Ferdinand Tönnies und Rudolf Goldscheid
Zur Aktualität frühmoderner Soziologen
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Durch den Nationalsozialismus wurden im soziologischen Denken Mitteleuropas Diskursfäden zerschnitten, die erst heute wieder neu geknüpft werden. Von einer „verschütteten Soziologie“ wird deshalb zu Recht gesprochen (Fechner und Claas 1997). Vieles von dem, was die frühen Soziologen dachten, stellt sich in einer Zeit neuen, aber durchaus vergleichbaren Krisengeschehens als überaus aktuell dar, insbesondere ihre grundsätzliche Frage nach Ziel und Aufgabe einer Soziologie, die sich mit gesellschaftlichen Anliegen und Problemen konfrontiert sieht, wie sie nicht nur von Rudolf Goldscheid oder Ferdinand Tönnies, aber von ihnen in besonders eindringlicher Weise thematisiert wurden.
Wenn Ferdinand Tönnies zum Beispiel den fiktionalen Status der „Gesellschaft“ betont, eine Sozialformation, die nicht wie die der „Gemeinschaft“ auf konkreter leibhaftiger Anschauung, sondern auf den abstrakten, von körperlicher Befindlichkeit losgelösten Gedankenleistungen ihrer Akteure beruht, nimmt er nicht nur Diskussionen über den Status der „Gesellschaft als imaginäre Institution“ (Castoriadis 1990) vorweg und eröffnet Perspektiven einer Soziologie der verteilten, von jeglicher Biologie abgelösten künstlichen Intelligenz (Hansmann et al. 2003, Baecker 2014), sondern provoziert in diesem Zusammenhang die weitergehende Frage, ob und inwieweit gemeinschaftliche Lebensformen innerhalb gesellschaftlicher Systemimperative dadurch ermöglicht werden können (Boden 1993), dass intelligente Technologien gesellschaftliche Syntheseleistungen übernehmen (Kurzweil 1993), um menschliche Lebens- und Arbeitszusammenhänge von wenig artgerechten Verhaltenszumutungen zu entlasten (Wuketits 2012).
Oder wenn, um ein weiteres Beispiel zu nennen, Rudolf Goldscheid auf die Notwendigkeit einer deliberativen „Ethik des gesellschaftlichen Gesamtwillens“ im „Zeitalter der Biotechnik“ verweist, dann nimmt er implizit Diskurse über „Risikogesellschaft“ (Beck 1986), „Biopolitik“ (Agamben 1995, Foucault 2004) und „Verantwortungsethik“ (Jonas 1984) vorweg, die gerade jetzt, in Zeiten des Klimawandels und der Corona-Seuche, von ungeahnt aktueller Bedeutung sind.
Wenn Ferdinand Tönnies zum Beispiel den fiktionalen Status der „Gesellschaft“ betont, eine Sozialformation, die nicht wie die der „Gemeinschaft“ auf konkreter leibhaftiger Anschauung, sondern auf den abstrakten, von körperlicher Befindlichkeit losgelösten Gedankenleistungen ihrer Akteure beruht, nimmt er nicht nur Diskussionen über den Status der „Gesellschaft als imaginäre Institution“ (Castoriadis 1990) vorweg und eröffnet Perspektiven einer Soziologie der verteilten, von jeglicher Biologie abgelösten künstlichen Intelligenz (Hansmann et al. 2003, Baecker 2014), sondern provoziert in diesem Zusammenhang die weitergehende Frage, ob und inwieweit gemeinschaftliche Lebensformen innerhalb gesellschaftlicher Systemimperative dadurch ermöglicht werden können (Boden 1993), dass intelligente Technologien gesellschaftliche Syntheseleistungen übernehmen (Kurzweil 1993), um menschliche Lebens- und Arbeitszusammenhänge von wenig artgerechten Verhaltenszumutungen zu entlasten (Wuketits 2012).
Oder wenn, um ein weiteres Beispiel zu nennen, Rudolf Goldscheid auf die Notwendigkeit einer deliberativen „Ethik des gesellschaftlichen Gesamtwillens“ im „Zeitalter der Biotechnik“ verweist, dann nimmt er implizit Diskurse über „Risikogesellschaft“ (Beck 1986), „Biopolitik“ (Agamben 1995, Foucault 2004) und „Verantwortungsethik“ (Jonas 1984) vorweg, die gerade jetzt, in Zeiten des Klimawandels und der Corona-Seuche, von ungeahnt aktueller Bedeutung sind.
Erscheinungsdatum | 31.08.2021 |
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Verlagsort | Marburg |
Sprache | deutsch |
Maße | 135 x 208 mm |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Allgemeine Soziologie |
Schlagworte | Biopolitik • Biotechnik • Gemeinschaft • Risikogesellschaft • Soziologiegeschichte |
ISBN-10 | 3-7316-1480-4 / 3731614804 |
ISBN-13 | 978-3-7316-1480-7 / 9783731614807 |
Zustand | Neuware |
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