Texte zur forensischen Psychiatrie II (eBook)

Weisse Kragenkriminalität und die soziale Frage in der Schweiz
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
64 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7521-4080-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Texte zur forensischen Psychiatrie II -  Catja Wyler van Laak,  Werner Wüthrich
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Der zweite Band 'Texte zur forensischen Psychiatrie II' hat zum Thema 'Weisse Kragenkriminalität und die soziale Frage in der Schweiz'. Wie bereits der Band I besteht auch der vorliegende Band aus zwei Beiträgen. Im ersten Beitrag mit dem Titel: 'Sozialpartnerschaft und direkte Demokratie in der Schweiz' wird Werner Wüthrich die einzigartigen Besonderheiten der Sozialpartnerschaft und der direkten Demokratie in der Schweiz vorstellen. Die Besonderheiten der Sozialpartnerschaft und der direkten Demokratie werden in vielen aktuellen Diskussionen innerhalb der Schweiz, ganz zu schweigen von ausserhalb der Schweiz, zu wenig berücksichtigt und sind zum Teil auch erschreckend wenig bekannt. Ein grundlegend verankertes Wissen um diese Besonderheiten und Hintergründe erscheint jedoch unabdingbar, wenn die Schweiz und ihre Besonderheiten angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen im Kontext von Weisse Kragenkriminalität Bestand haben sollen. Im zweiten Beitrag 'Weisse Kragenkriminalität - die verschwiegene Gefahr' wird Catja Wyler van Laak relevante Aspekte zur Weissen Kragenkriminalität unter spezifischer Berücksichtigung der Schweiz darstellen. Kaum jemandem ist bekannt, dass das Leid und die Kosten, welche durch die 'Weisse Kragenkriminalität' angerichtet werden, das Leid, welches Gewalt- und Sexualstraftäter in der Lage sind anzurichten, bei weitem übersteigen. Die Auswirkungen der viel zu wenig beachteten 'Weissen Kragenkriminalität' sind geeignet direkt in die Grundlagen der Demokratie, nicht zuletzt auch der direkten Demokratie in der Schweiz einzugreifen und diese zu zersetzen. Unter Berücksichtigung historischer Quellen über die Rolle der Schweiz vor und während des zweiten Weltkrieg stellt Catja Wyler van Laak die genannten Aspekte unter Hinzuziehung wissenschaftlicher Literatur und unter spezifisch forensischpsychiatrischem Fokus vor.

Dr. med. Catja Wyler van Laak, FMH Psychiatrie und Psychotherapie/Forensische Psychiatrie und Psychotherapie führt heute eine Praxis für Coaching und Beratung. Publikationen: 2010 "Was hat L. mit uns zu tun? Therapie eines Sexualstraftäters und was das mit uns zu tun hat", 2013 "Texte zur forensischen Psychiatrie I", 2015 "Rechtlose Zustände?", 2017 u. 2018 "Texte zur forensischen Psychiatrie II und III", 2020 "Die Arzt-Patient-Beziehung in Zeiten gesellschaftlicher Herausforderungen-Was Zählt?"

Dr. med. Catja Wyler van Laak, FMH Psychiatrie und Psychotherapie/Forensische Psychiatrie und Psychotherapie führt heute eine Praxis für Coaching und Beratung. Publikationen: 2010 "Was hat L. mit uns zu tun? Therapie eines Sexualstraftäters und was das mit uns zu tun hat", 2013 "Texte zur forensischen Psychiatrie I", 2015 "Rechtlose Zustände?", 2017 u. 2018 "Texte zur forensischen Psychiatrie II und III", 2020 "Die Arzt-Patient-Beziehung in Zeiten gesellschaftlicher Herausforderungen-Was Zählt?"

