Und jetzt? (eBook)

Fragen an das Leben mit 40. Antworten für immer
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
224 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01198-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Und jetzt? -  Marlene Sørensen
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Was macht den Wert und Erfolg eines Lebens aus? Wie bleiben wir ein Liebespaar, wenn wir als Team funktionieren? Welcher Sinn und wie viel Unsinn steckt in Selbstoptimierung? Warum bin ich die ganze Zeit rasend, aber gleichzeitig entsetzlich müde? Und was sollen plötzlich all diese Fragen? Mit vierzig - so dachten wir früher - wäre im Leben alles geregelt. Stattdessen wirft dieses Alter ganz neue Themen auf. Marlene Sørensen schreibt darüber, was uns Frauen in der zweiten Lebenshälfte beschäftigt und wie es weitergehen kann: klug, humorvoll, nachdenklich. Nach der Lektüre ihrer wundervoll ehrlichen Texte über Mutterschaft und Falten, Sex und niemals endenden E-Mail-Verkehr, vermeintlich perfekte Jeans und Solidarität unter Frauen haben wir vielleicht nicht alle Antworten, können uns aber sicher sein: Es geht nicht nur mir so.

Marlene Sørensen, Jahrgang 1979, ist freie Journalistin und Autorin. Ihre Texte sind u. a. erschienen in Berliner Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Myself, Glamour, auf Ohhhmhhh.de und ZEIT ONLINE. 2013 gehörte sie zum Gründungsteam der deutschen Harper's Bazaar, seit 2016 ist sie Co-Textchefin des Magazins, wie auch Modeautorin und Kolumnistin. Für den Callwey Verlag hat sie bereits zwei Bücher geschrieben und fotografiert, den Bestseller Stilvoll - Inspiration von Frauen, die Mode lieben und den Nachfolger Woher hat sie das? Lieblinge für jeden Anlass.

Marlene Sørensen, Jahrgang 1979, ist freie Journalistin und Autorin. Ihre Texte sind u. a. erschienen in Berliner Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Myself, Glamour, auf Ohhhmhhh.de und ZEIT ONLINE. 2013 gehörte sie zum Gründungsteam der deutschen Harper's Bazaar, seit 2016 ist sie Co-Textchefin des Magazins, wie auch Modeautorin und Kolumnistin. Für den Callwey Verlag hat sie bereits zwei Bücher geschrieben und fotografiert, den Bestseller Stilvoll – Inspiration von Frauen, die Mode lieben und den Nachfolger Woher hat sie das? Lieblinge für jeden Anlass.

Einleitung


Im Herbst 2021 flog ich mit drei meiner ältesten Freundinnen – die, die ich am längsten kenne, aber auch: die ältesten – für ein langes Wochenende ans Meer. Auf die Idee für diese Reise waren wir auf der Geburtstagsparty zum Vierzigsten von einer von ihnen gekommen, auf der wir bis morgens tanzten, was sich nicht mehr so oft ergibt wie früher und erst recht nicht in dieser Konstellation: Wir kennen einander seit fast dreißig Jahren, sehen uns aber nur selten, da wir über drei Länder verstreut leben. Die Gin-Tonic-Laune, in der wir den Plan zu «nur wir vier» gefasst hatten, hielt länger an als der Kater am Morgen danach. Während wir die Reise einige Jahre zuvor entweder sofort als Schnapsidee abgetan oder auf später vertagt hätten – später, wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind; später, wenn der Alltag nicht so eng getaktet ist; später, wenn die Urlaubstage verfügbarer sind –, fing ich im Anschluss an die Party sofort an, nach freien Wochenenden und Flügen zu suchen. Ich war plötzlich sehr in Eile, nicht «irgendwann mal» zusammen zu verreisen, sondern jetzt. Zum Zeitpunkt der Party war meine Freundin S. bereits 41; sie hatte die Feier des runden Geburtstags vom Vorjahr nachgeholt – die Pandemie.

Die Pandemie hatte die Zeit sowohl ausgebremst als auch beschleunigt. Einerseits häuften sich mit jedem weiteren Lockdown die Murmeltiertage – und ich sah zwar zunehmend so zerzaust aus wie Bill Murray, der in Und täglich grüßt das Murmeltier bekanntermaßen gestraft ist, die gleichen 24 Stunden immer wieder zu erleben, würde aber, das wurde bald klar, keine Murray-gleiche Läuterung erleben. Im Verlauf des Films lernt er unter anderem, Klavier zu spielen und Eisskulpturen zu schnitzen. Ich dagegen würde nicht das Wohnzimmer streichen, eine Sauerteigkultur ansetzen oder Marcel Prousts siebenteiligen Romanzyklus Auf der Suche nach der verlorenen Zeit lesen, da ich reichlich damit zu tun hatte, im Homeoffice und bei unregelmäßiger Kinderbetreuung von Tag zu Tag zu kommen. Andererseits tickte die Uhr weiter. Die Pandemie, es wird niemanden überraschen, hat die Alterung der Menschen rasant vorangetrieben. An der Stelle meiner Freundin wäre ich auch noch mal vierzig geworden.

