Die Zentrale der Zuständigkeiten (eBook)

20 Überlebensstrategien für Frauen zwischen Wollen, Sollen und Müssen
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
240 Seiten
Ludwig (Verlag)
978-3-641-28368-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Zentrale der Zuständigkeiten -  Rebekka Reinhard
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»Du bist eine Frau. Du bist: Die Zentrale der Zuständigkeiten. Denn du kannst alles. Wer alles kann, ist auch für alles zuständig. Dein Können ist gefragt wie nie. Doch die Sache hat einen Haken. Einerseits willst und sollst du arbeiten, Geld verdienen, durchstarten - andererseits sorgen, lieben, achtsam sein. Der Widerspruch zwischen ?hart? und ?weich? zwingt dich in den Kampfmodus. Du kämpfst mit deinen eigenen Entscheidungen, Gedanken und Gefühlen; du kämpfst mit den Wünschen, Zielen, Meinungen anderer. Und den Nebenwirkungen: Wut, Stress, Angst, Zweifel. Nackenverspannungen!«

Rebekka Reinhard bietet 20 unerlässliche Strategien für mehr Leichtigkeit; Inspiration und Anleitung, um souverän durch diese widersprüchliche Welt zu navigieren: von Alltagsproblemen bis zur Verwirklichung der eigenen Träume jenseits des Ego-Feminismus.

Dr. Rebekka Reinhard promovierte an der Freien Universität Berlin über Gegenwartsphilosophie. Sie ist SpeakerIn und berät EntscheiderInnen zu den Themen Führung, Künstliche Intelligenz und Diversity. Daneben führte sie viele Jahre philosophische Gespräche mit stationären Patienten der Psychiatrie und Onkologie. Die Chefredakteurin des Magazins 'human' über Mensch und KI ist u. a. bekannt durch den Podcast »Was sagen Sie dazu?« der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft wbg und als Autorin zahlreicher Sachbücher, darunter der »Spiegel«-Bestseller Die Sinn-Diät und Die Zentrale der Zuständigkeiten, beides im Ludwig-Verlag erschienen.

Frauen an Bord bringen Unglück.

Alte Seemannsweisheit

#1 STATT EINER EINLEITUNG: WARUM SOLL ICH DIESES BUCH LESEN?

Weißt du, wer du bist? Mit Mitte zwanzig wusste ich es nicht. Ich wusste nicht mal, wie man mit glühenden Kohlen umgeht. Damals lebte ich in Berlin-Kreuzberg allein in einer riesigen, hochgradig renovierungsbedürftigen Altbauwohnung mit einem einzigen Kamin. In den 1990er-Jahren gab es noch wirklich harte Winter. An manchen Tagen hatte es zehn Grad minus. Ich studierte an der Freien Universität, und wenn ich winters von Dahlem nach Hause zurückkam, konnte ich meinen Mantel eigentlich gleich anbehalten. Meine Hausarbeiten pflegte ich mit fingerlosen Handschuhen zu tippen. Jeden Abend wickelte ich Briketts in feuchtes Zeitungspapier, bevor ich sie anzündete, damit sie möglichst lange heiß blieben. Diesen Trick hatte ich von meiner Oma: »So haben wir es im Krieg gemacht!« Jeden Morgen kehrte ich die Kohlereste aus dem Kamin und entsorgte sie im Haushaltsmüll in der Küche. Der Nachglüheffekt der nach Omas Rezept präparierten Kohlen war enorm. Eines Tages begann der Haushaltsmüll zu brennen – daneben das freiliegende Starkstromkabel. Dunkelgrauer Rauch stieg auf, aber ich roch nichts. Ich war tief in die Phänomenologie des Geistes vergraben, ein Werk des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Hätte mein Nachbar damals nicht Sturm geklingelt …

Weißt du, wer du bist? Ich wusste es, wenn ich ehrlich bin, so richtig erst mit vierzig. Seit den 1990er-Jahren habe ich eine Fülle neuer Fähigkeiten erworben. Ich bin viel praktischer geworden. Die Sache mit den Kohlen würde mir heute nicht mehr passieren. Inzwischen kann ich nicht nur irre routiniert denken, sondern auch toll kochen, waschen, putzen und bügeln. Ich kann alles! In Rekordzeit. Weil ich Vieles bin. Philosophin, Tochter, Freundin, Partnerin, Autorin, Rednerin, Podcasterin, Perfektionistin, Idealistin, Pragmatistin. Ja, ich bin Vieles. Doch ich brauchte ewig, um zu kapieren: Was ich für mich bin und sein will, ist nicht unbedingt das, was ich für die anderen bin. Für die Gesellschaft, fürs »System« bin ich zunächst und immer schon: eine Frau. Und weil ich wie du und alle Frauen Frau bin, bin ich auch wie wir alle für alles zuständig. Denn ich kann ja alles. Leisten und Liebsein, Geldverdienen und Gutaussehen, Säubern und Sorgen.

