Mutter, schafft (eBook)

Die Rolle der Mutter im Kapitalismus und Patriarchat: ein Aufruf zur Revolution
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
280 Seiten
Haymon (Verlag)
978-3-7099-3988-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mutter, schafft -  Linda Biallas
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Platz für Feminismus und Mutterschaft! Wie Mutter sein? - In einer männlichen Weltordnung, in einer Gesellschaft, die Mütter verachtet Was bedeutet Feminismus - nicht nur als Mutter, sondern als Mutter im kapitalistischen, patriarchalen System? Welche Kämpfe tragen Mütter aus? Und wer sieht hin, sieht die Kämpfe, aus denen sie nicht als Sieger*innen hervorgehen können? Zentrale Fragen, die Linda Biallas aufwirft, aber auch solche, für die es nicht immer allgemein gültige Antworten gibt. Denn: Menschen sind verschieden, und vor allem: Voraussetzungen sind unterschiedlich. Nur die Strukturen selbst scheinen so unerschütterlich wie kaum etwas anderes. Inklusive der Rolle, die einer Mutter zugeschrieben wird, und den Eigenschaften, die sie mitbringen sollte. Sicher ist: erfüllen lässt sich diese Rolle niemals. Muttersein in unserem Leistungs-orientierten System bedeutet vor allem eines: eine ernüchternde Realität, die Geschlechterrollen zementiert und Mütter als die wichtigsten Versorgungsträger*innen einer Gesellschaft im Stich lässt. Von der Feministin zur Mutter und Feministin Linda Biallas ist Mitte Zwanzig, steckt im Studium und in einem gänzlich anderen Leben, als sie ungeplant schwanger wird und sich mit Fragen konfrontiert sieht, die im Feminismus der Anfang 20-Jährigen keine Rolle gespielt haben: Was ist überhaupt eine 'gute Mutter'? Warum sind die Ansprüche an Mütter und Väter so unterschiedlich? Und wie werden wir durch diese Sicht beeinflusst? Wo sind es die Strukturen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, die uns in eine bestimmte Richtung drängen? Und wo sind es erlernte Überzeugungen und Rollenbilder, die uns festsetzen, Spielräume ungenutzt lassen? Wo sind es unsere eigenen Ideologien, die uns trotz allem an ein System glauben lassen, das unsere Ausbeutung und Unterdrückung zu verantworten hat? Klar ist: Es sind vor allem Patriarchat und Kapitalismus, die dafür sorgen, dass Strukturen erhalten bleiben, die Frauen mit Kindern benachteiligen und Hindernisse reproduzieren, wo es eigentlich schon lange keine mehr geben sollte! Es reicht nicht! - neue Perspektiven für das Muttersein im 21. Jahrhundert Sexismus, Stereotype, das Ideal der kleinbürgerlichen Familie, Bevormundung und rechtliche Bestimmungen: Es sind die Umstände, die wir gemeinsam und grundlegend verändern müssen, um Müttern eine Zukunft zu geben und endlich Gleichberechtigung zu schaffen. Was nicht reicht? Schlichte Symptombekämpfung. Vielmehr müssen wir endlich analysieren und verstehen, dass es unser Gesellschaftssystem ist, das Formen von Benachteiligung hervorbringt und das Muttersein kaputtmacht. Linda Biallas erzählt in diesem Buch von Ungleichheit und Erziehungsmodellen, Care-Arbeit und Beziehungsarbeit und bohrt mit dem Finger in den Wunden unserer Gesellschaft, bis wir den Schmerz so richtig spüren!

Linda Biallas ist Feministin, und sie ist Mitte Zwanzig, steckt im Studium und in einem gänzlich anderen Leben, als sie ungeplant schwanger wird. Der Freund trennt sich, noch bevor das Baby geboren ist: nicht bereit, Vater zu sein. Heute arbeitet sie als Sozialarbeiterin in Berlin, schreibt von ihrem Dasein als mittlerweile zweifache Mutter in einer ungewöhnlichen Familienkonstellation, erzählt von Allein- und Getrennterziehung, vom Sexismus, den sie als Frau erlebt und dem Schmerz, immer wieder gegen Mauern zu laufen. Und: Linda Biallas ist wütend. Wütend, wie viele Mütter es sind. Denn ihr ist klar: es sind die konkreten Strukturen, die wir verändern müssen!