Diese Zeit ließ sich nicht zurückgewinnen. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich etwas Fundamentales aus ihr gelernt hatte, außer dass man sich an fast alles gewöhnt, ich zum Beispiel daran, mich sechs Monate lang morgens im Halbdunkeln an- und abends wieder auszuziehen, weil ich keine Energie übrig hatte, eine Glühbirne im Schlafzimmer auszuwechseln.[*]

Wie könnte ein anderes Danach aussehen? Was würde ich aus dem Davor behalten wollen? Ich wusste nur, was mir fehlte: die Leichtigkeit. Ein Wochenende, das ich mir unter normalen Umständen wieder ausgeredet hätte, klang danach. Meine Freundinnen hatten ähnliche Gedanken, denn wir fanden die Zeit zum Zusammensein. Warum warten? Und worauf? Nächstes Jahr? Wer weiß, wie das werden würde.

Am zweiten Tag auf der Insel hielten wir auf einem Parkplatz, um Scheibenwischerflüssigkeit nachzufüllen. Besser gesagt: Wasser, das wir aus einer halb leeren Trinkflasche hoffentlich in die richtige Öffnung gossen. Neben uns parkte ein um einiges weniger verstaubter Wagen, auf der Beifahrerseite eine Frau, die uns zusah. Als wir wieder eingestiegen waren, sagte S.: «Kamt ihr euch auch gerade vor wie Teenager, die zum ersten Mal mit dem Auto unterwegs sind und von einer Erwachsenen beobachtet werden?»

Die Frau mag gar nicht viel älter gewesen sein als wir, aber alles an ihrer Erscheinung – der SUV, das gepflegte Auftreten, die vom Küstenwind unbeeindruckte Frisur – wirkte erwachsener, als wir uns erschienen, mit sandigen Füßen und Spice Girls im Autoradio. Als wir weiterfuhren, dachte ich darüber nach, warum sich vier Frauen um die vierzig wie Jugendliche fühlten, obwohl wir längst nicht mehr in Schullandheimen die Ferien verbringen, sondern in Hotels mit Pool. In einem Feriencamp auf dem dänischen Land hatten wir uns kennengelernt, wo ich nicht nur die Muttersprache meiner Mama lernte, sondern über vier Sommer hinweg Wissenswertes über Marlboro Lights und Engtanz erfuhr. Formende Jahre. Neben Dänisch lernte ich dort Englisch; und das Selbstvertrauen, Jahre später allein nach England zum Studieren zu gehen, nahm ich aus diesen Sommern auch mit. Es ist ein genialer Trick der Zeit, dass sie in prägenden Momenten stehen bleibt. So muss man sich nie von ihnen verabschieden, auch wenn neue Erinnerungen dazukommen. Für mich werden diese Frauen auf ewig ausgefranste Denim-Shorts tragen und in Zitronenwasser getränkte Haare. Was hatten wir damals im Kopf, außer den Nonsens zu glauben, dass die Säure unsere Strähnen in der Sonne blondieren würde? Sicher verschwendeten wir nicht auch nur einen Gedanken daran, wie das Leben mit vierzig sein würde.

Ich hatte nicht mal an dem großen Geburtstag einen Plan von diesem Alter. Mir gefiel allerdings die Vorstellung, dass mit dem Vierzigsten die Fragen aufhören würden, wie es mir damit ginge, oftmals mit einem pietätvollen Unterton gestellt, sodass ich selbst anfing, mich zu fürchten. Dabei hatte ich keine Angst. Ich war eher unschlüssig. Jedes Jahrzehnt davor war durch bestimmte Ziele und Wünsche definiert gewesen, wie die Ausbildung abzuschließen oder Mutter zu werden.

Und jetzt?

Würde nicht mehr viel passieren. Jedenfalls nicht viel Gutes, wie mir schien, als ich auf der Suche nach Anhaltspunkten, was auf mich zukommen würde, anfing zu lesen.

 

In Deutschland erleben Menschen durchschnittlich mit 44 ihr großes Krisenjahr.

Hat man das überdurchschnittlich krisenfrei hinter sich gebracht, wartet, so ein europäischer Vergleich, mit 47 die nächste Gelegenheit für das unglücklichste Alter.

