Geopolitische Machtspiele

Wie China, Russland und die USA sich in Stellung bringen und Europa immer stärker ins Abseits gerät

(Autor)

Buch | Softcover
340 Seiten
2022
Olzog ein Imprint der Lau Verlag & Handel KG
978-3-95768-235-2 (ISBN)
28,00 inkl. MwSt
Russland führt einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine ohne jegliche Rücksicht auf das Völkerrecht, China bedroht Taiwan in seiner Existenz, die USA, Großbritannien und Australien schließen einen Verteidigungspakt - derzeit erleben wir im globalen Kräfte- und Mächtespiel massive Veränderungen und machtpolitische Verschiebungen. Die USA sehen sich durch den Aufstieg Chinas zu einem zentralen Global Player vor ganz neuen Herausforderungen. Parallel strebt Russland ebenfalls mit allen (militärischen) Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste wieder eine stärkere Machtstellung an und Europa präsentierte sich bis vor wenigen Wochen noch als zerstrittener und verunsicherter Kontinent, tritt aber angesichts des Ukraine-Kriegs gegenüber dem russischen Aggressor geeint auf und verhängt massive Sanktionen. Und das angesichts einer fragilen künftigen Energie- und Rohstoffversorgung und zunehmender Migrationsströme aus Afrika und dem Nahen Osten, insbesondere Richtung Deutschland. All diese Ereignisse der letzten Monate und Jahre haben eines gemeinsam - sie sind großenteils geopolitischer Natur bzw. haben geopolitische Auswirkungen. Geopolitisches Denken ist für die Beurteilung unserer Gegenwart und Zukunft somit unverzichtbar. Zu Recht ist daher die Geopolitik in aller Munde, nur in Deutschland fristet sie nach wie vor ein Schattendasein. Seit Jahrzehnten wurden geopolitische Ansätze mehr oder weniger durch die verantwortliche Politik bewusst gemieden, verbunden mit gravierenden Folgen wie z. B. einer zunehmenden außen- und sicherheitspolitischen Außenseiterrolle. Martin Grosch möchte daher mit seinem Buch einen Beitrag leisten, den Blick für die Geopolitik anhand global oder regional bedeutender Staaten als geostrategische Akteure oder als geopolitische Dreh- und Angelpunkte wieder zu schärfen. Dabei zeichnet er die geografischen, historischen und kulturellen Hintergründe aktueller geopolitischer Ereignisse und Konflikte nach und warnt eindringlich davor, dass Deutschland als europäische Führungsmacht es sich nicht leisten kann und darf, vor geopolitischen Handlungen und Ereignissen die Augen zu verschließen.

Dr. Martin Grosch, geboren 1969, Ministerialrat, Studium der Geschichte und Geographie in Marburg, Promotion zum Thema "Johann Victor Bredt. Konservative Politik zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus. Eine politische Biographie." Langjährige Tätigkeit als Lehrer für Geschichte, Erdkunde, Politik und Wirtschaft an Oberstufengymnasien. Dort Durchführung zahlreicher geo- und sicherheitspolitischer Seminare. Vorträge an der Universität Köln und an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg zu historischen und geo- bzw. sicherheitspolitischen Themen und Lehrauftrag 2009/10 an der Universität Köln zum Thema "Karten im Geschichtsunterricht." Mitglied der "Namibia Scientific Society ", der "Scientific Society Swakopmund" und des "Arbeitskreises Militärgeschichte". Oberstleutnant d.R., derzeit beordert beim Landeskommando Hessen als Pressestabsoffizier. Zahlreiche Reisen in das südliche Afrika, in den Nahen Osten, China, Russland und Osteuropa. Dabei intensiver Austausch mit relevanten Akteuren und Recherche vor Ort.

