Das geopolitische Risiko (eBook)

Unternehmen in der neuen Weltordnung
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
232 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-45041-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das geopolitische Risiko -  Katrin Suder,  Jan F. Kallmorgen
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Geopolitik, Nachhaltigkeit und Technologie sind die drei strategischen Herausforderungen der 2020er-Jahre. Die zunehmende Rivalität zwischen den USA, China und Europa, der Klimawandel, neue gesellschaftliche Erwartungen an die Wirtschaft und die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz führen zu völlig neuen globalen Dynamiken. Heute hängen Geschäftsmodelle, Finanzierbarkeit und Reputation von Firmen davon ab, diese externen Faktoren richtig zu managen. Katrin Suder und Jan F. Kallmorgen machen deutlich: Unternehmensstrategie ist auch Geostrategie. »Unternehmen können nicht mehr unpolitisch sein, die Autoren zeigen das deutlich auf. Gleichzeitig werden Wege beschrieben, wie Firmen sich klug politisch positionieren können.« Simone Menne, Präsidentin der AmCham Germany »Selten hatte die Weltpolitik mehr Einfluss auf die Wirtschaft. Wir müssen die geopolitischen Entwicklungen verstehen und damit umgehen - dieses Buch hilft dabei.« Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI)

Dr. Katrin Suder ist eine der renommiertesten Strategie- und Technologieexpert_innen Deutschlands. Die Physikerin hat Mandate in diversen Aufsichtsräten, leitete als Vorsitzende den Digitalrat der Bundesregierung unter Angela Merkel und berät als Partnerin von Macro Advisory Partners (MAP) S&P-500-Unternehmen und DAX-Konzerne. Sie war Direktorin bei McKinsey & Co. und Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium.

Dr. Katrin Suder ist eine der renommiertesten Strategie- und Technologieexpert_innen Deutschlands. Die Physikerin hat Mandate in diversen Aufsichtsräten, leitete als Vorsitzende den Digitalrat der Bundesregierung unter Angela Merkel und berät als Partnerin von Macro Advisory Partners (MAP) S&P-500-Unternehmen und DAX-Konzerne. Sie war Direktorin bei McKinsey & Co. und Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium. Jan Friedrich Kallmorgen berät seit 15 Jahren internationale Investoren und Unternehmen an der Schnittstelle von (Geo-)Politik, Kapitalmarkt und Wirtschaft. Nach Tätigkeiten bei der Investmentbank Goldman Sachs, der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sowie verschiedenen Thinktanks und Public-Affairs-Firmen hat der ausgebildete Historiker und Politikwissenschaftler 2017 das Beratungshaus Berlin Global Advisors (BGA) gegründet.

Kapitel 2
Die drei Dimensionen der Geopolitik, die Unternehmen in den Blick nehmen müssen


Am 11. September 2017 feiert Katalonien seinen Nationalfeiertag. Wie in jedem Jahr wird in Barcelona des Nationalhelden Rafael Casanova i Comes gedacht. Eigentlich nur ein sich alljährlich wiederholendes Ritual. Doch 2017 ist alles anders.

Die Stimmung ist aufgeheizt, mehr als eine Million Menschen sind an diesem Septembertag gekommen, es ist eine gewaltige Demonstration – und die Demonstranten haben nur eine Forderung: Katalonien soll sich von Spanien abspalten. Die Region will die Unabhängigkeit. Am 1. Oktober 2017 soll es auf Wunsch der Katalanen ein Unabhängigkeitsreferendum geben, mit dem sich das wirtschaftlich starke Katalonien vom Rest des Landes loslösen will. Angeführt wird die Unabhängigkeitsbewegung vom Regionalpolitiker Carles Puigdemont, der in einer Rede vor dem katalonischen Regionalparlament klarstellt: »Wenn Madrid keine Einigung will und die Mehrheit der Katalanen einen unabhängigen Staat will, wie soll man das dann verhindern?« Damit ist der Ton vorgegeben.

Was in Barcelona geschieht, sorgt für ein heftiges Brodeln, nicht nur in Spanien. Auch im europäischen Ausland und in der Europäischen Kommission wird es aufmerksam beobachtet. Und es gibt viel Kritik. Der spanische König Felipe VI. sagt im Oktober 2017 in einer Fernsehansprache, die katalanische Regionalregierung habe sich nicht an die Rechtsordnung Spaniens gehalten. Das Ganze sei ein »unverantwortliches Verhalten«, mit dem sie »die wirtschaftliche und soziale Stabilität« Kataloniens und ganz Spaniens riskiere.