Weisse Kragenkriminalität – die verschwiegene Gefahr


White Collar Crime und die Schweizer Kriminalstatistik

In der Schweiz stehen wir vor einem seltsamen, kaum öffentlich wahrgenommenen Paradox. Während die gefühlte Gefahr für Verbrechen, speziell Sexual- und Gewaltverbrechen in der Bevölkerung grösser wird entsprechend salutiert durch die Medien, ist die Zahl der vollendeten Tötungsdelikte von 1990 bis 2014 markant gesunken. Kamen 1990 noch 1.6 vollendete Tötungsdelikte auf 100‘000 Einwohner, waren es 2014 0.5 vollendete Tötungsdelikte. In Zahlen ausgedrückt: 1990 wurden in der Schweiz 110 Menschen getötet, 2014 waren es 41.10 Der Kriminologe Martin Killias, der die verdankenswerte Eigenschaft besitzt bei festgefahrenen Perspektiven immer auch auf andere Perspektiven aufmerksam zu machen, wies darauf hin, dass diese Entwicklung auch mit der verbesserten medizinischen Versorgung im Falle von schwerer Körperverletzung etc. zu tun haben könnte. Dem soll entgegen gehalten werden, dass in diesem Fall die Verurteilungen wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und/oder schwerer Körperverletzung zugenommen haben müssten, was nicht der Fall ist. Die Daten korrelieren mit denen aus dem benachbarten Deutschland. Wir dürfen also davon ausgehen, dass die Zahl der Gewaltdelikte in den vergangenen Jahrzehnten nicht zuletzt im Kontext eines gewachsenen Bewusstseins über die Deliktgefahren und deren Verhinderung gesunken ist. Im Zuge verbesserter Diagnostik und Risikokalkulationsmöglichkeiten könnte auch die forensische Psychiatrie hier ihren Anteil beigetragen haben. Dem gegenüber steht, dass immer wieder beklagt wird, dass es in der Schweiz an Behandlungsplätzen zur Durchführung stationärer Massnahmen11 sprich stationären Therapieplätzen mangelt. Auch wird Mangel an Gefängnisplätzen stetig beklagt. Wir Bürger und Fachleute sollten uns fragen wie das zusammenpasst. Die Notwendigkeit der Behandlung im stationären Rahmen oder einer längeren Gefängnisstrafe bei Tätern, die schwere Sexual- und Gewaltdelikte begangen haben, ist seit Jahrzehnten unbestritten. Solche werden heute wie früher immer im stationären Rahmen oder im Rahmen einer Gefängnisstrafe behandelt bzw. sanktioniert. Es muss also angenommen werden, dass die fehlenden Plätze z.T. für Straftäter errichtet werden, die nicht zu den Tätern gehören, die bereits schon früher stationär behandelt wurden bzw. eine längere Gefängnisstrafe erhielten, nämlich denjenigen, die schwere Gewalt- oder Tötungsdelikte begangen haben. Es liegt also nahe, dass heute Personen in die stationäre Behandlung überwiesen werden, die vor einigen Jahren ohne weiteres und erfolgreich entsprechende Fachkenntnis vorausgesetzt, unter Freiheitsbedingungen behandelt wurden. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wird heute gezielt vor allen Dingen auf diejenigen Sexualstraftäter gelenkt, die gut behandelbar sind und im Grunde bei aller Problematik relativ harmlos. Die Bevölkerung wird abgefüttert mit einer Unverjährbarkeitsinitiative, selbst für „kleinere“ Sexualdelikte von Tätern, bei denen die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung äusserst gering ist und ihr wird glauben gemacht, dass hier eine der grössten Gefahren für das gesellschaftliche Zusammenleben nicht zuletzt für unsere Kinder liegt.

Dem gegenüber sind heute 70% aller registrierten Straftaten in der Schweiz Vermögensdelikte. Einen Anstieg in den vergangenen Jahren gab es vor allen Dingen bei Straftatbeständen wie Betrug, Erpressung und Urkundenfälschung.12 Auch in den USA ging der Gesamttrend für konventionelle Verbrechen zwischen 1991 und 2007 zurück. Dem Gegenüber kam es auch dort wie in der Schweiz zu einem massiven Anstieg von Betrug, Wertschriftenbetrug, Cyberkriminalität.

Cyberkriminalität:

Cyberkriminalität ist in ungeahntem Ausmasse gestiegen. In den USA geht man davon aus, dass nahezu ein Drittel der Geschäftssoftware vor Piraterie und Hacking nicht mehr gesichert ist.13 Die Kriminologin Marvin Wolfgang von der University of Pennsylvania sagte 1987 voraus, dass nach der Jahrhundertwende die Hauptsorge des Justizsystems das Informationsverbrechen sein wird.14

In der Schweiz wurde dem bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag im Rahmen eines Hackerangriffes bis Anfang Jahr 2016 unbemerkt ein Datenvolumen von mehr als 20 Gigabyte entwendet. Es handelte sich um ein Adressverzeichnis der Bundesverwaltung, dass diese der Ruag zur Verfügung gestellt hatte; E-Mail Adressen, Bürostandorte, Namen, Vornamen und Telefonnummern. Welche Daten tatsächlich abgeflossen seien, konnte nicht mit Sicherheit gesagt werden. Bedenkt man, dass anzunehmen ist, dass Ruag mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer der bestgesichertsten Einrichtungen der Schweiz gehört, lässt sich erahnen wie es auch hierzulande um die Cybersicherheit wirklich bestellt ist. Nachdem die Nachricht vorübergehend für rote Köpfe gesorgt hatte, wurde sie in den öffentlichen Medien ganz anders als etwa bei Sexual- oder Tötungsdelikten als vorübergehender Stolperstein der Geschichte behandelt. Kein Wort darüber, dass ein solcher Eingriff Anlass geben müsste die Sicherheit des Datennetzes ganz grundsätzlich zu hinterfragen, wenn nicht sogar in Frage zu stellen.15