Einleitung

I. Deutschland - Das Mutterland der Geopolitik. Theoretische Einführung und allgemeiner Überblick
1. Was ist Geopolitik? Begriffe und Abgrenzungen
2. Grundlegende Theoretiker der Geopolitik

II. Konkrete Themen und Untersuchungsaspekte der Geopolitik
1.Geopolitische Faktoren der früheren Staatenbildung bzw. der heutigen Staatengrundlage
a. Die Lage – vom Pech eines Pufferstaates
b. Das Relief – die Unverrückbarkeit von Gebirgen
c. Das Klima – sein Einfluss auf Flora und Fauna
d. Der Boden – Basis für Nahrungsmittel und Versorgung
e. Die Bodenschätze – Grundlage für Wohlstand?
f. Die Flüsse – Lebensgrundlage von Völkern und Staaten
g. Das Meer – ein geopolitischer Faktor
h. Demographische Aspekte – Probleme regionaler Überbevölkerung
2. Wechselbeziehungen von Staat und Raum: Der Staat als raumgestaltender Faktor – der Raum als staatsprägende Grundlage
3. Daraus resultierende aktuelle geopolitisch geprägte Konflikte
a. Die Lebensgrundlage Wasser als Konfliktherd
b. Die Wüste wächst: Konflikte um Anbauflächen und die Versorgung mit Nahrungsmitteln
c. Konflikte um die Energieversorgung am Beispiel von Erdöl und Erdgas
d. Konflikte um Rohstoffe der Zukunft
e. Migration als geopolitisches Konfliktinstrument
f. Die Sicherung freier See- und Handelswege
g. Keine Freiheit der Meere – Wirtschaftszonen und -grenzen im Meer
4. Die geopolitische Bedeutung und Problematik von Grenzen und Umrissformen von Staaten
a. Natürliche Grenzen (Gebirge, Flüsse, Meer)
b. Politische Grenzen
c. Ethnische Grenzen bzw. Sprachgrenzen
d. Strategische Grenzen
e. Mathematische Grenzen

III. Krieg vor unserer Haustür: Die Jugoslawienkriege als Beispiel neuer geopolitischer Konflikte nach Ende des Kalten Kriegs

IV. Aktuelle exemplarische Analysen verschiedener Staaten bzw. Regionen
1. China – der Drache auf dem Weg zur Weltmacht
a. Chinas Anspruch auf das Dach der Welt: Tibet
b. Chinas geopolitisches Verhältnis zu Japan und Taiwan
c. Chinas „Kuhzunge“ – seine Ansprüche im Südchinesischen Meer
d. Chinas neues Seidenstraßenprojekt – ein Mittel der Expansion
e. China und das südliche Afrika – ein Beispiel für Neokolonialismus
2. Indien und Pakistan – zwei verfeindete Atommächte im Konflikt um Kaschmir
3. Russland – die größte Landmacht der Erde
4. Der Nahe Osten – ein ewiger Konfliktherd
a. Iran und Saudi-Arabien im Streit um die regionale Vormacht
b. Israel als geopolitischer Faktor
5. Die Türkei - eine regionale Vormacht im östlichen Mittelmeerraum?
6. Afrika: Ägypten, Äthiopien und Marokko als regionale geopolitische Akteure

V. Der Westen
1. Die USA – eine Weltmacht im Abstieg?
2. Die NATO – ein Instrument der USA?
3. Die EU – ein geopolitischer Papiertiger!
4. Deutschland – ein Land ohne Geopolitik?
a. Die geopolitische und -strategische Lage Deutschlands aus historischer und aktueller Perspektive
b. Auslandseinsätze der deutschen Bundeswehr – mit welchem Erfolg waren wir in Afghanistan?
c. Ein Interview mit dem ehemaligen Bundesminister der Verteidigung Dr. Franz Josef Jung

