Die Begnadeten (eBook)

Schönheit, Schmerz und Einsamkeit: Fußballgötter und ihre Abstürze - Franz Beckenbauer, George Best, Diego Maradona, Mesut Özil, Michel Platini, Sócrates - Mit zahlreichen Abbildungen

(Autor)

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2022
320 Seiten
C.Bertelsmann Verlag
978-3-641-28834-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Begnadeten - Michael Horeni
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In den Himmel gehoben und tief gefallen: Aufstieg und Absturz der Fußballlegenden von Beckenbauer und Maradona bis Özil
Sie sind Legenden des Weltfußballs: Franz Beckenbauer, George Best, Diego Maradona, Mesut Özil, Michel Platini und Sócrates. Aber diese Kicker waren auch Künstler, manche Lebenskünstler. Sie verkörperten, jeder auf seine spezielle Weise, die Schönheit des Spiels. Doch ihrer Leichtigkeit auf dem Platz, auf dem sie herrschten und der sie gleichzeitig beschützte, folgten schwere Abstürze im realen Leben. Sie fielen tief und bezahlten teuer: mit ihrer Ehre, ihrer Heimat, ihrem Leben. Bestsellerautor Michael Horeni lässt Glanz und Elend dieser Fußballgötter in seinen Porträts noch einmal unmittelbar lebendig werden.

Mit farbigem Bildteil.

Michael Horeni, Jahrgang 1965, hat Politische Wissenschaften, Geschichte und Philosophie studiert und war langjähriges Sportredaktionsmitglied der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, zuletzt als Fußballkorrespondent Europa. Er veröffentlichte u. a. »Klinsmann« (2005), »Die Brüder Boateng« (2012), in Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Watzke den Bestseller »Echte Liebe« (2019) und zuletzt »Die Begnadeten« (2022). Horeni, der über zwanzig Jahre als Berichterstatter zuständig für die deutsche Nationalelf war und von 16 Welt- und Europameisterschaften im Fußball berichtet hat, wurde ausgezeichnet mit dem deutschen Fair Play Preis.

Vorspiel

Der Fall der Götter

Franz Beckenbauer, George Best, Diego Maradona, Sócrates, Michel Platini, Mesut Özil

Diese unglaublichen Spieler zu erleben bedeutete für viele Millionen Menschen rund um den Globus ein großes Glück. Mit ihrem hinreißenden Spiel verkörperten sie zu ihren besten Zeiten die Essenz des schönen Fußballs, sein Wesen, seine Leichtigkeit. Doch sie alle, die den Fußballhimmel berührten, erlebten und erlitten tiefe Abstürze. Manche wurden zu Höllentrips, denen nur der Tod ein Ende setzen konnte. Maradona (2020), Sócrates (2011) und Best (2005) vernichteten ihre Körper durch Kokain, Alkohol und andere Drogen. Beckenbauer und Platini kosteten ihre späten Abstürze als Fußballfunktionäre, bei denen es um Millionenzahlungen und Korruption ging, Amt und Ehre. Und Özil verlor seine Heimat, seine deutsche Heimat.

Das, was sie über die Zeiten und Generationen hinweg verbindet, lässt sich erst erkennen, wenn man diese Begnadeten gemeinsam in den Blick nimmt. Dann werden neben der Genialität, die sie eint, auch andere Parallelen sichtbar, die für ihre Abstürze wichtige Rollen spielten.

Zweifellos waren die Verlockungen für diese Ausnahmeerscheinungen groß, sich auch nach dem Abpfiff weiter als jene Ikonen und Kunstfiguren zu begreifen, zu denen sie sich auf dem Spielfeld selbst gemacht hatten. Oder zu denen sie gemacht wurden. So gehörten alle diese Fußballgötter des letzten halben Jahrhunderts irgendwann nicht mehr sich selbst. Die Wirklichkeit präsentierte ihnen schonungslos die Rechnung. Eine Wirklichkeit allerdings, der sich die Auserwählten schon kaum mehr zugehörig fühlten, gleichgültig, zu welcher Zeit sie lebten. Götter akzeptieren keine Richter, zumindest keine weltlichen. Auch die Fußballgötter taten es nicht.

Der Preis, den sie am Ende bezahlen mussten, lässt sich mit ihren menschlichen Schwächen allein nicht hinreichend erklären. Klar ist: Auch der jeweilige Zeitgeist wurde ihnen irgendwann zum Feind. Ein tückischer, unsichtbarer Feind, der sich den meisten erst im Nachhinein zu erkennen gegeben hat, wenn überhaupt.

