Aufbruch -  Lothar Thürmer

Aufbruch (eBook)

Europa muss sich entscheiden
eBook Download: EPUB
2022 | 2. Auflage
164 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-5249-7 (ISBN)
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Russlands Krieg gegen die Ukraine ist ein weiterer Schritt auf dem Weg in eine konfrontative Ordnung Europas und der Welt. Frieden und Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in der EU sind in Gefahr. Im Zentrum eines europäischen Aufbruchs stehen institutionelle Reformen, technologische Kompetenz und militärische Fähigkeiten, aber auch ein enger Schulterschluss mit den USA. Die Welt braucht Europa als Herzkammer des Humanismus.

Lothar Thürmer, 1954 geboren, studierte nach dem Abitur an einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium Wirtschaftswissenschaften in Augsburg und Los Angeles. Der berufliche Werdegang des Autors mit Stationen in mehreren Ministerien hat es mit sich gebracht, dass er im Umfeld prägender Persönlichkeiten und politischer Vordenker arbeiten und lernen durfte. Dazu gehörten Franz Josef Strauß und Professor Kurt Biedenkopf. Heute befasst er sich mit drängenden Zukunftsfragen.

Erste These: Wir leben in einer Zeit
politischer Erdbeben!


Der 24. Februar 2022 markiert eine historische Zäsur. An diesem Tag überfiel Russland die Ukraine. Mit seinem massiven Einmarsch zerstörte Putin endgültig die zu diesem Zeitpunkt bereits fragile europäische Sicherheitsordnung. Lange zuvor schon hatte er diese in Frage gestellt: etwa 2007 auf der Münchner Sicherheitskonferenz, 2008 mit dem Einmarsch in Georgien und 2014 mit der Annexion der Krim.

In der Charta von Paris, die 1990 den Kalten Krieg beendete, verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten, darunter auch die Sowjetunion, auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die europäischen Staaten garantierten sich gegenseitig ihre territoriale Integrität und Souveränität.

„Putins Krieg kündigt diese Friedensordnung definitiv auf, ja er tritt sie mit Füßen“, so Andreas Wirsching (Augsburger Allgemeine vom 15. 3. 2022).

Nicht wirklich klar scheinen die Motive für diesen „Fußtritt“:

  • „Nato-Osterweiterung“,
  • imperialer Größenwahn
  • oder die Sorge Putins um die Stabilität seines Regimes angesichts der Leuchtkraft der Freiheit in seiner Nachbarschaft?

Dazu Andreas Wirsching: „Offenkundig kann Putins Herrschaft die Nähe der westlichen Demokratie nicht ertragen, weil er in ihr eine tödliche Gefahr für sich selbst erblickt. Daher ist die Ukraine, seit sie sich für den Weg nach Europa und die Demokratie entschieden hat, in das Fadenkreuz russischer Ängste gerückt. Das ist der eigentliche Grund für die russische Aggression, nicht die Geschichtsklitterung einer Bedrohung durch die Nato.“

Einen eher revisionistischen Ansatz erkennt demgegenüber Joachim Krause (Augsburger Allgemeine, 12. 4. 2022):

„Das Grundproblem mit Russland ist die Natur des Regimes, welches sich in einen faschistoiden Größenwahn hineingesteigert hat und offenbar unbeirrt an der Umsetzung seiner imperialen Pläne arbeitet: der Revision des Endes des Kalten Krieges zu russischen Bedingungen“.

Noch einen Schritt weiter geht der Philosoph Wilhelm Schmid (Augsburger Allgemeine, 19. 4. 2022), der einen „Kampf der Kulturen“ sieht.

Was auch immer Putin getrieben haben mag: Sein Angriff auf die Ukraine bedeutet jedenfalls eine tektonische Verschiebung europäischer Geopolitik und das Ende aller deutschen Illusionen: Putin ist kein berechenbarer und ehrlicher Verhandlungspartner. Versäumnisse europäischer Politik liegen jetzt gnadenlos offen: Wir sind nicht ausreichend wehrhaft, unsere Energieversorgung ist zu abhängig von Russland.

Als Folge dieses Krieges werden wir alle ärmer werden. Fast ist man geneigt zu seufzen: Die schönen Tage von Aranjuez sind nun zu Ende!

Jetzt zeigt sich: Wir haben drei Jahrzehnte lang über unsere Verhältnisse gelebt. Und das vor allem auf Kosten unserer Sicherheit. Wir haben diese Kosten einfach ausgelagert: auf die USA. Wir in Deutschland und in der Europäischen Union haben es uns zu leicht gemacht und eine nur imaginäre Friedensdividende konsumiert. Diese Zeit ist endgültig vorüber: Putin hat uns aus ebenso naiven wie egoistischen Träumen gerissen.

Wir haben aber nicht nur sicherheitspolitisch über unsere Verhältnisse gelebt. Auch wirtschaftlich haben wir zu kurzfristig gedacht. Und nur zu gerne billiges russisches Gas bezogen, anstatt uns mit großem Ernst unabhängiger von russischer Energie oder gar generell von fossiler Energie zu machen.

Wir haben also nicht nur die Bundeswehr vernachlässigt, sondern auch die Diversifizierung des Bezuges von fossiler Energie und die erneuerbaren Energien als „Freiheitsenergien“! Damit haben wir unsere langfristige Sicherheit auf dem Altar des Konsums in der Gegenwart geopfert.

„Historische Parallelen können unerbittlich sein“, so Gerald Braunberger (FAZ.NET vom 10. 4. 2022). „Vor elf Jahren erlebte Griechenland eine Staatsschuldenkrise. Die Ursachen waren eine unverantwortliche Finanzpolitik und Pech“, schrieb der in Amerika lehrende französische Ökonom Thomas Phillipon kürzlich auf Twitter.

