Die Nase vorn (eBook)
400 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491347-6 (ISBN)
Der 1959 in Schweden geborene Neuroethologe Bill Hansson ist Direktor des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena, Honorarprofessor an der Friedrich-Schiller-Universität und ehemaliger Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft. Im Mittelpunkt seiner Forschung steht die Frage, wie Pflanzen und Insekten mittels Duftstoffen kommunizieren. In »Die Nase vorn« teilt er seine persönlichen Abenteuer auf seinen Forschungsreisen durch die ganze Welt und erzählt verblüffende Geschichten über feine Mottennasen, verschwitzte Neandertaler und das Ozonloch.
Der 1959 in Schweden geborene Neuroethologe Bill Hansson ist Direktor des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena, Honorarprofessor an der Friedrich-Schiller-Universität und ehemaliger Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft. Im Mittelpunkt seiner Forschung steht die Frage, wie Pflanzen und Insekten mittels Duftstoffen kommunizieren. In »Die Nase vorn« teilt er seine persönlichen Abenteuer auf seinen Forschungsreisen durch die ganze Welt und erzählt verblüffende Geschichten über feine Mottennasen, verschwitzte Neandertaler und das Ozonloch.
Der Direktor des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena beschreibt lebhaft und detailliert, wie sehr Menschen und andere Lebewesen sich von Gerüchen beeinflussen lassen.
Ein unterhaltsames und lehrreiches Buch mit viel Party-Talk-Potenzial.
Bill Hansson erschließt dem Leser ein spannendes und zukunftsweisendes Forschungsfeld und widmet sogar der chemischen Kommunikation von Pflanzen ein Kapitel. Schnuppern Sie rein!
Seine Begeisterung für alles Riechbare ist ansteckend und öffnet die Augen und Nase für vieles, was im Alltag verborgen bleibt.
willkommen in der wunderbaren Welt des Bill Hansson. [...] Kommen Sie mit auf eine Reise in die Welt des Geruchssinns.
Der Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut in Jena hat ein fundiertes und unterhaltsames Buch über die Welt des Geruchs geschrieben
Das Buch ist unterhaltsam und ziemlich dufte.
Der Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut in Jena hat ein fundiertes und dabei unterhaltsames Buch über die Welt des Geruchs geschrieben
Insgesamt ist das Buch lebendig geschrieben und daher für Laien gut lesbar. Die vielen Beispiele illustrieren, dass die vernachlässigten chemischen Sinne auch unser Alltagsleben prägen.
EINLEITUNG
Die kalten Monate sind vorbei, die Luft wird zum ersten Mal im Jahr warm, und die Felder sind frisch gepflügt. Ein ganz besonderer, angenehmer Geruch liegt in der Luft. Für jeden, der schon einmal einen solchen Augenblick erlebt hat, kündigt der Duft genau diese Situation an – Frühling, frische Erde, Ackerland. Vielleicht werden wir von einer Erinnerung, von der wir nichts wussten, in die Vergangenheit entführt. Kaum ein anderes Sinneserlebnis beschwört so gut frühere Erfahrungen herauf wie die olfaktorische Wahrnehmung (der Geruch). Es ist, als würden die Erinnerungen nur auf den richtigen Duft warten, der sie wieder hervorruft.
In der Literatur findet sich eines der eindringlichsten Beispiele für die Fähigkeit des Geruchs, Erinnerungen freizusetzen, im ersten der sieben Bände von Marcel Prousts Meisterwerk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (im französischen Original À la recherche du temps perdu). Er beginnt mit dem süßen Duft von Madeleines, kleiner Biskuitkuchen, die beim Autor unwillkürlich Erinnerungen an die Kindheit und sein Leben als Erwachsener heraufbeschwören. Aber den Geruchssinn gibt es nicht nur bei Menschen.
Alle Lebewesen, ob mit oder ohne Wirbelsäule, von den Insekten bis zu den Menschen, nutzen Sinnessysteme, um in ihrer Umwelt einen Sinn zu finden und miteinander zu kommunizieren. Im Laufe der Evolution sind viele biologische Arten mehr oder weniger von Informationen eines bestimmten Typs abhängig geworden. Zikaden und Fledermäuse nutzen vor allem Schallwellen, Libellen und Menschen setzen ihr Vertrauen vielfach in das Sehen; dagegen sind Nachtfalter, Schweine und Hunde berühmt für ihren scharfen Geruchssinn.