In den Abstürzen der Fußballheroen wird auch ihre Einsamkeit spürbar. Obwohl sie stets einer Mannschaft angehörten und in ihrer Genialität immer auch als Teil eines Teams wahrgenommen wurden, standen sie am Ende meist allein da. Zu ihrem Leben im Profigeschäft gehört untrennbar die Erfahrung, dass sich auch innerhalb einer Mannschaft jeder immer selbst der Nächste ist. Und Loyalitäten nur so lange bestehen, wie sie Erfolg versprechen.

Was die Lebenswege von Maradona, Beckenbauer und Platini angeht, kommt der dunklen Seite der überbordenden, wilden und maßlosen 80er-Jahre eine zentrale Rolle zu. In dieser exzentrischen, glamourösen und materialistischen Zeit, die immer auch starke zerstörerische und selbstzerstörerische Züge in sich trug und in der es ausgesprochen respekt- und distanzlos zuging, konnten sich Superstars plötzlich alles leisten. Sicher, Geld war schon immer wichtig gewesen, nicht nur in den Achtzigern. Doch erst in dieser Zeit wurden Geld und Äußerlichkeiten zu überragenden gesellschaftlichen Werten, zu ihren Fixpunkten, wie es sie in so hemmungslos ausgelebter Weise seit dem Krieg nicht gegeben hatte. Reichtum entschied nun nicht nur darüber, was man sich kaufen und leisten konnte, sondern auch darüber, was man sich in der Gesellschaft erlauben durfte.

Die Weltstars Maradona, Beckenbauer und Platini, deren Mythos nicht zuletzt in jener Zeit entstand und deren Wege sich in den 80er-Jahren immer wieder kreuzten, wurden zu Leitbildern dieser flirrenden Zeit: gut aussehende und millionenschwere Heroen, die begriffen, dass sie sich alles herausnehmen konnten. Und die sich scheinbar für nichts, was sie taten, rechtfertigen mussten. Dieses Spiel jenseits des Rasens ging viele Jahre gut, jedoch eben nur so lange, bis sich die Zeiten und Interessen änderten. Und damit die Spielregeln. Bei Maradona war dies schon während seiner aktiven Karriere in Neapel der Fall. Platini und Beckenbauer ereilte ihr Schicksal dagegen weit später, während oder nach ihren Karrieren als Fußballfunktionäre, als der französische Spielmacher und der deutsche Libero dem Rasen schon seit Jahrzehnten den Rücken gekehrt hatten.

All diese Fußballgötter, von Best in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts bis hin zu Özil fünfzig Jahre später, waren der Öffentlichkeit von den ersten Tagen ihres märchenhaften Aufstiegs an in einer bestürzenden und unheilvollen Weise ausgeliefert. In ihrer eigenen Maßlosigkeit und Selbstgefälligkeit glaubten manche Medien damals, jegliche Rechte an den Stars zu besitzen und sie ihrer Privatsphäre berauben zu dürfen. Der Lieblinge ihrer Nationen bedienten sie sich, wie es ihrer Zeit gefiel: maßlos, skrupellos.

Die Öffentlichkeit störte sich daran nicht. Und die Superstars, die meist nur ihr Spiel schützte, nahmen die Bedrängungen, Vereinnahmungen und Verletzungen wie selbstverständlich hin. Oder sie schlossen Pakte mit den Medien, aus denen sie sich wiederum kaum befreien konnten oder wollten. Auch das war ein Preis, den sie zahlten, manche bis zu ihrem letzten Atemzug.

Maradona wurde in den 80er-Jahren von den Massen in Argentinien und Neapel wie ein Heiliger verehrt. Ein Heiliger allerdings, der sich mit der Camorra gemein machte, der seinem Körper und seiner Seele großen Schaden zufügte, der schon während seiner Profikarriere dem Kokain verfiel, der Droge der Achtziger.

Der beste Fußballer der Welt zu sein bedeutete in dieser exzessiven Zeit in einer Welt des Machismo für Maradona aber auch, der größte Macho der Welt sein zu wollen. Oder sein zu müssen, nicht zuletzt, weil das Millionen Männer von ihm geradezu erwarteten. Weil Frauen bloß als Trophäen galten und sonst nicht viel, besonders im Fußball. In Maradona vereinigte sich die Schönheit und Poesie des Spiels auf beispiellose Weise mit hedonistischen Exzessen, drogenumrauschten Allmachtsfantasien und einer schädlichen Vorstellung von Männlichkeit.