„Heute erlebt Deutschland eine geopolitische Krise. Die Ursachen sind eine unverantwortliche Energiepolitik und Pech. Das Pech Griechenlands war eine globale Finanzkrise, die im amerikanischen Häusermarkt entstand. Das Pech Deutschlands besteht aus unberechenbaren Entscheidungen eines verschanzten Tyrannen.“

„Die griechischen Politiker haben sich auf die Glaubwürdigkeit des Euros verlassen, der eine billige und scheinbar unbegrenzte Kreditaufnahme ermöglichte – eine Zeit lang. Deutschland hat dasselbe mit seiner Energiepolitik getan“, analysiert Phillipon.

Deutschland habe sich auf einen dauerhaften Zufluss billigen Gases aus Russland eingestellt und sich von Moskau abhängig gemacht.

Unter der griechischen Finanzpolitik wie unter der deutschen Energiepolitik habe Europa zu leiden: „Später, als die Finanzquellen versiegten, haben die griechischen Politiker die Kosten ihren europäischen Mitbürgern auferlegt.“ In seiner Energiepolitik habe Deutschland die Kosten einer Diversifizierung abgelehnt: „Die Kosten werden nun von anderen Ländern getragen, da die Abhängigkeit Deutschlands die Handlungsfähigkeit der europäischen Politik beschränkt.“

Ein harter Vergleich, aber einer, der einen wichtigen Punkt macht.

Jetzt werden wir mit einem Wohlstandsverlust konfrontiert, auch wenn der im Grunde nur das Platzen einer Wohlstandsillusion widerspiegelt: das Ende unseres Trittbrettfahrertums und einer überzogenen Effizienzorientierung zulasten unserer Sicherheit.

Der Epochenbruch in Europa beschleunigt zugleich den Umbruch der Weltordnung – weg von einer unipolaren Welt nach dem Ende des Kalten Krieges mit einer Dominanz der USA hin zu einer multipolaren Welt, in der zwei Supermächte prägend sind: Amerika und China.

Demokratien befinden sich schon seit Langem auf dem Rückzug, autoritäre Staaten aber auf dem Vormarsch. Die britische „Economist“-Gruppe hat in ihrem „Demokratieindex“ ermittelt, dass 2021

  • nur noch 45,7 Prozent der Weltbevölkerung in irgendeiner Form einer Demokratie lebten, deutlich weniger als 2020 mit 49,4 Prozent, aber
  • weit mehr als ein Drittel der Menschen in einer Diktatur – mit steigender Tendenz.

„Vor allem China spiele eine unrühmliche Rolle, stellt der Bericht ´The China Challenge` der EIU, der analytischen Forschungseinheit der ´Economist`-Gruppe, fest. ´China ist nicht demokratischer geworden, während es reicher geworden ist. Im Gegenteil, das Land ist unfreier geworden`. … Menschenrechtler klagen über zunehmende Überwachung sowie Repressionen gegen Regierungskritiker, Andersdenkende und Minderheiten wie die muslimischen Uiguren“ (FAZ.NET vom 10. 2. 2022).

Wandel durch Handel: Dieser Ansatz ist zunächst einmal gescheitert. Das gilt für Russland ebenso wie für China:

  • Russland ist eine nur militärisch starke, aber wirtschaftlich schwache Autokratie geblieben.
  • China ist ebenfalls eine Autokratie geblieben, die aber – anders als Russland – in den letzten Jahrzehnten einen kaum für möglich gehaltenen wirtschaftlichen und technologischen Aufschwung und einen fast schon beängstigenden militärischen Aufstieg erlebt hat. Diese Entwicklung ist erst durch die Einbindung Chinas in den Welthandel möglich geworden.

So brutal und grausam Putin und sein Regime auch sind, noch viel bedrohlicher für unsere Zukunft sind Xi Jinping und seine Kommunistische Partei. Sie sind die größte Bedrohung für den Westen!

„Die Invasion in die Ukraine ist ein Auftakt und eine Übung für das, was China mit Taiwan machen wird“, so der chinesische Künstler Ai Weiwei.

Und Alexander Graf Lambsdorff mahnt: „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass China eine Vision hat, die auf Dominanz und Unterordnung hinausläuft.“

Xi Jinping, Nummer 1 der mit fast hundert Millionen Mitgliedern größten kommunistischen Partei der Welt, ist überzeugt, dass der Kommunismus die einzige Wahrheit sei.

Und: Der Kommunismus solle nicht nur in China umgesetzt werden, sondern sich über die ganze Welt verbreiten. Europa kann sich nicht in Sicherheit wiegen: Xi Jinping träumt von einer Welt unter seiner Kontrolle!

Unter Xi hat die Ideologie früheren Pragmatismus verdrängt. Abweichungen von der Parteiideologie werden nicht geduldet. Da zeigt sich Xi Jinping als „erbarmungsloser Diktator“. Seit fast einem Jahrzehnt befindet sich China „in einem offenen ideologischen Krieg“ mit dem Westen, ohne dass wir das hier wahrgenommen hätten, so der Politologe Jean-Pierre Cabestan.

Warum? Antwort darauf gibt das sogenannte „Dokument Nummer 9“. Darin warnt der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas vor „feindlichen ausländischen Kräften“. Die Hauptgefahr für China gehe von universellen Werten, von der freiheitlichen Demokratie aus. Die Gefahr sei also der Westen!

Nach...

Erscheint lt. Verlag 10.5.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7562-5249-3 / 3756252493
ISBN-13 978-3-7562-5249-7 / 9783756252497
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