Wer willst du sein? Identifikationsmöglichkeiten gibt es viele. Vielleicht ist Alice Schwarzer, Luisa Neubauer oder die nigerianisch-amerikanische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie dein Vorbild. Vielleicht willst du aber auch – wie die meisten Frauen in unserem System – einfach bloß ein weniger anstrengendes Leben. Eins, in dem es selbstverständlich ist, Privilegien und Pflichten flexibel und fair zu teilen, im Job, im Haushalt, bei der »Care«-Arbeit. Wie und ob das gelingen kann, ist nie nur Privatsache. Die ganze Welt steckt ihre Nase in die »Frau«. Meist leider nicht die Nase der Vernunft. Du bist gut ausgebildet, ergatterst einen Top-Job, ziehst mit einem Mann zusammen – schon bindet dir das System eine Schürze um den Laptop. Kaum überlegst du mal ganz in Ruhe, was du selbst willst und wofür du lebst, schallt es aus allen Ecken: Frauen können, sollen, müssen alles haben! Klingt gut. Nur leider ist es sehr schwer, dieses hochsuggestive, multimedial verbreitete Versprechen in die Realität zu übersetzen. Das weiß jede Studentin, die glaubte, man sähe sie als Vieles an. Jede Singlefrau, die ihre Nächte mit den pflegebedürftigen Eltern verbringt. Jede arbeitende Mutter, die nach einem hektischen Arbeitstag trotz gegenteiliger Absichten dem vollautomatisierten Drang erliegt, schnell noch Hausaufgaben zu kontrollieren, die Wäsche zu machen, Nudeln zu kochen und die Toilette zu säubern. Frauen könnten gnädiger mit sich sein, meint die Journalistin und verheiratete Mutter Heike Kleen. Es sei »schließlich immer noch besser, eine Feministin in Teilzeit als gar keine zu sein«.

Reicht das? Mehr als hundert Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts und gut fünfzig Jahre nach »Women’s Lib« sollten wir uns schon fragen, warum auch heute gilt, was Alice Schwarzer schon 1975 erkannte: Frauen haben keine Zeit. Frauen haben Angst. Wir sind die allseits beliebte Allzweckwaffe, deren »Systemrelevanz« zwar anerkannt – deren Wert aber immer noch kein entsprechender Preis zugemessen wird. Weder von der Gesellschaft, noch von uns selbst. Die meisten Frauen schlucken die schlechtere Bezahlung, die miese Rente, weil sie verständlicherweise auf Kinder nicht verzichten wollen. Auf eine sogenannte Karriere aber auch nicht. Viele hoffen, dass Freiheit und echte Chancengleichheit zur Verwirklichung dieser Freiheit doch bald möglich sein wird. Viele hoffen und warten, dass die Gleichstellungspolitik – Frucht der deutschen Emanzipationsbewegung der Siebzigerjahre – ihre Versprechen einlöst. Bis 2029 wird jedes Grundschulkind einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung haben. Endlich! Doch sind die Probleme damit gelöst? Ja, es sind die Rollenklischees, die verinnerlichten Stereotype, die fehlenden Kitaplätze, die veränderungsresistenten, Diversity-fernen, auf »Präsenzkultur« versessenen Arbeitgeber, die uns das Leben schwer machen – doch es ist das scheinheilige System insgesamt, das uns die Kritikfähigkeit nimmt; das uns glauben macht, unsere eigenen Werte seien perfekt kompatibel nicht nur mit biedermeierlichen Geschlechterkonventionen – sondern auch mit neoliberalen Zielsetzungen. Apropos Neoliberalismus. Mögen dich die auf Social Media und sonstwo gratis feilgebotenen Selbstverteidigungskurse, Anlageberatungen, Menstruationstalks und Schminktrainings diverser Marken noch so sehr empowern: Indem sich Konzerne deine authentischen Träume und Ziele frech aneignen, »befreien« sie dich nicht wirklich. Die mit Firmenlogo überschriebene Emanzipation dient meist bloß dem Erhalt des Systems, nicht aber seiner Transformation. Die Folge: Du spielst das Spiel mit. Du identifizierst dich mit der ewig jungen, ewig fitten, dauerlächelnden Totaloptimiererin und mutierst zum Schaf. Einem Schaf, das glaubt, es kann nicht anders. Weil es ja für alles zuständig ist, inklusive Ackern und Shoppen, und nie Zeit hat. Aber Angst. Angst, nicht mitzukommen, zu versagen, aufzufallen, nicht anerkannt zu werden, ungeliebt zu sein. Schafe des dritten Jahrtausends sind gebeutelte Tiere. Anders als die Nurhausfrau,die in den 1950er- und 1960er-Jahren wenigstens noch in Ruhe rauchen und trinken konnte, müssen sie gleich in den nächsten Call.

