Prinzipien vs Statuten (eBook)

ein Verwirrspiel als Prüfstein der anthroposophischen Gesellschaft
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
90 Seiten
Seminar Verlag
978-3-907283-16-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Prinzipien vs Statuten -  Reto Andrea Savoldelli
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Aus Anlass des Abbruchs einer ergebnislosen Kommissionsarbeit zur Untersuchung der statuarischen Grundlagen der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft am 23.Juni 2022 präsentiert der Autor eine Zusammenfassung seiner sich über Jahrzehnte erstreckenden, mit der sog. "Konstitutionsfrage" verbundenen Darstellung des in den Statuten Rudolf Steiners liegenden gegenströmigen Prozesses, den 1979 darzustellen Herbert Witzenmann erstmals gelang. - Ursprünglich sollte der sozialästhetische Gegenstrom von der Leitung der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft ausgehen und sich mit den aus den peripheren Arbeitsgruppen antwortenden Kooperationsangeboten und Forschungsaufgaben begegnen und durchdringen. - Das längste Kapitel ist der Darstellung des allmählichen Verlustes der sozialästhetischen Qualifikation innerhalb der anthroposophischen Gesellschaft im Verlauf der letzten Jahrzehnte gewidmet. Die Erforschung der Bildungsgesetze eines gemeinsamen Bewusstseins, ihres Schutzes und ihrer Hindernisse ist ein Grundbaustein für jede Kerngruppe in kulturell zukunftsfähigen Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, in deren harmonisierenden Mitte das Streben nach geisteswissenschaftlicher Erfassung des Lebens steht.

Filmemacher, geisteswissenschaftlicher Autor, Romancier. Lebt in Frankreich. Seine Werke erscheinen im SeminarVerlag, Basel. Seit 2004 Leiter der "Sozialästhetischen Schulungsstätte, Basel" (begründet von Herbert Witzenmann 1973).

Brief von R.A. Savoldelli vom 16. Dezember 2002


An die Mitglieder des Vorstands der Allg. Anthr. Gesellschaft

Goetheanum

4143 Dornach

Kopie: An die Mitglieder des Hochschulkollegiums

An

Damen Dr. V. Sease, Dr. M. Glöckler, M. Sam, Chr. Wiersching

Herren Dr. H. Zimmermann, P. Mackay, B. von Plato, S. Prokofjeff, C. Pietzner, Chr. Hitsch, J. Kühl, W. Barfod, N. Fuchs, Dr. G. Glöckler

Sehr verehrte Vorstandsmitglieder,

die Erfahrungen, die ich bei der Statutenerstellung und bei der Begründung mehrerer schweizerischer Vereine wie auch mit damit verbundenem Handelsregistereintrag gemacht habe, haben mich gelehrt, genau zu lesen. Angesichts der vom Vorstand am 3. Nov. veröffentlichten Beschlussvorlagen für die ausserordentliche Mitgliederversammlung vom kommenden 28/29. Dezember, welche im Benehmen mit dem Hochschulkollegium enstanden sind, war mir dies ohnehin innere Verpflichtung.

Ich stelle Ihnen die hieraus hervorgegangenen Korrekturvorschläge zu Ihrer freien Verfügung. Möglicherweise ist das eine oder andere in den letzten Tagen auch von anderer Seite her bereits bemerkt worden. Meine Durchsicht erfolgte auf dem Hintergrund der von Ihnen mit den Beschlussvorlagen präsentierten Lösung für die tiefgreifende Krise, in welche die Anthroposophische Gesellschaft und mit ihr die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft in einer historisch neuartigen Form geraten ist. Die nachfolgenden Korrekturen orientieren sich an keiner Stelle an meiner grundsätzlichen Kritik, sind also immanentkritisch erfolgt. Mir ist bewusst, dass einige unter Ihnen das Grundlegende der erwähnten Krise nicht wahrnehmen, sondern vielmehr vom Hoffnungsvollen beflügelt sind, das sich in ihr ankündigen soll. Das wäre womöglich der Fall, wenn uns die Krise von aussen aufgezwungen worden wäre, nicht jedoch, wenn ihr mit denselben Mitteln begegnet wird, die sie haben bewusst werden lassen. Durch den Ausschnitt aus meiner Stellungnahme, der im Forum des Nachrichtenblattes vom 8. Dez. veröffentlicht wurde, ist Ihnen bekannt, dass ich Ihren Vorschlag als eine schwerwiegende Fehllösung betrachte.