Wir Menschen sind tatsächlich sehr visuell orientiert und neigen dazu, die anderen Sinne zu vergessen. Das gilt insbesondere für unseren Geruchssinn. Zum Teil liegt es daran, dass wir heutzutage weniger auf chemische Informationen angewiesen sind. Geruch hat aber auch etwas Primitives. Etwas, das wir vermeiden wollen. Denken wir nur daran, wie viel Mühe wir darauf verwenden, unseren eigenen, natürlichen Geruch zu verbergen, mit künstlichen Düften zu überdecken oder mit Deodorant zu verhindern. Wir glauben vielleicht, wir seien auf olfaktorische Informationen weniger angewiesen als andere Lebewesen, aber eigentlich stimmt das nicht. Viele unentbehrliche Aspekte unseres Lebens sind stark von Gerüchen abhängig. Mit der Frage, wie und warum, beschäftige ich mich in dem Kapitel über den menschlichen Geruchssinn.
Für andere Tiere ist ein scharfer Geruchssinn zum Überleben und zur Fortpflanzung absolut unentbehrlich. Schon im 19. Jahrhundert fiel dem französischen Insektenforscher Jean-Henri Fabre auf, dass eine große Anzahl männlicher Nachtfalter in seinem Haus von einem im Käfig gehaltenen Weibchen angelockt wurden, und er nahm an, dass Gerüche daran beteiligt sind. Heute wissen wir, dass er auf der richtigen Spur war. Das Nachtfaltermännchen folgt dem Duft, den das Weibchen in homöopathischer Konzentration als Spur auslegt; damit wird es vermutlich zum größten Geruchskünstler aller Tiere.
Wenn ein Lachs zum Laichen in denselben Flussarm zurückkehrt, in dem er geboren wurde, findet er seinen Weg mit Hilfe des Geruchs. Ohne Geruchssinn wäre er verloren. Die Gerüche im Wasser sind äußerst spezifisch: Jeder Nebenfluss hat seine eigene Charakteristik. Hundemännchen sind ebenso eifrig wie Nachtfalter darauf bedacht, den Duft eines läufigen Weibchens aufzuspüren – ebenso empfindlich sind sie allerdings nicht. Immerhin nehmen Hunde aber Gerüche mit einer tausendmal größeren Empfindlichkeit wahr, als wir Menschen dies tun. Ihre Fähigkeit haben wir uns in vielen Zusammenhängen nutzbar gemacht, beispielsweise bei der Jagd und bei der Verfolgung, zum Aufspüren von Verschütteten nach Erdbeben und sogar zur Krebsdiagnose. Für Hunde spielt sich das Leben zu einem großen Teil weniger in einem sichtbaren Umfeld ab als vielmehr in einer Landschaft der Gerüche. Entsprechend »sehen« Hunde die Vergangenheit nicht in Form visueller Eindrücke, sondern als Gerüche. Diese bleiben hängen und können ihnen sagen, was geschehen ist – oder wer vorübergegangen ist –, und das noch lange nachdem es zu sehen war.
Lange glaubte man, Vögel hätten überhaupt keinen oder nur einen sehr schlechten Geruchssinn. Heute wissen wir es besser. Geier können den Geruch charakteristischer Moleküle aufnehmen, die von einem weit entfernten toten Tier ausgehen. Albatrosse und andere Seevögel finden anhand des Geruchs den Weg zu reichen Planktonvorkommen, und die sind gleichbedeutend mit guten Gelegenheiten zum Fischfang.
Vielleicht noch überraschender ist, dass auch Pflanzen riechen und sich gegenseitig Duftnachrichten schicken können. Außerdem manipulieren sie Freund und Feind mit ganz bestimmten Gerüchen. Wird eine Pflanze beispielsweise von Nachtfalterlarven angegriffen, verändert sie die freigesetzten flüchtigen Substanzen. Diese Moleküle haben für die Pflanzen zwei nützliche Wirkungen. Einerseits warnen sie Nachbarn derselben Spezies, dass ein Angriff im Gang ist, so dass diese ihre Abwehrsysteme aktivieren können, bevor die Pflanzenfresser sie erreichen. Und andererseits können die flüchtigen Substanzen manchmal auch als »Hilferuf« dienen – sie locken natürliche Feinde der Angreifer an. Der Feind meines Feindes ist mein Freund – das gilt sogar in der Pflanzenwelt.
Andererseits haben Pflanzen sich in der Evolution aber auch so entwickelt, dass sie die Insekten anlocken, auf die sie wegen der Bestäubung angewiesen sind. Normalerweise ist dieser Prozess für beide Seiten von Nutzen, aber manchmal täuscht eine Pflanze die Insekten auch so, dass sie die Aufgabe erfüllen, ohne dafür die geringste Gegenleistung zu erhalten.
Alle diese Beispiele machen deutlich, dass die meisten Lebewesen auf Geruchsinformationen angewiesen sind, um zu überleben und sich fortzupflanzen. Wer in der Lage ist, seine chemische Umwelt wahrzunehmen, kann sich an die Umgebungsbedingungen anpassen, Nahrung oder einen Partner finden und die verschiedensten Feinde, Giftsubstanzen und Krankheitserreger meiden.