Wer willst du sein? Wir alle sind Vieles und Verschiedenes. Mütter, Nichtmütter, Karrieristinnen, Antikapitalistinnen, Teilzeit- und Vollblutfeministinnen. Wir alle sehnen uns nicht nur nach Freiheit, sondern auch nach Liebe und Zugehörigkeit. Aber wir haben keine Zeit, und wir haben Angst. Angst, nie ganz richtig zu liegen. Denn immer müssen wir uns erklären. Deine Entscheidung, ausschließlich am Herd zu kleben, ist erklärungsbedürftig. Deine Entscheidung, nur am Computer zu kleben, auch. Deine Entscheidung, beides zu wollen, weil du es kannst, sollst und musst, ist es erst recht. Was du auch wählst, deine Wahl entsteht im Kontext eines Systems, das Fortschritt mit Profit gleichsetzt und Freiheit mit Autonomie. Dass Frauen unter Dauerbeobachtung stehen, dass man sie trotz gegenteiliger Behauptungen auf die dienende Position festnagelt, dass sie sich meist im Modus der Schnappatmung befinden und Gewissensbisse haben, weil sie arbeitende Mütter, alleinerziehende Mütter, nur Mütter oder gar keine Mütter sind – all das ist ein riesiger gesellschaftlicher Skandal.

Dieses Buch liefert dir zwanzig Überlebensstrategien für die Herausforderungen deines Hardcore-Alltags und ermutigt dich zur Verwirklichung deiner Träume. Bist du wütend? Wünschst du dir mehr Leichtigkeit? Hast du große Lust, dich endlich mehr selbst zu achten und zu lieben? Dann erlöse dich aus der zwanghaften Selbstüberwachung und öffne dich der Solidarität mit anderen – ich unterstütze dich dabei. Ich möchte dir zeigen, was geschieht, wenn du Hirn und Herz verbindest: Das Schwere wird plötzlich leicht. Du realisierst, dass du nicht allein bist. Du erlebst die Magie von Mut und Macht. Den Zauber des Feminismus.

Überlebensstrategie #1: Entschlüpfe dem Schafspelz

Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, das zu sein, was du wirklich bist. Sag der perfiden Allianz des ultramodernen 360-Grad-Perfektionismus mit der weiblichen Selbstaufopferung der Vergangenheit den Kampf an. Das Frauenbild 2022 ist genauso verlogen wie das gleißend blonde, dauerlächelnde, Marmelade einkochende Rollenideal der 1950er und 60er Jahre. Wenn du keine Lust mehr auf Lügen hast, wenn du frei sein willst, dein Leben so zu gestalten und zu verändern, dass es für alle gut wird, mach dir klar: Freiheit kann es nur jenseits der unkritischen Identifikation mit dem System geben – und nur miteinander, nicht gegeneinander. Gemeinsam mit Frauen, Männern und allen Geschlechtern, nie allein. Eine Emanzipation, die totaloptimierte Schafe am laufenden Band produziert, widerspricht sich selbst. Sie ist markt- und markenkonform, aber alles andere als »fortschrittlich«. Versuche Freiheit anders zu denken. Womöglich hat Freiheit gar nicht so viel mit Autonomie zu tun. Vielleicht meint Freisein eher »Freisein, um jemanden zu umarmen«, wie die Schriftstellerin Siri Hustvedt sagte. Was hältst du davon: Der tiefere Sinn von Freiheit ist Zugehörigkeit. Weil es ohne Zugehörigkeit keine positiv erlebte Freiheit geben...

Erscheint lt. Verlag 14.6.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 2022 • Alltag meistern • Alltagsstress • Berufstätige Mutter • chronischer Stress • eBooks • Emotional Load • Empowerment • Entscheidungshilfe • Feminismus • Feministisch • Frauen im Beruf • Frauenrolle • Lebenshilfe • Lebensphilosophie • Lebensqualität • Life hack • Mental Load • Motivation • Neuerscheinung • Philosoph • Philosophie • Philosophieren • Philosophin • Positive Psychologie • positive psychology • Positives Denken • Selbstfürsorge • Selbstwert • self care
ISBN-10 3-641-28368-X / 364128368X
ISBN-13 978-3-641-28368-1 / 9783641283681
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