Was man zu dem Zeitpunkt womöglich schon erledigt hat: die Scheidung, denn die meisten Ehen werden nach dem 45. Lebensjahr geschieden.

Wovon Frauen am wenigsten profitieren, denn: Ab dreißig sinkt ihr Einkommen stetig, vor allem durch die Mutterschaft, sodass sie sich spätestens in mittleren Jahren in ökonomische Abhängigkeit begeben haben, da sie ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig erwirtschaften können.[*]

Und das alles erlebt man in mehr oder minder angespannter Verfassung, da man physisch eine so massive Wandlung durchlebt wie zuletzt als Teenager. Fühlten wir uns auf dem Parkplatz deshalb wie Jugendliche? Möglich ist es. Ich wusste zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht, dass mein Körper bereits an der Startlinie einer hormonellen Rallye stand.

Nach der Lektüre von Studien und Statistiken blieb das Gefühl von: Ganz lieben Dank für die guten Jahre, das war’s jetzt.

Hatte meine Freundin J. recht mit ihrem Bild von der Wippe, das sie einmal für dieses Alter verwendete? Auf der einen Seite ist die Jugend, in der alles aufwärtsgeht. Mit vierzig steht man auf dem Scheitelpunkt. Danach kann es nur noch abwärtsgehen.

Eine Annahme, so las ich weiter, die zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden kann. Was wir über das Alter denken, wirkt sich darauf aus, wie wir altern. Zu diesem Ergebnis kommt Yale-Professorin der Psychologie Dr. Becca Levy in ihrem Buch Breaking the Age Code. Ihren Untersuchungen zufolge leben Menschen, die Gutes erwarten, bis zu siebeneinhalb Jahre länger als die, die mit dem Schlimmsten rechnen. Die Vorstellung, dass man etwa im Alter zu Weisheit gelangt, wirkte sich positiv auf das Gedächtnis wie auch auf die Balance und die tatsächliche Schrittgeschwindigkeit aus. Die Erwartung von zunehmender Tatterigkeit führte dagegen dazu, körperliche Aufgaben schlechter ausführen zu können. Eine bejahende Einstellung resultiert nicht notwendig in einem positiven Alterungsprozess, gegen körperlichen Verfall kommen gut gemeinte Glaubenssätze kaum an, doch laut Dr. Levy sind Menschen, die davon ausgehen, dass es später nicht nur schlecht wird, besser gewappnet, denn sie ernähren sich gesünder, investieren Zeit in Fitness und sorgen sich um ihre medizinische Versorgung.

Auftrieb statt Absturz – eine Erwartung, die das prophezeite Stimmungstief der mittleren Jahre lichten kann. Das würde bestätigen, was die Zufriedenheitsforschung – ja, es gibt sie wirklich – als U-Kurve-Effekt beschreibt: In der Jugend legt man voller Elan los, um in der Halbzeit zu realisieren, dass nicht alle Lebensträume in Erfüllung gehen, woraus man genug Erkenntnis gewinnt, um danach mit der erwarteten Weisheit einen Aufschwung zu erleben. Das bessere Bild für dieses Alter als das von der Wippe ist demnach das von einer Schaukel.

In beiden Bildern ist diese Zeit eine der Wende. In den allermeisten Erzählungen dagegen eher eine des Zusammenbruchs. Mit jedem Artikel, in dem es um die «fragile Altersklasse» ging, die vor lauter Panik, zurückgelassen zu werden, in einen peinlichen Jugendwahn verfällt; in dem über «Frauen eines gewissen Alters» und ihre Verzweiflung geschrieben wurde; in dem es um die wunderlichen Vierziger ging, wuchs meine Langeweile. Nicht mit meinem Alter, sondern mit den Pauschalannahmen darüber. Zerbrechlich, hilflos, trübsinnig – so sah ich die Frauen um mich herum nicht. Das entsprach auch nicht dem, wie ich diese Zeit empfand, als kompliziert, aber furchtloser.

Zugegeben: Das, was ich heute unter einem ausschweifenden Abend verstehe, hätte ich früher entsetzlich langweilig gefunden. Man trifft sich um 19 Uhr, und um...

Erscheint lt. Verlag 15.11.2022
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Alter • Älterwerden • Beziehungen • Biografie • Frau • Frausein • Freundschaft • Humorvoller Umgang mit dem Alter • Leben • Lebenshälfte • lifestyle • Marlene Sorensen • Marlene Sörensen • Memoir • Mode • Mutterschaft • Partnerschaft • Schönheit • Umgang mit dem Alter • Vierzig • Vierzigster Geburtstag
ISBN-10 3-644-01198-2 / 3644011982
ISBN-13 978-3-644-01198-4 / 9783644011984
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