Linda Biallas ist Feministin, und sie ist Mitte Zwanzig, steckt im Studium und in einem gänzlich anderen Leben, als sie ungeplant schwanger wird. Der Freund trennt sich, noch bevor das Baby geboren ist: nicht bereit, Vater zu sein. Heute arbeitet sie als Sozialarbeiterin in Berlin, schreibt von ihrem Dasein als mittlerweile zweifache Mutter in einer ungewöhnlichen Familienkonstellation, erzählt von Allein- und Getrennterziehung, vom Sexismus, den sie als Frau erlebt und dem Schmerz, immer wieder gegen Mauern zu laufen. Und: Linda Biallas ist wütend. Wütend, wie viele Mütter es sind. Denn ihr ist klar: es sind die konkreten Strukturen, die wir verändern müssen!

1. Von der Feministin zur Mutter


Mutterschaft ist ein zentrales feministisches Thema. Leider weiß das nur fast niemand. Manchmal unterhalte ich mich mit Frauen, die jünger sind als ich, die noch keine Kinder haben, und manchmal erzählen diese dann, dass sie nicht wissen, ob und wann sie überhaupt Kinder bekommen wollen oder können, weil sie nicht wissen, wie sie „das alles“ machen sollen. Die Boyfriends sitzen dann meist daneben und sagen nichts. Frauen hingegen, die schon Mütter sind, erzählen häufig, wie erstaunt sie waren und wie erschrocken, wie viel Arbeit „das alles“ ist und wie sie sowohl gesellschaftlich als auch in der eigenen Paarbeziehung damit alleingelassen werden.

Mutterschaft ist kaum ein Thema im Feminismus der Jüngeren, im modernen, im popkulturellen Feminismus, im Choice Feminismus. Ich finde, das sollten wir ändern. Nicht nur, weil Mütter als Menschen und als zentrale Figuren in der Reproduktionsarbeit sicher versorgt und nicht unterdrückt und ausgebeutet werden sollten, sondern auch, weil am Beispiel Mutterschaft deutlich zutage tritt, wie Kapitalismus und Patriarchat ihre fatale Wirkung entfalten.

Ich fand Feminismus schon immer gut und Geschlechterrollen schon immer kacke


Als ich in der ersten Klasse war, fand ich die Kurzhaarfrisur eines Mitschülers so cool, dass ich gesagt habe: „Mama, ich will kurze Haare haben!“ Und meine Mutti hat mir die Haare abgeschnitten. Ich hatte nicht das Gefühl, dass die kurzen Haare etwas daran geändert hätten, dass ich ein Mädchen bin, und mein Gerechtigkeitsempfinden sagte mir, dass es nur fair ist, wenn ich mit meinen Haaren machen kann, was ich möchte, und dass es absolut unfair ist, wenn für Mädchen in dieser Hinsicht andere Regeln gelten als für Jungen. Dass Mädchen eigentlich keine kurzen Haare tragen sollten, habe ich durchaus auch als Erstklässlerin mitbekommen, ich erinnere mich zum Beispiel an den Verkäufer an einem Stand auf dem Wochenmarkt, der mir dann jeden Samstag, wenn ich mit meiner Mutti dort war, etwas zum Probieren auf die Hand „für den jungen Mann“ gab.

In den 1990er-Jahren ein Kind gewesen zu sein, ein Mädchen gewesen zu sein, hat mich mit vielen Mixed Messages aufwachsen lassen. Einerseits erinnere ich mich an wenige Situationen, die so richtig offen sexistisch waren, ich hatte immer das Gefühl, dass so ein gewisser „Heutzutage-können-Mädchen-alles-schaffen“-Girlpower-Spirit herrschte. Gleichzeitig gab es aber trotzdem superviele klischeehafte Ideen darüber, wie Mädchen zu sein haben, die an mich herangetragen wurden. Aus Protest gegen die Idee, dass Mädchen auf jeden Fall Pferde mögen und die „Wendy“ lesen, waren Kühe lange Zeit meine Lieblingstiere.