Bevor wir aber verstehen können, wie der Geruch funktioniert, müssen wir erst einmal wissen, was Geruch eigentlich ist. Geruch und Geschmack bestehen aus chemischen Informationen. In Wasser gelöste Moleküle vermitteln uns Geschmack, sind sie in der Luft, riechen wir sie. Damit ein Gegenstand einen Geruch hat, muss er Moleküle abgeben, die so leicht sind, dass sie durch die Luft fliegen können. Ein Stück Zucker riecht nicht, weil seine Moleküle zu schwer sind und nicht abheben. Die Moleküle, die von einer Zitrone ausgehen, würde dagegen niemand mit etwas anderem verwechseln. Die Limonen- und Citral-Moleküle werden leicht in unsere Nase geweht.
Aber nicht alle Moleküle, die abgegeben werden, sind Gerüche. Zum Geruch – beispielsweise einer Banane – tragen sie nur bei, wenn ein anderes Lebewesen sie wahrnehmen kann. Die Zahl der abgegebenen Verbindungen ist beeindruckend groß. Eine Banane setzt Hunderte verschiedene Moleküle frei. Nur wenige davon sind eigentliche Geruchsmoleküle, die ein Insekt oder die Nase des Menschen wahrnehmen können; alle anderen sind einfach nur flüchtige Substanzen.
Um Gerüche wahrnehmen zu können, brauchen alle Tiere irgendein Nachweissystem. Ein ganz bestimmter Teil des Nervensystems muss mit der Umwelt in Berührung kommen und mit spezifischen Rezeptoren ausgestattet sein, die entsprechende Moleküle erkennen. Eigentlich ist unsere Nase die einzige Stelle, an der unser Nervensystem in unmittelbaren Kontakt mit der Umgebung kommt. Die Nerven hängen gewissermaßen in die Umgebung hinein. Nun, eigentlich stimmt das nicht ganz – sie schwimmen in unserer Nase in einem Meer aus Schleim. Dennoch sind sie allen möglichen Umweltgiften und Staub ausgesetzt, die zusammen mit den Geruchsmolekülen in die Nase gelangen. Nerven als solche können allerdings weder sehen noch riechen. Sie müssen zu diesem Zweck mit besonderen Erkennungsvorrichtungen ausgestattet sein, den sogenannten Rezeptoren.
Menschen brauchen zum Sehen nur drei Rezeptortypen, die das gesamte sichtbare Licht aufnehmen. Licht besteht aus langsamer oder schneller schwingenden Wellen, deren Frequenz den Eindruck der verschiedenen Farben auslöst. Beim Riechen liegen die Dinge ganz anders. Jedes Duftmolekül hat einzigartige chemische Eigenschaften, durch die es sich von allen anderen Molekülen unterscheidet. Deshalb besitzen wir nicht nur drei Geruchsrezeptoren, sondern ungefähr 400. Ansonsten wären wir nicht in der Lage, die Millionen verschiedenen Düfte wahrzunehmen, die wir unterscheiden können. Die meisten Rezeptoren nehmen jeweils ein ganzes Spektrum verschiedener Moleküle wahr. Ihre Aktivierung ähnelt dem Klavierspiel. Wenn man 400 Rezeptortasten betätigen kann, lassen sich Millionen von Duftmelodien spielen.
Wenn die Nerven in unserer Nase die Duftmoleküle wahrgenommen haben, wandern die Signale in ein bestimmtes Gehirnareal, und dort wird die Information in Glomeruli organisiert, kleinen Kugeln aus Nervengewebe. Jeder Glomerulus empfängt Nachrichten von Nerven, die mit einem Rezeptor eines bestimmten Typs verbunden sind. Demnach wird die »Melodie« in eine dreidimensionale »Landkarte« der Aktivität umgesetzt. Diese Karte wird von den Neuronen der nächsten Ebene ausgelesen und in andere Gehirnareale weitergeleitet, so in den Hippocampus und die Amygdala, wo die Bedeutung des Duftes codiert und in einen Zusammenhang gestellt wird. Auf die Bedeutung dieser Areale und des...
Erscheint lt. Verlag | 27.10.2021 |
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Übersetzer | Sebastian Vogel |
Zusatzinfo | 14 s/w-Abbildungen |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Naturwissenschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Technik | |
Schlagworte | Biologie • Chemie • CO2-Emissionen • Geruchsforschung • Geruchstechnologie • Hund • Klimawandel • Max-Planck-Institut • Motte • Naturwissenschaft • Neuroethologie • Ökologie • Olfaktologie • Ozonloch • Pheromone • Semiochemie • Tabakpflanze |
ISBN-10 | 3-10-491347-1 / 3104913471 |
ISBN-13 | 978-3-10-491347-6 / 9783104913476 |
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