Das Verfassungsgericht in Madrid erklärt das Referendum schließlich für verfassungswidrig, was die Regionalregierung nicht davon abhält, es dennoch durchzuführen – koste es, was es wolle.

»Wie ein autoritärer Staat!«


In den Tagen rund um das Referendum werden die Auseinandersetzungen lauter und heftiger. Hunderttausende demonstrieren in Barcelona gegen die Regierung in Madrid. Die Welt sieht, wie spanische Polizisten mit Schlagstöcken und Gummigeschossen auf Demonstranten losgehen; Wahllokale werden geschlossen, Abstimmungsunterlagen beschlagnahmt. Das Ergebnis des Referendums lautet, dass 90 Prozent der Wähler für die Ausrufung einer katalanischen Republik gestimmt haben, allerdings bei nur 42 Prozent Wahlbeteiligung. Am 27. Oktober 2017 wird im katalanischen Parlament die Unabhängigkeit der Region ausgerufen – was von Madrid nicht anerkannt wird. Am 30. Oktober 2017 erhebt die spanische Staatsanwaltschaft dann Anklage gegen Puigdemont, er wird per Haftbefehl gesucht. Die Vorwürfe lauten: Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder. Puigdemont flieht nach Brüssel – und kritisiert bei einer Pressekonferenz vor allem auch die EU: »Fundamentale Freiheitsrechte europäischer Bürger wurden verletzt. Aber von der EU kommt nichts!« Die Zentralregierung in Madrid handele, so Puigdemont, »wie ein autoritärer Staat«. Die Lage bleibt verworren, unklar war und ist, was aus dem Wunsch nach Unabhängigkeit Kataloniens wird.

Mitten in dieser Gemengelage bekamen wir als Berater:innen eine Anfrage. Eine amerikanische Energiefirma wollte im Hafen von Barcelona knapp eine Milliarde Euro in eine Anlage investieren. Ein Investment, das auf mindestens 20 Jahre angelegt war. Das am Mittelmeer gelegene Barcelona war als Standort eigentlich ideal. Aber sie waren unsicher und fragten uns: Was passiert da? Wie ist die Entwicklung zu bewerten? Wird Katalonien ein eigenständiger Staat, tritt es aus der EU aus? Wie werden sich die Beziehungen zur EU entwickeln? Wie wird die spanische Regierung reagieren? Helft uns, diese Entwicklung zu verstehen. Wie gesagt: Betriebswirtschaftlich betrachtet war die Investition eine kluge Entscheidung, juristisch und politisch jedoch eine zur damaligen Zeit äußerst brisante.

Wir machten uns an die Arbeit. Denn dies war eine der typischen Situationen, in denen wir angefragt werden: Wenn die Lage unübersichtlich und die weitere Entwicklung nicht absehbar ist, wenn es gilt, über den aktuellen Tellerrand hinauszublicken, zeigt sich, wie relevant heute fundierte geopolitische Kenntnisse sind. Denn das geopolitische Risiko ist greifbar – und doch noch zu wenig beleuchtet. Dabei hängt für Unternehmen vieles von differenzierten geopolitischen Einschätzungen und Analysen ab.

Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen und damit die Grundlage unseres Wohlstands schaffen, müssen auf die neuen globalen Veränderungen vorbereitet sein. Je früher und konsequenter sie mögliche Szenarien durchdacht haben, desto zeitiger lassen sich Anpassungen vornehmen: an der Strategie, am Geschäftsmodell, an der Investitionsplanung. Mittlerweile haben das immer mehr Unternehmenslenker:innen verstanden. Aber es war ein langer Weg – den wir auch persönlich gegangen sind. Heute, zu Beginn des Jahres 2022, sind geopolitische Analysen und Beratung gefragter denn je, zumal eine Pflicht besteht, die wichtigsten Themen zu bedenken. Vorstand und Aufsichtsrat sind nicht zuletzt auch rechtlich gebunden, sich geopolitischer Risiken anzunehmen, wie einer der renommiertesten deutschen Gesellschaftsrechtsexperten, Christoph Seibt, im Gespräch mit uns betont. So muss die Führungsetage externe Risiken – wie etwa den Konflikt USA-China – im Auge behalten und mögliche Folgen antizipieren, muss die Risikoanalyse Themen wie Klimawandel oder Menschenrechte berücksichtigen. Geschieht das nicht, gilt es als Pflichtverletzung. Mit anderen Worten: Unternehmen müssen ihren Blick auf die Welt schärfen und über ihre klassische betriebswirtschaftliche Perspektive hinausdenken.