VI. Fazit und Ausblick

Anmerkungen
Quellen- und Literaturverzeichnis

Einleitung: Politik ist immer ein Spiel von Macht und Herrschaft, von Interessen und deren Durchsetzung. Dies gilt auf innen-, gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Ebene genauso wie im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Bündnisse und Kooperationen kommen und gehen, Beziehungen zwischen Staaten untereinander wandeln sich im Laufe der Jahrzehnte. Es gibt auf der einen Seite stabile Formen der Zusammenarbeit, die auf gemeinsamen Werten und Ideen basieren, andererseits existieren auch immer wieder kurzlebige, rein zweckorientierte Allianzen. Bei allen Varianten gilt aber bis heute ein entscheidender Grundsatz: »Staaten haben keine Freunde, Staaten haben Interessen.« Dieses Charles de Gaulle zugeschriebene, aber auch auf weitere berühmte Staatsmänner wie Winston Churchill oder Otto von Bismarck anwendbare Zitat erhält aktuell mit dem Angriffskrieg Russlands gegenüber der Ukraine seit dem 24. Februar 2022 leider eine Bestätigung in extremer Form, verdeutlicht aber wie kein anderes den notwendigen realpolitischen Ansatz innerhalb der internationalen Beziehungen zwischen Staaten und Bündnissen. Historische Beispiele sind das von Großbritannien über Jahrhunderte gepflegte Prinzip der »Balance of Power« oder der US-amerikanische Isolationismus in Kombination mit der Monroe-Dok­trin von 1823. »Amerika den Amerikanern« bzw. »America first« war und ist eben keine neue von Donald Trump in die Welt gesetzte Idee, sondern schon immer ein grundlegendes außen-, sicherheits- und geopolitisches Interesse der USA, wie im weiteren Verlauf des Buches erläutert wird. Ungeachtet solch langfristiger geo- und außenpolitischer Prinzipien und Parameter bedeutender Staaten erleben wir zurzeit im globalen Kräfte- und Mächtespiel größere Verschiebungen. Die USA sehen sich durch den Aufstieg Chinas zu einem zentralen Global Player, wie auch durch veränderte Konstellationen im Nahen und Mittleren Osten vor neuen Herausforderungen. Russland strebt – scheinbar mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste – wieder eine stärkere Machtstellung an, und Europa präsentierte sich bis vor wenigen Wochen noch als eher zerstrittener und verunsicherter Kontinent, tritt aber angesichts des Ukraine-Kriegs gegenüber dem russischen Aggressor geeint auf und verhängte massive Sanktionen, wie u. a. den Ausschluss Russlands aus dem Swift-Bankensystem. Unabhängig davon werden in Europa künftig aber auch Fragen der Energieversorgung ebenso diskutiert werden müssen, wie der damit einhergehende Klimawandel. Ethnische und religiöse Konflikte, Migrationsströme aus Afrika und dem Nahen Osten, aus von Bürgerkriegen zerrissenen Ländern, stellen die EU ebenfalls vor massive Herausforderungen. Was dies alles für die Zukunft der Welt insgesamt und die Verteilung von Macht und Einfluss bedeuten wird, ist derzeit nur schwer abzuschätzen. Wenn die Welt aber »aus den Fugen geraten« ist und dahinter »­gewaltige tektonische Verschiebungen« stehen, wie Frank-Walter Steinmeier als damaliger Außenminister in einer Rede beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 2015 betonte, dann sind diese Krisen unbedingt aus einer Vielzahl von Blickwinkeln zu betrachten und zu analysieren – somit auch aus geopolitischer Perspektive. Nicht selten ist nämlich eine wesentliche Ursache von (militärischen) Konflikten in der Geografie begründet. Auch eine willkürliche Grenzziehung und die Gründung von »Nationalstaaten« mit Menschen, die es nicht gewohnt waren oder sind, in einem Gebiet zusammenzuleben, ist alles andere als ein Rezept für Stabilität, wie man an vielen Staaten im Nahen Osten oder in Afrika sehen kann. An all diesen Beispielen wird eines deutlich: Geopolitik ist international betrachtet wieder en vogue. Sei es im Fall der Annexion der Krim durch Russland, die von China propagierte »Neue Seidenstraße«, ­Konflikte im Südchinesischen Meer, die Diskussion über die Gaspipeline »Nord ­Stream 