David O. Friedrichs schreibt, dass es sich als schwierig erwiesen habe auf Computerverbrechen zu antworten. Nur ein kleiner Teil davon werde entdeckt, geschweige denn darüber berichtet. Weil elektronisch durchgeführt, sei das Beweismaterial oft tief in den Innereien eines Computersystems versteckt und könne in einigen Fällen schnell gelöscht werden. Das Wachstum der drahtlosen Datentechnologie (Wi-Fi) habe es sogar noch schwieriger gemacht Cyberverbrechen aufzuklären, weil Betrüger in die Netzwerke anderer Leute eindringen können, die nicht durch Verschlüsselung geschützt werden. In vielen Fällen widerstrebe es den Opfern von Computerverbrechen über ihre Opferwerdung zu berichten. Banken und andere Geschäfte wollten über die Opferschaft ihrer Computersysteme nichts publiziert wissen und hätten zudem wenig Vertrauen in die Fähigkeiten des Strafjustizsystems effektiv auf diesen Verbrechenstyp zu antworten. Das öffentliche Bewusstsein für und die Sorge über Computerverbrechen sei wegen seiner Neuheit und dem Mangel an Offenheit relativ gering.16

Dabei würden die weltweiten Kosten allein von Identitätsdiebstahl- und Betrug eingeschätzt „double-digit billions“, also im zweistelligen Billionenbereich liegen.17

Cyberkriminalität-Cybernetworking und New Economy:

Abgestützt auf einen bahnbrechenden Beitrag von Michael Indergaard und Robert Tillman mit dem Titel „Corporate Corruption in the New Economy“18 darf man getrost darüber spekulieren, warum so wenig Interesse besteht über die Risiken und Gefahren von Cyberkriminalität zu informieren. Indergaard und Tillman analysieren die Grundlagen und Hintergründe, die zu den Finanzskandalen Ende der 90er Jahre und Anfang dieses Jahrtausends geführt haben und stossen dabei auf ein weit verzweigtes Täuschungs- und Betrugssystem unfassbaren Ausmasses, in das Banken, Versicherungen und Regierungen involviert waren und wurden und in dem Cybernetworking eine Rolle spielt. Die Entwicklung nahm ihren Lauf mit dem Aufkommen der New Economy, welche wie die Autoren sagen durch eine Mischung von Tyrannei (Einschüchterung) und Bestechung durchgesetzt wurde. In der Schweiz wurde das ganze Gesundheitssystem nach neuen, aus den USA stammenden, Management Methoden umgekrempelt unter Einbindung etwa der Beraterfirma Arthur Anderson, welche im Kontext einer der grössten Betrugsskandale der Finanzgeschichte Anfang dieses Jahrtausend traurige Berühmtheit erlangte und schliesslich aufgelöst werden musste. Zynisch erscheint in diesem Kontext eine Bemerkung der Autoren Francesco Sigillo und Möller Manuela, unter Berufung auf Jochen Bigus, in ihrem Beitrag über den „Enron-Anderson-Skandal und dessen Einfluss auf das Reputationskapital der Institution Wirtschaftsprüfung; eine empirische Studie zu Kursreaktionen als Folge des Enron-Anderson-Skandals am Schweizer Kapitalmarkt“19, dass fast jede grössere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bereits einmal in einen Bilanzskandal verwickelt gewesen sei.20 Es scheint nicht abwegig sich angesichts der explosionsartigen Kostenentwicklung im Krankenversicherungswesen darüber Gedanken zu machen, ob diese Kostenexplosion nicht vielmehr in den Grundlagen der New Economy und ihren Auswirkungen auf unser Gesundheitswesen zu suchen ist als in einigen Missbrauchsfällen oder bei Patienten, die angeblich „masslose“ Leistungen in Anspruch nehmen.

Ein entscheidender Faktor im Kontext der Veränderungen im Finanzsystem, die auch in der Schweiz Fuss gefasst haben, ist Cybernetworking und die fortwährende Etablierung virtuellen Geldes. Diese Entwicklungen haben Einzelnen die Möglichkeit geschaffen zu unermesslichem Reichtum zu gelangen; das Cybernetworking bietet hier umfassende Möglichkeiten, einschliesslich zahlreicher Möglichkeiten des Betrugs. Es wäre denkbar, dass kein Interesse daran besteht die Unsicherheiten, die Informatik und der EDV-Bereich heute weltweit real mit sich bringen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Einschränkungen im Cybernetworking oder sogar Verzicht auf „virtuelles Geld“, könnten ganze Sektoren schnell erwerbbaren Geldes in Wertschriftenhandel zusammenbrechen lassen. Der Weltöffentlichkeit könnte zudem die Augen darüber aufgehen, dass ein Fall Madoff21 kein „Bad Apple“ ist, sondern zwangsläufiger Bestandteil eines Systems, welches sich unter konsequenter Zuhilfenahme illegaler Mittel aufbauen und...

Erscheint lt. Verlag 12.4.2021
Reihe/Serie Texte zur forensischen Psychiatrie
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Politische Theorie
Schlagworte Ägyptologie • Archäologie • Cyberkriminalität • Direkte Demokratie • Geschichte • Jura • Korruption • Lüge • Menschenrechte • Recht • Schweiz • Schweizer Sonderweg • Sozialpartnerschaft • Vertrauen • Weisse Kragenkriminalität
ISBN-10 3-7521-4080-1 / 3752140801
ISBN-13 978-3-7521-4080-4 / 9783752140804
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