Mit seinem Fußballgenie hatte er in den 80er-Jahren nicht weniger als die Schmach eines verlorenen Kriegs in seinem Heimatland getilgt. Durch jenen in Argentinien auf ewig unvergesslichen Sieg bei der Weltmeisterschaft 1986 über England mit seinen beiden epischen Toren, eines erschaffen durch die »Hand Gottes« und das andere mit dem Solo des Jahrhunderts. Mit dem Triumph im Finale in Mexiko-Stadt bei jener Weltmeisterschaft, vier Jahre nach dem verlorenen Kampf um die Falklandinseln, hatte er endgültig den Mythos Maradona erschaffen. Der sollte sich von dem Jungen, der sich aus dem Elendsviertel Villa Fiorito vor den Toren von Buenos Aires nun seinen Weg in den Olymp gebahnt hatte, für immer ablösen.

Anders als Franz Beckenbauer und Michel Platini, die schon früh die Nähe zu den Mächtigen suchten, zog Maradona stets die Ablehnung der Eliten seines Landes auf sich. Den Klassenhass eines Establishments, dass einem Jungen aus der Unterschicht nicht verzeihen konnte, zu einer weltweiten Ikone aufzusteigen, zum berühmtesten Menschen Argentiniens im 20. Jahrhundert, neben Che Guevara und Eva »Evita« Perón, einer Frau aus dem Volk, der ebenfalls unversöhnliche Verachtung entgegengeschlagen war. Auch vielen Menschen in Neapel, den ewigen Verlierern aus dem italienischen Süden, hatte Maradona die Scham und die Stigmatisierung durch große Siege über die großen Klubs und das Establishment aus dem Norden genommen. Die beiden Titelgewinne in der italienischen Serie A, die er ihnen schenkte, wurden in Neapel zu unvergessenen Siegen über die ewige Verachtung der armen Leute.

Trotz der allgegenwärtigen Bestürzung über seinen Lebenswandel fiel Maradona in Argentinien und in Neapel bei den Massen nicht in Ungnade, jedenfalls nie dauerhaft. Sein Mythos überdauert am Ende jeden Skandal. Vor allem die, wie man oft so leichthin sagt, einfachen Menschen fühlten sich ihm verbunden. Die kurze Phase der Abwendung, die es in Neapel auch unter seinen treuen Fans gegeben hatte, nachdem Maradona Italien den Traum vom Triumph bei der Weltmeisterschaft 1990 im eigenen Land ausgerechnet in Neapel mit einem Sieg im Halbfinale durch einen von ihm verwandelten Elfmeter zerstört hatte, wich bald wieder großer Dankbarkeit für das, was er ihnen geschenkt hatte. In vielen neapolitanischen Vierteln finden sich noch heute kleine Schreine zu Maradonas Ehren, das Stadion trägt seinen Namen.

Es ist kein Zufall, dass die Abstürze von Beckenbauer und Platini – die sie anders als Best, Sócrates und Maradona nicht ihr Leben kosteten, wohl aber Ehre und Macht – sich in jüngerer Zeit vollzogen haben. Erst vor rund zehn Jahren bildete sich in Westeuropa jene moralisch aufgeladene und die öffentliche Diskussion bis heute prägende Haltung heraus, die es sich nicht mehr wie in den 80er-Jahren erlauben mag, Künstler und Superstars allein nach ihren Werken und ihren Leistungen zu bewerten, sondern ihr gesamtes Verhalten einer scharfen moralischen und rechtlichen Prüfung unterzieht. Meist schon, bevor Gerichte ein Urteil gesprochen haben.

Beckenbauer stieg in Deutschland schon in den späten 60er- und frühen 70er-Jahren zum »Kaiser« auf, doch erst in den 80er-Jahren erreichte seine Popularität eine neue Stufe, als er die Nationalelf übernahm und sie sechs Jahre später als ihr Teamchef zum Sieg im...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2022
Zusatzinfo Mit zahlreichen Abbildungen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
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ISBN-10 3-641-28834-7 / 3641288347
ISBN-13 978-3-641-28834-1 / 9783641288341
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