2« oder die Erschließung neuer Rohstoffquellen – immer spielen dabei auch geografische Faktoren und Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle. Schon Napoleon betonte einst, dass die Politik eines Staates in seiner Geografie geschehe. Geopolitik ist ein Begriff, der der breiten Masse der Bevölkerung zwar eher weniger bekannt sein dürfte, bei Medien und Politikern in Deutschland aber auch heute noch oft Ängste, Vorbehalte und Ablehnung auslöst, wird er doch gerne als Synonym für eine rücksichtslose und von Militär und Krieg geprägte Machtpolitik angesehen. Grund für diese negative Haltung ist eine Instrumentalisierung und ein Missbrauch der Geopolitik durch den Nationalsozialismus vor allem in Form der Forderung nach dem sogenannten »Lebensraum im Osten«. Dadurch kam der Begriff der Geopolitik nach 1945 in Deutschland derart in Verruf, dass lange Zeit nicht einmal ansatzweise geografische Faktoren oder räumliche Rahmenbedingungen als eine wesentliche Entscheidungsgrundlage in politische Prozesse einbezogen wurden – verbunden mit fatalen Folgen. Denn wenn Geopolitik in weiten politischen Kreisen in Deutschland nach wie vor nicht salonfähig ist, dann ist es auch nicht verwunderlich, dass die Bundesrepublik international nicht ernstgenommen wird und deutsche Interessen – sofern sie formuliert werden – nicht durchgesetzt werden können. Selbst nach dem Ende des Kalten Kriegs tut sich das wiedervereinigte Deutschland mehr als schwer, auf außenpolitischer Ebene eigene Interessen klar zu definieren und auch offen auszusprechen, verbunden mit teilweise bizarren Konsequenzen, wie der Rücktritt des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler Ende Mai 2010 sehr gut veranschaulicht. Was war dafür der Anlass? Während eines Interviews auf dem Rückflug nach einem Besuch von Bundeswehrtruppen in Afghanistan äußerte Köhler auf die Frage eines Journalisten, ob das bestehende Afghanistan-Mandat ausreiche, weil Deutschland sich inzwischen in einem Krieg befände, oder wir ein klares Bekenntnis zu dieser kriegerischen Auseinandersetzung brauchten, oder einen neuen politischen Diskurs: »Nein, wir brauchen einen politischen Diskurs in der Gesellschaft, wie es kommt, dass Respekt und Anerkennung zum Teil doch zu vermissen sind, obwohl die Soldaten so eine gute Arbeit machen. […] Wir kämpfen dort auch für unsere Sicherheit in Deutschland, wir kämpfen dort im Bündnis mit Alliierten, mit anderen Nationen auf der Basis eines Mandats der Vereinten Nationen, einer Resolution der Vereinten Nationen. […] Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg. […] Aber es wird wieder Todesfälle geben, nicht nur bei Soldaten, möglicherweise auch durch Unfall mal bei zivilen Auf‌bauhelfern. Das ist die Realität unseres Lebens heute, wo wir einfach zur Kenntnis nehmen müssen: Es gibt Konflikte. Man muss auch um diesen Preis sozusagen seine am Ende Interessen wahren.« Letztlich drückte der damalige Bundespräsident nur das aus, was die Außenpolitik von souveränen Staaten kennzeichnet, nämlich die Artikulation und Verfolgung eben auch eigener Interessen und damit das Betreiben von Realpolitik, was nicht zwangsläufig in Form nationaler Alleingänge geschehen muss, aber in diesem Fall zu nicht nachvollziehbaren Reaktionen in weiten Kreisen der deutschen Öffentlichkeit führte. U. a. wurde ihm unterstellt, er befürworte Einsätze der Bundeswehr, die vom Grundgesetz nicht gedeckt seien. Die Linkspartei behauptete, der Bundespräsident befürworte »Wirtschaftskriege«, die Grünen forderten eine Rücknahme der Äußerungen, und die SPD ließ verlauten, Köhlers Äußerungen seien »ein lebensfremder, abwegiger Debattenbeitrag«. Mittlerweile hat sich die Lage etwas verändert. Geopolitik spielt in der deutschen Politik, in den Medien und in der Politikwissenschaft zunehmend eine gewichtigere Rolle, ablesbar sogar anhand von Publikationen für den Schulunterricht. Das vorliegende Buch möchte daher einen Beitrag leisten, den Blick für die Geopolitik anhand global oder regional