Wenn ich sage, ich fand Feminismus schon immer gut, dann meine ich damit nicht, dass ich als Kind schon einen ausgeprägten Begriff davon hatte, was Feminismus ist. Denn den hatte ich nicht. Ich hatte vor allem ein großes Unrechtsbewusstsein und eine Abneigung dagegen, in eine bestimmte Richtung gedrängt zu werden, nur weil ich ein Mädchen bin.

Das erste Mal konkret für mich formulieren, dass ich benachteiligt werde, konnte ich, als wir die Noten im Informatikunterricht in der Mittelstufe bekamen. Mehrere Jungen aus meiner Klasse hatten bei gleicher Leistung eine 1 bekommen und ich aber eine 2. Und das, obwohl ich, im Gegensatz zu den Jungen, zusätzlich zu meiner eigenen fehlerfreien Leistung auch noch den anderen Mädchen im Kurs während des Unterrichts beim HTML-Programmieren immer wieder unterstützend zur Seite gestanden hatte. Ganz so, wie es die Geschlechterrolle Frau vorsieht. Ich hatte also eigentlich noch mehr „geleistet“ als die Jungen. Ich weiß noch genau, wie ich nach der Notenvergabe im Flur stand und überlegte, bei wem ich mich über diese Angelegenheit beschweren könnte, ob ich zum Beispiel meinem Mathematiklehrer von meinem Verdacht erzählen sollte. Er hatte mich im Unterricht immer fair behandelt und schien sich darüber zu freuen, dass ich gut in Mathe war. Letztendlich überwog aber die Angst, nicht ernst genommen zu werden, und ich habe nichts gesagt.

Viele Anekdoten über Ungleichbehandlung und Sexismus, die in meiner Kindheit und frühen Jugend passiert sind, konnte ich als Teenager besser einordnen, als ich angefangen habe, mich mit Politik, Gesellschaft und feministischer Theorie zu beschäftigen. In feministischen Büchern Begründungen dafür zu finden, wie und warum sexistische Vorfälle passieren, das hat mir das Gefühl gegeben, dass da jemand ist, der mir glaubt.

Obwohl ich aus meiner Jugend einiges über erlebten Sexismus erzählen kann, wurde mir trotzdem vermittelt, dass ich es im Leben zu etwas bringen kann. Dass ich es „trotzdem“ zu etwas bringen kann. Eine meiner Lieblingsanekdoten ist zum Beispiel die, dass mir irgendwann aufgefallen ist, dass es immer die Jungs sind, die die Joints bauen. Ich habe dann gelernt, Joints zu bauen, um dem etwas entgegenzusetzen. Oder der Moment, als ich das Gefühl zulassen konnte, dass es mich verletzt, wenn von mir erwartet wird, immer die „nicht so schlimmen“ Kleinigkeiten weglächeln zu müssen, die mich aufgrund meines Geschlechts herabwürdigen – wenn zum Beispiel vermeintlich Schwächere mit „Du Pussy!“ bedacht werden oder gesagt wird: „Bestimmt ’ne Frau“, wenn da ein schlecht eingeparktes Auto steht. Auch deutlich unangenehmere Erlebnisse, wie sie leider vielen Frauen passieren, sind Teil meiner Erfahrung. Ich denke da an die verschiedenen sexuellen Übergriffe, die ich erlebt habe.

Trotz allem bin ich mit dem Gefühl erwachsen geworden, dass ich als Frau zwar nicht gleichberechtigt bin, aber doch durch Engagement so einiges wieder wettmachen könne. Schließlich hatten trotz der vielen Benachteiligungen und Situationen, die sich scheiße anfühlten, doch zumindest alle großen Eckpunkte geklappt. Ich habe (als Erste in meiner Familie) die allgemeine Hochschulreife erreicht, ich habe einen Freiwilligendienst absolviert, ich habe, zugegebenermaßen nach einer längeren Orientierungsphase, ein Studium aufgenommen und auch abgeschlossen.

