Blick auf die intime Beziehung zwischen Psychotherapeutin und Klientin möglich wird. Ein Blick, der dann seinen Zweck erfüllt hat, wenn Sie das nächste Mal, wenn Ihre Sehnsucht Ihnen wie eine fremde Insel vorkommt, kurz innehalten und mit neuem Bewusstsein darauf schauen.

What Women Want ist mein Liebesbrief an sieben Klientinnen, deren Identität anonym bleiben muss. Die Geschichten sind authentisch, doch habe ich zum Schutz der Privatsphäre ihrer Eigentümerinnen gewisse Veränderungen vorgenommen. Auch die Dialoge sind nicht wortgetreu wiedergegeben, doch sie tragen die Essenz dessen, was wir miteinander geteilt haben. Jede der sieben Frauen, die hier zu Wort kommen, hat den Entwurf ihrer Geschichte gelesen und einer Veröffentlichung zugestimmt. Auch die Maßnahmen zur Wahrung der Identität wurden abgesprochen. Manche Frauen haben redaktionelle Vorschläge gemacht, die ich mir zu Herzen genommen und in den meisten Fällen auch umgesetzt habe. In einigen Fallbeispielen fanden meine Klientinnen ihre Tarnung übertrieben und zu tiefgreifend, und sie ermutigten mich dazu, der Figur in ihrer Geschichte eine treffendere Beschreibung zu geben. Eine Klientin, ich habe sie Ruth genannt, schlug den Titel für ihr Kapitel vor. Eine andere Klientin sagte mir, sie hätte nach der Lektüre ihrer Geschichte das Gefühl, mich jetzt noch besser zu kennen und deshalb in unserer gemeinsamen Arbeit noch mehr wagen zu dürfen. Eine andere Klientin reagierte verunsichert auf die rassistischen Angriffe, die ich als Kind erlebt habe.

Ich habe mit jeder der sieben Frauen, die in diesem Buch vorgestellt werden, viele Sitzungsstunden gearbeitet. Die Auswahl der Geschichten basierte auf der Kraft ihrer Sehnsucht, einer gewissen Allgemeingültigkeit ihrer Geschichten und darauf, wie tief der Abdruck der jeweiligen Beweggründe, sich therapeutische Unterstützung zu suchen, auch auf körperlicher Ebene eingebettet war. Eine Geschichte, «Liebe am Nachmittag», behandelt die relativ späte Entdeckung der Liebe, während «Mein Vater, der Vollidiot», sich mit der Frage beschäftigt, weshalb «Vaterthemen» in der modernen Psychotherapie noch immer so viel Raum einnehmen. In...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2023
Übersetzer Sabine Längsfeld
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Begehren • Biografien • Erzählendes Sachbuch • Feminismus • Frauen • Frauenbiografien • Frauengeschichten • Frauenleben • Frausein • Gesellschaft • Gleichberechtigung • Leben • Mutterschaft • Partnerschaft • Psychologie • Psychotherapeutin • Psychotherapie • Sexualität • Starke Frauen
ISBN-10 3-644-01246-6 / 3644012466
ISBN-13 978-3-644-01246-2 / 9783644012462
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