bedeutender Staaten als geostrategische Akteure oder als geopolitische Dreh- und Angelpunkte weiter zu schärfen. Manche Länder bzw. Regionen werden dabei bewusst ausgeblendet, da sie entweder keine eigenständige oder ausgeprägte Geopolitik betreiben bzw. nur Objekte der Geopolitik anderer Staaten sind. So erfolgt beispielsweise der Blick auf Lateinamerika und Australien sowie weite Teile Afrikas nur aus der Perspektive von dort als geopolitische Akteure auftretenden Staaten wie v. a. China oder auch die USA. Die Absicht ist, ausgehend von feststehenden geografischen Rahmenbedingungen, wie die geografische Lage von Staaten und unterschiedliche Geofaktoren, die geografischen Gesetzmäßigkeiten im Handeln von Staaten darzustellen. Aufgezeigt werden sollen Geofaktoren, die als geopolitische Muskeln und Gelenke von Staaten fungieren; weiterhin, welche grundsätzlichen geografisch bestimmten politischen Linien schon vor Jahrhunderten Gültigkeit für viele Staaten besaßen und inwiefern dies auch in den kommenden Jahrzehnten der Fall sein wird. Warum also Russland die Krim annektiert und die Ukraine im Februar 2022 angegriffen hat, warum sich China in Afrika engagiert und warum der Nahe Osten ein Pulverfass ist, die EU hingegen ein Papiertiger, auf solche und ähnliche Fragen gibt das Buch Antworten. Dabei ist natürlich zu beachten, dass es keinen einzelnen Geofaktor gibt, der wichtiger ist als ein anderer. Gebirge sind nicht wichtiger als die Vegetation, klimatische Bedingungen nicht wichtiger als Flüsse und Ströme. Allerdings sind es in den verschiedenen Regionen und Räumen unterschiedliche geografische Merkmale, die vor Ort zu dominanten Faktoren werden und bestimmen, wie Staaten bzw. Menschen handeln können oder eben auch nicht. Anders formuliert: Ziel des Buches ist es zu verdeutlichen, wie internationale Politik anhand verschiedener geografischer Merkmale gestaltet und umgesetzt wird, welche politische Interpretation bzw. Instrumentalisierung Geofaktoren zukommt und inwieweit die wechselseitige Beeinflussung von Räumen, von kulturellen, ökonomischen und physisch-geografischen Bedingungen bei außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungsprozessen eine Rolle spielt. Bei diesem Buch handelt es sich somit um eine exemplarische ­Analyse von Staaten und Regionen anhand ihrer prägenden geografischen und geopolitischen Faktoren. Dass dabei China einen verhältnismäßig großen Raum einnimmt, ist seiner gegenwärtigen wirtschaftlichen, politischen und zunehmend auch militärischen Bedeutung geschuldet. Ob man es nun gutheißen mag oder nicht, China ist bei allen unterschiedlichen geopolitischen Betrachtungen einer, wenn nicht der zentrale globale Akteur, der somit auch Europa und damit unsere deutschen Interessen berühren oder gar stören wird, wenn es nicht schon in diesem Augenblick geschieht. Beginnend mit einer zunächst theoretischen und allgemein gehaltenen Einführung in den Begriff der Geopolitik und einem folgenden Überblick über die Bedeutung der wesentlichen Geofaktoren soll anschließend in Form exemplarischer Ausführungen anhand aktueller Brennpunkte das Interesse für die Bedeutung und Notwendigkeit geopolitischer Probleme und den damit verbundenen Herausforderungen geweckt werden. Dies ist umso wichtiger, da viele derzeitige geopolitische Verschiebungen so langsam verlaufen, dass sie von der breiten Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden, aber deshalb umso gefährlicher in ihren Auswirkungen für Deutschland und Europa sind. Das trifft vor allem auf den Aufstieg Chinas und der damit einhergehenden Herausforderung der USA, aber auch den Veränderungen in Europa infolge der Massenmigration in den letzten Jahren zu. Die vorliegende Darstellung kann also als eine Art Handbuch fungieren, um diejenigen Leser anzusprechen, die aufgrund ihrer beruflichen Situation (z. B. Lehrer, Soldaten) oder im Hinblick auf ihre Ausbildung (z. B. Studenten) ein Interesse oder Bedürfnis an geo- und somit auch sicherheitspolitischen Fragen haben.