Dies ausführlich zu erläutern, ist es wohl nun bereits zu spät. Umsomehr, als hieran von Ihrer Seite zu früheren Zeitpunkten kein Interesse bestand und heute (eben aus Zeitgründen) keines bestehen wird. Doch will ich dennoch einiges hierzu Gehörendes aussprechen, damit es im Bewusstsein bleibt: Zum Abschluss meiner Betrachtung zu Herbert Witzenmanns Wirken für die Freie Hochschule am Goetheanum, die ich an seinem 10. Todestag, am 24. Sept. im „Holzhaus“ vor ca. 150 Zuhörern, unter ihnen die Vorstandsmitglieder Manfred Schmidt-Brabant, Dr. Heinz Zimmermann, Dr. Virginia Sease angestellt habe, habe ich mein Angebot zur Mitwirkung in einer sich damals abzeichnenden „Fachkommission“ zur Statutenfrage ausgesprochen. Ich habe an mehreren Generalversammlungen mich im Handhochhalten, das den Wunsch nach Wortäusserung ausdrücken sollte, geübt, ohne dass ihm je stattgegeben worden wäre.

In meiner 1992 erschienenen Dokumentation der 60er Jahre am Goetheanum ist der sechste Exkurs, S.135 ff., ganz der Bedeutung der von Rudolf Steiner angelegten Spannung zwischen dem „vollständigen Rechenschaftsbericht“ des Vorstandes und den „Anträgen von Mitgliedern“ gewidmet. Sein Inhalt wird auch nach der evtl. Durchführung der von Ihnen angekündigten Statutenfusion und der Durchsetzung Ihrer Auffassung des Antragsrechts der Mitglieder noch an Aktualität gewinnen. Verstehen Sie mich bitte richtig, wenn ich den Umstand erwähne, dass ich 1998 unbeabsichtigt Zeuge wurde, wie Herr M. Schmidt-Brabant einem russischen Ehepaar jene „ausgezeichnete Arbeit“, wie er meine Dokumentation nannte, zum Kauf empfahl. 1995 wies Dr. H. Zimmermann, als Versammlungsleiter der Generalversammlung, auf meinen kurz zuvor im „Info3“ (1995/3) erschienen Artikel „Von den Unbilden der Windmühlenkämpfer“ hin (nachdem ihn die Redaktion des Dornacher Nachrichtenblatts, wofür er geschrieben war, abgelehnt hatte).

Er beschrieb die Genese der Ängste und die der Anthroposophischen Gesellschaft stilfremden Massnahmen, welche die Goetheanum-Leitung „der Flut von eigensinnigen Einzelanträgen“ (Biemond in der Begründung seines Antrags 2001) entgegenzustellen versuchte. Auf diesem Hintergrund und nach einer an der GV 2001 einmal mehr durchgeführten eurythmischen grossen IÜbung (siehe oben) bot ich den Herren P. Mackay und B. von Plato an, anlässlich eines Wochenendes zum Antragwesen im November 2001, das aufgrund eines Generalversammlungsbeschlusses in Abwehr des problematischen Antrages von Herrn R. Biemond eingerichtet worden war, ein Impulsreferat zu halten. Ich erhielt daraufhin von beiden freundliche Antworten. So B. von Plato: „Ich freue mich, wenn Sie zu der Antragsthematik etwas ausführen werden aus Ihren Kenntnissen und Erfahrungen.“ Auch nach einer Nachfrage meinerseits habe ich von Ihnen dazu kein Wort mehr vernommen.