Ihnen will dieses Buch helfen, indem es die neuen Dynamiken und ihre Zusammenhänge analysiert, Fragen stellt und zum Perspektivwechsel einlädt. Wir sehen uns dabei in der Rolle von Übersetzer:innen und Frühwarner:innen, die seit Jahren darauf achten, was auf internationalen Konferenzen und in Thinktanks diskutiert wird und welche Pläne das Weiße Haus, die Brüsseler EU-Kommission oder die chinesische Staatsführung verfolgen. Oder wohin der ESG-Zug rollt, welche Anforderungen und Risiken das neue »Lieferkettensorgfaltsgesetz« ab 2023 birgt oder wer bei künstlicher Intelligenz (KI) und Halbleitern die Nase vorn hat.

Was die Wirtschaft heute über Geopolitik, ESG-Verantwortung und Technologie wissen muss


Wir leben in einer Welt, die volatil, unberechenbar, komplex und voller Ambiguitäten ist – in der oft zitierten VUKA-Welt also. Nichts ist sicher; was gestern noch galt, kann morgen veraltet sein. Wir haben das in den vergangenen 20 Jahren immer wieder selbst erlebt und gesehen, welche Wucht geopolitische Entscheidungen entfalten können. Als Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium (BMVg) von 2014 bis 2018 erlebte Katrin Suder eines jener politisch ausgelösten »Beben«, die in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben: »Wir waren damals, Anfang 2017, alle geschockt. Wir trafen uns zu einer Besprechung im Verteidigungsministerium, in einem fensterlosen und abhörsicheren Raum, intern auch U-Boot genannt. Es gab leicht säuerlichen Filterkaffee, der schon seit Stunden in der Maschine stand, und es ging um die Nachricht des Tages: Der neue US-Präsident Donald Trump hatte verkündet, die NATO sei für ihn obsolet. Er könne sich vorstellen, dass die USA aus der NATO aussteigen werde, hieß es aus dem Weißen Haus. Und auch wenn man gerade im BMVg vorsichtig sein sollte mit der Formulierung, etwas habe ›wie eine Bombe eingeschlagen‹, stimmt es tatsächlich: Uns klappte die Kinnlade herunter, wir waren sprachlos. Für uns alle im Raum war es unvorstellbar, dass die USA die NATO verlassen könnten. Wir skizzierten, welche unmittelbaren und langfristigen Auswirkungen das haben würde. Es wäre ein tiefer Einschnitt gewesen. Für mich war es rückblickend ein Tag, der mir zeigte, welche Tragweite Entscheidungen haben können, die von einem einzelnen Individuum ausgehen, auch wenn er kein Diktator, sondern der Präsident der mächtigsten Demokratie der Welt ist. Auch wenn es glücklicherweise am Ende anders kam: Es blieb das beunruhigende Gefühl, dass Gewissheiten von einem Tag auf den anderen zerplatzen können, und die Erkenntnis, wie tiefgreifend (und schnell) sich die Welt heute verändern kann. Diese Episode verstärkte bei mir die Überzeugung, dass es zwingend notwendig war, tiefer und umfassender in die Bedeutung von Geopolitik für uns hier in Deutschland einzusteigen. Später entstand daraus der Wunsch, dies ganz konkret für Unternehmen zu tun, anknüpfend an meine Zeit als Beraterin.«

Wenn von Geopolitik die Rede ist,...

Erscheint lt. Verlag 19.1.2022
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Auslandsinvestitionen • Berlin advisors Group • China • Geostrategie • Globalisierung • Grohnert • Handel • Internationalisierung • Investitionen • Lieferkette • Management • Märkte • Strategie • Unternehmensführung • USA • verborgene Kapital
ISBN-10 3-593-45041-0 / 3593450410
ISBN-13 978-3-593-45041-4 / 9783593450414
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