Einleitung:Politik ist immer ein Spiel von Macht und Herrschaft, von Interessen und deren Durchsetzung. Dies gilt auf innen-, gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Ebene genauso wie im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Bündnisse und Kooperationen kommen und gehen, Beziehungen zwischen Staaten untereinander wandeln sich im Laufe der Jahrzehnte. Es gibt auf der einen Seite stabile Formen der Zusammenarbeit, die auf gemeinsamen Werten und Ideen basieren, andererseits existieren auch immer wieder kurzlebige, rein zweckorientierte Allianzen. Bei allen Varianten gilt aber bis heute ein entscheidender Grundsatz: »Staaten haben keine Freunde, Staaten haben Interessen.« Dieses Charles de Gaulle zugeschriebene, aber auch auf weitere berühmte Staatsmänner wie Winston Churchill oder Otto von Bismarck anwendbare Zitat erhält aktuell mit dem Angriffskrieg Russlands gegenüber der Ukraine seit dem 24. Februar 2022 leider eine Bestätigung in extremer Form, verdeutlicht aber wie kein anderes den notwendigen realpolitischen Ansatz innerhalb der internationalen Beziehungen zwischen Staaten und Bündnissen. Historische Beispiele sind das von Großbritannien über Jahrhunderte gepflegte Prinzip der »Balance of Power« oder der US-amerikanische Isolationismus in Kombination mit der Monroe-Doktrin von 1823. »Amerika den Amerikanern« bzw. »America first« war und ist eben keine neue von Donald Trump in die Welt gesetzte Idee, sondern schon immer ein grundlegendes außen-, sicherheits- und geopolitisches Interesse der USA, wie im weiteren Verlauf des Buches erläutert wird.Ungeachtet solch langfristiger geo- und außenpolitischer Prinzipien und Parameter bedeutender Staaten erleben wir zurzeit im globalen Kräfte- und Mächtespiel größere Verschiebungen. Die USA sehen sich durch den Aufstieg Chinas zu einem zentralen Global Player, wie auch durch veränderte Konstellationen im Nahen und Mittleren Osten vor neuen Herausforderungen. Russland strebt - scheinbar mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste - wieder eine stärkere Machtstellung an, und Europa präsentierte sich bis vor wenigen Wochen noch als eher zerstrittener und verunsicherter Kontinent, tritt aber angesichts des Ukraine-Kriegs gegenüber dem russischen Aggressor geeint auf und verhängte massive Sanktionen, wie u. a. den Ausschluss Russlands aus dem Swift-Bankensystem. Unabhängig davon werden in Europa künftig aber auch Fragen der Energieversorgung ebenso diskutiert werden müssen, wie der damit einhergehende Klimawandel. Ethnische und religiöse Konflikte, Migrationsströme aus Afrika und dem Nahen Osten, aus von Bürgerkriegen zerrissenen Ländern, stellen die EU ebenfalls vor massive Herausforderungen. Was dies alles für die Zukunft der Welt insgesamt und die Verteilung von Macht und Einfluss bedeuten wird, ist derzeit nur schwer abzuschätzen. Wenn die Welt aber »aus den Fugen geraten« ist und dahinter »gewaltige tektonische Verschiebungen« stehen, wie Frank-Walter Steinmeier als damaliger Außenminister in einer Rede beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 2015 betonte, dann sind diese Krisen unbedingt aus einer Vielzahl von Blickwinkeln zu betrachten und zu analysieren - somit auch aus geopolitischer Perspektive. Nicht selten ist nämlich eine wesentliche Ursache von (militärischen) Konflikten in der Geografie begründet. Auch eine willkürliche Grenzziehung und die Gründung von »Nationalstaaten« mit Menschen, die es nicht gewohnt waren oder sind, in einem Gebiet zusammenzuleben, ist alles andere als ein Rezept für Stabilität, wie man an vielen Staaten im Nahen Osten oder in Afrika sehen kann.An all diesen Beispielen wird eines deutlich: Geopolitik ist international betrachtet wieder en vogue. Sei es im Fall der Annexion der Krim durch Russland, die von China propagierte »Neue Seidenstraße«, Konflikte im Südchinesischen Meer, die Diskussion über die Gaspipeline »Nord Stream 2« oder die Erschließung neuer Rohstoffquellen - immer spielen dabei auch geografische Faktoren und Rahmenbedi

Erscheinungsdatum
Verlagsort Reinbek
Sprache deutsch
Maße 150 x 227 mm
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Europäische / Internationale Politik
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Schlagworte Außenpolitik • China • Diplomatie • EU • Europa • Geopolitik • geopolitische Faktoren • geopolitische Konflikte • Geopolitisches Denken • Großmächte • Großmachtrivalität • Internationale Beziehungen • Internationale Politik • Jugoslawienkriege • Konflikte • Krieg • Machtpolitik • Machtspiele • machtstellung • Machtstreben • Nahe Osten • NATO • Osten • Russland • Russlands Angriffskrieg • Sicherheitspoltik • Ukraine • Ukraine-Krieg • USA • Westen
ISBN-10 3-95768-235-5 / 3957682355
ISBN-13 978-3-95768-235-2 / 9783957682352
Zustand Neuware
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Mehr entdecken
aus dem Bereich