Oh fuck, ich bin schwanger


Während des Studiums bin ich dann ungeplant schwanger geworden und habe mich dazu entschieden, ein Kind zu bekommen – und von all den Wahrheiten darüber, was man als Frau in unserer Gesellschaft alles so schaffen kann, war plötzlich keine mehr wahr.

Bevor ich Kinder hatte, habe ich das Frausein in dieser Gesellschaft immer ein Stück weit als ein „Einerseits-Andererseits“ wahrgenommen: Einerseits werde ich als Frau benachteiligt und sexistisch diskriminiert, andererseits habe ich Handlungsspielraum und Möglichkeiten in dieser Gesellschaft. Durch die Schwangerschaft hat sich mein Blick auf die Notwendigkeit von Feminismus sehr fokussiert, und die Missstände, die in unserer Gesellschaft für Mütter allgegenwärtig sind, haben sich mir mit meiner ersten ungeplanten Schwangerschaft und den Erfahrungen mit dem ersten Kind schmerzlich offenbart. Alles vorher, so sehr mich manche Vorfälle doch getroffen haben, waren „nur“ Anekdoten im Vergleich zu den Erfahrungen, die ich als junge Mutter und Alleinerziehende gemacht habe.

Ich war von Anfang an alleinerziehend, bereits während der ersten Schwangerschaft. Wir waren noch nicht lange zusammen, als ich schwanger wurde. Der werdende Vater, also mein damaliger Partner, hat sich von mir getrennt, weil er keine Verantwortung für mich übernehmen könne, geschweige denn für ein Kind. Er hat die ganze Verantwortung auf mich abgewälzt, als hätte ich schwanger werden wollen. Als hätte ich in einer Situation sein wollen, in der ich mich für oder gegen ein Kind entscheiden musste. Als wäre irgendetwas fair daran, sich aus der Affäre zu ziehen mit einem: „Du hättest ja abtreiben können, deswegen ist die Schwangerschaft jetzt dein Problem.“

„Pro-Choice“ sollte nicht bedeuten, dass Männer mitreden dürfen, um Frauen von einem Schwangerschaftsabbruch zu überzeugen, weil Verantwortung für das eigene Ejakulat zu übernehmen, eine Idee ist, die ihnen noch nie gekommen ist. Warum ich mich letztendlich für die Schwangerschaft entschieden habe, trotz allem, ist an und für sich völlig egal. Werdende Mütter haben immer ein Setting verdient, in dem sie genug Ressourcen und Unterstützung haben, sich für ein Kind entscheiden zu können. Genauso wie Frauen einen nicht kriminalisierten und stigmatisierten Zugang zum Schwangerschaftsabbruch haben sollten.

Ich habe eine Weile gebraucht zu realisieren, dass meine Beziehung vorbei war und ich alleinerziehend sein würde, und ich war während der Schwangerschaft die ganze Zeit traurig. Ich glaube, ich habe ausnahmslos jeden Tag geweint. Ich trauerte um mein altes Leben. Ich hatte nie bewusst von der bürgerlichen Kleinfamilie geträumt oder mir vorgestellt, ein Haus zu bauen oder zu heiraten. Ich fand Heiraten immer komisch und blöd – ich will doch gar nicht von meinem Vater an meinen Ehemann übergeben werden, hä? Als ich dann schwanger war, wurde mir klar, dass ich dennoch bestimmte Vorstellungen davon hatte, wie ich mir das Kinderkriegen in einer Paarbeziehung wünschte: innig und einander zugewandt. So sehr hätte...

Erscheint lt. Verlag 18.11.2022
Verlagsort Innsbruck
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Care-Arbeit • Familie • Feminismus • Feminismus und Mutterschaft • Kapitalismus • Kinderbetreuung • Mutterrolle • Mutterschaft • Muttersein • Patriarchat • Politik • Sexismus • Ungleichheit
ISBN-10 3-7099-3988-7 / 3709939887
ISBN-13 978-3-7099-3988-8 / 9783709939888
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