Im Rahmen einer Studiengruppe (“Konstitutionsgruppe“), die ihre Arbeit aufgrund einer bewussseinsförmig geklärten Grundlage aufgenommen hätte, würden die juristischen Mängel in der Beziehung zwischen „Prinzipien“ und „Statuten“, die, sobald man sie juristisch sucht, unschwer zu bemerken sind, dem Erkennen des Gesamtleistungs- und Fehlleistungsprozesses von Mitgliedschaft und Leitungsgremien als nachrangig empfunden werden. Die zentrale Aufgabe der Gesellschaft liegt doch darin, den Weihnachtstagungsimpuls als die sozial stilgebende Bewusstseinsverfassung zu erkennen, zu schützen und zu fördern. Eine auf Erkenntnis hinorientierte Verpflichtungsgesinnung setzt den Einzelnen erst in stand, zu durchschauen, inwiefern jene „Konstitutionsmängel“ Ausdruck sind oder Anlass bieten für vorrangegangene oder ihnen nachfolgende Bewusstseinstrübungen hinsichtlich der zentralen Aufgabe. Dasselbe gilt für die zahlreich vorgebrachten, nur schwer oder gar nicht in Übereinstimmung zu bringenden Vorschläge, wie jene „Konstitutionsmängel“ behoben werden könnten.

Der Wille zu der angedeuteten Erkenntnisbegegnung umschliesst in meinen Augen das Vordringlichste und sollte einmal mehr (und in Zukunft immer wieder) von denjenigen, welche seine Bedeutung erkennen, aufgebracht werden. Es gibt keinen anderen Weg, mit den Wesen und Kräften der geistigen Welt in Übereinstimmung zu treten. Nur wenn wir auf ihm wandeln, werden uns die verstorbenen „anthroposophischen Seelen“ unterstützen. In der Frage, wo die Wiederauferstehungskräfte in der Anthroposophischen Gesellschaft am Goetheanum am Werke sind, sind sie unvermögend sich zu täuschen. Denn sie sehen es. Und ohne Auferstehung, an welcher die Verstorbenen teilnehmen und die Wiedergeborenen anknüpfen, wird es keine Freie Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum geben, die dank ihrer geheimen Ausstrahlung ein neues Zivilisationszentrum werden könnte.

Die Anthroposophische Gesellschaft ist 1923 zwar rechtmässig, wenn auch nicht im Sinne des Vereinsbegriffs des schweizerischen ZGB begründet worden. Rudolf Steiner hat in seiner „einheitlichen Konstituierung“ einen verbindlichen Zusammenhang herzustellen versucht, für den es im positiven Recht damals noch keine „Vorlage“ gab, und für deren Ausgestaltung er auf die entscheidenden Fragen hilfsbereiter und verständnisvoller Juristen (unter ihnen auch Dr.jur. Günther Wachsmuth) vergeblich gewartet hat. Ich habe dies in anderem Zusammenhang einmal mündlich dargestellt und dabei deutlich gemacht, wie die Faktoren, an denen das ZGB die juristische Person, also ein Kollektiv, individualisiert und von anderen abgrenzt, in einer zukünftigen, durch die Geisteswissenschaft impulsierten Zivilisationsform, erweitert werden müssen. Der abstrakte, sinnesgestützte Begriff der Einzelperson verlebendigt die Geisteswissenschaft zum imaginativen Geflecht der individualiserten Geisteswelt, weitet ihn zur Intuition der geistigen Individualität. Im gleichen Sinne werden sich auch die Glieder und Organe des sozialen Organismus in einer initiationszentrierten Zivilisation durch andere Begrenzungskräfte unterscheiden und assoziieren als sie dies unter dem Einfluss des intellektuellen römischen „Haben“rechts und des damit verbundenen RechtHabens mit zunehmendem Unheil für die in jenen ihre soziale Rolle suchenden Menschen tun.

Aus den Dokumenten von 1924, welche die drei Versuche des Handelsregistereintrags von Rudolf Steiner belegen, ist unschwer zu erkennen, dass er zwischen den Unterströmungen und der Anthroposophischen Gesellschaft „im engeren Sinne“ vertraglich eine produktive Beziehung veranlagen wollte, was an dem fehlenden Verständnis der unmittelbar damit befassten Personen und der Unachtsamkeit der anderen Vorstandsmitglieder und natürlich an der Erkrankung Rudolf Steiners (die damit in Zusammenhang steht) missglückt ist. Es gehört zu den Aufgaben einer sozialwissenschaftlichen Sektion einer Freien...

Erscheint lt. Verlag 4.8.2022
Reihe/Serie Blaue Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-907283-16-3 / 3907283163
ISBN-13 978-3-907283-16-5 / 9783907283165
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